Stille Geburten sind auch Geburten und Sterneneltern sind auch Eltern -  Corinna Hansen-Krewer

Stille Geburten sind auch Geburten und Sterneneltern sind auch Eltern (eBook)

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2021 | 1. Auflage
400 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7534-4725-4 (ISBN)
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Ein Buch über Eltern verstorbener Kinder? Ja, dieses Buch handelt von Stillen und Kleinen Geburten. Vor allem aber handelt es davon, wie die Eltern von viel zu früh verstorbenen Kindern endlich die würdevolle Behandlung erhalten, die sie brauchen und auch verdienen. Stellen Sie sich einmal vor, dass Stille und Kleine Geburten die gleiche Wertigkeit wie Lebendgeburten hätten. Was wäre, wenn die Gesellschaft anerkennen würde, dass Sterneneltern auch Eltern sind, die Bedürfnisse und Emotionen haben? Was wäre, wenn medizinisches Personal gut aufgestellt, speziell ausgebildet, hinterfragend und selbstreflektiert verwaisten Eltern gegenüber treten könnte? Was würde es für unsere Gesellschaft bedeuten, wenn wir einander halten würden, anstatt vor Unsicherheit und Furcht wegzulaufen? Sind diese Ansätze utopisch? Das glaube ich nicht! Dieses besondere Buch bietet in seinem Umfang und seiner Einzigartigkeit praxisnahe Lösungsansätze für jedermann. Ich möchte Sie ermutigen, in sich hineinzuhorchen und dem Urinstinkt zu vertrauen, der die Antwort auf die oben gestellten Fragen liefert. Interviews: https://www.mother-now.de/gesellschaft-bildung/trauer/stille-geburten-sterneneltern-haben-rechte/?fbclid=IwAR2MfoN6Zabx-_HaN8sGB0hfPgr9C8asnNL2OZAHcWmlpQaXlAbzeXk334Y https://www.wunderweib.de/corinna-hansen-krewer-fehlgeburten-sind-keine-fehler-gebt-den-sternenkinder-mehr-raum-115256.html?fbclid=IwAR3l36hy6V3z39v3ngoEyPSV8sFs7Ka4oAXPoxWFELe2TpsIMiufYWuBsPk

Ich


Ich bin Corinna, 36 Jahre. Mama eines neunjährigen Sohnes und einer einjährigen Tochter. Außerdem bin ich eine Sternenmama. Im Jahr 2017 musste ich unseren Sohn Jonathan in der 38. Schwangerschaftswoche tot zur Welt bringen. Auf dem Weg zum Regenbogenbaby erlitten wir noch zwei weitere Fehlgeburten. Seitdem ist nichts, wie es mal war. Ich bin nicht mehr, wie ich mal war. Aber das ist gut so. Auch, wenn es verdammt weh tut.

Jonathan


Mein lieber kleiner Schatz!

Lange warst du geplant und lange mussten wir auf dich warten. Nicht etwa, weil es nicht funktionierte. Sondern, weil eine gewisse berufliche Sicherheit Priorität hatte. Heute würde ich vieles anders machen, mein Schatz.

Als wir es 2016 endlich darauf anlegten, klappte es nach drei Zyklen: Ich durfte im Belgien-Urlaub nachts um 3:30 Uhr positiv testen. Nachdem ich acht Tage nach Befruchtung starke Einnistschmerzen bekam und weitere typische Schwangerschaftssymptome spürte, war mir bereits klar gewesen, dass es geklappt haben müsste. Aber mit dem positiven Schwangerschaftstest hatte ich es schwarz auf weiß und war ganz aufgeregt.

Am 23. August 2016 durfte ich das erste Ultraschallbild in der Hand halten. Ich war wahnsinnig happy. Tatsächlich begann mein Bauch wie schon in der ersten Schwangerschaft schnell zu wachsen; ich hatte das Gefühl, Ende August würde man mir die Schwangerschaft schon ansehen.

Am 5. September, genau einen Monat nach der Befruchtung, sahen wir dein Herzchen auf dem Monitor schlagen. Wir waren einfach nur glücklich.

Bis auf starke Übelkeit in der Anfangszeit und Symphysenschmerzen, die wieder sehr schnell in der Frühschwangerschaft eintraten, war es eine unauffällige Schwangerschaft. Ich nahm, wie in der ersten Schwangerschaft auch, zwanzig Kilogramm zu, trug einen riesigen Bauch mit mir herum, den ich voller Stolz zeigte. Denn ich wusste, darin warst du.

Foto: Nicole Kraiker

Ich ließ eine Menge Fotos machen und dokumentierte die gesamte Schwangerschaft. Ich sammelte sämtliche Ultraschallbilder und freute mich auf den nächsten Arzttermin.

Den Mutterpass hütete ich wie meinen Augapfel, dennoch verschwand er um die Jahreswende herum. Wir stellten die ganze Wohnung auf den Kopf – das Dokument blieb unauffindbar.

Einen neuen Mutterpass ausstellen zu lassen, fühlte sich seltsam an. Ich dokumentierte weiter meine Schwangerschaft, nahm Fotos meines Kugelbauchs mit blauem Tape auf, welches meine Symphyse ein wenig abmilderte. Am 23. März 2017 gipsten dein Bruder und dein Papa mich ein, weil ich unbedingt, genau wie in der ersten Schwangerschaft, eine Erinnerung behalten wollte. Wie wichtig sie später für mich sein würde, war mir da noch nicht klar.

Foto: Nicole Kraiker

Zwei Tage später veranstaltete ich ein Mädels-Frühstück. Ich lud ein paar Freundinnen ein, um so kurz vor der Geburt noch ein paar entspannte Stunden zu verbringen. Wir hatten eine tolle Zeit und ich freute mich riesig über einen Kuchen in Babybauchform von meiner Freundin. Alle waren gespannt und erwarteten dich bereits, die Tage bis zu deinem Entbindungstermin waren gezählt.

Kurz vor Ostern färbten dein großer Bruder und ich im strahlenden Sonnenschein auf dem Balkon Eier. Wir sprachen darüber, dass du ein Jahr später schon fast mitfärben könntest.

Einige Tage vergingen. Meine Unruhe verschlimmerte sich, mein Wasser in den Beinen ebenfalls – so schlimm, dass dein Papa und ich am 3. April ins Krankenhaus fuhren, um eine mögliche Präeklampsie (Schwangerschaftsvergiftung) ausschließen zu lassen. Wir hatten Glück, es war nichts los im Kreißsaal, sodass die Hebammen sich genug Zeit für uns nahmen. Wegen meines hohen Blutdrucks wurde ich stationär für eine Nacht aufgenommen und beobachtet. Dreimal am Tag wurde ein CTG (Kardiotokographie) geschrieben, auch alle anderen Werte waren unauffällig. Im Krankenhaus gab es kaum Handyempfang; obwohl ich daher fast von der Außenwelt abgetrennt war, genoss ich die Ruhe und Entspannung. Das CTG und alle anderen Blutwerte blieben unauffällig, daher wurde ich nach einer Nacht wieder entlassen.

Als ich das Stationszimmer verließ und mich von der jungen Ärztin verabschiedete, fragte ich unsicher: »Oder sollten wir doch lieber einleiten?« Sie schüttelte den Kopf. »Jeder Tag, an dem das Baby weiterhin im Mutterleib bleiben kann, ist besser für das Kind!« Ich fuhr nach Hause.

Der Tag, an dem sich alles änderte


Es war ein Samstagabend, zwei Wochen vor dem 27. April – deinem eigentlichen Entbindungstermin.

Ich machte im strahlend warmen Licht des Sonnenuntergangs Bilder mit dem Selbstauslöser. Meinen riesigen Bauch hatte ich mit bunten Herzen beklebt und ihn glücklich in die Kamera gehalten. Dein Bruder war so begeistert von dieser Idee, dass er freudestrahlend seinen kleinen Bauch ebenfalls beklebte und mit mir vor der Kamera posierte. Wir hatten so viel Spaß. Wir lachten laut, und obwohl mir die Beine wegen des vielen Wassers wehtaten, machten wir viele wundervolle Fotos gemacht. Die letzten glücklichen Fotos mit dir in meinem Bauch.

Wir aßen gemeinsam mit eurem Papa zu Abend, danach brachte ich deinen Bruder ins Bett. Ich las ihm wie jeden Abend eine Geschichte vor und wir beschlossen, dass wir auf jeden Fall noch einmal solche lustigen Bilder machen wollten. Nachdem dein Bruder eingeschlafen war, putzte ich mir im

Bad schnell die Zähne, quälte mich aus meinen Kleidern und saß gegen 20:30 Uhr endlich im Schlafanzug bei deinem Papa auf der Couch und legte meine Füße hoch.

Wir bewunderten den schönen, warmen Sonnenuntergang, als du plötzlich sehr wild wurdest. Du strampeltest in alle Richtungen und ich wurde unruhig, weil ich das in diesem Ausmaß nicht kannte. Dein Papa versuchte uns beide zu beruhigen. Seltsamerweise war nach ein paar Minuten alles vorbei. Wie »vorbei«, sollte sich erst noch rausstellen.

Wir suchten nach einer Erklärung, kamen zu dem Entschluss, dass ein Baby so kurz vor der Geburt noch Kräfte sammeln muss und deshalb plötzlich so ruhig würde. Mein ungutes Gefühl jedoch blieb.

Nachts wurde ich wach, weil meine Blase drückte. Wir waren bisher ein eingespieltes Team gewesen, jede Nacht hattest du dafür gesorgt, dass ich wach wurde, um zur Toilette zu gehen, wenn dir meine Blase zu voll wurde, um anschließend wieder gemeinsam mit mir einzuschlafen. Das Ganze fand zweimal pro Nacht statt. Doch in dieser Nacht war alles anders – du meldetest dich nicht, alles blieb still. Ich verdrängte meine Angst und meine Gedanken daran, was in mir schon längst Gewissheit war: Du, mein kleiner Schatz, hast in meinem Bauch dein Leben gelassen.

Morgens fuhr dein Papa zur Arbeit. Dein Opa holte uns ab, um uns zur Akupunktur ins Krankenhaus zu fahren, während dein Bruder bei Opa blieb. Er freute sich schon, weil er mit ihm im Garten arbeiten wollte.

Ich verdrängte aktiv weiterhin den Gedanken, dass etwas nicht in Ordnung sein könnte. Im Krankenhaus angekommen, stellte sich heraus, dass es zwischen mir und der Hebamme bezüglich der Akupunktur ein Missverständnis gegeben hatte, sodass keine Behandlung stattfand. Eigentlich wollte ich mich gleich wieder abholen lassen. Da drehte ich mich um und sagte zaghaft zur Hebamme: »Können wir vielleicht noch gerade nach Jonathan gucken? Ich spüre ihn seit gestern nicht mehr …« Ich holte tief Luft – jetzt hatte ich es ausgesprochen. Meine Anspannung stieg. Das Gefühl der Ohnmacht wurde intensiver.

Die Hebamme führte mich in ein kleines Zimmer mit Liege, wo sie mich ans CTG anschloss. Sie suchte. Und suchte. Sie atmete schneller. Ich sagte mehrfach leise: »Da ist nichts mehr!« Sie suchte weiter und ich merkte, wie sie anfing zu schwitzen. Sie beruhigte mich und sagte, sie hätte einen Herzschlag gehört – mir war allerdings bewusst, dass es mein eigener war. Sie erklärte mir, dass sie kurz die Ärztin hinzuholen würde. Ich wartete. Mir war so schlecht.

Nun ging alles rasend schnell. Zwei Ärztinnen und die Hebamme kamen und führten mich in ein größeres Zimmer mit großem Monitor. Man schloss mich auch hier am CTG an und begann zu suchen. Die Hebamme hielt meine Hand und streichelte mir über den Kopf. Ich flüsterte: »Das ist nicht mehr.« Die Ärztin schaute mich mit ihren großen blauen Augen an und schüttelte mit todtraurigem Blick den Kopf. Meine Tränen liefen. Es war ausgesprochen. Die Katastrophe war da. Ich schluchzte leise und fragte: »Wie bringe ich das jetzt meinen beiden Männern bei?« Ich fühlte mich wie erschlagen und gleichzeitig wie betäubt. In meinen Ohren rauschte es, ich fror und meine Wangen glühten.

Ich nahm mein Handy und wählte die Nummer deines Papas. Er wunderte sich, dass ich anrief. Ich sagte mit leiser Stimme: »Du musst kommen.« »Jetzt?«, fragte er irritiert. »Ja, es ist kein Herzschlag mehr da.« Seine Antwort bekam ich nicht mehr mit.

Es dauerte ein paar Minuten, da traten dein Papa und die Ärztin zur Tür herein. Dein Papa...

Erscheint lt. Verlag 17.3.2021
Sprache deutsch
Themenwelt Medizin / Pharmazie Medizinische Fachgebiete Gynäkologie / Geburtshilfe
ISBN-10 3-7534-4725-0 / 3753447250
ISBN-13 978-3-7534-4725-4 / 9783753447254
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