Praxis der Kraniosakralen Osteopathie (eBook)

Torsten Liem (Herausgeber)

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2019 | 4. überarbeitete und erweiterte Auflage
Thieme (Verlag)
978-3-13-240463-2 (ISBN)

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Praxis der Kraniosakralen Osteopathie -
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<p><strong>Das Wie und Warum verstehen</strong></p> <p>Die tiefgreifende Betrachtung des Ganzen – das ist nicht nur der Grundgedanke der kraniosakralen Osteopathie, sondern auch das Konzept dieses Buchs. Verstehen Sie, wie Dysfunktionen entstehen und welche Dysfunktionsmuster es gibt. Erfahren Sie, wie Sie gezielt beim Palpieren vorgehen und Ihre palpatorische Wahrnehmung schulen. Verinnerlichen Sie Ihr Vorgehen beim osteopathischen Behandeln von Kiefergelenk, Sinnesorganen, Gesichtsschädel und Hirnnerven. Detaillierte und reich bebilderte Anleitungen sämtlicher kraniosakraler Techniken liefern Ihnen das Wissen, um Ihre Patienten erfolgreich zu therapieren.</p>

1 Einleitung zur Behandlungsmethodik


Die bei der Behandlung zu berücksichtigenden, von außen und innen auf den Körper einwirkenden Stressfaktoren erfordern zunächst die Identifikation interferierender stärkender und dysfunktioneller Einflüsse und Wirkmechanismen. Darauf folgen die Förderung der stärkenden und Verminderung der krank machenden Einflüsse und gleichzeitig die Verbesserung der allostatischen Anpassung, die einer Vielzahl adaptiver und physiologischer Veränderungen, auch auf Ebene des Gewebes, entspricht.

Dementsprechend gilt es, den Körper in seiner Selbstregulation zu unterstützen, beispielsweise indem das Gesamtsystem im Sinne kybernetischer Regelprozesse angesprochen wird. Dies geschieht durch die palpatorische Annäherung und Behandlung, die jedoch nur einen Teilbereich des osteopathischen klinischen Reasonings darstellt.

Die osteopathische Behandlung kann auf die Grundprinzipien und Modelle der Osteopathie zurückgeführt werden. Die dynamische, interferierende Beziehung zwischen Struktur und Funktion ist eines der Hauptprinzipien osteopathischen Denkens und Handelns. Der Hauptfokus ist dabei auf das Individuum, auf eine Person ausgerichtet – im Bestreben, ihre spezifischen kontextuellen Interferenzen wahrzunehmen, zu relativieren, zu differenzieren und in die Behandlung zu integrieren.

Aus diesem Verständnis heraus entwickelt sich im osteopathisch-salutogenetischen Ansatz ▶ [1] das osteopathisch-spezifische klinische Reasoning. Die osteopathische Behandlung basiert auf dem Verständnis der Interaktion adaptiver biomechanisch-posturaler Faktoren, neurologischer Steuerungsprozesse, respiratorisch-zirkulatorischer Dynamiken, metabolisch-energetisch-endokriner Abläufe sowie biopsychosozialer Einflüsse der jeweiligen Person. Jedes dieser 5 Modelle fußt wiederum auf den Prinzipien der Anatomie, Physiologie, Biochemie und Psychologie. Die Anwendung dieser Modelle stellt ein Hilfsmittel dar, durch das ein Diagnostik- und Behandlungszugang ermöglicht und nachvollziehbar wird.

Die Untersuchung berücksichtigt diese Modelle. Auch für einen Osteopathen ist die Anamnese wesentlich und umfasst beispielsweise biomedizinische (exemplarisch s. Kap. ▶ 19.2.1) und biografische Fragen. Dabei sollte die Anamnese sowohl problem- als auch lösungsorientiert sein.

Zu vermeiden ist es, Weltbilder oder unadäquate Konzepte aufzudrängen, zu diskutieren, zu verurteilen, zu schnell zu interpretieren, Suggestivfragen zu stellen, von oben herab zu lehren oder die Ressourcen im Patienten zu unter- oder überschätzen.

Hilfreich hingegen ist/sind

  • empathisches, wertschätzendes, aktives und offenes Zuhören,

  • strukturiertes Fragen,

  • teilnehmende, klärende, stimulierende und Feedbackfragestellungen,

  • Nachfragen und Wiederholen wichtiger Äußerungen,

  • die Beachtung des Ganzen, ohne sich im Detail zu verlieren,

  • Aufmerksamkeit für Projektionen.

Eine gute Anamnese liefert

  • klar formulierte Behandlungsziele,

  • ein gewisses chronologisches Verständnis für die assoziierten Bedingungen in der Entstehung der Beschwerden,

  • biografische Einflüsse,

  • Ressourcen des Patienten,

  • Differenzialdiagnostik und Kontraindikationen,

  • eine erste Behandlungshypothese.

Wichtig ist es, bereits bei der Anamnese alles dafür zu tun, eine hohe Compliance des Patienten zu erreichen.

Während der gesamten Behandlungssitzung achtet der Therapeut auf kohärente und inkohärente Aspekte im Ausdruck (Gestik, Mimik, Verhalten, Haltung etc.) des Patienten.

Der osteopathische Behandlungsablauf umfasst sowohl zentrale Steuerungsprozesse wie auch periphere Wechselwirkungen und orientiert sich an den oben genannten Grundprinzipien und den Aspekten der 5 osteopathischen Modelle. Dies beinhaltet ebenso Übungstherapien, die Berücksichtigung weiterer Lebensfaktoren, Gewohnheiten und des Umfelds des Patienten. Psychoedukation kann genutzt werden, um die Compliance zu verbessern, indem für den Patienten die Bedeutung von Lifestyleveränderungen nachvollziehbar wird.

Die osteopathische Befundung entscheidet über die zu behandelnde Region (Kopf-, Brustkorb-, Wirbelsäulen-, Becken- oder/und Extremitätenregion) und die mögliche Reihenfolge der Behandlungsschritte.

Die osteopathische Diagnostik und Behandlung sind interagierend und umfassen qualitative subjektive Zugangswege, beispielsweise Stimmigkeit, Instabilität und Sensibilität ▶ [5], sowie objektivierbare Befunde. Die Intuition stellt dabei ebenso einen wichtigen Faktor dar und entwickelt sich im Laufe des klinischen Lernens ( ▶ [6], ▶ [9]).

Osteopathische Behandlungsansätze zielen primär auf eine Verbesserung der Autoregulation des Organismus, durch die sich die Symptomatik verbessert. Deshalb ist der Behandlungsalgorithmus in der Osteopathie v.a. befund- und weniger symptomorientiert. Dennoch entspricht dies keiner Entweder-oder-Regel, sondern eher einer pragmatischen Sowohl-als-auch-Option. Das bedeutet, dass ein auf den ganzen Körper ausgerichteter, befundorientierter Behandlungsansatz mit der lokalen Behandlung symptomatischer Regionen kombiniert werden kann. Dies gilt für die Kiefer-/Mundfunktionen oder orofazialen Strukturen ebenso wie für andere in diesem Buch diskutierte Kopforgane.

Dementsprechend werden im vorliegenden Buch die für das Verständnis und die Behandlung bedeutsamen funktionellen und strukturellen Wechselbeziehungen dargestellt und bei der Behandlung aufgegriffen. Neben der Darstellung theoretischer Dysfunktionsmuster, diagnostischer Algorithmen, lokaler manueller Zugänge zu den involvierten Geweben, Knochen, Muskeln, Faszien, Gefäßen, Nerven etc. werden Übungstherapien und weitere bedeutsame Behandlungshinweise dargelegt. Zu beachten ist, dass die Integration überregionaler Einflussfaktoren jede osteopathische Behandlung kennzeichnet, auch wenn dies in der Verschriftbildlichung nur ansatzweise zu leisten ist.

Im Folgenden wird eine allgemeine Vorgehensweise bei den Ausführungen der im Buch befindlichen Techniken beschrieben.

1. Ausgleich des autonomen Nervensystems Der Ausgleich des autonomen Nervensystems reduziert die Aktivitäten, die aus dem Alltag herrührenden Adaptationen und die Auswirkungen einer sympathischen Erregungslage. Es unterstützt den Prozess eines Übergangs zu einem besser ausbalancierten Grundzustand. Die reziproken Spannungen im Körper und die Aspekte des Körpers, der Seele und des Geistes interagieren kohärenter miteinander. Der Zugang zu Heilung und Umwandlung dysfunktioneller Muster wird so unterstützt.

Die Ansprechbarkeit des Patienten auf therapeutische Impulse scheint nach einem Ausgleich des autonomen Nervensystems erhöht zu sein. Negative Folgen einer Behandlung scheinen minimiert und das Ende der jeweiligen Technik leichter spürbar zu werden. Zudem scheint es für den Patienten in diesem Zustand leichter zu sein, seine Körperempfindungen, Emotionen und Gedankenmuster wahrzunehmen.

Mehrere Ansätze können hier angewendet werden wie die osteopathische herzfokussierte Palpation, der neutrale Zustand, der osteopathische „Felt Sense“ oder die Schmetterlingsumarmung ▶ [10].

Osteopathische herzfokussierte Palpation:

  1. Wahrnehmungssynchronisierung: Zunächst wird der Patient dabei unterstützt, wahrzunehmen, wie es ihm geht, ohne dies zu bewerten: körperlich (Spannungen, propriozeptive und interozeptive Körperempfindungen), in Bezug auf seine Vitalität/sein Energieniveau, auf den Level an (neurovegetativer) Erregung, auf seine Emotionen und Kognitionen.

  2. Herzfeldpalpation: Der Therapeut folgt den Dynamiken des Herzfeldes bis es zu einem Ausgleich kommt.

  3. Harmonisierung Herz – Bauch – Kopf: Der Therapeut legt eine Hand auf die Region etwa 1,5 cm unterhalb des Bauchnabels und die andere Hand auf die Region des Herzens zentral auf das Sternum. Während der Einatmung stellt sich der Patient vor, von der unteren Bauchregion Lebensenergie/Vitalität in die Herzregion zu lenken und mit der Ausatmung von der Herzregion aus Liebe/Mitgefühl/Empathie in die untere Bauchregion zu atmen. Dies wird für mindestens 3 Atemzüge wiederholt. Anschließend entsprechend mit einer Hand auf dem Kopfbereich.

  4. Herzpalpation seitens des Osteopathen: Der Osteopath berührt mit einer Hand von posterior und einer Hand von anterior die Herzregion direkt auf dem Körper und synchronisiert sich mit den unterschiedlichen Qualitäten des Gewebes. Der Fokus ruht im Innersten, des Innersten im Herzen (das Auge des Wirbelsturms), lokal auf dem Herzen, regional in Umgebung des Herzens, global im gesamten Körper, im Feld um den Körper herum, im Horizont, in die Weite ausbreitend und jenseits des...

Erscheint lt. Verlag 20.11.2019
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Medizin / Pharmazie Naturheilkunde
Physiotherapie / Ergotherapie Behandlungstechniken Osteopathie
Schlagworte fluider Körper • Hirnnerven • Kiefergelenk • Kopfschmerz • Kraniosakrale Osteopathie • Mandibula • Okklusion • primärer respiratorischer Mechanismus • PRM • Schädelnähte • Sinnesorgane • Suturen • Viszerokranium
ISBN-10 3-13-240463-2 / 3132404632
ISBN-13 978-3-13-240463-2 / 9783132404632
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