Septische Gefäßmedizin (eBook)

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2019 | 1. Auflage
488 Seiten
Georg Thieme Verlag KG
978-3-13-201011-6 (ISBN)

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Septische Gefäßmedizin -
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<p><strong>Infektionen erfolgreich bekämpfen</strong></p> <p>Infektionen in der Gefäßchirurgie stellen nicht nur das Operationsergebnis in Frage, sondern bedrohen das Leben des Patienten. Begegnen Sie Komplikationen mit souveräner Kompetenz, indem Sie von Expertenwissen profitieren. Wie entstehen Infektionen in der offen konventionellen Gefäßchirurgie und nach endovaskulärer Therapie? Antworten darauf geben detaillierte Angaben zur Pathophysiologie, Epidemiologie und Bakteriologie – auch zu multiresistenten Erregern wie MRSA oder ESBL. Anerkannte Operationsverfahren, neue radiologische Techniken, wie Aorten- und Covered-Stents, oder moderne Wundbehandlungen, wie Vakuumtherapie, werden für die Praxis nachvollziehbar dargestellt.</p> <p>Jederzeit zugreifen: Der Inhalt des Buches steht Ihnen ohne weitere Kosten digital in der Wissensplattform eRef zur Verfügung (Zugangscode im Buch). Mit der kostenlosen eRef App haben Sie zahlreiche Inhalte auch offline immer griffbereit.</p>

1 Rekonstruktion der arteriellen Strombahn – ein historischer Rückblick


H. Zühlke, E. Zühlke

1.1 Einführung


Operative Eingriffe am Gefäßsystem des Menschen finden bereits in den Überlieferungen der griechischen und römischen Medizin Erwähnung. Sie beschränkten sich jedoch auf die Versorgung traumatischer oder iatrogener Gefäßläsionen durch Ligatur oder Koagulation mittels Brenneisen, um lebensbedrohlichen Blutungen zu begegnen. Diese oft verstümmelnde Methode mit konsekutiver Ischämie und Nekrose wurde bis zum Ende des 19. Jahrhunderts beibehalten. Als Kasuistik publizierte 1759 der englische Chirurg Hallowell die erste erfolgreiche Rekonstruktion einer iatrogenen Läsion der A. brachialis mit „seitlich umschlungener Nahttechnik“. Dieser Eingriff blieb als Einzelfall ohne Einfluss auf die damals üblichen Operationstechniken und ohne Wiederholung für mehr als 100 Jahre.

Erst die Anlage einer anterolateralen Anastomose zwischen Pfortader und V. cava inferior durch den russischen Chirurgen von Eck (1877) bedeutete einen weiteren Fortschritt in der Chirurgie der Gefäße. Die nach von Eck benannte Fistel ist mit einer Vielzahl von Variationen ein bis heute gültiges Konzept in der Behandlung der portalen Hypertension, wenn auch die transluminalen Verfahren wie der transjuguläre intrahepatische portosystemische Stent-Shunt (TIPS) heute bevorzugt werden.

Tierexperimentelle Untersuchungen bereiteten Ende des 19. Jahrhunderts den Weg für eine rekonstruktive Gefäßchirurgie. Jaboulay (1896), Jassinowsky und Dörfler (1899) erprobten allschichtige Einzelknopfnahttechniken an Gefäßen in unterschiedlichen Modifikationen. Alternativ erfolgten Versuche der Gefäßanastomosierung mit Fremdmaterialien in Form eines Glaszylinders durch Abbe (1894), eines Hohlzylinders durch Nitze (1897) oder eines „auflösbaren Magnesiumzylinders“ durch Payr (1900). Dieser erstmalige Einsatz alloplastischen Materials hatte allerdings weniger einen Gefäßersatz zum Ziel als vielmehr eine suffiziente Anastomose mit ausreichendem Lumen.

Der erste wirklich gefäßrekonstruktive Eingriff am Menschen mit dem Ziel der Überbrückung einer Defektzone gelang 1897 dem amerikanischen Chirurgen John B. Murphy. Er resezierte ein traumatisiertes Femoralissegment und rekonstruierte das Gefäß mit einer zirkulären invaginierenden Nahttechnik. Bereits ein Jahr später beschrieb Gluck (1898) die erfolgreiche Überbrückung eines Defekts in der A. carotis durch ein gleichseitig ausgeschaltetes Segment der V. jugularis.

Es ist der Verdienst von A. Carrel und C. C. Guthrie, 1906 in systematischen Untersuchungen zur experimentellen Gefäßchirurgie die Basis für ein teilweise bis heute unverändert gültiges operationstechnisches Vorgehen bei wiederherstellenden Gefäßeingriffen geschaffen zu haben. Die Nutzung allogener Venentransplantate als Gefäßersatz, die Erweiterungs- und Patch-Plastik stenotischer Gefäßabschnitte oder die fortlaufende überwendliche Gefäßnaht sind Ergebnisse ihrer Untersuchungen. Auch die erste Transplantation eines Hundekopfes, 50 Jahre vor den oft zitierten gleichartigen Versuchen von Wladimir Demichow, einem bedeutenden russischen Forscher auf dem Sektor der Organtransplantation, wird der gleichen Arbeitsgruppe zugeschrieben ▶ [11], ▶ [23], ▶ [26]. Diese richtungsweisenden Untersuchungen wurden 1912 durch den Nobelpreis gewürdigt, der mit einer gewissen Zufälligkeit lediglich A. Carrel und nicht auch C. C. Guthrie zuerkannt wurde.

Goyanes (1906) und Lexer (1907) gelang es, traumatische arterielle Aneurysmen mit autogenen Venensegmenten zu überbrücken. Diese Methode fand ebenso wie die von Ernst Jeger 1913 weiterentwickelte Bypasstechnik erstmals bei der Versorgung von Gefäßverletzungen im Ersten Weltkrieg breite Anwendung. Gleichzeitig wurde dabei jedoch auch offensichtlich, dass zahlreiche infektionsbedingte Komplikationen die Ergebnisse akuter gefäßrekonstruktiver Eingriffe beeinträchtigen ▶ [14].

1.2 Entwicklung und Anwendung gefäßprothetischer Materialien


Der gedankliche Ansatz, obstruierte oder traumatisierte Gefäßsegmente durch künstliche Blutleiter zu ersetzen, ist logisch und folgerichtig. Die erste versuchsweise Anwendung alloplastischer Materialien wird bereits aus dem späten Mittelalter überliefert. Vesalius erprobte 1542 Strohhalme, um damit die Oberschenkelarterie von Hunden zu ersetzen. Wie zu erwarten war, scheiterten diese Versuche ausnahmslos an frühzeitigem, thrombotisch bedingtem Transplantatverschluss. Die gleichen Erfahrungen machte Horsley Anfang dieses Jahrhunderts (1915) mit der aussichtslosen Anwendung verschiedenartiger Zylinder aus Silber, Glas oder Gummi.

1.2.1 Autogener Gefäßersatz


Die klinische Anwendung der von Carrel und Guthrie tierexperimentell erprobten auto- und allogenen Gefäßtransplantate blieb zunächst auf den Zeitraum des Ersten Weltkriegs und fast ausschließlich auf traumatische Gefäßdefekte beschränkt. Erst die Einführung moderner Narkosetechniken, gerinnungshemmender Medikamente und jederzeit verfügbarer Infusionslösungen ermöglichte einen weiteren Fortschritt im Hinblick auf eine rekonstruktive Gefäßchirurgie. Der französische Chirurg Kulin griff 1949 die Methode des Gefäßinterponats erneut auf. Er nutzte erstmalig die V. saphena magna zur Überbrückung („Pontage“) eines femoropoplitealen Gefäßverschlusses, ein Material und eine Technik, die noch heute als Bypass Anwendung findet. Die Vene und die Technik werden heute weiterhin routinemäßig und zahlreich eingesetzt.

Damit war der Anfang zur operativen Therapie der arteriellen Verschlusskrankheit gemacht. Breite klinische Anwendung fanden autogene Venentransplantate mit Beginn der 1960er Jahre, als die hohen Versagerquoten alloplastischer Gefäßprothesen und langstreckiger, halbgeschlossener Thrombendarteriektomien im infrainguinalen Bereich offensichtlich wurden ( ▶ Abb. 1.1).

Abb. 1.1 Die Enfernung des okkludierenden Verschlusszylinders ist aufgrund des anatomischen Schichtaufbaus logisch und folgerichtig.

Abb. 1.1a Langstreckiger Intimazylinder nach halbgeschlossener Desobliteration der A. femoralis superficialis über eine Arteriotomie der A. femoralis communis und der distalen A. femoralis superficialis.

Abb. 1.1b Vollständiger Intimazylinder nach Desobliteration der Beckenetage über Arteriotomien der A. femoralis communis und A. iliaca communis beidseits. Mit dieser Technik ist die aortofemorale Gefäßachse beidseits wieder frei durchgängig.

Überzeugende Langzeitergebnisse machen die autogene Vene, ob als V. saphena magna oder V. femoralis superficialis, bis heute zur universalen Gefäßprothese bei peripherer Verschlusslokalisation und auch zentral bei Obstruktionen von Gefäßen mit entsprechendem Kaliber wie den Nierenarterien oder den Koronarien. Entscheidende, unübertroffene Vorteile autogener Venen sind die antithrombogene Eigenschaft des vitalen Endothels und die hohe Infektresistenz des biologischen Gefäßersatzes. Sie toleriert daher besser als jedes andere Bypassmaterial Einschränkungen und Störungen des Blutstroms, bedingt durch Stenosen der Ein- oder Ausstrombahn oder Abknickungen in der Bypassführung. Insbesondere für die gelenküberschreitende Bypass-Strecke ist die autogene Vene ohne vergleichbare Alternative. Die Infektresistenz macht sie zum universalen Gefäßersatz in infizierten oder kontaminierten Bereichen ( ▶ Abb. 1.2).

Abb. 1.2 Die V. saphena magna stellt auch weiterhin den idealen Gefäßersatz in Bezug auf das Infektionsrisiko und das Langzeitergebnis dar. Aufgrund der vielfachen Varianten der Vene kann auch eine gedoppelte V. saphena magna nach sorgfältiger Präparation zum langstreckigen femoropoplitealen Bypass eingesetzt werden.

Nachteilig sind die inversen Kaliberverhältnisse bei der Umkehrung der Stromrichtung, die begrenzte Länge möglicher Transplantate und die häufig ungenügende Qualität aufgrund variköser Veränderung oder Phlebitis. Zu berücksichtigen sind weiterhin das unvermeidliche Operationstrauma bei der Explantation und die Verstärkung eines postischämischen Ödems bei chronisch-venöser Insuffizienz. Um diese Problematik zu umgehen und um die Operationszeit am ischämischen Bein, Morbidität und postischämisches Syndrom zu verringern, wird teilweise die Transplantatentnahme von der jeweils kontralateralen Seite bevorzugt.

Es besteht auch heute weiterhin kein Zweifel, dass autogene Venen dem idealen Gefäßersatz – auch mit Limitierung – am nächsten kommt. Manche Venen sind jedoch dilatiert und varikös-ektatisch verändert. Mit einer Ummantelung mit einem elastischen Netzgeflecht aus Polyester kann die Venenwand stabilisiert werden. Dieses Netzgeflecht hat die Aufgabe, die Intimahyperplasie zu verhindern, die Offenheitsrate zu erhöhen, einer Degeneration der Venenwand entgegen zu wirken und Restenosen zu reduzieren.

Die V. cephalica erwies sich als autogener Gefäßersatz in ihrer biologischen Wertigkeit der V. saphena magna weitgehend vergleichbar. Im Gegensatz zu der Unterschenkelvene mit variköser Veränderung bei durchschnittlich 30% der Patienten ist jedoch dieses Gefäß meist intakt und, abgesehen von iatrogenen...

Erscheint lt. Verlag 20.3.2019
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Medizin / Pharmazie Medizinische Fachgebiete
Schlagworte Bakteriologie • Covered-Stents • Endovaskuläre Medizin • Endovaskuläre Therapie • Epidemiologie • ESBL • Gefäßchirurgie • Infektionen • MRSA • Multiresistente Erreger • Pathophysiologie • Pathophysiologie von Infektionen • Rekonstruktive Chirurgie • Venenchirurgie • Wundbehandlungen
ISBN-10 3-13-201011-1 / 3132010111
ISBN-13 978-3-13-201011-6 / 9783132010116
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