Nahrungsmittelallergien und -unverträglichkeiten (eBook)

Diagnostik, Therapie und Beratung
eBook Download: EPUB
2020 | 2. Auflage
424 Seiten
Georg Thieme Verlag KG
978-3-13-220671-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Nahrungsmittelallergien und -unverträglichkeiten -  Ute Körner,  Astrid Schareina
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<p><strong>Von A wie Allergie bis Z wie Zöliakie: eine Vielzahl von Nahrungsmittelallergien und - Unverträglichkeiten sicher diagnostizieren, optimal behandeln und Betroffene kompetent und umfassend beraten!</strong></p> <p>Ein Fachbuch, das Sie als Arzt wie auch als Ernährungsfachkraft immer bei der Hand haben sollten.</p> <p>Neu in der 2. Auflage: zahlreiche neue Inhalte wie eosinophile Ösophagitis, Weizensensitivität, Ernährungstherapie des Reizdarmsyndroms, Fleisch- und Sesamallergie, Auslöser nahrungsmittelbedingter Anaphylaxien</p> <p>Systematischer Wegweiser: die wichtigsten Nahrungsmittelallergien und -unverträglichkeiten voneinander unterscheiden, diagnostizieren und Patienten fachkundig beraten und behandeln</p> <p>Rasch nachgeschlagen: Welche bewährten Diagnoseverfahren gibt es? Welche Therapie (Ernährung, Medikation, Immuntherapie, Probiotika etc.) eignet sich bei unterschiedlicher Erkrankungsausprägung am besten?</p> <p>Ideal für Beratung und Behandlung in Praxis und Klinik: mit anschaulichen Fallbeispielen, bewährten Praxistipps und indikationsbezogenen Ernährungsplänen</p> <p>Ein drängendes Thema unserer Zeit: übersichtlich und klar in einem Fachbuch aufbereitet, entstanden aus der langjährigen Zusammenarbeit zwischen Allergologin und Oecotrophologin.</p> <p> </p>

1 Begriffsbestimmung und Abgrenzung von Nahrungsmittelunverträglichkeiten


Nicht alles ist eine Allergie – zunächst werden deshalb in diesem Kapitel die unterschiedlichen Nahrungsmittelunverträglichkeiten (NMU) definiert und voneinander abgegrenzt. Leider ist die Nomenklatur allergischer und verwandter Erkrankungen bisher uneinheitlich und wird variabel verwendet ▶ [486]. Um die Kommunikation in der Allergologie zu erleichtern und Missverständnissen zwischen Ärzten und Patienten vorzubeugen, empfiehlt die Arbeitsgruppe der Europäischen Akademie für Allergologie und klinische Immunologie (EAACI) für allergologische Erkrankungen deshalb eine einheitliche Terminologie ▶ [430]. Die Begriffsbestimmung und Abgrenzung der NMU in diesem Buch beruht im Wesentlichen auf dieser Nomenklatur; es werden allerdings nur Begriffe verwendet, die in der Praxis gängig und verständlich sind (z.B. Nahrungsmittelallergie statt „allergischer Nahrungsmittel-Hypersensitivität“).

1.1 Einteilung der Nahrungsmittelunverträglichkeiten


Der Begriff Nahrungsmittelunverträglichkeit steht für verschiedene Pathomechanismen. Die EAACI unterteilte diese 1995 in toxische und nicht toxische Reaktionen.

Definition

Nahrungsmittelunverträglichkeiten (Adverse Reactions to Food) sind alle reproduzierbaren, unerwünschten und unerwarteten Reaktionen, die nach dem Verzehr bestimmter Nahrungsmittel auftreten ▶ [115].

Toxische Reaktionen nach der Aufnahme von pflanzlichen, tierischen oder mikrobiellen Giften können bei jedem Individuum auftreten, sofern es eine ausreichend hohe Dosis der entsprechenden Substanz aufgenommen hat. Beispiele sind Vergiftungen durch den Verzehr verdorbener Speisen infolge bakterieller Gifte (z.B. Salmonellen-Endotoxin) oder giftiger Pilze (z.B. Knollenblätterpilz). Auch Histamin, das bei der unsachgemäßen Lagerung von histidinreichem Fisch (insbesondere Thunfisch und Makrele) entsteht, kann bei entsprechend hoher Dosis zu Vergiftungen führen (Skombroidvergiftung). Hierbei entsteht Histamin aus der Aminosäure Histidin durch bakteriellen Verderb. Es kommt zu allergieähnlichen Symptomen wie Flush, Hautbeschwerden, Verdauungsstörungen bis hin zum Kreislaufschock ▶ [115], ▶ [418].

Die EAACI untergliederte die nicht toxischen Reaktionen auf Nahrungsmittel weiter in immunologisch vermittelte und nicht immunologisch vermittelte Reaktionen. Zu Ersteren zählen auch heute vor allem die „Nahrungsmittelallergien“ ▶ [429], ▶ [430].

In der überarbeiteten Definition von 2001 ersetzte die EAACI die bisherige Bezeichnung „nicht toxische Reaktionen“ durch „Hypersensitivität“ als Oberbegriff für allergische und nicht allergische Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Die DGE-Arbeitsgruppe „Diätetik in der Allergologie“ ▶ [210] hat auf der Basis der Empfehlungen der EAACI die Einteilung der Nahrungsmittelunverträglichkeiten vereinfacht dargestellt ( ▶ Abb. 1.1). Die revidierte Nomenklatur kann unabhängig von betroffenen Organen oder vom Patientenalter verwendet werden und basiert auf dem „Wissen über die Pathomechanismen, die allergische Reaktionen auslösen und vermitteln“ ▶ [429].

Abb. 1.1 Einteilung der Nahrungsmittelunverträglichkeiten durch die EAACI (Abb. basiert auf Daten aus ▶ [115], ▶ [429] und ▶ [430]).

(Quelle: Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V., Bonn)

Definition

Hypersensitivität verursacht objektiv reproduzierbare Symptome oder Krankheitsanzeichen, die durch Exposition gegen einen definierten Stimulus in einer von Normalpersonen tolerierten Dosis ausgelöst werden.“ ▶ [429]

Von einer allergischen Nahrungsmittelunverträglichkeit bzw. „allergischer Nahrungsmittel-Hypersensitivität“ sollte nur dann gesprochen werden, wenn ein immunologischer Mechanismus bewiesen bzw. sehr wahrscheinlich ist. Diese Gruppe wird unterschieden in

  • IgE-mediierte Immunreaktionen und

  • nicht IgE-mediierte Immunreaktionen sowie

  • Mischformen aus IgE- und nicht IgE-mediierten Reaktionen.

Die EAACI fasst zellvermittelte Reaktionen bzw. Spätreaktionen auf Nahrungsmittel wie bei der oral ausgelösten Nickelallergie oder der Zöliakie unter dem Oberbegriff der nicht IgE-vermittelten allergischen Nahrungsmittelunverträglichkeiten (Hypersensitivität) zusammen ▶ [429]. Die Zöliakie ist allerdings nach heutigem Verständnis nicht mit einer Allergie gleichzusetzen (s.a. Einleitung zu Kap. ▶ 1.2.3).

Zu den Mischformen aus IgE- und nicht IgE-mediierten Reaktionen zählen die atopische Dermatitis (s.a. Kap. ▶ 4.4.5) und eosinophile Formen der Nahrungsmittelallergie im ▶ Gastrointestinaltrakt.

Die EAACI schlägt den Begriff der nicht allergischen Hypersensitivität vor, wenn immunologische Mechanismen nicht nachweisbar sind. Dieser ersetzt damit die frühere Bezeichnung „Nahrungsmittelintoleranzen“; dazu gehörende Krankheitsbilder wurden aber nicht näher klassifiziert. Aus heutiger Sicht umfasst dieser Begriff pseudoallergische Nahrungsmittelunverträglichkeiten auf Alkohol, Zusatzstoffe und Aromastoffe sowie Reaktionen auf biogene Amine. Gemeinsam ist diesen Reaktionen eine individuelle und dosisabhängige Überempfindlichkeit gegenüber Stoffen, die von Gesunden problemlos toleriert werden.

Weitere praxisrelevante Nahrungsmittelunverträglichkeiten sind Enzymdefekte, Fruktosemalabsorption, psychosomatische Reaktionen sowie die bereits genannten toxischen Reaktionen.

Es gibt keine überzeugenden Beweise dafür, dass Erkrankungen wie Hyperaktivität, chronisches Erschöpfungssyndrom, Rheuma, Otitis media, Depressionen, Epilepsien, Morbus Crohn, Akne, Rosazea, periorale Dermatitis oder Psoriasis auf eine Nahrungsmittelunverträglichkeit zurückzuführen sind ▶ [115], ▶ [657]. Auch vermeintliche Erkrankungen aus dem Bereich der Umweltmedizin wie Total Drug Sensitivity, Multiple Chemical Sensitivity und Amalgamunverträglichkeit entsprechen nicht der Definition der Hypersensitivität.

Zur weiteren Abgrenzung folgt an dieser Stelle eine kurze Erläuterung der psychosomatischen Reaktionen, ansonsten sind sie nicht Thema dieses Buchs: Viele Patienten mit chronischen gastrointestinalen Problemen oder anderen Befindlichkeitsstörungen vermuten einen Zusammenhang mit der Nahrungsmittelaufnahme ▶ [102]. Oft steht der hohe subjektive Leidensdruck aber in keinem objektiven Verhältnis mit den medizinischen Befunden und es zeigen sich sehr unterschiedliche somatische Symptome (s.a. Kap. ▶ 2.3). Problematisch ist dabei, wenn bei den Betroffenen mit unwissenschaftlichen Methoden Nahrungsmittelallergien diagnostiziert werden ▶ [418]. Daraus abgeleitete einseitige Diäten führen häufig zu Somatisierungs- und Essstörungen. Andererseits besteht bei Patienten mit schulmedizinisch nachgewiesenen Nahrungsmittelallergien und -unverträglichkeiten eine erhöhte psychosoziale Belastung, z.B. weil die allergischen Reaktionen häufig unvorhersehbar sind. Diese Patienten zeigen eine große Motivation, sich psychosozial betreuen zu lassen ▶ [311].

▶ Abb. 1.2 stellt die Einteilung der Nahrungsmittelunverträglichkeiten vereinfacht dar, um sowohl der EAACI-Nomenklatur als auch den Anforderungen an eine verständliche und aktuell verwendete Terminologie in der Praxis gerecht zu werden. So unterscheiden die Autorinnen im Folgenden zwischen immunologischen und nicht immunologischen ▶ [482] sowie allergischen und nicht allergischen NMU. Statt des von der EAACI vorgeschlagenen Begriffs der allergischen Hypersensitivität wird überwiegend der in der Praxis gängige Begriff der Nahrungsmittelallergie verwendet.

Abb. 1.2 Einteilung der Nahrungsmittelunverträglichkeiten in der Praxis.

(Quelle: Ute Körner, Bornheim)

Nicht allergische Nahrungsmittelunverträglichkeiten umfassen danach sowohl Reaktionen auf biogene Amine („Histaminintoleranz“) und seltene pseudoallergische Reaktionen (nicht allergische Hypersensitivität gemäß der EAACI-Definition) als auch weitere NMU...

Erscheint lt. Verlag 7.10.2020
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Medizin / Pharmazie Naturheilkunde
Schlagworte Allergie • Allergien • Atopische Dermatitis • Diätassistenten • Ernährung • Fruktosemalabsorption • Histaminintoleranz • Laktoseintoleranz • Laktoseunverträglichkeit • Lebensmittelallergie • Lebensmittelunverträglichkeit • Nahrungsmittelallergie • Nahrungsmittelallergien • Nahrungsmittelunverträglichkeit • Nahrungsmittelunverträglichkeiten • Neurodermitis • Pseudoallergie • Zöliakie
ISBN-10 3-13-220671-7 / 3132206717
ISBN-13 978-3-13-220671-7 / 9783132206717
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