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1995 Lichterfelde -  Hussein Akkouche,  Samra

1995 Lichterfelde (eBook)

Spiegel-Bestseller
eBook Download: EPUB
2025 | 1. Auflage
240 Seiten
mvg Verlag
978-3-7453-2628-4 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
15,99 inkl. MwSt
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1995 kommt Hussein Akkouche als viertes von sechs Kindern einer Familie mit libanesischen Wurzeln zur Welt. Dass er Rapper wird, steht für den jungen Hussein fest, seit seine älteren Brüder ihn mit Songs von Tupac, Sido oder Bushido bekannt machen. Ohne Plan B stürzt er sich in die Musik und rappt sich voller Hunger und Talent aus Berlin-Lichterfelde nach ganz oben. Den Künstlernamen liefert ihm der Kosename seiner Oma: Samra, »der Dunkle«. Seine Geschichte ist die eines kleinen Jungen, der etwas gefunden hat, das ihm Spaß macht. Ein Träumer, direkt aus dem Herzen des Blocks, dessen Leben von Erfolg, aber auch bitteren Zerwürfnissen, Drogen und einem Vorwurf gezeichnet ist, der beinahe sein Leben zerstörte. Es ist eine Geschichte voller Licht und Schatten. Schon jetzt ließe sich ein Buch damit füllen. Hier ist es.

Hussein Akkouche aka Samra ist einer der erfolgreichsten deutschen Musiker der Gegenwart. 1995 in Lichterfelde geboren, machte er sich früh in der Rapszene Berlins einen Namen und schaffte 2018 mit der Single »Rohdiamant« den Durchbruch. Sein Debütalbum stand 22 Wochen auf Platz 1 der deutschen Charts, zehn Nummer-1-Singles und zahlreiche goldene Schallplatten zementieren den Erfolg. 2021 gründete er sein eigenes Label Cataleya Edition. Samra ist verheiratet und Vater eines kleinen Sohns.

Hussein Akkouche aka Samra ist einer der erfolgreichsten deutschen Musiker der Gegenwart. 1995 in Lichterfelde geboren, machte er sich früh in der Rapszene Berlins einen Namen und schaffte 2018 mit der Single »Rohdiamant« den Durchbruch. Sein Debütalbum stand 22 Wochen auf Platz 1 der deutschen Charts, zehn Nummer-1-Singles und zahlreiche goldene Schallplatten zementieren den Erfolg. 2021 gründete er sein eigenes Label Cataleya Edition. Samra ist verheiratet und Vater eines kleinen Sohns.

Prolog


Das monotone Piepen riss mich von einem Moment auf den anderen aus der Traumwelt, in der ich gerade noch seelenruhig durch seichte Gewässer geschwommen war. Der Traum hatte sich gut angefühlt. Bis auf einmal alles schneller wurde und ich ruckartig die Augen öffnete … Piep, piep, piep. Da war es wieder. Das ­Piepen, das offensichtlich nichts mit der Welt zu tun hatte, in der ich mich vor wenigen Sekunden noch befunden hatte. Doch wo war ich jetzt? Völlig orientierungslos sah ich an mir herunter und erkannte, dass ich an Armen und Beinen an ein Krankenhausbett fixiert war. Ich trug weder ein T-Shirt noch eine Hose. Zu meiner Linken befand sich ein Mann in einem weißen Kittel, der eine Wunde an meinem Unterarm verarztete. Hä? Woher kommt diese Verletzung? Habe ich das gemacht? Was ist letzte Nacht passiert? Es dauerte ein paar Sekunden, bis die Erinnerung an die vergangenen Stunden mich langsam wieder einholte. Mit ihr stieg auch die Panik in mir auf. Fuck, dachte ich. Ich hatte mein Leben zerstört. Ich hatte mein Leben zerstört und lag nun ganz allein in diesem Krankenhaus. Je klarer meine Erinnerungen, desto panischer wurde ich. Ich fühlte mich scheiße, dreckig, verloren.

Meine Panik legte sich erst, als ich mich im Raum umsah und meine Mutter erkannte. Sie stand direkt neben meinem Krankenbett und betete für mich. Okay, dachte ich. Mama ist da. Jemand, der mich wirklich liebt. Obwohl ich mich immer noch sehr für das schämte, was letzte Nacht passiert war, beruhigte mich der Anblick meiner Mutter ein bisschen. Wenn Mama hier war, bedeutete das, dass die Scheiße, die ich gebaut hatte, zumindest nicht so groß war, dass jetzt niemand mehr etwas mit mir zu tun haben wollte. Ich fühlte mich wie ein Kind, das Mist gebaut hatte und jetzt von seiner Mutter gerettet werden musste. Ja, dachte ich. Mama rettet dich. Denn Mama ist nie gegen dich.

* * *

Die Nacht, die für mich in der Notaufnahme eines Berliner Krankenhauses endete, hatte eigentlich relativ harmlos angefangen, mit zwei Freunden im zwanzigsten Stock eines Hochhauses in meiner Siedlung. Wir rauchten Marihuana und tranken das berühmt-berüchtigte Lean, das man auch als Makatussin kennt. Ansonsten konsumierten wir nichts. Kein Kokain und auch keine anderen Drogen. Während wir kifften, hörte ich ein paar Beats durch und rappte vor mich hin. So ging das den ganzen Abend, bis ich irgendwann nach Hause wollte. Es war Anfang Januar 2022 und ziemlich kalt. Nicht eisig, aber auf jeden Fall zu kalt, um zu laufen. Also entschied ich mich, meine Frau anzurufen und sie zu fragen, ob sie mich vielleicht abholen könnte. Konnte sie. Ich sprang ins Auto und sie fuhr uns heim. Kurz nachdem wir dort angekommen waren, hat sich dann von einem Moment auf den anderen ein Schalter in meinem Kopf umgelegt.

Heute weiß ich, dass man das, was ich daraufhin erlebte, eine Psychose nennt. Doch damals war alles einfach nur wirr, einfach nur komisch. Ich hatte einen irrationalen Gedanken nach dem anderen und wurde von Minute zu Minute panischer. Meine Frau merkte mir den veränderten Zustand sofort an und versuchte, mich zu beruhigen. Normalerweise gelingt ihr das immer. Sie ist meine Prinzessin, meine gute Stimme, mein Halt. Der Mensch, der immer ein offenes Ohr für mich hat, immer das Gute in mir sieht und immer an mich glaubt. Doch in meiner Psychose half das alles nichts. Obwohl sie ihr Bestes tat, um mir zu zeigen, dass alles gut war, eskalierte mein Inneres komplett. In meinem Kopf war gar nichts gut. Im Gegenteil: Alles war scheiße, ein negativer Gedanke jagte den nächsten. Ich war so paranoid, dass ich für die Welt um mich herum nur noch Misstrauen übrighatte. Sogar für meine Frau und ihre jüngeren Geschwister, die dazugekommen waren. »Beruhig dich, beruhig dich«, hörte ich sie rufen. Doch keiner von ihnen drang zu mir durch. Ich beleidigte zwar niemanden und wurde auch nicht handgreiflich, aber ich blieb komplett in meinem Film. Ich weiß nicht mehr, was genau ich von mir gegeben habe, doch es werden keine schönen Dinge gewesen sein.

Je länger ich mich in meinem Wahn befand, desto schlimmer wurde mein Zustand. Den vermeintlichen Ausweg aus meiner Psychose sah ich in einer Flasche meines eigenen Gins, den ich eigentlich in Kooperation mit einem Hersteller hatte rausbringen wollen. Das zerschlug sich aber, weil ich infolge eines schwerwiegenden Vorwurfs gecancelt wurde. Reflexartig griff ich nach der Flasche und exte sie zur Hälfte in der Hoffnung, meinen paranoiden Kifferkopf mit genug Alkohol zu beschwichtigen. Das machte die Situation natürlich nur noch schlimmer. Spätestens jetzt war ich komplett ausgeknockt. In meinem Wahn zerschlug ich die Flasche und versuchte, mir mit einer der Scherben die Pulsadern aufzuschneiden. Ich wusste zwar, dass ich dadurch nicht zwangsweise sterben würde, doch wollte es zumindest probieren. Für mich hatte es in diesem Moment keinen großen Sinn mehr zu leben. Was soll’s?, dachte ich, ist eh alles vorbei. Während ich dabei war, mich selbst zu verletzen, sah ich, dass mein Bruder angekommen war. Offenbar hatte meine Frau ihn in der Zwischenzeit zu Hilfe gerufen. Auch er versuchte nun, irgendwie zu mir durchzudringen. Doch ähnlich wie die Versuche meiner Frau blieben auch seine Bemühungen erfolglos. Um mich runterzubringen, waren andere Instanzen notwendig. Um genau zu sein: Polizei und Feuerwehr.

Ehrlich gesagt habe ich gar nicht bewusst mitbekommen, wer letztlich dafür gesorgt hat, dass inmitten meines Wahns plötzlich Feuerwehr und Polizei vor der Tür standen. Vor allem meine Erinnerungen an den Feuerwehreinsatz sind ziemlich lückenhaft. In der Presse habe ich später gelesen, dass ich einen der Feuerwehrmänner in Richtung des Treppengeländers geschubst und er sich dabei an der Rippe verletzt haben soll. Dafür habe ich letzten Endes auch 60 000 Euro Strafe gezahlt. Erinnern kann ich mich an die Auseinandersetzung jedoch nicht. Dafür sind die Bilder des Polizeieinsatzes, der etwas später stattfand, ein wenig klarer. Ich erinnere mich daran, wie mir von einem Moment auf den anderen mindestens sechs, eher sogar sieben bis acht Polizisten in meinem Flur gegenüberstanden. Anders als die Beamten, mit denen ich sonst zu tun gehabt hatte, trugen sie riesige Schutzschilde und sahen für mich eher nach SEK aus. Wie alle anderen um mich herum versuchten auch die Polizisten, mich runterzubringen.

»Hey, beruhigen Sie sich!«, hörte ich sie rufen.

Doch zu mir war nach wie vor kein Durchdringen. Anstatt mich auf die Versuche der Beamten einzulassen, dachte ich: Ich ficke euch alle. Ab diesem Moment ging alles Schlag auf Schlag. Wie im Wahn versuchte ich, die Polizisten anzugreifen, doch mein Plan ging komplett nach hinten los. Noch bevor ich irgendetwas tun konnte, fing ich die erste Bombe von einem der Beamten. Es folgten weitere Schläge und Tritte, bevor ich von mehreren Polizisten überwältigt und auf dem Boden fixiert wurde. Einer der Schläge traf mich so hart, dass ich noch Tage danach mit einem miesen blauen Auge rumlief. Und auch meine Erinnerung an das, was nach den Schlägen passierte, lässt zu wünschen übrig. Ich weiß zum Beispiel nicht mehr, wie ich von zu Hause ins Krankenhaus gebracht wurde. Wenn ich ehrlich bin, gibt es eigentlich nur eine Sache, an die ich mich noch halbwegs klar erinnere: die Ärztin, die mir nach meiner Ankunft im Krankenhaus eine Spritze setzte.

* * *

Ich muss unbedingt eine rauchen. Das war einer der ersten Gedanken, die mir in den Sinn kamen, nachdem ich im Krankenhaus aufgewacht war und die Ereignisse der letzten Nacht Revue passieren ließ. Deutlich wichtiger waren jedoch die Gedanken, die mich nach der ersten Krankenhauskippe beschäftigten. Ich schämte mich sehr für das, was mir in der Nacht zuvor passiert war, und dachte intensiv darüber nach, was das für mich und mein Leben bedeutete. Ich fragte mich, was aus mir werden würde, wenn ich den Weg, den ich bis hierhin gegangen war, unverändert weiterginge. Die Antwort war klar: Auf diese Weise würde ich für immer Samra der Junkie sein. Vermutlich würde ich jung sterben und den Menschen als jemand in Erinnerung bleiben, der hoch geflogen und noch tiefer gefallen war. Ein Opfer.

Während ich diese Gedanken hatte, fühlte es sich erneut an, als würde sich in meinem Kopf ein Schalter umlegen. Doch diesmal im positiven Sinne. Denn ich wusste: So wollte ich nicht enden. Ich wollte nicht Samra der Junkie sein. Ich wollte eine Familie haben. Vater werden. Meine Mutter glücklich sehen. Diese Gedanken begleiteten mich, als ich das Krankenhaus nach knapp zwanzig Minuten endlich in Begleitung meiner Mutter verlassen durfte. Da ich weder Hose noch T-Shirt trug, wurde mir beides vom Krankenhauspersonal mitgegeben. Keins von beiden passte. Der Knopf der Hose ging nicht zu und das T-Shirt war viel zu eng. Doch in diesem Moment war mir das egal. Hauptsache, ich konnte endlich hier weg.

Wir stiegen ins Taxi, das uns zum Haus meiner Eltern bringen sollte. Obwohl ich erleichtert war, nach Hause zu dürfen, fühlte sich die Situation ziemlich komisch an. Das lag vor allem daran, dass mich noch immer die von Paranoia durchzogenen Gedanken begleiteten, die mich während der Psychose heimgesucht hatten. Ich verspürte ein starkes Misstrauen gegenüber dem Taxifahrer und redete mir sogar ein, dass er uns eigentlich gar nicht heimbringen würde. Ich dachte außerdem daran, dass ich noch nie in meinem Leben mit meiner Mutter Taxi gefahren war. Dass es ausgerechnet heute zum ersten Mal zu dieser ungewohnten Situation kam, löste ein...

Erscheint lt. Verlag 23.2.2025
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Schlagworte 110 • Berlin lebt • Capital Bra • Cataleya • Deutschrap • Egj • Ersguterjunge • Feuer über Deutschland • Iblis • Jibrail &amp • Jibrail & Iblis • Libanon • Rap • Rapmusik • Rapper • Rohdiamant • Straßenrap
ISBN-10 3-7453-2628-8 / 3745326288
ISBN-13 978-3-7453-2628-4 / 9783745326284
Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR)
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