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Tod im Regenwald (eBook)

Ein Teixeira-Krimi

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
441 Seiten
epubli (Verlag)
978-3-8187-5265-1 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
9,99 inkl. MwSt
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Delegado Ernesto Aparecido Teixeira arbeitet seit ungefähr einem Vierteljahrhundert in der Mordkommission bei der D. H. P. P. der Polícia Civil do Estado de São Paulo. Gemeinsam mit dem jungen Polizeischüler Wanderlei ermittelt er in einer Serie mysteriöser Todesfälle, in denen die Armadeira, die brasilianische Wanderspinne, eine geheimnisvolle Rolle spielt. Die Spuren führen in den Regenwald des Amazonas und bis nach Deutschland, in den Hochtaunus. Kommissarin Verena Leipoldt und ihr Team unterstützen die Kollegen aus Brasilien bei der Suche nach dem Spinnenmörder. Tod im Regenwald ist das erste aus eine Reihe von Büchern rund um die Ermittler Teixeira, Wanderlei und Meireles in Brasilien und Verena Leipoldt vom LKA Hessen.

K. I. Schuch arbeitete über 30 Jahre in der Reisebranche und hat die Orte, über die er schreibt, selbst bereist, insbesondere Brasilien. Geboren in Wiesbaden, lebt und schreibt er in der Nähe von Frankfurt am Main.

K. I. Schuch arbeitete über 30 Jahre in der Reisebranche und hat die Orte, über die er schreibt, selbst bereist, insbesondere Brasilien. Geboren in Wiesbaden, lebt und schreibt er in der Nähe von Frankfurt am Main.

Die Xa’o


 

Nordwestlich von Itaituba, Bundesstaat Pará, Brasilien. 1996.

 

Die Onça duckte sich unter die Farne. Ihr Schwanz peitschte den Boden. Misstrauisch spähte sie zwischen den Bäumen hindurch und versuchte zu erkennen, ob ihr eine Gefahr drohte. Die Katze war hungrig. Seit Wochen musste sie sich mit Kleingetier begnügen, die Guti, Paka und Sumpfhirsche waren längst vor dem Lärm und Gestank geflüchtet, der immer unerbittlicher den Wald durchdrang. Bereits aus großer Entfernung hatte sie heute der unwiderstehliche Duft des Blutes herangeführt. Außer dem anschwellenden Zirpen der Zikaden und dem Schnattern der Sittiche hoch oben in den Bäumen war jetzt nichts zu hören. Die Sonne war bereits hinter den Bäumen versunken, aber die Onça sah auch im Dämmerlicht noch ausgezeichnet. Sie prüfte nochmals die Witterung, dann betrat sie die Lichtung. Ihr Kopf pendelte hin und her und sie war bereit, bei dem geringsten Anzeichen von Gefahr das Weite zu suchen. Nach wenigen Schritten hatte sie ihr Ziel erreicht. Die Raubkatze stieß ein heiseres Grollen aus und fletschte die Zähne. Ihre Beute bewegte sich nicht. Das Wesen war tot. Wolken von Fliegen schwirrten um den Körper. Sie schnupperte an der Leiche. Ihre Barthaare sträubten sich, aber ihr Hunger siegte über die Abscheu vor dem fremden Geruch. Mit ihrer rauen Zunge leckte sie das getrocknete Blut auf, das aus der Halswunde ausgetreten war, dann schlug sie gierig ihre Zähne in den Kadaver. Plötzlich kam etwas geflogen und ein brennender Schmerz fuhr ihr in die Schulter. Die Onça fauchte laut vor Ärger und Überraschung und warf sich herum. Sie spannte ihre Sehnen zum Sprung auf den unsichtbaren Feind, aber etwas ließ sie zögern. Vor ihren Augen schien plötzlich alles zu verschwimmen. Mit den Zähnen versuchte sie den brennenden Stachel aus ihrem Fell zu ziehen, aber er löste sich nicht. Sie hustete und hockte sich auf den Boden. Der Schmerz wanderte in ihre Eingeweide, ihre Muskeln erlahmten. Schon bald konnte sie den Kopf nicht mehr oben halten. Die Zunge hing ihr aus dem halb geöffneten Rachen, dunkler Speichel troff zwischen den mächtigen Reißzähnen hervor. Ihre Flanken zuckten bereits heftig im Todeskampf. Dann streckten sich ihre Beine. Ihre gelben Augen wurden glasig.

Padre Jerome setzte das Blasrohr mit zitternden Händen ab. Normalerweise erlegten die Xa’o mit ihren Waffen Paka, Vögel oder kleinere Affen. Er wusste aber, dass das spezielle Gift, das sie zum Präparieren ihrer Pfeile benutzen, auch ein größeres Tier wie ein Pekari schnell und zuverlässig tötete. Der Padre tat ein paar zaghafte Schritte auf den Jaguar zu und stieß ihn mit dem Fuß an. Die wunderschöne Katze war warm und weich und regte sich nicht. Er blickte von dem toten Tier hinüber zu der Leiche des Mannes. Die Kleidung machte ihm schmerzhaft bewusst, dass es sich um Doktor Montand handelte. Der stets fröhliche Ethnologe aus Belém lag kalt und tot auf dem Waldboden. Der Zersetzungsprozess hatte bereits begonnen. Käfer krabbelten durch die leeren Augenhöhlen. Sein Kopf war bis zum Gebiss herunter gespalten, wohl durch den Hieb mit einem Buschmesser.

Der hagere Mann mit dem lichten Haar und dem notdürftig geflickten Habit wandte sich ab. Ein Wimmern entrang sich seinen bebenden Lippen in Erahnung dessen, was ihn im Zelt erwarten mochte. Durch die Blätter der Bäume drang ein letzter Lichtrest und zeichnete die Silhouetten der Gegenstände nach. Das Zelt diente der Familie als Schlafstätte. Es duckte sich gegen eine einfache, mit Palmwedeln gedeckte Hütte, auf der einige Metallkisten standen, die gleichermaßen als Schreibtisch und Kleiderschränke dienten und zudem das wissenschaftliche Gerät von Doktor Montand beherbergten. Padre Jerome hob die Plane an und warf einen Blick ins Halbdunkel. Vitória Montand lag auf dem Boden. Sie war nackt. Man hatte ihr den Hals von einem Ohr zum anderen aufgeschnitten. Ihr Blut hatte auf der Erde eine schwarze Pfütze gebildet. Dutzende, nein hunderte Insekten labten sich an der klumpigen Masse. Jerome konnte den Anblick nicht ertragen, er erhob sich und taumelte durch den Eingang ins Freie. Würgend und spuckend erbrach er seine letzte Mahlzeit in einen Busch. Dann ließ er sich auf die Knie sinken. Seine Schultern bebten, er weinte lautlos. Anklagend blickte er hoch zum Blätterdach. Er wollte etwas sagen, wollte schreien, wollte Gott alles entgegen schleudern. Aber sein Gott würde nicht antworten. Er hatte noch nie geantwortet. Hoffnungslos verbarg er sein tränennasses Gesicht in den zitternden Händen. Plötzlich vernahm er einen erstickten Laut. Es klang wie das Winseln eines kleinen Hundes. Padre Jerome wischte sich mit dem Ärmel über die Augen, fasste das Blasrohr wie einen Prügel und erhob sich mit einem Ächzen. Vorsichtig trat er näher heran und blinzelte zwischen den Kisten hindurch. Zaghaft hob er das Deckenbündel an. Darunter kauerte ein Mädchen. Sie hatte sich zusammengekrümmt und hielt etwas fest umklammert. Jetzt stieß es wieder einen klagenden Laut aus, dem nichts Menschliches innewohnte. Der Padre beugte sich behutsam zu dem Kind herab. „Yara!“ Aus leeren Augen blickte sie durch ihn hindurch und schien seine Anwesenheit nicht zu bemerken. Das Grauen darüber, was man ihren Eltern angetan hatte, musste ihr die Sinne vernebelt haben. Wohl eine Art Schutzmechanismus. Widerstandslos ließ sie sich hochnehmen. Das Mädchen hing schlaff in seinem Armen. Ihre zarten Hände hielten ein Tuch fest, das der Padre bei Dona Vitória gesehen hatte. Padre Jerome überlegte nicht lange. Er musste sie von hier wegbringen, falls die hierher zurückkamen, die ihre Familie getötet hatten und die annähernd zwei Dutzend Mitglieder des Stammes, die zerhackt und erstochen in und vor den primitiven Hütten lagen. Dem Zustand der Leichen nach zu urteilen, lag das Gemetzel schon mindestens vierundzwanzig Stunden zurück. Er setzte das Kind behutsam an einem großen Andiroba-Baum ab. Sie musste völlig dehydriert sein. Aus einem Flaschenkürbis flößte er ihr vorsichtig ein paar Schlucke Wasser ein. Das Mädchen trank gierig, ohne aus seinem apathischen Zustand zu erwachen. Hin und wieder stieß sie ein gequältes Stöhnen aus. Der Padre holte die Decke und legte sie über das Mädchen. Nach einer Weile schloss sie die Augen und versank in einen unruhigen Dämmerschlaf.

Der Padre machte sich an die Arbeit. Anfangs trug, später schleifte und zerrte er die getöteten Xa’o auf einem Haufen zusammen. Zwischendurch musste er immer wieder innehalten, weil ihm der Verwesungsgeruch fast die Sinne raubte. Hier lag Páohi, daneben seine Tochter Kahái, auch sie war offenbar geschändet worden, dort drüben der kleine Baai, der immer so frech durch seine Zahnlücken gegrinst hatte, wenn er mit den anderen Kindern Taranteln mit Stöcken zum Wettlauf angetrieben hatte. Für die Montands hob er eine Grube aus und steckte ein aus zwei Ästen notdürftig zusammengebundenes Holzkreuz darüber. Wo die primitiven Geräte, die er im Lager gefunden hatte, nicht ausreichten, nahm er seine Hände zu Hilfe. Der Mond spendete ihm dabei sein spärliches Licht.

Stunden später war es getan. Über den Leichen der Xa’o hatte er aus den Ästen und Palmwedeln der Hütten einen großen Haufen aufgetürmt. Jetzt nahm er das Feuerzeug, das Montand gehört hatte, und entzündete den Stapel. Nach einer Weile zauberte der Feuerschein gespenstische Schatten auf die Baumriesen, die die Siedlung umgaben. Dutzende von Faltern und anderen fliegenden Insekten flatterten sinnentleert durch den Rauch ins Feuer und versengten. Hoch in den Bäumen ertönte das aufgeregte Gebell der Brüllaffen, ein paar Papageien protestierten. Padre Jerome stierte in die Feuersbrunst, bis ihm die Augen brannten. Er war aufgewühlt und verzweifelte fast an seinen widersprüchlichen Gefühlen, die ihn letztendlich in den Dschungel getrieben hatten. Dann rezitierte er mit sonorer Stimme aus einem uralten Klagelied:

„Aber ich rief deinen Namen an, o Herr, tief unten aus der Grube!

Du hörtest meine Stimme: Verschließe dein Ohr nicht vor meinem Seufzen, vor

meinem Hilferuf! Du nahtest dich mir an dem Tag, als ich dich anrief; du sprachst:

Fürchte dich nicht!

Du führtest, o Herr, die Sache meiner Seele; du hast mein Leben erlöst!

Du hast, o Herr, meine Unterdrückung gesehen; schaffe du mir Recht! Du hast all

ihre Rachgier gesehen, alle ihre Anschläge gegen mich.

Du hast, o Herr, ihr Schmähen gehört, alle ihre Pläne gegen mich, das Gerede

meiner Widersacher und ihr dauerndes Murmeln über mich.

Sieh doch: Ob sie sich setzen oder aufstehen, so bin ich ihr Spottlied!

Vergilt ihnen, o Herr, nach dem Werk ihrer Hände! Gib ihnen Verstockung des

Herzens; dein Fluch komme über sie! Verfolge sie in deinem Zorn und vertilge sie

unter dem Himmel des Herrn hinweg!“

 

Die Xa’o lebten auf einer natürlichen Lichtung unweit des Flusses, der Quelle allen Lebens war. Sie hatten ihre einfachen Hütten errichtet, wie es viele Generationen vor ihnen getan hatten und rangen dem Urwald das Lebensnotwendige ab. Die Männer gingen fischen oder jagen, die Frauen bauten etwas Mais und Maniok an. Die Xa’o hatten kaum Kontakt zu Fremden, nur zu den Flusshändlern, die ab und zu mit ihren Booten den Seitenarm des Rio Anapu heraufkamen.

Eines Tages kam ein nicht mehr junger weißer Mann zu ihnen. Er sah aus wie einer der Missionarios, die einst die ersten Weißen gewesen waren, denen die Xa’o vor langer Zeit begegnet waren. Der Fremde nannte sich Padre Jerome und er kam ohne Waffen und ohne Versprechungen. Er war allein und seine Augen waren ohne List. Von ihm schien keine Gefahr auszugehen und so duldeten sie ihn in ihrer Mitte.

Der Padre...

Erscheint lt. Verlag 23.12.2024
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Brasilien • Frankfurt • Giftspinnen • Indigene • LKA • Regenwald • Sao Paulo
ISBN-10 3-8187-5265-6 / 3818752656
ISBN-13 978-3-8187-5265-1 / 9783818752651
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