Jene Tage voller Träume (eBook)

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Aufl. 2024
384 Seiten
beHEARTBEAT (Verlag)
978-3-7517-6056-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Jene Tage voller Träume - Tamara McKinley
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Eine bewegende Liebesgeschichte im romantischen Paris der Dreißigerjahre.

Paris, 1936. Die junge englische Krankenschwester Annabelle zieht in das turbulente Künstlerhaus ihrer Tante und taucht begeistert in die exotische Welt der Metropole ein. Als sie den Maler Henri kennenlernt, ist es Liebe auf den ersten Blick. Doch wie so viele junge Männer zieht auch Henri bald an die Front des Spanischen Bürgerkriegs, und auch Annabelle muss sich den Schrecken des Krieges stellen. Auf grausame Weise wird sie von Henri getrennt. Doch zwanzig Jahre später trifft ihre Tochter auf einen Maler, der verletzt aus dem Spanienkrieg zurückkehrte ...

Tiefe Gefühle vor spannender Kulisse: Vom flirrenden, romantischen Paris der 1930er-Jahre bis hin zum Baskenland während des Spanischen Bürgerkriegs. Für Leserinnen und Leser von Lesley Pearse und Katja Dörr.

»Tamara McKinley versteht es, ein spannendes Familienepos in der Tradition der Dornenvögel zu erzählen.« NDR Bücherwelt

eBooks von beHEARTBEAT - Herzklopfen garantiert.




<p>Tamara McKinley wurde in Australien geboren und verbrachte auch ihre Kindheit im Outback des fünften Kontinents. Heute lebt sie an der Südküste Englands, aber die Sehnsucht treibt sie stets zurück in das weite, wilde Land, von dem sie in jedem ihrer Romane faszinierende neue Facetten entfaltet und sich weltweit eine große Fangemeinde erobert hat.</p>

2


  


Annabelle war reibungslos durch die Zollabfertigung gekommen. Der Gepäckträger hatte ihre beiden Koffer in das Schlafwagenabteil erster Klasse gebracht, das bis Paris ihr gehören würde. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie das vor sich gehen sollte, da sie ja auf ein Schiff ging, aber sie wagte es nicht, ihn zu fragen. Nachdem sie ihm ein Trinkgeld gegeben hatte, packte sie Nachthemd und Waschbeutel aus, bewunderte das gemütliche und erstaunlich komfortable Schlafgemach und machte sich dann auf, um alles zu erkunden.

Der Speisewagen war so prächtig eingerichtet wie ein Speisesaal in einem großen Londoner Hotel. Die Tische hatten gestärkte weiße Leinentischdecken, und im gedämpften Schein der kleinen Tischlampen schimmerten Kristallgläser und Silberbesteck. Die Speisekarten steckten in Rahmen, die zwischen den großen, mit Vorhängen versehenen Fenstern an den Wänden hingen. Als sie weiterging, entdeckte sie einen gemütlichen Salon mit einer gut bestückten Bar, an der elegant gekleidete Stewards Getränke ausschenkten. Auf niedrigen Tischchen lagen aktuelle Tageszeitungen sowie die neuesten Hochglanzmagazine aus, und sowie Annabelle sich setzte, kam ein Steward und fragte sie, ob sie etwas trinken wolle.

Von der Umgebung ein wenig eingeschüchtert nippte Annabelle an ihrem Sherry und betrachtete die anderen Passagiere. Nach ihrer überstürzten Abreise war sie kaum zum Atemholen gekommen. Alles war in so wahnwitzigem Tempo abgelaufen, dass sie beinahe das Gefühl hatte zu träumen. Allerdings waren die Rufe der Schaffner und Gepäckträger sehr real. Genau wie der Luxus ihrer Erste-Klasse-Kabine und das Ticket in ihrer Handtasche waren sie Beweise dafür, dass sie tatsächlich unterwegs nach Paris war.

Die zwei kleinen Koffer, die sie bei sich hatte, enthielten alles, was sie an Wertvollem besaß. Für fünf Jahre Arbeit war das nicht viel, doch zumindest machte sie in ihren besten Kleidern einen respektablen Eindruck. Der helle Strohhut mit dem roten Samtband war ein Abschiedsgeschenk von Caroline gewesen und sehr schick, und auch wenn ihr dunkelblauer Mantel keiner näheren Betrachtung standgehalten hätte, war er von ordentlicher Qualität, genau wie ihre gute schwarze Lederhandtasche. Allerdings konnte sie nicht verbergen, dass ihre Schuhe abgenutzt waren, obwohl sie sie auf Hochglanz poliert hatte, und so kreuzte sie unter dem Sitz die Füße und hoffte, dass niemand hinsah.

Das Abteil begann sich zu füllen. Es wurde lauter, und sie hörte, dass hier nicht nur Englisch, sondern auch Französisch gesprochen wurde. Die Leute bestellten Getränke, zündeten sich Zigaretten an und zogen die Vorhänge zu. Einige raschelten mit Zeitungen oder falteten Reisedecken auseinander, und der Steward ging durch den Wagen, um sich zu erkundigen, welche Plätze man beim Abendessen im Speisewagen wünsche.

Annabelle war zwischen Vorfreude und Angst hin- und hergerissen. Sie war noch nie erster Klasse gereist, noch nie in Paris gewesen und auch noch nie mit dem Dampfschiff über den Ärmelkanal gefahren. Doch es gab kein Zurück, nicht jetzt, da sie über ihren Vater Bescheid wusste.

Sie fragte sich zerstreut, ob wohl erwartet wurde, dass sie sich zum Abendessen umzog, dann wanderten ihre Gedanken zu ihrem verlassenen Zimmer in der Goose Lane. Es war ein schäbiges Haus gewesen mit verzogenen Fenstern und feuchten Wänden, und zu jeder Zeit roch man, was die anderen Bewohner gerade kochten. Aber sie hatte ihr Zimmer mit ein paar gebrauchten Möbeln, Vorhängen und Teppichen nach ihrem Geschmack eingerichtet, und so hatte sie es doch etwas wehmütig zurückgelassen. Wahrscheinlich war es inzwischen bereits von den anderen Mietern geplündert worden, was sie ihnen nicht übel nahm. Aber sie würde London und George vermissen.

Sie schnappte nach Luft, als ihr einfiel, dass sie in der ganzen Eile und Aufregung keinen einzigen Gedanken an George Ashton verschwendet hatte. Wie hatte das nur passieren können? Es war schrecklich von ihr, ihn sang- und klanglos sitzen zu lassen, nachdem er von der Praxis, bei der er sich vorgestellt hatte, abgelehnt worden war. Noch dazu hatte sie seinen aufrichtigen, aber zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt vorgebrachten Heiratsantrag abgelehnt. Zwar war George ihr in letzter Zeit aus dem Weg gegangen, doch es würde ihn trotzdem kränken, wenn er erfuhr, dass sie ohne ein Wort fortgegangen war, und ganz zu Recht würde er sie für maßlos egozentrisch und lieblos halten.

Unentschlossen sah sie aus dem Fenster, wo die letzten Passagiere den Bahnsteig entlanghasteten. Sie sollte zu ihm gehen oder wenigstens im Krankenhaus anrufen und ihm eine Nachricht hinterlassen. Aber konnte sie aussteigen und ihr Gepäck zurücklassen? Damit würde sie wahrscheinlich nicht nur alles verlieren, was sie besaß, sondern auch ihre Fahrkarte verfallen lassen und das Schiff verpassen. Sie rutschte auf ihrem Sitz nach vorn bis an die Kante, war kurz davor aufzuspringen, aber außerstande, eine Entscheidung zu treffen.

Sie und George hatten sich während ihrer Ausbildung zur Krankenschwester in der Klinik kennengelernt, und obwohl er sechs Jahre älter war als sie, waren sie gute Freunde geworden. Sie hatten ihre knapp bemessene Freizeit miteinander verbracht, indem sie in den Londoner Parks spazieren gingen oder den Crystal Palace besuchten. Sie hatte ihm geholfen, einen Anzug auszusuchen, als er seinen Doktor machte, und er hatte sie zum Essen ausgeführt, nachdem sie die Schwesternprüfung bestanden hatte. Annabelle mochte ihn als Freund herzlich gern, hatte jedoch erst begriffen, dass George in sie verliebt war, als Caroline sie darauf hinwies. Auf seinen unvermittelten Antrag zum falschen Zeitpunkt hatte sie barscher reagiert als beabsichtigt. Sie war noch völlig erschüttert gewesen von ihrer Entlassung am Tag zuvor. Die ganze Zeit hatte sie überlegt, ob sie Carolines Drängen, sie nach Spanien zu begleiten, nachgeben oder ob sie dem Bedürfnis folgen sollte, in London ihren Namen reinzuwaschen. Zudem machte sie sich große Sorgen, wie wohl ihre Zukunft aussah, wenn sie nicht mehr als Krankenschwester arbeiten konnte. Wie hätte sie zu einem solchen Zeitpunkt irgendeine vernünftige Entscheidung treffen können?

Sie riss sich von ihren Gedanken los und sah, wie der Schaffner seine Fahne hob. Die letzte Tür wurde zugeschlagen. Ein schriller Pfiff gellte durch den Bahnhof, und Rauch und Dampf zogen am Fenster vorbei, als sich der Zug in Bewegung setzte. Mit gemischten Gefühlen ließ sie sich gegen die Lehne zurücksinken. Es war zu spät.

Sie unterdrückte ein reumütiges Seufzen und versprach George im Stillen, ihm sofort zu schreiben, sowie sie in Paris eingetroffen wäre. Ihre Freundschaft bedeutete ihr zu viel, um ihn einfach ohne jede Erklärung zurückzulassen.

Während der dreistündigen Zugfahrt nach Dover registrierte Annabelle, dass sie von Leuten vom Typ ihrer Eltern umgeben war, die den ganzen Luxus als selbstverständlich hinnahmen und reichlich blasiert auf all das reagierten, was sie selbst so aufregend fand. Sie verzehrte ein wohlschmeckendes Abendessen – das billigste Gericht auf der Karte –, beschränkte sich auf Mineralwasser und kehrte, nachdem sie noch eine Weile in dem überfüllten, verrauchten Salon zugebracht hatte, in ihr Schlafwagenabteil zurück. Es waren nur wenige Leute ihres Alters im Zug, und sie fühlte sich ein wenig ausgeschlossen, als die anderen angeregt miteinander plauderten und keinerlei Versuche machten, sie einzubeziehen.

Es war herrlich ruhig in ihrem Abteil, und als sie sich ans Fenster setzte und versuchte, in der vorüberziehenden Landschaft Details auszumachen, wurde ihr bewusst, dass es schon fast Mitternacht war und sie bald in Dover eintreffen würde. Nach wie vor war es ihr ein Rätsel, wie der Zug auf das Schiff kommen sollte, denn nur so war es möglich, dass sie hier drinnen schlafen konnte.

Während der Zug durch die Dunkelheit ratterte, wanderten ihre Gedanken zu Caroline und deren Brüdern. Sie hatten erst vor kurzer Zeit fast die gleiche Reise gemacht, auch wenn ihr Ziel Madrid gewesen war und nicht Paris. Annabelle fragte sich, ob sie wohl schon angekommen waren und was für Zustände in dem vom Bürgerkrieg erschütterten Spanien herrschten.

Caroline Howden war von Kindesbeinen an ihre Freundin gewesen. Ihre älteren Brüder, Bertram und Arthur, hatten Annabelle einfach als ein zweites nerviges kleines Mädchen akzeptiert, das ihnen ständig hinterherlief. Irgendwann einmal war sie heftig in Arthur verliebt gewesen, doch zum Glück hatte er nichts davon gemerkt, und so war die Ungezwungenheit zwischen ihnen erhalten geblieben. Und jetzt waren ihre Kindheitsfreunde unterwegs in ein Kriegsgebiet, obwohl sich ihre Eltern nach Kräften bemüht hatten, sie davon abzuhalten. Annabelle konnte nur beten, dass sie alles heil überstanden.

Sie starrte hinaus in die Finsternis und musste an den Abend vor einigen Wochen denken, als sie alle gemeinsam bei den Howdens gegessen hatten. Robert und Philippa waren so gastfreundlich gewesen wie immer, doch der nette Abend war durch eine unschuldige Bemerkung ruiniert worden, die Annabelle über die Menge an Käse und Butter machte, die Arthur auf seinem Brötchen verteilte. Er hatte entgegnet, dass er sich Reserven anfuttern müsse für den Fall, dass es in Spanien keine ausreichenden Rationen gab. Von da an war die Atmosphäre angespannt gewesen.

Als Caroline verkündete, dass auch sie nach Spanien reisen werde, war ihre Mutter in Tränen ausgebrochen, und auch dem Vater war es schwergefallen, seine Erregung im Zaum zu halten. Er hatte eine wortgewaltige, bittere Rede gehalten, die sie alle schockiert und sich in Annabelles Gedächtnis eingebrannt...

Erscheint lt. Verlag 1.11.2024
Übersetzer Ariane Böckler
Sprache deutsch
Original-Titel Echoes from afar
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 20. Jahrhundert • Dreißiger Jahre • Familie • Familiengeheimnis • Familiengeschichte • Gemälde • Krieg • Kunst • Lesley Pearse • Liebe • Liebesgeschichte • Maler • Malerei • Paris • Roman für Frauen • Saga • Spanischer Bürgerkrieg • Stadt der Liebe
ISBN-10 3-7517-6056-3 / 3751760563
ISBN-13 978-3-7517-6056-0 / 9783751760560
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