Smartje -  Stefan Gril

Smartje (eBook)

ein hyperbolischer Lebenslauf

(Autor)

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2024 | 1. Auflage
178 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7597-2769-5 (ISBN)
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Smartje Brinkmann ist ein Mann ohne Moral. In prekären Verhältnissen aufgewachsen, kennt er nur ein Ziel: Er will zu den Gewinnern des Lebens gehören, koste es was es wolle. Von seinem Ziehvater hat er gelernt, dass man das Recht hat, zu betrügen, wenn es anders nicht geht. Er startet furios, sein Aufstieg scheint unaufhaltsam zu sein. Als er sich schon ganz oben angekommen wähnt, verlässt ihn das Glück. Seine moralische Verkommenheit bringt ihn zu Fall. Smartje kämpft vergeblich, der Gewinner wird zum Verlierer.

Stefan Gril, bürgerlich Dr. Ernst Flaig, ist Naturwissenschaftler im Ruhestand und freiberuflicher Maler und Autor surrealistischer und gesellschaftskritischer Erzählungen Weitere Buchveröffentlichungen: Die Erlebnisse eines wahnsinnigen Pilgers bei seinen Wanderungen durch die reale Welt, 2022 Traumsignale, Eine Sammlung lucider Träume, 2023 Tanatolien, Eine virtuelle Welt nach dem Super Öko GAU, 2023

Sylt


Sven Ravenstein genießt bei Kamphausen ein ganz besonderes Privileg. Weil er letztes Jahr die höchsten Preisgelder im Springreiten geholt hat und zudem als einziger unter den Reitern einen Flugschein hat, darf er mit Kamphausens Cessna fliegen. Als es Ende Juni selbst in der fälischen Tiefebene unerträglich schwül wird, sagt er trocken zu Smartje:

„Wohlauf, die Luft geht frisch und rein… nicht hier, aber auf Sylt. Kommst du mit, Kumpel?“

Smartje muss nur eine Sekunde überlegen.

„Das wäre Eddas Privileg. Wenn sie mitkommt und noch ein dritter Passagier in die Cessna passt, bin ich gerne dabei.“

Sven sieht Smartje prüfend an:

„Was ist da los, läuft etwas zwischen dir und Edda?“ „“

Aufgepasst, Smartje, das kann eine Fußangel sein!

„Ach wo denkst du hin! Edda interessiert sich für Pferde, für Geld interessiert sie sich gar nicht. Wenn sie überhaupt einen Mann wollte, dann müsste es eher ein Reiter sein als ein Finanzjongleur.“

Sven Ravenstein schüttelt den Kopf.

„Ihr Interesse an Reitern ist auch ziemlich unterentwickelt, kannst du mir glauben.“

„Hört sich so an, als hätte sie dir das schon mal ins Gesicht gesagt.“

„Kommentiere ich nicht. Ich frage Edda jetzt, ob sie mit will, Samstag früh geht es los.“

„Holla“, reflektiert Smartje das Gespräch, „in seine Fußangel bin ich nicht getreten, er aber in mein Fuchseisen. Man sehen ob die schöne Edda mir was verrät. Angenommen, sie hat ihn schon mal zurückgewiesen, fliegt aber jetzt mit, wer ist dann ihr Favorit?“

Sven Ravenstein ist auch als Pilot ein schneller Reiter. Fünf Minuten nach dem Start deutet er nach rechts.

„Da kommt Osnabrück in Sicht, unsere erste Wegmarke. Das wird heute ein erstklassiger Flug, fast wolkenlos.“

Nach einer halben Stunde deutet er wieder nach rechts:

„Seht ihr das? Oldenburg, Unsere kleine Schnurrkatze macht hervorragend Speed, so etwa bei 220 kmh, kaum Gegenwind.“

Nach einer weiteren halben Stunde verändert sich der Ausblick. Der grüne Rasen voraus wird zu einer grauen Suppe, der Horizont scheint abzustürzen.

„Wilhelmshafen. Wir kommen nun übers Wasser. Wenn unser Kätzchen jetzt abstürzt, müssen wir die restlichen hundert Kilometer schwimmen.“

„Na, danke, Sven,“ sagt Edda amüsiert, „das hättest du vorher ankündigen sollen, ich hab keine Schwimmweste dabei.“

Als die Cessna über Westerland kreist und Sven die Landebahn sucht, sind alle drei in bester Feierlaune. Sven stimmt ein Seemannschanty an und Edda hat nichts gegen Smartjes Hand, die ihren Haarschopf und ihren Nacken streichelt, es war der richtige Augenblick dafür.

„Wo nächtigen wir?“

„Immer im Fährhaus in Rantum, das ist unser „Stammsitz“ wenn wir hier sind.

Berücksichtige aber, dass wir Ende Juni haben. Die Sonne geht abends um halb elf unter und morgens um halb vier wieder auf. Da wird das Nächtigen zur Nebensache. Den Sonnenaufgang darfst du nicht versäumen. Unsere Zimmer schauen nach Osten auf das Watt, da erlebst du einen Sonnenaufgang, wie du ihn vielleicht noch nie gesehen hast.“

„Klingt vielversprechend, und heute abend?“

„Schlage für heute abend das Etablissement „Evita Pro“ vor, Bier und Sekt erstklassig und ab Mitternacht Tanz mit Stripshow.“

Edda zieht die Augenbraue hoch.

„Aber hallo, Sven, Evita pro? Willst du unseren Freund Smartje hier testen, ob er moralisch gefestigt ist?“

„Die Wahrheit ist, dass ich in der Kürze der Zeit nichts Anderes bekommen habe. Die Insel ist mal wieder vollgestopft mit Heinrich und Kuno. Besucher in Halbseide, Schausteller in Halbseide. Das ist Ende Juni öfter so. Dafür hat Evita den besten Sekt. Letztes Jahr hat so ein Potlatschindianer wahrhaftig 20 Riesen für eine Flasche Schampus auf den Tresen gelegt.

Der war mit einem Lamborghini vorgefahren und wurde von der Polizei in der grünen Minna

abtransportiert. Er konnte weder Evita die Rechnung zahlen, noch die Leihgebühr für den Lamborghini.“

Bevor es los geht, will Edda sich noch schick machen. In den Sylter Nachtclubs kleidet man sich nach dem „angesagten Schick der Saison“. Smartje klopf artig an ihrer Tür.

„Darf ich rein kommen, Edda?“

„Du kommst gerade recht. Du kannst mir das Bustier auf dem Rücken zuknöpfen.“

„Freude schöner Götterfunken, was für ein wunderschöner Rücken! Ist die Vorderseite auch so betörend?“

„Nimm dich in Acht! Die Vorderseite hat Krallen und die hast du ganz schnell im Gesicht!“

Smartje lacht und haucht einen zarten Kuss auf Eddas Rücken bevor er das Bustier zuknöpft.

Dranbleiben Smartje, steter Tropfen höhlt den Stein! In dieser Disziplin ist er routiniert.

„Darf ich dir mal eine ganz persönliche Frage stellen, Edda?“

„Um was geht es?“

„Wen magst du lieber, Sven oder mich? Also - ist Sven mein Konkurrent?“

„Überflüssige Frage, hast du noch nicht bemerkt, dass Sven schöne Jungen lieber mag als schöne Mädchen?“

„Nein, wahrhaftig, ist das so? Dann wäre nicht Sven mein Konkurrent, sondern du wärest Svens Konkurrentin?“

„Das ist mir zu hypothetisch, komm lass uns gehen.“

„Edda, ich möchte dir ein Angebot machen: Laß’ uns heute Abend nah beieinander bleiben.

Wer weiß, wohin es uns verschlägt im Laufe der Nacht und du könntest einen Beschützer gebrauchen.“

„Das ist lieb von dir. Normalerweise kann ich mich schon selbst beschützen, aber ich nehme gerne an. Nur bilde dir bloß nicht ein, dass das Konsequenzen hat. Meine Entscheidungen treffe ich immer selbst.“

Evita ist eine leicht übergewichtige Venus mit einem langen geflochtenen Zopf auf dem Rücken. Ihr Alter ist unmöglich zu schätzen, weil sie dickes Make up aufgetragen hat und wohl auch Botulinus reichlich verwendet. Smartje, das Adlerauge, entdeckt auf dem Scheitel einen grauen Haarwurzelansatz: Ihre besten Tage hat sie hinter sich. Sie begrüßt alle Gäste persönlich und führt sie zu den reservierten Tischen. Dort steht zur Begrüßung ein Kir Royale. Der später allerdings auf der Rechnung erscheinen wird.

Auf dem Tisch liegt das aktuelle Programm.

„Heute Abend Verkostung verschiedener Champagner der Sorten Chardonnay , Moët & Chandon und Reichsrat von Buhl. Wer eine Sorte am Geschmack erkennt, erhält eine Flasche davon als Preis. Während der gesamten Verkostung können mit den Animateurinnen Termine in den Nebenzimmern vereinbart werden. Ab zwölf Uhr Auftritt der beliebten Strip – Diseuse Mira Tarnkopf, heute mit Liedern von Edit Piaf. Evita wünscht euch allen viel Spaß.“

„Dunnerlüttchen!“ Sagt Smartje und schüttelt ungläubig den Kopf. „Die hat’s drauf, die Evita. Bietet so gut wie nichts und hat den Laden zum Bersten voll, mit ein bisschen Reklame, ein bisschen Animation und ein bisschen persönlicher Ansprache.“

„Ein bisschen Animation?“ Sven schüttelt sich vor Lachen. „Was da in den Nebenräumen abgeht, das wird von der Gewerbeaufsicht ganz offiziell als „Bordell“ geführt. Wie es heißt, soll Evita sich sogar selbst dieses Prädikat gewünscht haben und seither ist es hier jeden Abend so voll. Sie ist nicht mehr die jüngste, denkt ans Aufhören und will nochmal ordentlich Kasse machen.“

„Man kann immer noch was dazu lernen“ denkt Smartje, das sagt er aber nicht laut, was würde denn Edda von ihm denken?

Nach der ersten Flasche Moët & Chandon bittet Smartje Edda formvollendet zum Tanz. Er hat begriffen, dass er bei ihr erstklassige Etikette zeigen muss. Während sie tanzen, hat Sven mit zwei jungen Männern am Nebentisch Kontakt aufgenommen, heftiges Palaver. Gut so, denkt Smartje, der ist für den Rest des Abends beschäftigt.

„Magst du mit nach draußen gehen, Edda, ein wenig die Nachtluft und die frische Brise genießen?

Edda mag und Smartje geht aus Ganze.

„Ich muss dir etwas gestehen, Edda.“

„So, was?“

„Ich bin schrecklich verliebt in dich, ich kann fast an nicht anderes mehr denken als an dich.“

„Charmanter Lügner! Ein Mann der verliebt ist, schaut nur noch das Objekt seines Begehrens an. Aber du hast deine Augen überall, wie ein Raubvogel, der nach Beute späht.“

„Ja, du hast recht. Aber ich habe zwei Seelen in meiner Brust. Die eine ist die Seele des Geschäftsmannes Brinkmann und die hat tatsächlich etwas von einem Habicht, der immer nach Beute schaut. Die andere Seele ist die des Mannes Smartje, und die ist dir haltlos verfallen. Noch nie habe ich eine Frau so sehr begehrt.“

„Ja, also –...

Erscheint lt. Verlag 12.7.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Die Macht des Schicksals • Erfolg und Misserfolg • Kampf ums Überleben • Lebenslauf • Moral und Unmoral
ISBN-10 3-7597-2769-7 / 3759727697
ISBN-13 978-3-7597-2769-5 / 9783759727695
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