Ich habe tausend Geschichten in mir (eBook)

Gespräche mit Martin Scholz
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
240 Seiten
Kampa Verlag
978-3-311-70518-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Ich habe tausend Geschichten in mir -  Isabel Allende,  Martin Scholz
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Isabel Allende gilt als erfolgreichste Schriftstellerin Lateinamerikas. Inspiration für ihre Romane ist häufig ihr eigenes, turbulentes Leben. In Peru geboren, wuchs sie in Chile auf und erlebte 1973 den Militärputsch hautnah mit, bei dem sich ihr Onkel, der damalige Präsident Salvador Allende, das Leben nahm. Als linksgerichtete Journalistin und Frauenrechtlerin, die beispielsweise die feministische Zeitschrift Paula gegründet hatte, musste sie 1975 vor dem Pinochet­-Regime nach Venezuela fliehen. Im Exil schrieb Allende ihren ersten Roman Das Geisterhaus, der sie über Nacht weltberühmt machte. Nach der Scheidung von ihrem ersten Mann emigrierte Allende in die USA, wo sie bis heute lebt. Vor einigen Jahren kündigte sie an, in Rente zu gehen - um dann zu bemerken, dass sie auf das Glück, das sie im Schreiben findet, nicht verzichten kann. Martin Scholz traf die Schriftstellerin mehrmals über zwei Jahrzehnte hinweg, meist in ihrem mit Bücherregalen vollgestopften Haus in Sausalito, Kalifornien. Neben ernsten Themen wie Allendes Flucht aus der Heimat geht es in den Gesprächen auch um die Ursprünge und den Wandel des Feminismus, die Besonderheiten der Liebe im Alter oder die Inspiration für ihr erotisches Kochbuch: Antonio Banderas, der ihr im Traum erschienen ist.

Isabel Allende, geboren 1942 in Lima, Peru, ist eine der ­erfolgreichsten Schriftstellerinnen der Welt. Sie arbeitete als Journalistin und engagierte sich schon früh für Frauenrechte. Allendes Bücher wurden millio­nenfach verkauft und in mehr als vierzig Sprachen übersetzt. Sie lebt mit ihrer ­Familie in Kalifornien.

Isabel Allende, geboren 1942 in Lima, Peru, ist eine der ­erfolgreichsten Schriftstellerinnen der Welt. Sie arbeitete als Journalistin und engagierte sich schon früh für Frauenrechte. Allendes Bücher wurden millio­nenfach verkauft und in mehr als vierzig Sprachen übersetzt. Sie lebt mit ihrer ­Familie in Kalifornien.Martin Scholz, arbeitet nach Stationen bei der Frankfurter Rundschau und der Berliner Zeitung seit 2013 bei der Welt am Sonntag. Im Kampa Verlag sind von ihm Salon-Bände mit den Rolling Stones und mit Sting erschienen: Rocking and Rolling. 60 Jahre Bandgeschichte in Gesprächen und Message in a book. Ein Porträt in Gesprächen.

Vorwort Auf der Couch mit Isabel Allende


Fünfundzwanzig Jahre Interviews mit Isabel Allende oder: Wie es dazu kam, über ein Vierteljahrhundert hinweg mit der »Königin der lateinamerikanischen Literatur« im Austausch zu bleiben. Gesprächsmarathon über ein Leben, das mehr als einmal »stranger than fiction« war und es immer noch ist.

Isabel Allende sitzt neben uns auf einem Sofa mit weißen Polstern. Wobei: Sitzen trifft es nicht ganz. Man versinkt eher in oder zwischen den Polstern. Wir treffen uns in ihrem Arbeitshaus, wie sie es nennt, im kalifornischen Sausalito, direkt gegenüber von San Francisco auf der nördlichen Seite der Bay gelegen. Das holzverkleidete viktorianische Haus ist auch Sitz der nach ihr benannten Stiftung. Ihr Wohnhaus steht im etwa fünfzehn Kilometer nördlich gelegenen San Rafael. Allende trägt bei unserem Gespräch eine weinrote Bluse, dazu einen dunkelroten Rock. Ihre Beine hat sie seitlich angewinkelt und neben sich auf die Polster gezogen. Ihren Kopf stützt sie mit der rechten Hand, der Arm ist lässig auf das Rückenpolster gelehnt. Für ein Interview ist es eine ungewöhnliche, aber sehr entspannte Sitzhaltung. Es wirkt ein bisschen so, als habe sie uns eingeladen, mit ihr ihren Lieblingsfilm zu gucken oder einfach zwanglos bei einer Tasse Tee zu plaudern. In diesem Fall nimmt das Interview oft Züge eines, nennen wir es, locker-therapeutischen Sofa-Gesprächs an. Bei dem sie selbst jedoch immer wieder darauf achtet, dass es zu wechseln kommt. Es ist keineswegs so, dass ausschließlich Isabel Allende diejenige ist, die über all jene Traumata, Brüche und Zeitenwenden in ihrem Leben spricht, die ihr immer wieder den Stoff für ihre Romane lieferten. Nein, sie dreht den Spieß gerne um, konfrontiert die Fragesteller mit Sätzen wie diesen: »Es kommt natürlich immer darauf an, auf was für einen Partner man steht, also: welchen Typ man gerne datet. Ich weiß ja nicht, wie ist das bei Ihnen?« Solche Volten kommen meist unverhofft, mal sind sie kokett, mal witzig, aber immer verblüffend.

In einem unserer Gespräche stellt sie eine besondere Gegenfrage: Nachdem sie zuvor weit ausgeholt, über die Bedeutung ihrer Träume gesprochen hat, hält sie plötzlich inne. »Langweile ich Sie? Dann müssen Sie mir das sagen und mich stoppen«, sagt sie und lacht, »denn ich möchte Sie auf gar keinen Fall langweilen.« Das ist in diesem Augenblick keine Koketterie, auch keine gespielte Unsicherheit. Es ist ein Satz, der uns in Erinnerung geblieben ist. Weil er zeigt, dass Isabel Allende so gar nichts Divenhaftes an sich hat. Was man vielleicht erwarten würde von der erfolgreichsten Schriftstellerin Lateinamerikas, von einer Starautorin, die mehr als 72 Millionen Bücher weltweit verkauft hat, die zudem als feministische Ikone gefeiert wird.

Trotzdem sind wir, als uns diese bereits zu Lebzeiten zur literarischen Legende stilisierte kleine Frau auf dem Sofa fragt, ob sie uns langweilen würde, erst mal perplex. Denn ihre Antworten und Schilderungen sind sehr vieles: temperamentvoll, überbordend, scharfsinnig, meinungsstark, bewegend, verstörend, leidenschaftlich, und sehr oft auf nahezu unanständige Weise brüllend komisch. Nur langweilig, das sind sie ganz und gar nicht.

Diese Gesprächsepisode zeigt auch, dass Journalisten stets darauf achten müssen, die nötige Distanz zu wahren, wenn sie Isabel Allende interviewen. Weil sie ein sehr für sich einnehmendes Wesen hat, und weil sie, wenn sie merkt, dass ihr Gegenüber vorbereitet ist, sehr gut darin ist, eine »Wir sind ja hier unter uns und können offen reden«-Atmosphäre entstehen zu lassen. So kann es passieren, dass sie einem bei den obligatorischen Interview-Beweisfotos schon mal beide Hände mütterlich auf die Schultern legt. Einfach so. Nicht ohne die Journalisten vorher gebeten zu haben, doch am besten auf einem Stuhl vor ihr Platz zu nehmen. Mit ihrer Körpergröße von 1,55 Metern muss sie kreativ sein, um auf Fotos so dastehen zu können, dass sie anderen die Hände auf die Schultern legen kann. Es wirkt dann wie ein Familien-Foto mit Matriarchin, wie ein Schnappschuss aus einer Saga. Und mit diesem Genre kennt sie sich aus.

Die elf Interviews in diesem Buch umfassen einen Zeitraum von fünfundzwanzig Jahren. Bei unserer ersten Begegnung 1999 in Sausalito war sie sechsundfünfzig, bei unserem vorerst letzten Interview im Frühjahr 2024 war sie einundachtzig Jahre alt. In diesem Vierteljahrhundert hat sie neunzehn Bücher veröffentlicht, fünf Präsidenten in ihrer Wahlheimat USA sowie eine Präsidentin und vier Präsidenten in ihrer alten Heimat Chile erlebt. Aus Chile musste sie 1975, zwei Jahre nach dem Pinochet-Putsch, nach Venezuela fliehen, Ende der achtziger Jahre zog sie nach Kalifornien, wo sie bis heute lebt und arbeitet und inzwischen auch die US-Staatsbürgerschaft besitzt. Die Interviews aus fünfundzwanzig Jahren wirken wie Jahresringe, die um all die Leitmotive ihrer Literatur und ihres Lebens gewachsen sind. Jahresringe, die um Fragen nach Heimatverlust und Identität kreisen, nach starken Frauen, die sich gegen Machtmissbrauch und das Patriarchat stemmen, ganz gleich, ob ihre Kämpfe in der großen Welt der Politik oder im Mikrokosmos der Familie ausgetragen werden.

»Langweile ich Sie? Ich möchte Sie auf gar keinen Fall langweilen.« Aus all den Interviews mit ihr haben diese Sätze einen besonderen Nachhall. Nicht nur, weil sie eine gewisse Demut offenbaren und zeigen, dass Allende sich selbst, ihre Erfolge, das Erlebte und Erlittene nicht zu wichtig nimmt. Ihre Aussage ist auch in dem Sinne authentisch, weil sie darin, wie en passant, ihre vielleicht größte Sorge äußert – dass sie ihre Zuhörer und auch Leser langweilen könnte.

Dabei hat es Langeweile in ihrem Leben nur selten gegeben. Allende, als Tochter eines chilenischen Diplomaten in Peru geboren, hat inzwischen mehr Zeit ihres Lebens in ihrer Wahlheimat Kalifornien verbracht als in ihrer alten Heimat Chile. Bereits in jungen Jahren führte sie ein Leben zwischen den Welten, wuchs in Bolivien und im Libanon auf, wohin ihr Stiefvater, der ebenfalls Diplomat war, entsandt worden war. Nach ihrer Rückkehr nach Chile, wo sie ihren Schulabschluss machte, reiste sie später durch Europa, die Schweiz und Belgien, bevor sie, abermals zurück in Chile, als Journalistin Karriere machte. Sie war bereits verheiratet und Mutter zweier noch kleiner Kinder, als sie 1967 mit anderen Frauen die feministische Zeitschrift Paula gründete. Sie schrieb über Tabu-Themen wie Abtreibungen oder häusliche Gewalt. Erst viele Jahre später, in ihrem 2020 veröffentlichten Essayband Was wir Frauen wollen, schilderte sie, dass sie in jener Zeit einer Freundin in Chile bei einer verbotenen Abtreibung zur Seite stand. Allende half als Anästhesistin aus, unter schlimmen hygienischen Bedingungen, wie sie schrieb, im Anschluss habe sie sich übergeben müssen.

Später machte Allende im chilenischen Fernsehen Karriere, erlangte durch eigene humoristische Sendungen und Talkshows nationale Bekanntheit. Darüber hinaus schrieb sie satirische Kolumnen. Schon damals zeigte sich ihre Fähigkeit, sowohl über leichte wie auch schwere Themen schreiben und berichten zu können. Wobei sie es zu der Zeit noch nicht zu jener Meisterschaft brachte, die sie erst in späteren Jahren als Erzählerin auszeichnen sollte, als sie das eine mit dem anderen verband, mehr noch, als sie es schaffte, das Leichte schwer und das Schwere leicht zu machen.

Dass sie literarisches Potenzial hatte, machte ihr seinerzeit kein Geringerer als der chilenische Literaturnobelpreisträger Pablo Neruda klar – allerdings auf ziemlich ruppige und für Allende demütigende Art und Weise. Neruda kannte und schätzte Allende vor allem als Autorin ihrer manchmal aberwitzigen Kolumnen. Er wollte sie kennenlernen, lud sie ein. Allende fuhr in ihrem Citroën zu seinem Haus, in dem Glauben, der große Neruda würde ihr ein Interview geben. Das lehnte er jedoch brüsk ab – mit der Begründung, er schätze sie zwar als Kolumnistin, weil sie offenbar eine blühende Phantasie habe, als Journalistin aber finde er Allende lausig, und er verweigerte ihr das Interview. Neruda schickte sie mit leeren Händen, aber auch mit einem gut gemeinten Rat zurück in die Redaktion: Sie möge es doch mal mit Literatur probieren, das würde ihr mit ihrer Erfindungsgabe womöglich besser liegen.

Doch letztlich war es nicht Neruda, der sie zur Schriftstellerin machte – sondern der chilenische Diktator Augusto Pinochet. Am 11. September 1973 putschte er sich an die Macht und stürzte den sozialistischen Präsidenten Salvador Allende, der sich daraufhin das Leben nahm. Salvador Allende war der Cousin von Isabels Vater. (Er war nicht ihr Onkel, wie jahrelang fälschlicherweise geschrieben wurde. Die nicht korrekte familiäre Zuordnung mag auch damit zu erklären sein, dass Isabel Allende selbst mehrmals erzählt hatte, für ihre Familie und sie sei Salvador Allende wie ein Onkel gewesen. Dass die Tochter des Ex-Präsidenten genauso heißt wie die Schriftstellerin – bel Allende – sorgte zusätzlich für Verwirrung). 1970 gewählt, hatte Salvador Allende zunächst die Rechte der Arbeiter gestärkt, Chiles Kupferbergbau verstaatlicht sowie Großgrundbesitzer enteignet und mehr als sechs Millionen Hektar Land umverteilt. Darüber hinaus förderte er die Integration des indigenen Volks der Mapuche, sorgte dafür, dass Arztbesuche, Medikamente und Schulbücher künftig kostenlos waren. Seine politische Utopie von einem Leben in Würde und...

Erscheint lt. Verlag 10.10.2024
Verlagsort Zürich
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Schlagworte Amerika • Autorin • Buch • Bücher • Chile • Feminismus • Journalismus • Kalifornien • Lateinamerika • Lesen • Literatur • Peru • Schriftstellerin • Südamerika • USA
ISBN-10 3-311-70518-1 / 3311705181
ISBN-13 978-3-311-70518-5 / 9783311705185
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