Todesspur (eBook)

Spiegel-Bestseller
Thriller
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
624 Seiten
Goldmann (Verlag)
978-3-641-30494-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Todesspur -  Andreas Gruber
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BKA-Ermittler Maarten S. Sneijder und Sabine Nemez versuchen bei einem nächtlichen Großeinsatz Dr. Paul Conrad festzunehmen. Der soll entscheidend am Entstehen der nächsten Generation der Terrorgruppe RAF beteiligt sein - und an der Planung einer beispiellosen Anschlagsserie. Doch Conrad gelingt die Flucht, und Sneijder muss zu kreativen Mitteln greifen, um die Gefahr noch abzuwenden.
Die Situation verschlimmert sich dramatisch, als Sneijder auf die geheimnisvolle Lea Fuchs trifft. Deren eigene mörderische Pläne stellen seine Ermittlungen völlig auf den Kopf ...

Andreas Gruber, 1968 in Wien geboren, lebt als freier Autor mit seiner Familie in Grillenberg in Niederösterreich. Mit seinen bereits mehrfach preisgekrönten und teilweise verfilmten Romanen steht er regelmäßig auf der Bestsellerliste.

1. Kapitel


»Hast du das auch gehört?« Irene drehte sich zu ihrem Mann um und blickte ihn fragend an.

»Was denn?« Walter lehnte sich quer über die Couch, griff nach der Fernbedienung und stellte den Ton ab. Er neigte den Kopf und lauschte. Bis auf das Prasseln des Regens und den Wind, der ums Haus fegte, war es totenstill. Lautlos flimmerte die Quizshow über den TV-Monitor. Was sollte hier schon zu hören sein, am Stadtrand von Bad Kreuznach? Höchstens ein Marder, der übers Dach rannte, oder ein Kurgast, der sich in der stürmischen Nacht verlaufen hatte und nach dem Kaffeehausbesuch verzweifelt die richtige Kuranstalt suchte.

»Ich habe eine Autotür gehört«, unterbrach Irene seine Gedanken. »Kannst du mal nachsehen?«

»Herrgott.« Walter blickte zur Wanduhr. Es war kurz vor dreiundzwanzig Uhr. Widerstrebend rappelte er sich auf und ging zum Fenster. Regen trommelte gegen das Glas. »Wer sollte um diese Uhrzeit hier schon vorbeiko…?« Er verstummte. In der Auffahrt zu ihrem Carport standen zwei dunkle Fahrzeuge mit ausgeschalteten Scheinwerfern. Obwohl eine Tür offen stand, brannte auch im Wageninneren kein Licht. »Du hast recht. Hier ist jemand … auf unserem Grundstück …«, flüsterte er. Seltsamerweise waren die Bewegungsmelder nicht angesprungen, die normalerweise den Zugang zum Haus beleuchteten.

Irene stand bereits seitlich hinter ihm und spähte an ihm vorbei ins Dunkel. »Soll ich die Polizei rufen?«

Da klopfte es an der Tür. Walter spürte, wie sein Puls hochging. Auch Irene war zusammengezuckt und starrte ihn jetzt an. »Wer kann das sein?«

»Ganz sicher niemand mit einer Autopanne.« Er ging zur Tür. »Halt das Handy bereit und wähl 110, wenn ich es dir sage.« Ein Blitz erhellte die Nacht, kurz darauf krachte der Donner.

»Willst du wirklich aufmachen? Wer weiß, wer das ist.« Irene lief zu dem kleinen Fenster neben der Eingangstür, schob den Vorhang ein Stück beiseite und starrte hinaus. »Draußen brennt kein Licht«, flüsterte sie.

Das hatte er auch schon bemerkt. Stromausfall konnte es keiner sein. Die Typen mussten die Bewegungsmelder ausgeschaltet haben. Walter sah kurz zu seiner Frau, dann legte er die Kette vor die Tür, sperrte auf und öffnete sie einen Spaltbreit, bis sich die Kette spannte. Im Licht des Vorraums erkannte er, dass vier Personen vor ihm standen. Ein hochgewachsener, glatzköpfiger Mann in seinem Alter – Mitte fünfzig –, eine zierliche junge Frau und ein junger Kerl mit zwei schweren Umhängetaschen über den Schultern. Keiner von ihnen trug Regenkleidung, obwohl direkt hinter ihnen das Regenwasser vom Vordach auf die Terrakottasteine des Wegs prasselte. Die vierte Person dahinter war ein Polizist in Uniform.

Nun löste Walter die Kette und zog die Tür weiter auf. »Was wollen Sie?«

»Herr Gehrmann?«, fragte die junge Frau mit den langen braunen Haaren. »Wir sind vom Bundeskriminalamt Wiesbaden.« Sie hielt ihren Ausweis ins Licht der Vorzimmerlampe.

Walter verglich ihr Gesicht mit dem Foto. Er konnte nicht sagen, ob der Ausweis echt war, aber der Polizist wirkte mehr als überzeugend. Er hatte eine Dienstwaffe am Gürtel, einen Schlagstock, Pfefferspray und ein Funkgerät, das gerade knackte. Eine verzerrte Stimme drang aus dem Lautsprecher. »Verstärkung in zehn Minuten …«

»Verstärkung wofür? Was wollen Sie hier?«, fragte Walter verunsichert.

»Wenn wir hereinkommen dürfen, erklären wir Ihnen alles«, sagte die junge Frau.

»Haben Sie einen Durchsuchungsbefehl?«, fragte Walter.

Der hochgewachsene dünne Mann mit der Glatze drängte sich nach vorne. »Erstens heißt es Durchsuchungsbeschluss«, sagte er mit niederländischem Akzent, »und zweitens wollen wir nichts durchsuchen.« Er schob Walter sanft, aber bestimmt zur Seite und betrat den Vorraum. Auf dem Teppich stampfte er kurz auf und schüttelte sich das Regenwasser von seinem schwarzen Anzug.

Walters Herz pochte bis zum Hals. »Okay, dann kommen Sie ruhig herein …«, versuchte er seine Nervosität durch Sarkasmus zu überspielen.

Die junge Frau trat ebenfalls ein. »Herr Gehrmann … Frau Gehrmann.« Sie blickte kurz zu Irene. »Es ist Gefahr im Verzug – und Sie können uns dabei helfen, sie abzuwenden. Im Namen des BKA möchte ich Sie bitten, mit uns zu kooperieren. Wenn alles klappt, sind wir in ein paar Stunden wieder weg.« Die junge Frau war zwar nicht sehr groß, wirkte aber ziemlich taff.

»Und wenn nicht?«, fragte Walter, erhielt jedoch keine Antwort.

»Dürfen Sie das denn überhaupt?«, fragte Irene. »So einfach hier hereinkommen und …?«

»Wir dürfen noch viel mehr«, sagte der Niederländer, während er durch den Vorraum ging und sich umsah. Er hatte lange dünne schwarze Koteletten, die von den Ohren bis hinunter zum Kinn reichten.

Nun trat auch der junge Mann ein und stellte die Umhängetaschen auf den Boden. Um seinen Hals hing ein dünner Bügel mit Kopfhörern und einem langen Kabel, und unter der Jacke trug er ein ausgewaschenes schwarzes T-Shirt mit dem Aufdruck Twin Peaks. War das nicht eine uralte TV-Serie aus den 90er Jahren? Alles in allem wirkte der Typ wie ein Computernerd. Der Polizist folgte ihm und schloss die Tür, hielt sich aber im Hintergrund.

Walter fiel auf, dass auch die drei in Zivil Waffen trugen. Der Niederländer und die junge Frau im Schulterholster, der Nerd seitlich am Gürtel.

»Meine Kollegin wird Ihnen gleich alles erklären«, sagte der Niederländer, »aber vorher müssen Sie mir ein paar Fragen beantworten.« Er sah Walter eindringlich an. »Antworten Sie in knappen und präzisen Sätzen, haben Sie das verstanden?«

»Ja, schon, aber wir …«

»Knapp und präzise«, unterbrach ihn der Mann. »Befindet sich außer Ihnen und Ihrer Frau sonst noch jemand im Haus?«

»Nein, aber was soll …?«

»Erwarten Sie heute noch Besuch?«

»Nein.«

»Wann gehen Sie am Samstagabend normalerweise schlafen?«

»Ich … also … wir …«, stammelte Walter.

»Normalerweise schauen wir bis etwa halb zwölf fern, dann gehen wir rauf ins Schlafzimmer«, antwortete Irene an seiner Stelle. Ihre Stimme klang plötzlich erstaunlich gefasst. »Ich lese dann für gewöhnlich noch ein bis zwei Stunden.«

»Gut.« Der Niederländer nickte. »Dann schalten Sie in fünf Minuten in diesem Stockwerk alle Lichter aus und machen stattdessen im Schlafzimmer und eventuell auch im Badezimmer eine Lampe an. Alles soll so normal wie möglich sein, verstanden?«

»Verstanden.« Irene trat an Walters Seite und griff nach seiner Hand. »Worum geht es hier denn nun?«

Der Niederländer nickte zu seiner jungen Kollegin, die wieder übernahm. »Wir sind unter Zeitdruck, daher hören Sie mir bitte gut zu. Das BKA ist seit geraumer Zeit einer linksextremen Terrorgruppe auf der Spur. Wir haben kürzlich den Namen und den Wohnort einer Kontaktperson herausgefunden, die im Zusammenhang mit diesem Terrornetzwerk steht.«

»Und was hat das mit uns zu tun?«, fragte Walter.

»Es handelt sich um den Soziologen Dr. Paul Conrad. Er wohnt ein Stück die Straße hinunter im nächsten Haus.«

»Dr. Conrad? Unser Nachbar?«, rief Irene. »Der soll Kontakt zu einer Terrorgruppe haben?«

»Sind Sie mit ihm befreundet?«

»Kann man nicht gerade behaupten. Wir sehen ihn kaum«, sagte Walter. »Er lebt ziemlich zurückgezogen. Wir sind nicht wirklich Nachbarn, zwischen unseren Grundstücken liegt ein schmaler Acker und …«

»Das heißt, Sie haben keine engere Beziehung zu ihm?«

»Zuletzt habe ich vor einem halben Jahr mit ihm gesprochen, als wir im Ort Stromausfall hatten und er sich Kerzen ausgeliehen hat.«

»Die wir nie ersetzt bekommen haben«, ergänzte Irene. »Er ist ein seltsamer Typ. Sehr verschroben und eigenbrötlerisch, sagt zumindest unsere Bäckerin, bei der er auch einkauft.«

»Moment mal … was sollen diese Fragen?«, unterbrach Walter seine Frau. »Sie wollen uns doch nicht etwa unterstellen, dass wir mit ihm unter einer Decke stecken?«

Die junge Frau lächelte. Sie hatte faszinierende große braune Augen. »Nein, natürlich nicht. Außerdem haben wir Sie bereits überprüft. Keinerlei kriminelle oder linksextreme terroristische Vergangenheit.«

»Na, wie großartig, besten Dank«, sagte Walter zynisch. »Warum gehen Sie dann nicht einfach rüber und schnappen ihn sich, anstatt hier …?«

»Genau das haben wir vor«, sagte die junge Frau. »Leider wissen wir im Moment noch nicht, wie das Netzwerk der Organisation aufgebaut ist, mit dem Conrad in Verbindung steht, daher brauchen wir ihn lebend. Erschossen auf der Flucht nützt er uns nicht viel.«

Walter schluckte.

Irene blickte kurz auf die Uhr, dann schaltete sie die Lichter im Vorraum und im Wohnzimmer aus, machte das Fernsehgerät aus, ging über die Treppe ins obere Stockwerk und knipste dort die Lichter im Badezimmer und im Schlafzimmer an.

Im schwachen Licht, das über die Treppe nach unten fiel, sah Walter, wie sich der junge Mann die Schuhe auszog, mit seinen Taschen ins Wohnzimmer ging, sie auf den Teppich stellte und ausräumte. Dann baute er vor dem Wohnzimmerfenster ein Kamerastativ auf. Anscheinend wollten sie von hier aus Dr. Conrads Haus beobachten, das zweihundert Meter weit entfernt den Hügel hinunter zwischen Straße und Waldrand lag.

In der Zwischenzeit kam Irene wieder von oben herunter. »Wollen Sie...

Erscheint lt. Verlag 16.10.2024
Reihe/Serie Maarten S. Sneijder und Sabine Nemez
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte 2024 • Anschlag • BKA • eBooks • Ermittlerduo • Heimatkrimi • Krimi • Kriminalromane • Krimis • Mallorca • Marten S. Sneijder • Mörderin • Neuerscheinung • nr.1-spiegel-bestsellerautor • Österreich • RAF • Sabine Nemez • Spanien • spannend • Terrorist • Thriller
ISBN-10 3-641-30494-6 / 3641304946
ISBN-13 978-3-641-30494-2 / 9783641304942
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