Ein irisches Weihnachtsfest (eBook)

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2024 | 1. Auflage
672 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-01899-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Ein irisches Weihnachtsfest -  Patrick Taylor
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Ein gemütliches Dorf auf dem Land. Ein Winter mit viel Schnee. Eine Gemeinschaft, die zusammenhält. Barry Laverty ist Landarzt im beschaulichen Ballybucklebo in Nordirland. Hier ticken die Uhren etwas anders. Voller Vorfreude sieht Barry nun seinem ersten Weihnachtsfest in der bunten Dorfgemeinschaft entgegen. Schnee und Eis haben die Landschaft bereits in einen weißen Traum verwandelt, doch dann greift eine Grippewelle um sich. Auch Barrys exzentrischen Chef, Dr. O'Reilly, hat es erwischt. Der betagte Arzt kennt für sich und seine Patienten allerdings vor allem ein Rezept: Grog mit Whiskey und Zitronensaft. Aber Barry ahnt, dass er zur Weihnachtszeit mehr für die Menschen tun muss, als ihnen nur Hausmittel zu verschreiben ... «Taylor ist ein großartiger Geschichtenerzähler.» Publishers Weekly

Patrick Taylor, 1941 in Nordirland geboren, hat Medizin studiert und lange als Landarzt gearbeitet. Um dem Nordirlandkonflikt zu entfliehen, emigrierte er mit seiner Familie Anfang der 1970er Jahre nach Kanada. Dort hat er auch sein Talent zum Schreiben entdeckt. Von ihm sind bereits zahlreiche Romane und Kurzgeschichten erschienen. 'Ein irischer Landarzt' war ein internationaler Überraschungserfolg und schaffte es auf die Bestsellerliste der New York Times. Patrick Taylor lebt auf Saltspring Island in der kanadischen Provinz British Columbia.

Patrick Taylor, 1941 in Nordirland geboren, hat Medizin studiert und lange als Landarzt gearbeitet. Um dem Nordirlandkonflikt zu entfliehen, emigrierte er mit seiner Familie Anfang der 1970er Jahre nach Kanada. Dort hat er auch sein Talent zum Schreiben entdeckt. Von ihm sind bereits zahlreiche Romane und Kurzgeschichten erschienen. "Ein irischer Landarzt" war ein internationaler Überraschungserfolg und schaffte es auf die Bestsellerliste der New York Times. Patrick Taylor lebt auf Saltspring Island in der kanadischen Provinz British Columbia.

1 Hochzeit im «Old Inn»


Barry Laverty – Doktor Barry Laverty – schlug die Tür seines betagten Käfers Brunhilde zu. Er zog den Kopf ein und lief durch den Schneeregen über den Parkplatz des Old Inn in Crawfordsburn, County Down. Im Dezember wird es in Nordirland früh dunkel, und um halb fünf an diesem Nachmittag waren die kahlen Äste, die im heftigen Wind schwankten, kaum noch zu erkennen. Aber Barry hörte, wie durch das Tal hinter dem alten Gasthof der Sturm tobte.

Er stieß die Doppeltür zum Hotelrestaurant auf und ging die drei Stufen in das hell erleuchtete Foyer hinunter. Im Licht musste er blinzeln, und er zog die Schultern hoch, denn soeben bahnten sich ein paar Wassertropfen einen Weg in seinen Kragen hinein.

«Hallo, John», begrüßte er den Hotelmanager hinter dem Rezeptionstresen.

John, ein Mann mittleren Alters, schaute auf und lächelte. «Guten Tag, Herr Doktor.»

Vor etwas über einem Jahr hätte er noch gesagt: «Na, Barry, wie geht’s?» Das Old Inn befand sich nämlich in Bangor, nur wenige Meilen von Barrys Elternhaus entfernt. Während seiner Zeit als Medizinstudent war er oft auf ein Bier hier eingekehrt, und seit er denken konnte, hatte John an der Rezeption gestanden.

«Was für ein Dreckwetter», bemerkte er jetzt.

«Ich bin halb erfroren.» Barry rieb sich die Hände.

«In der Bar brennt ein Feuer im Kamin, Sir.»

«Ich wollte zu der Hochzeit.»

«Die Feier von Donnelly und MacAteer findet im großen Saal statt, aber Doktor O’Reilly ist gerade in die Bar gegangen. Er hat mich gebeten, Ihnen das auszurichten, wenn Sie kommen.»

Das war mal wieder typisch, dachte Barry, typisch für Fingal Flahertie O’Reilly, seinen älteren Kollegen und Chef der Praxis, in der er arbeitete. O’Reilly entwischte nur allzu gern auf ein schnelles Bier in die Bar. Barry wusste, dass Julie MacAteers Eltern Pioneers waren, Abstinenzler, die keinen Tropfen Alkohol zu sich nahmen. Folglich war die Hochzeit eine Orangensaftparty, wie man hier in Ulster zu sagen pflegte.

«Danke.» Barry schälte sich aus seinem Regenmantel. «Ich hänge eben den hier auf, und dann gehe ich rein und wärme mich am Feuer.»

Er erblickte sich in dem Spiegel, der hinten in der Garderobe hing. Aus einem ovalen Gesicht schauten ihm blaue Augen mit dunklen Schatten darunter entgegen. Mit vierundzwanzig war er für dauerhafte schwarze Ringe unter den Augen noch zu jung, aber er hatte den größten Teil der Nacht eine Geburt begleitet. Und mochte er selbst jetzt auch müde sein, die Wöchnerin, die er von einem gesunden, siebeneinhalb Pfund schweren Jungen entbunden hatte, war bestimmt völlig erschöpft. Barry gähnte. Sein blondes Haar war dunkel vor Nässe und klebte ihm am Kopf. Sogar seine ungebärdige Locke, die sonst hochstand wie der Schopf einer Reiherente, lag platt auf seinem Scheitel.

Barry hängte seinen Mantel auf, strich sich mit den Händen übers Haar und ging durch den kurzen, mit Teppichboden ausgelegten Flur in die Bar. Er überlegte, ob heute Abend wohl Colette, eine rundliche, mütterliche Frau, hinter der Theke stehen würde.

Dieser Teil des Gebäudes war 1614 erbaut worden und hatte ursprünglich als Herberge zu einer Poststation gehört. Über Generationen hinweg hatten die Besitzer sorgsam die weißgetünchten Lehmflechtwerkwände und die schweren, grob behauenen schwarzen Deckenbalken erhalten. 1958 schrieb der Schriftsteller C.S. Lewis, nachdem er mit seiner Frau Joy hier im Old Inn Urlaub gemacht hatte, die vierzehn Tage seien einfach «perfekt» gewesen.

Durch eine Tür zur Linken begab sich Barry in einen niedrigen Raum. In einem breiten Kamin flackerte ein Torffeuer. Nach der bitteren Kälte draußen empfand er die Hitze als drückend, aber der Duft des brennenden Torfs war vertraut und behaglich. Mehrere Männer befanden sich im Raum, die meisten standen an der Theke, nur wenige saßen an den Tischen entlang der Wand. Der Geruch nach feuchtem Tweed und Zigarettenrauch vermischte sich mit dem Duft des Torffeuers. Das Gemurmel der Männerstimmen wurde von einem Graupelschauer übertönt, der hinter den Vorhängen gegen die Fensterscheiben prasselte.

«Du», brüllte Doktor Fingal Flahertie O’Reilly, der an der Theke lehnte, «du siehst ja wie eine ersoffene Ratte aus. Komm her und trink erst mal was.»

«Danke, Fingal.»

«Was nimmst du?»

Barry rieb sich die Hände. Sie kribbelten, denn endlich setzte die Durchblutung wieder ein. «Einen irischen Grog, bitte.»

O’Reilly wandte sich an die Barfrau, die hinter der Marmortheke mit einem Geschirrtuch ein Bierglas trocknete. «Hast du gehört, Colette?»

«Einen Grog mit ’nem Halben, Doktor.»

«Mit ’nem Halben? Blödsinn, gib ihm einen Doppelten.»

«Wie geht’s, Colette?», fragte Barry. Er kehrte O’Reilly den Rücken zu, schüttelte den Kopf und formte mit den Lippen lautlos «Nur einen Halben». So müde, wie er war, würde ein doppelter Whiskey ihn höchstwahrscheinlich umhauen.

Colette schenkte ihm zur Begrüßung ein breites Lächeln und nickte, als sie seine Bestellung verstand. «Gut, danke. Hab Sie eine ganze Weile nicht gesehen.»

«Ich hatte viel zu tun –»

«Mein Gott, Mädel, würdest du dem jungen Kerl hier jetzt mal bald seinen Grog machen?», unterbrach O’Reilly.

«Kommt sofort.» Colette schaltete den Wasserkocher ein.

«Und jetzt raus mit der Sprache, Laverty», knurrte O’Reilly, «wo hast du dich denn bloß so lange rumgetrieben?»

Barry betrachtete das rötliche, zerfurchte Gesicht des stattlichen Mannes, die buschigen Augenbrauen und die krumme Nase mit der unübersehbaren Schlagseite nach Backbord. O’Reilly war in Hemdsärmeln, und seine Tweedhosen wurden von roten Hosenträgern gehalten. In einer Hand hielt er ein Glas – ein großes Glas – mit irischem Whiskey.

«Hab gearbeitet.»

«Gearbeitet? Als ich vorhin aufgebrochen bin, war die Tür zum Behandlungsraum zwar geschlossen, aber im Wartezimmer saßen doch nur noch ein paar Patienten. Und für Nuala Harkness braucht man nicht viel Zeit.»

«Du vielleicht nicht, Fingal. Du kennst die Frau ja schon fast zwanzig Jahre.»

O’Reilly gab ein Brummen von sich. «Und dann war da noch Harry Hawthorne, der Gestiefelte.»

«Wer?»

«Harry Hawthorne. Er heißt der Gestiefelte, weil seine Frau nach der Hochzeit ihrer besten Freundin erzählt hat, wenn er vom Feld nach Hause kam und ihn der Hafer stach, hat er sich nicht mal die Zeit genommen, seine Stiefel auszuziehen, so scharf wäre er gewesen.»

Barry lachte. «So wie Napoleon mit seiner Josephine, hab ich gelesen.»

«Vielleicht hatte Harry das ja auch gelesen. Jedenfalls hat die beste Freundin es ihrem Mann erzählt, und der hat es …»

Barry nickte. Er hatte schon mitbekommen dürfen, dass sich Neuigkeiten in Ballybucklebo in Windeseile ausbreiteten.

«Und damit das nicht in Vergessenheit gerät, heißt er bis heute der Gestiefelte. Normalerweise kommt er bloß zu einer Stärkungsspritze, und das hat man doch in fünf Minuten erledigt.»

Barry schüttelte den Kopf. «Du vielleicht, Fingal, aber ich bin erst ein paar Monate hier, und wenn ich die Patienten so gut kennenlernen will, wie du sie kennst, dann brauche ich ein bisschen Zeit dazu.»

«Das stimmt wohl.» O’Reilly runzelte die Stirn. «Aber die beiden können dich doch nicht bis jetzt aufgehalten haben. Wir hatten schon zur Trauung mit dir gerechnet.»

«Bei Harry hat es länger gedauert, als ich gedacht hatte. Dann hat Jeannie Jingles angerufen. Sie meinte, ihr kleiner Eddie hätte Krupp, und –»

«Du hast noch einen Hausbesuch gemacht?» O’Reillys Nasenspitze wurde eine Spur blasser, ein sicheres Zeichen dafür, dass er seinen Ärger nicht ganz unter Kontrolle hatte.

«Ich weiß, dass du heute eigentlich für die Notfälle zuständig bist, Fingal, aber –»

«Aber du hast gedacht, du würdest mir einen Gefallen tun?» Die Blässe kroch O’Reillys Nasenrücken hinauf.

«Nein, keinen Gefallen. Aber du warst schon in der Kirche, und da hielt ich es für sinnvoll, lieber selbst vorbeizufahren und mir den Kleinen anzusehen. Ich dachte, es würde bloß zwei Minuten dauern.»

«Hm. Schöne zwei Minuten. Um halb drei war die Trauung vorbei. Du hättest dabei sein sollen.»

«Tut mir leid. Wenn ich gewusst hätte, dass ich dich eines Vergnügens beraube, dieses ungeheuer befriedigenden Momentes, einen weiteren Fall von Krupp zu sehen, dann hätte ich eine Polizeieskorte geschickt, um dich aus deiner Kirchenbank zu zerren.»

O’Reilly brachte ein leises Lachen hervor. «Na gut. Wie du willst. Meinetwegen kannst du dir gern ein frühes Grab schaufeln. Ist mir piepschnurzegal.» Die Krähenfüßchen in seinen Augenwinkeln wurden tiefer.

«Mensch, Fingal, ich fand es einfach sinnvoll.»

O’Reilly schlug Barry auf die Schulter. «Diesmal hast du ja recht, Barry, aber … aber … Beschluss ist Beschluss.» O’Reilly trank einen Schluck Whiskey. «Im August haben wir abgemacht, dass wir uns die Arbeit teilen, sobald du selbständig genug bist.»

«Und das machen wir doch auch, oder? Einer von uns hält die Sprechstunde ab, für die leichteren Fälle, und der andere macht Hausbesuche und springt nachts aus dem Bett. Ich finde, das hat bisher ganz gut funktioniert.»

«Aber du warst ohnehin die halbe Nacht auf», brummte O’Reilly. «Und heute habe ich Bereitschaftsdienst, Barry. Den Hausbesuch hätte ich machen müssen.»

Eins hatte Barry gelernt. Er durfte O’Reilly niemals nachgeben. Jetzt schaute er seinem Chef...

Erscheint lt. Verlag 17.9.2024
Reihe/Serie Der irische Landarzt
Übersetzer Anke Angela Grube, Sabine Schulte
Zusatzinfo Mit 2 s/w Karten
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Arzt • Ballybucklebo • Band 3 • Dorfgemeinschaft • Dorfleben • Familie • Gemeinschaft • Grippewelle • Grog • Humor • irischer Landarzt • Landarzt • Landschaft • Liebe • Nordirland • Schnee • Weihnachten • Whiskey
ISBN-10 3-644-01899-5 / 3644018995
ISBN-13 978-3-644-01899-0 / 9783644018990
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