Der blaue Gorilla -  alexander schüssler

Der blaue Gorilla (eBook)

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2024 | 1. Auflage
226 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7597-7326-5 (ISBN)
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Der junge Texter Fritz ist klamm und nimmt jeden Job, den er kriegen kann. Auch einen wie die Penispumpenkampagne. Mit seinem Vater als Model. (Un-) angenehmer Nebeneffekt: Seine Kundin, die hübsche Trixi Stroh, hat es auf Fritz abgesehen. Anne aber auch. Sie rettet Fritz vor dem finanziellen Ruin und verschafft ihm einen Job bei einer Frankfurter Werbeagentur. Dort erfindet Fritz den blauen Gorilla, mit dem sein chinesischer Kunde Kindern Kreditkarten andrehen will. Glück im Job, Stress in der Liebe: Seine Eskapaden mit Trixi machen Anne furchtbar eifersüchtig. Als Spezialist für große Werbegesten macht Fritz Anne deshalb einen Heiratsantrag. Natürlich nur pro forma, quasi zur Deeskalation. Leider nimmt Anne den Antrag an. Der Ausflug zum Junggesellenabschied endet im Desaster und Fritz in der Gefängniszelle. Über die Hochzeit wollen wir gar nicht erst reden. Und seine beiden geschwätzigen Gehirnhälften machen alles nur noch schlimmer.

Alexander Schüssler ist Werbetexter und lebt in Aschaffenburg.

1
Stroh-Feuer.


Trixis Blick fährt mir bis in den Schritt. Es ist unser erstes Treffen seit der Firmenfeier von StrohCom vor einer Woche. Die Firmenfeier, auf der sie mich verführt hat. Tauche nie deinen Füller in Firmentinte, hat ja schon Stromberg gesagt. Aber was will man machen? Andererseits könnte es schlechter laufen. Denn Trixi Stroh ist die Tochter des Agenturinhabers und meine Kundin. Und wir sind mitten in einem Geschäftstermin.

„Also, der Text ist mir zu frech“ , sagt Trixi, während ihre Finger Ballett auf der Tischplatte tanzen. „Das muss verbindlicher, und an die Headlines solltest du vielleicht auch nochmal ran, Fritz. Ich weiß nicht, ob Anglizismen zu dem Thema passen. Wir reden hier über ein deutsches, medizinisches Produkt, da sollte man auch ernsthaft und auf deutsch kommunizieren.“

Wir reden über die Penispumpe, meinen aktuellen Job. Und natürlich ist eine Penispumpe ein medizinisches Hilfsmittel, das man mit der gebotenen Ernsthaftigkeit bewerben sollte. Wobei ich mich frage, wozu man im Zeitalter von Viagra noch Penispumpen braucht. Aber mal ehrlich, Leute: Penispumpen! Da poppen doch sofort alle möglichen zotigen Assoziationen auf, bevor man überhaupt einen ernsthaften Konzeptgedanken fassen kann! Man will ja auch noch ein bisschen Spaß bei der Arbeit haben. Also versucht man, die Grenzen beim Kunden auszuloten. In diesem Fall hatte mich unser nächtliches Tête-à-Tête inspiriert.

„PUMP IT UP hat dir nicht gefallen?“ frage ich.

„Fritz …“ Trixi lächelt mich verknallt an. „Wir müssen die Zielgruppe berücksichtigen. Für die lösen wir mit der … Penispumpe ein echtes Problem. Darüber sollte man sich nicht lustig machen.“

„Na ja, ich beschreibe ja eigentlich nur den Prozess“, sage ich.

Trixi schaut mich lange an. „PUMP IT UP, Fritz – das geht nicht. Echt nicht.“

Die verschlingt dich ja mit Blicken kabelt Eddy. Klar. Die Merkmale eines Geschäftstermin zerbröseln mehr und mehr. Eddy, meine rechte Gehirnhälfte, ist in ihrem Element und schießt mir sofort ein Bild rüber. Ich sehe Trixi mit ihrem Alabasterkörper splitternackt auf mich zukommen, während ich mir den Zylinder der Unterdruckpumpe über mein edelstes Teil stülpe und hektisch den Gummibalg zusammenquetsche. Eine in diesem Augenblick vollkommen unpassende Vorstellung. So, wie die dich eben angesehen hat … schiebt der Eddy nach, da könnte heute noch was laufen.

„Quatsch“, antworte ich und beiße mir sofort auf die Zunge, weil ich doch nicht mit meinen Gehirnhälften in der Öffentlichkeit reden will. Aber Trixi hat nichts gemerkt.

„Außerdem sind die Allermeisten ja schon älter“, fährt sie leise fort, „und da ist Englisch einfach ein Problem. Verstehst du?“

Die letzten beiden Worte hat sie beinahe gehaucht, und eigentlich hätte sie mit „Schatz“ enden müssen. Es wird ernst.

Als freier Texter muss man nehmen, was kommt, und man muss beim Geben von Widerworten vorsichtig sein. Allzu schnell ist der kostbare Geldgeber vergrault. StrohCom ist ein fetter Fisch. Und gerade jetzt mein einziger Auftraggeber, auch wenn es hier um einen scheiß Penispumpenjob geht, den ich mir weiß Gott nicht ausgesucht habe. Der allerdings sehr gut bezahlt wird. Mit Trixi darf ich es mir nicht verderben, auch wenn ich PUMP IT UP noch immer ziemlich geil finde. Ich muss nur irgendwie versuchen, die Distanz zu wahren. Denn ehrlich gesagt war die Verführung letzte Woche echt ein Ausrutscher. Trixi ist überhaupt nicht mein Typ.

Also sage ich betont sachlich: „Klar Trixi, da schleif ich nochmal drüber. Kriegen wir hin. Wann brauchst du den Kram?“

„Bis übermorgen reicht“, antwortet Trixi und öffnet ihre Schreibtischschublade. Sie holt eine pinkfarbene, längliche Schachtel heraus.

„Ich hab dir nochmal ein Anschauungsobjekt mitgebracht, das hilft dir vielleicht … also beim Texten, meine ich.“ Sie streicht über meine Hand und sieht mich hungrig an. „Du kannst mir den Text auch gern persönlich vorbeibringen, bei mir zu Hause. Wir könnten …“

„Ähm, gute Idee, aber ich muss mein Auto morgen in die Werkstatt bringen“, lüge ich, „da bin ich für den Rest der Woche ans Büro gefesselt.

Trixi sieht enttäuscht aus. „War schön, letztes Mal,“ sagt sie.

„Ja, total“, antworte ich lahm. Ich muss aus der Sache rauskommen. „Du, ich hab noch einen Termin …“

„Schon klar, aber trotzdem schade“, sagt Trixi, und dann Themawechsel, ganz unvermittelt: „Wir wollen ehrliche Werbung machen, Fritz. Ehrliche Werbung für ein ehrliches Produkt.“

Das kommentiere ich jetzt mal besser nicht.

Wir könnten ja nochmal im Blech vorbeischauen, ist schon nach sechs meint Eddy. Das Gewebe hat Recht. Warum nicht? Ich dirigiere meinen alten Mercedes durch Aschaffenburg. Der V8 spotzt und pröttelt, weil er nur auf sechs Töpfen läuft. Wenn StrohCom bezahlt hat, muss ich das unbedingt machen lassen. Ich werfe einen Blick auf die Penispumpenschachtel neben mir auf dem Sitz. Die pinke Packung leuchtet mir entgegen.

Die Stroh hat Recht meldet sich Meier, Eddys Kollege auf der linken Seite, wir müssen das Wording an die Zielgruppe anpassen. Die allermeisten sind ja schon älter. Deshalb müssen wir es ganz simpel darstellen. So was wie: Mit dem Teil kann jeder seine Erektionsprobleme beheben. Weil, das ist so einfach zu bedienen, dass das auch ein Demenzkranker hinbekommt – na ja, der wohl eher nicht, aber egal. Tatsache ist doch, dass der User jetzt wieder seinen Mann stehen kann, und …

Weiter kommt Meier nicht, weil Eddy in diesem Augenblick einen Geistesblitz abfeuert.

Hektisch parke ich direkt vor dem Halteverbotsschild gegenüber dem Blech. Vergesslich wie ich bin, muss ich mir den Spruch unbedingt aufschreiben. Dann ist er aus dem Kopf, und ich kann mich auf den Abend konzentrieren. Die drei Stufen zum Eingang nehme ich auf einmal und stürme in den Laden. Ich bin der einzige Gast.

„Hi Karl“, rufe ich und blocke seine Begrüßungsversuche ab, „gib mir zuallererst mal schnell einen Stift und ’nen Zettel.“

Verwundert schiebt Karl mir die Schreibwaren rüber, damit ich endlich meinen Gedanken aufs Papier bringen kann:

STEH DEINEN MANN!

Karl liest mit und fragt mich: „Ist das ’ne Botschaft für mich, oder was?“

„Nee, für ’ne Penispumpe“, antworte ich und merke sofort, dass das ein Fehler war.

„Penispumpe!“ brüllt Karl und prustet los. „Ist nicht dein Ernst! Mein Gott, du bist dir ja für nix zu schade!“

Und noch jemand lacht. Erst jetzt bemerke ich das Mädchen, das hinter der Theke steht. „Ach ja“, schnauft Karl zwischen zwei Lachern, „das ist Anne, die hilft mir heute mal. Anne, das ist Fritz.“

Wow! Als ich Anne realisiere, ist mein Kehlkopf plötzlich irgendwie außer Betrieb und fühlt sich an wie ein ausgetrockneter Pfirsichkern. Gleichzeitig plumpst mein Herz auf den Magen und wird von dort schuppdiwupp wieder in seine ursprüngliche biologische Position zurückkatapultiert. Ich bin offenbar nicht mehr ganz Herr der Lage und halte mich mal vorsichtshalber an der Theke fest.

Goddamnfuckin’! höre ich Eddy keuchen, ich glaub´, ich brauch ´nen Schnaps!

Kein Wunder: Annes Gesicht ist eine echte Augenweide. Mit Betonung auf Augen. Sie sind so wasserblau, dass ich spontan an Wick Blau-Bonbons denken muss. Aber nicht wegen der Kälte! insistiert Meier, und ja: Diese Augenfarbe ist nicht kalt, sondern das Erfrischendste, was ich seit langem gesehen habe. Geigen erklingen. Die schaut dich im Hochsommer nur an, und du hörst auf zu schwitzen schwärmt Eddy. Annes Augen sind wie aus einem Kontaktlinsenprospekt. Eine Augenbank würde sich die Finger danach lecken.

„Alles ok?“ fragt Karl belustigt. Scheinbar sehe ich ziemlich doof aus, so mit halboffenem Mund, wie ich jetzt bemerke. Langsam werde ich wieder cooler. Ich zünde mir mit zitternden Fingern eine Zigarette an und versuche zu verstehen, was Karl mir gerade erzählt. Endlich stellt er mir mein Bier hin. Ich nehme einen kräftigen Schluck und decke Anne im Schutz des Glases mit Blicken zu. Der Rest von ihr ist auch durchaus präsentabel. Aber die Augen und das Gesicht haben schon einen ziemlichen Vorsprung. Anne hat verdammt gute Chancen, die Entdeckung der letzten fünf Jahre zu werden.

Ich muss mit Anne ins Gespräch kommen, und es wird Zeit, dass sich meine beiden Gehirnhälften etwas einfallen lassen. Wie wär’s mit Beruferaten? Geht immer.

Doch Anne kommt mir zuvor. „Penispumpen“, sagt sie. „Bist du Vertreter? Oder brauchst du die selber?“

Sie lacht mich an und strahlt. Besser kann’s nicht laufen! jauchzt Eddy.

„Nee, ich bin Texter“, antworte ich und lege dabei ein möglichst verschmitztes...

Erscheint lt. Verlag 28.6.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Comic / Humor / Manga
ISBN-10 3-7597-7326-5 / 3759773265
ISBN-13 978-3-7597-7326-5 / 9783759773265
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