Bruder Enno und die Hand des Störtebeker (eBook)

Historischer Kriminalroman
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
432 Seiten
Emons Verlag
978-3-98707-189-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Bruder Enno und die Hand des Störtebeker -  Maike Salhofen
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Ein furioser Ritt durch die friesische Geschichte. Ihlow, 1398: Der junge Mönch Enno kehrt als Rechtsgelehrter in sein Mutterkloster zurück und wird bald mit einem grausamen Mord konfrontiert, der die Unabhängigkeit seiner Abtei bedroht. Um das Kloster zu retten, muss Enno es mit ränkeschmiedenden Kaufleuten und einer friesischen Fürstin aufnehmen, die für ihren unstillbaren Rachedurst gefürchtet ist. Doch es sind die dunklen Geheimnisse innerhalb der Klostermauern, die Enno in einen tödlichen Konflikt mit der Hanse bringen und ihn direkt in die Feste des Seewolfes führen: zu Klaus Störtebeker und seinen berüchtigten Piraten

Geboren 1972 in Hannover, kehrte Maike Salhofen nach einer Odyssee durch halb Deutschland nach Ostfriesland zurück und lebte dort bis zu ihrem Abitur in Aurich. Sie studierte Germanistik und Geschichte in Münster und Leipzig; seit 2000 ist sie mit einem Althistoriker verheiratet. Geschichte ist in ihrem Alltag so präsent, dass dies auch Einfluss auf ihre Themenfindung beim Schreiben hat. Sie hat einige Jahre in Australien verbracht und lebt nun mit ihrer Familie im Gießener Land, wo sie an einem Gymnasium Deutsch und Geschichte unterrichtet.

Geboren 1972 in Hannover, kehrte Maike Salhofen nach einer Odyssee durch halb Deutschland nach Ostfriesland zurück und lebte dort bis zu ihrem Abitur in Aurich. Sie studierte Germanistik und Geschichte in Münster und Leipzig; seit 2000 ist sie mit einem Althistoriker verheiratet. Geschichte ist in ihrem Alltag so präsent, dass dies auch Einfluss auf ihre Themenfindung beim Schreiben hat. Sie hat einige Jahre in Australien verbracht und lebt nun mit ihrer Familie im Gießener Land, wo sie an einem Gymnasium Deutsch und Geschichte unterrichtet.

PROLOG


Mit ausdrucksloser Miene starrte Klaus Störtebeker in die Dämmerung des weiten Kirchenschiffes vor ihm. Armdicke Wachskerzen erhellten den Altarraum und warfen goldene Lichtflecken auf das kunstvoll verzierte Steuerrad, das die Rückenlehne seines Stuhles bildete. Die Flammen setzten Lichter in seine Locken und ließen den breiten Goldreif um seinen Hals so lebhaft funkeln, dass es von Weitem so wirkte, als rege sich der geschuppte Reif auf dem dunklen Samt seines Wamses.

Der Altarraum von Marienhove war die einzige Lichtinsel in dem riesigen Bau. Ansonsten lag das Kirchenschiff in tiefer Dämmerung. Der Raum verlor sich in den Schatten eines Februartages, der mit Eisfingern an die Bleiglasfenster trommelte. Orkanböen heulten um die mächtigen roten Klinkermauern.

Vor langer Zeit hatten Friesen diese Trutzburg im Nirgendwo hinter der Küstenlinie errichtet: als Wahrzeichen ihres Glaubens, als Zeugnis ihres Stolzes, aber auch, um bei Überfällen und den gefürchteten Mandränken, den tödlichen Sturmfluten, Schutz zu finden.

Als dann die Piraten auf ihrer Flucht vor dem Deutschritterorden von Götland nach Ostfriesland kamen, da hatte Klaus Störtebeker diesen Dom als Stützpunkt erhalten. Von der Feste aus konnte er seine Raubzüge unternehmen. Seine Gönner, die ostfriesischen Hovetlinge oder Häuptlinge aus dem Hause tom Brok, dem mächtigsten Adelsgeschlecht der Friesen, verdienten an seinen Kaperfahrten nun kräftig mit. Aber das war ein Preis, den der berüchtigte Pirat gern zu zahlen bereit war für den Schutz, den eine Festung wie Marienhove ihm und seinen Männern bot.

Auch heute rüttelte der Sturm vergeblich an den mächtigen Eichentüren der Kirche. Die dicken Mauern schienen bisweilen unter den heranrasenden Böen zu erbeben, doch unerschütterlich trotzten sie ihnen.

Man hörte mehr, als man es sehen konnte, dass sich eine große Menge Menschen in dem Raum aufhielt. Ihr Raunen lag in der Luft. Der Atem von hundert Mündern verband sich in der Kälte zu einem Nebel. Silbrig schwebte er über den Köpfen dieser Schattengemeinde, wie Gespensternebel über einem vergessenen Friedhof.

Als die Tür aufsprang, fuhren alle herum: Der Sturm hatte sie einem stämmigen Bewaffneten aus der Hand gerissen und schmetterte sie nun gegen die Wand. Der Mann wartete, bis seine Gefolgsleute einen Gefangenen hereingeführt hatten. Dann packte er die Tür mit aller Kraft und schlug sie dem Ungewitter ins Gesicht. Die Männer, die der Tür am nächsten standen, waren vor den eisigen Böen zurückgewichen. Nun aber drängte sich alles dem Gang zu und blickte neugierig in das Gesicht des Gefangenen, der von den Wachen hereingezerrt worden war.

Die Hände des Mannes waren mit festen Seilen vor dem Bauch zusammengebunden. Sein rattenhaft spitzes Gesicht war von Schlägen entstellt. Helle Tränenspuren hatten sich in den Schmutz der Wangen gegraben. Das mausbraune Haar stand fettig nach allen Seiten vom Kopf ab, ganz so, als habe sich einer der immer wieder aufzuckenden Blitze seinen Weg durch den Körper des Mannes gebahnt. Sein linkes Auge war zu einer dunklen Masse zerschlagen. Halb blind stolperte der Gefangene in das Zwielicht der Kirche. Einer der Wachmänner packte ihn ungeduldig am Ellbogen und führte ihn. Roh stieß er den kleinen Mann auf die Knie. Unmittelbar vor dem Thron Störtebekers kam er zu Fall.

Der Anführer trat vor. Mit weit ausgestrecktem Arm ließ er einen Beutel vor Störtebekers Füße fallen. Als er auf dem steinernen Kirchenboden aufschlug, klirrte es. Drei Schritt vor dem hohen Kapitänsstuhl blieb der Bewaffnete stehen. Seine Faust schlug mit einer knappen Geste der Ehrerbietung vor die ledergepanzerte Brust, ehe er mit dröhnender Stimme zu sprechen begann.

»Wir ham diesen Mann hier, Eicko aus Pewsum, ausm Trupp Hansemänner rausgefischt! Die warn eben dabei, ihn nach Hamburg zu bringn. Jetzt lebt von denen bloß noch einer. Dem ham wa den Schwertarm abgeschlagn und ihn dann laufn lassn. Damit er den Räten von de Pfeffersäcke ausrichtn kann, was passiert, wenn se Schnüffler mit Beuteln voller Gold in die ostfriesischen Küstendörfer schickn. Up de Suche nach einem, der gierig genug ist, um Kriegsschiffe durch die Priele nach Marienhove zu lotsen.«

Er drehte sich zu der unsichtbaren Menge um, in der sich empörter Tumult erhob, und stieß dabei beide Arme in die Luft.

»Gerechtigkeit, Brüder! Darum soll’s heute gehn. Ich klag diese elende Ratte hier vor euch allen an! Weil er ’n Verräter is! Hab das Blutgold mit eignen Händn ausn Dieln in Eickos Hütte geborgn. An dem Beweis gib’s nix zu rütteln. Ich schwör’s bei meim Rang als Likedeelerhauptmann. Aber richtn müsst ihr! Wie’s sich bei uns gehört. Mit gleicher Stimme, nach gleichem Recht für alle! Auf Likedeelerart! Also fällt euer Urteil und möge unser Kapitän dazu das erste Wort führn!« Er stieß wieder kraftvoll seinen Schwertarm in die Luft.

Die friesische Piratenbruderschaft brach in zustimmendes Gejohle aus.

Störtebekers Hände hatten sich während der Rede des Hauptmannes so fest um die gedrechselten Armstützen geschlossen, dass seine Knöchel weiß hervortraten. Ein leises Zittern durchlief seinen Körper, während er auf den Mann zu seinen Füßen starrte. Einen Augenblick schien es, als wolle der Piratenfürst sich auf den Gefangenen stürzen. Doch dann holte er tief Luft, hob das Kinn und starrte über ihn hinweg zu seinen Vitalienbrüdern.

Langsam hob er den Arm. Senkte dann seinen Daumen. »Verräter!«

Nur dies eine Wort stieß Störtebeker zwischen seinen Zähnen hervor. Aber Hunderte von Stimmen nahmen es auf, warfen es aus der Dunkelheit des hohen Raumes zurück, bis es durch den Dom hallte: ein fluchender, ein verdammender Chor, unter dem der Gefangene sich krümmte.

Dann begannen die Ersten, mit ihren Schwertern und Dolchen in die hölzernen Lehnen vor sich zu hacken. Bald verstummten die Stimmen, während das Schlagen und Klopfen der Schwerter und Dolche anschwoll. Fordernd, mitreißend, gnadenlos: ein Trommelrhythmus des Todes.

Klaus Störtebeker stand auf. Unheilvoll überragte seine Gestalt den zusammengekauerten Eicko. Das blutrünstige Pochen verebbte, wich einer respektvollen Stille.

»Wir sind Wölfe!« Störtebekers Stimme füllte die Weite vor sich mühelos aus. »Seewölfe sind wir! Wir jagen im Rudel. Wir kämpfen und sterben gemeinsam. Wir fürchten niemanden und leben nur nach unseren eigenen Gesetzen. Diese Gesetze kennen nur eine einzige Sünde: den Verrat!« Er deutete auf das Bündel zu seinen Füßen. »Dieser Kerl hat unser Rudel verkauft. Der Wachtrupp hat ihn gestellt, ehe er Tod und Verderben über alle Likedeeler bringen konnte. Bevor er die mordenden Söldner der Hamburger zu unserer Feste, in unsere Dörfer, an die Betten unserer Frauen und die Wiegen unserer Kinder führen konnte.«

Mit flammenden Augen blickte er auf den Mann hinunter, der nun beide Hände vors Gesicht geschlagen hatte und laut stöhnte. Doch kein Mitleid regte sich in den Zügen von Klaus Störtebeker. Er hob lediglich die Stimme, um die Jammerlaute vor sich zu übertönen.

»Der da hatte keine Gnade mit seinen Wolfsbrüdern! Ihr wisst, was passiert, wenn Verräter wie Eicko ihr Werk vollenden. Oder muss ich es euch in Erinnerung rufen, was wir mit angesehen haben letztes Jahr, als wir nach Wangerooge kamen, nachdem ein verräterischer Lotse die Holländer dorthin geführt hatte?«

Er schüttelte traurig seine blonde Löwenmähne. »Bilder, die ausgewachsene Krieger zum Weinen brachten: die Kirche abgerissen! Rauchende Trümmer auf der ganzen Insel! Alte Männer, denen diese Tiere die Dreschflegel aus den Fäusten gewunden hatten, um sie ihnen auf den Schädeln zu zerbrechen!«

Er stockte kurz, versunken in die Bilder jenes Tages, aber seine Stimme zitterte nicht, als er fortfuhr. »Denkt an die Wiegen in den Bauernstuben! Diese Wiegen, aus denen das Blut unserer Jüngsten auf den Boden floss! Und dann erst die Frauen und die Mädchen! Das kann keiner beschreiben! Nicht umsonst nennen wir diese Söldnertruppen die Hanseschlächter! Sie sind die Geißel aller freien Friesen. Wehe ihnen!«

Er wies mit dem Zeigefinger vor seine Füße. »Und sieben Mal wehe einem, der solche Horden über uns kommen lässt! So viel unermessliches Leid«, er bückte sich und hob den schweren Lederbeutel hoch, »für solch einen Beutel Gold!«

Ein ohrenbetäubendes Heulen war das Echo auf diese Rede. Nur die Autorität der hoch aufragenden Gestalt vorn im Altarraum hielt die aufgebrachte Menge auf ihren Plätzen.

Störtebeker hob beide Arme. Stille senkte sich über den Raum. »Wir sind Wölfe!«, wiederholte er. »Aber wir sind keine gesetzlosen Mörder. Wir werden nach Likedeelerbrauch über das Schicksal eines Mannes abstimmen, der einmal zu uns gehört hat.«

Er gab einen Wink, und drei Männer schritten mit hölzernen Schalen durch die Reihen. In jede prasselte eine Flut schwarzer Bohnen.

Schließlich traten die Männer mit ernstem Gesicht vor ihren Kapitän und hielten ihm die Schalen hin. Störtebeker sah prüfend hinein und rührte eine ganze Weile darin herum. Dann wandte er sich der erwartungsvollen Menge zu.

»Nicht eine einzige weiße Bohne spricht dafür, das Leben des Verräters zu verschonen: Eicko aus Pewsum wurde von euch einstimmig zum Tode verurteilt!«

Die Menge johlte zustimmend.

Störtebeker betrachtete das graue Bündel Mensch zu seinen Füßen mit kalten Augen. »Weil der Verrat des Eicko über jedes normale Maß hinausgeht und euch alle betrifft, so werdet ihr auch alle euren Anteil an seiner Bestrafung haben.«

Ein grausames Grinsen verzerrte das gut aussehende Gesicht, als Störtebeker den Kopf schräg legte...

Erscheint lt. Verlag 27.6.2024
Reihe/Serie Historischer Kriminalroman
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Krimi / Thriller / Horror Historische Kriminalromane
Schlagworte düster • Ermittler • Frauen • Freiheit • Handel • Hanse • Historischer Kriminalroman • Historischer Roman • Kampf • Krimi • Küste • Liebe • Mittelalter • Mittelalterkrimi • Mönch • Mord • Niedersachsen • Pirat • Spannung • Teufel
ISBN-10 3-98707-189-3 / 3987071893
ISBN-13 978-3-98707-189-8 / 9783987071898
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