Ohne Zweifel - 100% Eifel (eBook)
362 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7597-8059-1 (ISBN)
Wolfgang Süß, 1971 in Mayen geboren, lebt und wohnt seither in Mendig. Den Humor gab es von mütterlicher Seite aus Köln-Nippes. Trotz starker Ambitionen zu Kunst und Musik lernte er 1987 Hufschmied. Über Umwege kam er zum Malen, Musizieren und letztendlich zum Schreiben. Als Vater von drei Kindern wird es selten Langweilig und gerne durchwandert er seine Heimat. Die Kindheit in den 80er-Jahren, eine turbulente Jugend und das langjährige Single-Dasein wirken sich inspirierend auf seinen Schreibstil aus, den er, wie er selbst sagt, mit seinem dritten Buch vollends gefunden hat.
Dorfromantik
Ortsausgang, erster Feldweg links.
Hochsitz am Waldrand.
Sonntagmorgen 11:53
Lisbeth keuchte wie der Brohltal-Express im Hochsommer. Schweiß stand ihr auf der speckigen Stirn und ihr mächtiger Busen bebte, wie bei einer russischen Hammerwerferin vor dem Weltrekord.
Bei jeder Sprosse hatte sie zum Allmächtigen gebetet, dass sie nicht einkracht, und vom Notdienst gerettet werden müsste. Wie peinlich wäre das denn?
Sie konnte die Schlagzeile im Mitteilungsblättchen sehen: Metzgersfrau verunglückt bei dem Versuch, einen Hochsitz zu erklimmen. In der Hand hielt sie eine doppelläufige Schrotflinte, in der Hosentasche befanden sich zwei Mettenden.
Da würden die Leute im Dorf durchdrehen und ihr Name wäre auf immer mit Schande verbunden. Schmitze Lisbeth mit Waffe im Wald tot aufgefunden.
Egal: Außerordentliche Umstände erforderten schließlich außerordentliche Mittel. Sie konnte ihren ersten und einzigen Mord doch nicht mit dem Messer oder einem Bolzenschussgerät verüben! Alles würde auf die Metzgerei, die Familie und am Ende auf SIE hinweisen.
Aus dem Grund hatte sie sich die alte Schrotflinte von Opa Jupp geliehen. Er schoss damit zweimal im Jahr auf vermeintliche Einbrecher und hatte bereits sein ganzes Hoftor perforiert. Sie würde es heute Abend wieder hinstellen und niemand schöpfte Verdacht.
Es war aber auch eine Plackerei, mit dem Gewehr in der Hand diese Leiter hochzuklettern. Der Hochsitz war scheinbar nicht für Frauen konzipiert, deren Brüste hervorstanden, wie der Kölner Dom, nur halt horizontal.
Oben angekommen hatte sie kaum mehr Platz, das Gewehr anzulegen. Ihr ausladender Hintern schruppte an der Holzwand entlang, die Molkerei an den Balken. Wahrscheinlich war dies der kleinste Hochsitz im ganzen Laacher-Wald. Aber der Einzige an diesem speziellen Ort. Zudem war der Hochsitz getarnt und konnte vom Feldweg nicht gesehen werden.
Kimme und Korn, immer nach vorn – so sagte Opa Jupp und so hatte sie es von ihrem Vater gelernt. Damit war schon mal ausgeschlossen, dass sie in die falsche Richtung schoss. Die zwei Schrotpatronen in den Lauf zu schieben, hatte sie bei Youtube abgeguckt. Vorher hatte sie knapp eine Stunde lustige Katzenvideos geguckt und Tränen gelacht.
Lisbeth und alle anderen im Dorf kannten den Tagesablauf dieser einen Person in- und auswendig, der sie gerade aufzulauern versuchte. Es konnte noch höchstens sieben Minuten dauern, bis sie mit ihrer verdammten Töle anmarschiert kam.
Die Rede war von Ute Krausmann. Sie zog vor zwei Jahren aus Bonn hier her, um ihren Lebensabend in der Eifel zu verbringen. Letztens noch hatte sie vorm Frisörladen gestanden und laut herausposaunt, dass sie es liebe, Punkt 12 sonntags mit ihrem Hund spazieren zu gehen. Dann noch ein kühlendes Beinbad im Nikolausweiher, und sie konnte vor Glückseligkeit kaum noch gehen! Wer wollte schon Krampfadern haben?
Es gab einen guten Grund, sie mit Blei vollzupumpen.
Sie war VEGETARIERIN!
Mit ihrem Spleen infizierte sie das ganze Dorf. Hier wurde seit Anbeginn der Zeit Fleisch gegessen, basta! Hier gab es Jäger, schwerarbeitende Landwirte und schuftende Handwerker. Sollten die sich demnächst von Grünzeug ernähren? Eine Schlange vorm Blumenladen gab es nur vor Muttertag, da mussten die Leute nicht noch ihr Mittagessen kaufen.
Ute Krausmann hatte mit ihrem Mann, der scheinbar Golddukaten schiss, die alte Propstei umgebaut und bot in der ehemaligen Zehntscheune vegetarische Kochkurse an.
Auf das Stoppschild am Ortseingang hat jemand einen Aufkleber gepappt, auf dem stand »Stop – eating Animals!« Lisbeth musste sich das von ihrer Jüngsten übersetzen lassen und hatte vor Zorn mit dem gichtschwachen Fuß aufgetreten. Wenn Ute Krausmann unbedingt weiterhin Gras fressen wollte, sollte sie doch in Bonn bleiben und die kompletten Rheinauen abgrasen. Hier in der Eifel wurde Fleisch gegessen! Kotelett, Schnitzel, Spießbraten – Fleischwurst, Mett und Steak! Aber nur noch sechs Minuten, dann würde Ute in den ewigen Jagdgründen Gras roppen!
Ortsmitte: Kirche St. Siegbert –
Glockenturm. 11:54
Pastor Höllen war ein gottesfrommer Mann, wie man es von ihm erwartete. Er kannte seine Schäfchen, wusste, wem wo der Schuh drückte und hatte stets ein offenes Ohr für seine Gemeinde. Okay, beim Priesterseminar hatte es paar unschöne Zwischenfälle gegeben, aber Höllen beichtete regelmäßig, auch die Zuneigung zu seiner Haushälterin. Aber das stand heute und hier nicht zur Debatte. Als Pastor hatte er die Gemeinde im Griff und die Gemeinde respektierte ihn.
Bis vor zwei Jahren Ute Krausmann mit ihrem höllengeborenen Mann vom Rhein in die Eifel gezogen war. Lange Zeit dachte der Pfarrer, Stalin und Hitler wären die Antichristen gewesen, Ausgeburten der Hölle, geboren, um die Menschen ins Verderben zu stürzen. Doch dann kam diese angemalte Frau, die das Kinn höher trug als die Wolken und ihr katzbuckeliger Mann.
Ute Krausmann wedelte mit dem Geld, das er als Staatssekretär verdient hatte, und krempelte den Ort um. Sie trug kein Kreuz, betete nicht und bekannte sich offiziell - zum Buddhismus!
Wo gab es denn sowas? Konvertierte in Oberbayern ein Bürgermeister zum Islam? Wurde ein afghanischer Mudschahedin über Nacht zum Christen? Wählte jemand Charles Manson zum Papst? Hier war man Christ, ob praktizierend oder nicht, man war Katholik und hielt sich weitestgehend an die Zehn Gebote. Sünden wurden beim Pfarrfest oder der Kirmes mittels Freibier abgegolten und es lebte sich in stiller Eintracht.
Ute Krausmann bot Kurse an: Kneten statt Beten – um mit den Frauen buddhistische Kuchen zu backen, Nach Scharbeutz statt ans Kreuz - Kegelclub Touren zur Ostsee, und Spaß im Bett hält gesund, wir streben nach dem Höhepunkt – Tantrakurse bei Kerzenschein und Klangschalenmusik. Mit einer neunköpfigen Peitsche müsste man sie aus dem Dorf jagen!
Nix Maria Marthental oder Wasser aus Lourdes. Sie lud ein zu Mädelsabenden mit Dildoparty und Dessous-Modenschau! Pastor Höllen hatte spontan das Vater unser aufgesagt, als er davon hörte.
Sie untergrub seine Autorität und hielt die Leute vorsätzlich vom Gottesdienst ab und hatte die Sünde im Schlepptau. In seinen Augen ein guter Grund, das alte Präzessionsgewehr hervorzuholen und es seiner Bestimmung zuzuführen. Ein guterhaltenes G43 mit langem Lauf und Zielfernrohr. Es hatte bis Kriegsende seine Pflicht gegen die Russen getan und würde im Kampf gegen das Böse nicht scheitern, da war sich Pastor Höllen sicher. Vom Kirchturm aus konnte er wunderbar ihren Weg aus dem Dorf verfolgen, und wenn sie dann in den Feldweg einböge, gab es für Ute Krausmann die Antwort auf die Frage: Gibt es ein Leben nach dem Tod?
Nikolausweiher: Feldweg links,
erste Biegung. Ebenfalls 11:54
Friseurmeisterin Daniela Lockenweide fühlte sich zu ihrem Beruf berufen. Ihr Name wurde zur Passion und in allen umliegenden Dörfern hatte sie Kundschaft und war beliebt. Daniela entschied, welcher Look gerade in der Region in war und welcher nicht. Tönungen mischte sie selbst an und im Laden gab es zudem Drogerieartikel zu überhöhten Preisen.
Das Geschäft lief gut, die Kasse war jeden Abend voll und Daniela baute sich mit ihrem Lothar ein schönes Einfamilienhaus, fuhr BMW und trank bevorzugt Prosecco. Das Leben könnte ihrer Meinung nach auf ewig so weiterlaufen.
Dann kam Ute Krausmann. Sie ließ sich während Corona das Grau rauswachsen und postulierte, wie schön es doch sei, in Würde zu altern. Zudem verkaufte sie vegane Kosmetika, homöopathische Mittel und mixte Tinkturen gegen Haarausfall. Drei Tropfen davon auf einen Bleistift und man hatte eine Zahnbürste. Himmelherrgott!
Daniela hätte sich ins Pony beißen können, käme sie denn dran, denn das, was diese schamlose Person verkündete, war der Untergang nicht nur des Abendlandes, sondern auch ihres Geschäfts!
Sie hatte demütig mitangesehen, wie Ute Krausmann die Metzgerei boykottierte, die Kirche und vieles mehr. Frau Pönz aus der Kichgasse hatte extra eine Klangschale gekauft und seither grinste sie mit verklärtem Blick über die Theke. Irgendwann war Schluss!
Daniela hatte einen Plan! Sie hatte ihren größten Föhn mitgebracht. 2000W, mit einer Turbine wie ein Düsenjet. Elektromeister Stumpf hatte einen USB-Anschluss angebaut und das Triebwerk mobil gemacht. Bei Ebay gab es eine passende Powerbank, damit konnte man angeblich Las Vegas für 30 Sekunden erstrahlen lassen.
Sie wusste, dass diese blöde Ute Krausmann nichts lieber tat, als bei schönem Wetter die Schuhe auszuziehen und sich ins seichte Wasser des Weihers zu stellen. Daniela wünschte, im Weiher gäbe es Krokodile, achtarmige Kraken oder zumindest Schlingpflanzen, die Ute Krausmann vom Erdenrund vertilgten. Doch die Karpfen guckten nur blöd aus der Wäsche und taten ihr den Gefallen nicht.
Danielas Plan war es, den Föhn in den Weiher zu werfen....
Erscheint lt. Verlag | 31.5.2024 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Comic / Humor / Manga ► Humor / Satire |
Schlagworte | Alkohol • Brauchtum • Eifel • Jugend • Satire |
ISBN-10 | 3-7597-8059-8 / 3759780598 |
ISBN-13 | 978-3-7597-8059-1 / 9783759780591 |
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