Fucking Famous -  Anne Hashagen

Fucking Famous (eBook)

Wie ich zu einer Million Followern kam und dabei unendlichen Spaß hatte
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
328 Seiten
Solibro Verlag
978-3-96079-113-3 (ISBN)
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Sind eine Million Follower es wert, mit dem Teufel ins Bett zu steigen? Lotte Hohenfeld, 39 Jahre, studiert, ambitioniert, attraktiv, hat die Nase voll. Nach gescheitertem Start-up ist auch ihr erstes Buch gefloppt. Höchste Zeit, dem Leben noch etwas Großartiges abzutrotzen. Aber wie? Freundin Tessa, eine IT-Beraterin, weiß die Lösung: berühmt werden! Gemeinsam rufen sie das Projekt 'Lotte' ins Leben. Mit Witz und Verstand, Lug und Trug, Deep Fake und einem falschen Adelstitel wird Lotte zur Celebrity, die tief in die Welt der Influencer und B-Prominenz eintaucht. Doch alles hat seinen Preis. Aber wie sagte Anna Delvey: 'Prison is the new sex tape' ... Deutschlands abgründigste Roman-Satire über Instagram & Co., schamlose Selbstdarstellung im Zeitalter der Algorithmen, Hyper-Narzissmus und das allgegenwärtige Mantra der Influencer: Mach dich zur Marke! 'Ein scharfsinniger Blick in die Influencerwelt - ehrlich und provokant.' Tina Ruland 'Schonungslos, bitterböse und richtig spannend.' Moses Pelham

Anne Hashagen erblickte in Wuppertal das Licht der Welt und liebte als Kind Astrid Lindgren, Enid Blyton und ganz besonders Michael Ende. Als promovierte Wirtschaftswissenschaftlerin arbeitet sie als Bankerin im Finanzwesen. Ihre private Leidenschaft ist das Schreiben. Ihr psychologischer Ratgeber 'Ja! 10 Regeln den Mann fürs Leben zu finden' wurde u. a. bei 3nach9 vorgestellt und in mehrere Sprachen übersetzt. Es folgten ihre beiden Jugendbücher um die Figur Anton Pfeiffer, die von zahlreichen Literaturblogs empfohlen wurden. Ihr Roman 'Die Wette' wartet als englisches Drehbuch auf Verfilmung. Das Sachbuch 'Ich denke, aber wer ist Ich? Neue Antworten auf die alte Frage nach dem Sinn des Lebens' veröffentlichte sie zusammen mit dem Philosophieprofessor und Robotiker Riccardo Manzotti. 'Fucking Famous' ist ihr sechstes Buch, ein zeitgeistiger Roman, in dem sie sich - inspiriert von existierenden Prominenten und eigenen Erfahrungen - satirisch, humorvoll aber auch bitterböse mit Social Media und dem Influencer-Phänomen auseinandersetzt.

Kapitel 3


Ich traf mich mit Freundinnen bei den Hackeschen Höfen zum Abendessen. Claudia ist Dermatologin mit eigener Praxis, wo ich sie auch kennenlernte. Eva ist Grafikdesignerin, ich traf sie vor einigen Jahren auf einer Vernissage, die wir gemeinsam sofort wieder verließen, weil es nur Ökowein und alkoholfreien Sekt gab.

Claudia ist eine tolle Ärztin, sehr kompetent, dabei zusatzqualifiziert für alle möglichen Beauty-Behandlungen, die sie mit neuesten Gerätschaften in ihrer Altbau-Praxis in Charlottenburg anbietet. Über mangelnden Zulauf kann sie sich nicht beschweren, dennoch ist sie unzufrieden. Claudia würde gerne wie Barbara Sturm mit einer eigenen Kosmetiklinie durchstarten. Gute Cremes zusammenzumischen, bessere als die von Frau Sturm natürlich, sei überhaupt kein Hexenwerk, meint sie. Doch dafür braucht man Investoren, und damit die anbissen, musste Claudia erstmal zur Marke werden. Zufriedene Patienten helfen da wenig. Und so verbrachte Claudia die Abende und Wochenenden mit der Pflege ihres Social Media-Auftritts: Videos von Claudia bei der Patientenberatung, Claudia beim Vorstellen der neuesten Behandlungsmethoden, Claudia beim Ausprobieren neuer Produkte. Das Ganze zusammenschneiden, mit Musik unterlegen, zwischendurch ein Tänzchen mit den Praxismitarbeitern für Tik-Tok. Eigentlich ein Fulltime-Job. Die Videos waren gut. Allerdings nicht so gut wie die einer Dr. Emi, die in Berlin bereits im Bereich mehrerer Hunderttausend Follower unterwegs war. Claudias Instagram stagnierte bei zweitausend. »Was ich brauche, ist ein Wunder«, seufzte sie manchmal. Was sie damit meinte, war, dass ein Hollywoodstar sich zufällig in ihre Praxis verirren sollte oder ein Anruf von SAT1, dass man eine neue Beauty-Expertin fürs Frühstücksfernsehen benötige. Eva und ich pflegten dann zu sagen, dass sie doch alles habe: eine Bombe laufende Praxis, einen tollen Ehemann, eine süße kleine Tochter. Dafür würden andere töten, oder? Claudia pflegte dann vage zu nicken.

Eva hat Grafikdesign studiert, nach einer Festanstellung ist sie nun seit einigen Jahren selbständige Künstlerin. Ihr Stil erinnert an Keith Haring: bunt, verspielt, gute Laune garantiert. Doch um die Miete und das eine oder andere Chanel-Täschchen zahlen zu können, dreht sich Evas Job primär ums Marketing. Viel Ausgehen, möglichst in teure Locations, um Klienten mit dem nötigen Kleingeld für Kunst aufzutreiben; gute Kontakte zu lokalen Society-Magazinen pflegen; hier und da Charity-Events mit eigenen Werken ausstatten. Und natürlich dabei immer höchst appetitlich aussehen. Auch Eva wartete noch darauf, dass Brad Pitt zufällig bei einem Berlin-Besuch in ihr kleines Atelier spazierte, ein Bild kaufte und ihr den großen Durchbruch bescherte.

Wir saßen also im Restaurant und aus irgendeinem Grund kam die Sprache wieder auf mein Buch.

»Was macht das Tinder-Prinzip, Lotte? Wieviel hast du jetzt verkauft?«, fragte Eva und rührte in ihrer Kürbiscremesuppe.

»Keine Ahnung«, zuckte ich die Schultern. Tessa hatte mir eingeimpft, dass es unsexy ist über Misserfolge zu berichten.

»Ich weiß auch noch nicht, ob ich bei dem Verlag bleibe. Ich habe eine neue Managerin.«

»Wow«, sagte Eva, und auch Claudia schien beeindruckt.

»Ich wusste gar nicht, dass du eine hattest?«

»Hatte ich auch nicht, die ist ja neu.«

»Und, kennt man die?«

»Nein, denke nicht.«

»Hier aus Berlin?«

»Nein. Es ist eine Amerikanerin.«

Natürlich war das eine Lüge. Tessa war meine neue Managerin, aber sie hatte mir aufgetragen zu verbreiten, ich hätte nun ein Management in Amerika.

»Ist ja besser, sich etwas internationaler aufzustellen«, fuhr ich fort und setzte dabei einen weltgewandten Blick auf, »der deutsche Markt ist ja eher provinziell. Bin jetzt auch mal gespannt, wie sich das alles so entwickelt.«

Ich war selbst beeindruckt, wie souverän mir der Blödsinn über die Lippen kam.

Ich merkte, dass Eva und Claudia mich mit einer Mischung aus Neugier und Misstrauen betrachteten. Misstrauen, dass ich mich auf einer geheimen Erfolgsspur befinden könnte. Aber vielleicht bildete ich mir das auch nur ein.

Wir setzten unser Essen fort und schwiegen eine Weile. Frauenfreundschaften sind ja fragile Konstrukte. Unter der Oberfläche können Haarrisse zu winzigen Eiterbeulen werden, die latente Spannungen erzeugen. In unserem Fall war kürzlich Folgendes vorgefallen: Eva und ich hatten in einer Bar ein hohes Tier von ProSieben kennengelernt. Der Kerl war nett und der Zufall wollte es, dass er mich attraktiv fand. Was folgte waren zwei Dates. Beim zweiten, bei dem eigentlich schon klar war, dass zwischen uns kein Funke übergesprungen war, nahm er mich mit auf die Party eines TV-Senders. Und es gab sogar ein Foto von uns an irgendeiner Fotowand. Irgendwie hatte Eva ein Problem damit. Sie schien mir erstens übelzunehmen, ihr das Date weggeschnappt zu haben und zweitens, dass ich das hohe Tier nicht bei der Stange hielt. Schließlich hätte man ja auf weitere TV-Events mit ihm gehen können. Kurz nach dieser Episode saßen Eva, Claudia und ich im Borchardt zum Abendessen. Am Tisch neben uns nahm eine Runde junger Leute Platz, unter ihnen eine Schauspielerin. Man kannte ihr Gesicht aus einer Vorabendserie, nennen wir sie Sandra. Irgendwann musste ich auf Toilette, und als ich von dort wiederkam, waren Eva und Claudia verschwunden. Auf dem Tisch lag ein Zettel »Sind mit Sandra ins Royal vorgegangen! Bis gleich.« Einen Moment war ich sprachlos. Dann nahm ich meine Jacke und machte mich auf zum Royal. Im Royal war eine Party. Der Türsteher erklärte mir, dass man hierfür eine Einladung brauche. Und nein, auf meinen Namen sei kein Bändchen hinterlegt.

Für derartige Ereignisse eine Aussprache zu verlangen, führt zu nichts. Es sei denn man ist bereit, Eiterbeulen platzen zu lassen und sich ständig neue Freundinnen zu suchen. Die Menschen sind, wie sie sind, ich habe es längst akzeptiert. Letztlich sind Freundinnen gute Bekannte, mit denen ich ab und an gerne Zeit verbringe. Mal ehrlich, wie kommen Freundschaften überhaupt zustande? Der Hauptgrund, warum zwei Menschen sich befreunden, ist doch, dass man sich zufällig über den Weg läuft, feststellt, dass es passt mit Coolness, Optik und Humor, und zack, man ist befreundet. Ich meine, man veranstaltet ja keinen Auswahlwettbewerb, in dem man genauer eruiert, wer der andere ist und ob man wirklich harmoniert. Manche schwafeln gerne, das Schicksal hätte sie zusammengeführt, dabei sind es nur die gleichen Saufgewohnheiten oder ähnlich viele Instagram-Follower.

Ich beschloss, die Sache nicht weiter zu kommentieren.

»Auf jeden Fall finde ich cool, was du alles so machst, Lotte«, sagte Claudia, als wir beim Nachtisch waren, »dass du einfach mal so ein Buch geschrieben hast, Respekt.«

»Danke«, lächelte ich.

»Finde ich auch«, nickte Eva, »du machst einfach immer weiter. Weißt du noch dein Start-up damals? So ein Schlag ins Gesicht. So eine Demütigung. Trotzdem wirfst du die Flinte nicht in Korn.«

Ich nahm einen Schluck Wein.

»Scheitern ist eine wichtige Erfahrung«, erklärte Claudia und blickte wissend, »Scheitern gehört einfach zum Leben. Auch Umwege erweitern unseren Horizont!«

Später auf dem Weg nach Hause dachte ich nach. Witterten Eva und Claudia, dass mein Buch ein Flop gewesen war? Sah man es mir an der Nasenspitze an? Und warum musste Eva die alte Startup-Geschichte auf den Tisch bringen?

Scheitern ist keine wichtige Erfahrung. Scheitern ist das Allerletzte. Tessa hatte recht: nie darüber reden.

»Klar wollen die Leute hören, dass du scheiterst«, hatte sie mir erklärt, »nicht, weil sie Mitleid haben, keineswegs. Weil sie sich dann besser fühlen! Sozial abwärts gerichteter Vergleich, ein echter Endorphin-Booster!«

Mein Start-up war eine Dating-App gewesen. Die Idee kam mir während meines Jobs bei der Unternehmensberatung und irgendwann warf ich diesen hin, um mich ganz der Sache zu widmen. Sehr zum Entsetzen meiner Eltern. Ich trieb Geld von zwei Investoren ein, engagierte einen Programmierer. In einem hippen Co-Working-Space mit lustigen Möbeln aus Europaletten gingen wir ans Werk. Wir nannten die App »Coffee-Date«. Wer sie runterlud, musste einen psychologischen Test ausfüllen, ein paar Angaben zu sich machen, ein kurzes Videostatement und schon ging es los. Die App funktionierte situativ: ging man z. B. durch Berlin Mitte, ploppte eine Nachricht auf, wenn ein anderer passender App-Nutzer in der Gegend war. Innerhalb sechzig Sekunden war zu entscheiden, ob man sich mit ihm oder ihr auf einen Kaffee treffen wollte. Im nächstgelegenen Café, das auch direkt angezeigt wurde. Kennenlernen spontan. Kein stundenlanges Swipen im Tinder-Supermarkt, kein virtuelles Shoppen nach One-Night-Stands. Einfach nur einen Kaffee. Start-ups zeichnen sich durch eine innovative Idee aus....

Erscheint lt. Verlag 29.5.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
ISBN-10 3-96079-113-5 / 3960791135
ISBN-13 978-3-96079-113-3 / 9783960791133
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