Extrameter -  Thomas Fleischmann

Extrameter (eBook)

Der Jakobsweg und meine turbulente Reise von der Konzertbühne ins TV-Studio
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
336 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7597-3804-2 (ISBN)
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Ein Sportmoderator und seine Extrameter: Nach unzähligen Fußballanalysen und Interviews mit Stars wie Beckenbauer, Hoeneß oder Matthäus bricht eThomas Fleischmann auf zu seinem größten Abenteuer - 800 Kilometer auf dem Jakobsweg! Die Erlebnisse dieser Reise bringen ihn zurück an emotionale, kuriose aber auch dramatische Stationen. Vom Solisten eines Knabenchors, der auf den großen Bühnen stand und sogar für die Queen sang, bis zu seinem Aufsehen erregenden Outing live im Fernsehen bei Sky Sport. Er gibt verborgene Geschichten und private Gedanken preis, lässt teilhaben an der Faszination Sport und Medien und zeigt, wie er auch außerhalb des TV-Studios zu dem Menschen wurde, der er heute ist. Ausbrechen aus dem Alltag, Schmerzgrenzen überwinden und ganz nebenbei entdecken, was wirklich zählt im Leben. Seine Botschaft für uns alle: mehr Mut zum Extrameter!

Thomas Fleischmann, geboren 1981, ist seit 2011 eines der prägenden Gesichter des Sportnachrichtensenders Sky Sport News. Die große Bühne lernte er schon früh in seiner Jugend als Solist beim bekannten Windsbacher Knabenchor kennen. Nach dem Abitur gelang ihm schnell der Sprung vom Konzertsaal ins Fernsehen, wo er zunächst für das RTL-Lokalfenster in Nürnberg und später für Sport1 und den Telekom-Sender Liga total arbeitete. Thomas Fleischmann lebt und arbeitet in München.

DIE FRAGE


Wie kommst du denn auf die Idee?« Betonung auf dem Wort »die« natürlich – unterstrichen, Ausrufezeichen. Damit mir vom Fragestellenden auch dessen ganz besondere Verwunderung entgegenschlug.

Berechtigte Frage.

Nicht einmal, nicht zweimal, sondern ganz oft gehört. Immer wieder.

Schwierige Frage.

Oder um es in gewiefter Fußballersprache mit dem ehemaligen Bayern- und Bundestrainer Hansi Flick zu sagen: »Nächste Frage!« Das war seine fein säuberlich zurechtgelegte, schmallippige Reaktion auf die ungeklärte Zukunft. Damals, am Höhepunkt seiner Trainerkarriere. Es war das Jahr nach dem phänomenalen und einzigartigen »Sextuple« des FC Bayern München, also den sechs gewonnenen Titeln einer einzigen Saison. Was für ein Phänomen diese Mannschaft war, was für eine Leistung sie innerhalb eines Jahres vollbracht hatte – Triumphator in allen Wettbewerben zu sein: Meisterschaft in der Bundesliga, Sieger im DFB-Pokal, in der Champions League, im deutschen und europäischen Supercup, sowie bei der FIFA-Klub-Weltmeisterschaft. Ein bemerkenswertes Novum für eine deutsche Fußballmannschaft. Doch dem Ruhm folgte schnell die Ernüchterung. In der nachfolgenden Spielzeit waren die historischen Erfolge schon fast wieder vergessen. Hausinterne Querelen wurden laut. Öffentlich ausgetragen. Immer deutlicher traten im Bayern-Kosmos Meinungsverschiedenheiten zwischen Flick und dem damaligen Sportvorstand Hasan Salihamidžić an die Öffentlichkeit, von den Medien dankend und händereibend angenommen und breit ausgeschlachtet. Nach andauernden Uneinigkeiten rund um Spielerverpflichtungen hatten sich die beiden Alphatiere in Diensten des größten deutschen Klubs offenbar immer wieder in die Haare bekommen und den Streit darüber auch mit großen Verbalgeschützen in den öffentlichen Raum verlagert und durch immer neue Statements laufend frisch befeuert. Ein Zustand, der die Zusammenarbeit vorzeitig ans Ende bringen musste. Es ging gar nicht anders. Da musste keiner von uns journalistischen Beobachtern hellseherische Fähigkeiten besitzen. Die schnelle Trennung zum Ende der Saison 2020/21 war demnach das Natürlichste der Sportwelt. Und diese Welt kenne ich mittlerweile ziemlich gut, nach über 20 Jahren, in denen ich diesen Zirkus in unterschiedlichen Positionen schon begleiten darf. Dieser Bruch war verständlich und einleuchtend für diejenigen, die sich intensiv mit der sehr speziellen Materie Profisport und insbesondere Profifußball beschäftigen. Weniger allerdings für Außenstehende, die meist auf viele Details aus dem Innenleben der Klubs verzichten müssen, weil wir Journalisten längst nicht alles, was wir wissen, auch in die Welt hinausposaunen. Weil wir es nicht können und nicht dürfen. Teils um unsere Quellen, manchmal auch um uns selbst zu schützen. Oder sogar, um die Betroffenen nicht zu verärgern, von denen wir im besten Fall mal wieder exklusive Infos erhalten möchten. Ein Geben und Nehmen, wie so oft im Leben. Und so werden vor allem viele Fans der Bayern niemals verstehen können, warum dieser sonst so souverän breitbeinig auftretende Klub mit dem satzungsmäßigen Selbstverständnis diesen großartigen Trainer damals so dermaßen vergraulen konnte.

Was Flick also in diesen Tagen besonders wortkarg antwortete, das wäre auch eine gute Reaktion für mich gewesen auf diese eine Frage. Ich wollte zwar, aber ich konnte – im Gegensatz zum erfolgreichen Coach in München – nicht glaubhaft erklären, was mich auf den Jakobsweg gebracht hatte. Ich weiß es noch heute nicht, wo es mich genau gekitzelt hatte. Und ich kann durchaus verstehen, wenn das viele, die sich vielleicht mit einem ähnlichen Vorhaben herumschlagen, erst mal enttäuscht zurücklässt. Irgendwann jedenfalls war der Gedanke da, tief in mir drin. Und aus dem Gedanken wurde Verlangen, dieses alltagsferne Projekt tatsächlich anzugehen, einfach mal loszulassen und loszulaufen, das ferne Ziel Santiago de Compostela, Galizien, Spanien ins menschliche Navigationssystem einzutippen. Von diesem Punkt an zog es mich regelrecht hin, zum sagenumwobenen Pilger-Klassiker unter den Caminos, den sogenannten Camino Frances, also den »Französischen Weg«. Wenn schon, denn schon. Was anderes reizte mich nie. Und so ist es bis heute.

Der Klassiker also.

Wie Bayern gegen Dortmund, das größte Spiel im deutschen Fußball. Oder Hamburg gegen Bremen, das Nordderby, das jämmerlich auseinandergerissen wurde, als der große HSV nach Jahren des Niedergangs in die Zweite Liga abstürzte. Mit mehrmaliger Ansage und sehenden Auges aufgrund fundamentaler Fehlentscheidungen von Management und Trainern, bei gleichzeitiger und dauerhafter Nicht-Leistung vieler hoch bezahlter Profis auf dem Platz. Zwischenzeitlich war auch Werder Zweitligist und das »Duo Infernale« des norddeutschen Fußballsports wieder in einer Liga vereint – und bereit, sich eine Etage weiter unten gegenseitig die Bälle vom Fuß zu grätschen. Sie merken, es brodelt sofort in mir, wenn ich an diese besonderen Vergleiche denke. Viele Erinnerungen daraus folgen mir durch das ganze Leben. Das geht Millionen Fans genauso wie uns Sportjournalisten. Stichworte fallen – und schon schießen die Bilder in den Kopf, sind Szenen exakt vor dem Auge, als wären sie erst gestern passiert, dabei liegen sie teils Jahre, wenn nicht Jahrzehnte zurück. Der Kopf eines Sportfanatikers tickt eigenartig, aber er tickt. Exakt und verlässlich. Und vielleicht war auch genau diese Tatsache der Ansatz für meine Aufbruchstimmung. Das Ziel, diesem faszinierenden, aber thematisch oft monotonen Berufsalltag für einige Zeit entfliehen zu können. Sich freischwimmen, losziehen. Am besten ganz ohne den Kopf des Journalisten! Nichts hören von all dem! Keine Vergleiche von Klubs oder Spielern, Analyse von taktischen Ausrichtungen, Tabellenständen, Diskussionen um den Zoff zwischen Trainer und Sportvorstand! Wer hat was, wann und vor allem warum gesagt? Die Welt dreht sich in diesem bestimmten Kosmos dann doch irgendwann nicht mehr so schnell weiter. Es ist zwar immer wieder faszinierend, dass nichts von dem, was uns in diesem Beruf beschäftigt, genau deckungsgleich schon einmal passiert ist. Aber auch nichts, was in diesem Beruf passiert, ist so außergewöhnlich oder kann dich noch derart überraschen, dass du komplett aus der Bahn geworfen wirst oder dein erlerntes Handwerk womöglich gar nicht mehr ausreicht, um Geschichten journalistisch sauber einzuordnen. Es ist eben diese eine Schublade, in der wir alle wühlen. Mit den unterschiedlichsten Ansätzen und Zielen. Die einen wühlen nur vorne, im eher offensichtlichen und seichten Bereich der Thematik. Die anderen greifen ganz tief nach hinten und befördern hin und wieder das eine oder andere redaktionelle Juwel ans Tageslicht, diese eine exklusive Info, den aufsehenerregenden Skandal oder die weltbewegende Enthüllungsstory. Immer ist es die eine riesige Schublade, die räumlich zwar niemals endet. Aber es ist und bleibt eben nur diese einzige.

Weg davon! Weit weg.

Der Gedanke reifte. Und schon reden wir in meinem Fall über diesen Sport: 800 Kilometer Fußmarsch von Saint-Jean-Pied-de-Port in Frankreich bis Santiago de Compostela im nordwestlichsten Teil der iberischen Halbinsel. Diese Challenge war es plötzlich, die mich faszinierte! Ein weltberühmter Weg, wie ihn Pilger schon seit dem frühen Mittelalter hinter sich gebracht hatten. Wie auch immer sie das damals schon geschafft haben konnten, ohne die heute selbstverständliche Ausrüstung und Infrastruktur.

Welche Geschichten sie wohl zu erzählen hatten?

Von Krieg und Frieden, von Hoffnung, Glaube, Sünde und Sühne, Disziplin und Mut. Vielleicht von Vertrauen und Demut in denjenigen dort oben, der einen um Himmels willen schon an die Hand nehmen wird.

Was hatten die Pilger damals wohl erlebt auf ihrem Weg?

Alle, egal woher sie kamen, hatten stets dieses eine Ziel vor Augen: Die Kathedrale von Santiago, wo der Legende nach das Grab mit den Überresten des Apostels Jakob liegen soll, dem Schutzpatron Spaniens. Für Tausende Menschen Jahr für Jahr reicht diese Legende noch heute, um sich aus ihrer noch so fernen Heimat rund um den Globus auf den Weg zu machen. Im wahrsten Sinne des Wortes.

Legende oder mehr?

Es ist unmöglich, diese Frage nach all den Jahrhunderten zu beantworten. Entscheidend ist, dass dieses Santiago für die Pilger eine besondere Anziehungskraft ausübte und weiterhin ausübt. Bis heute. Und es werden jährlich mehr Menschen, die sich dieser magnetischen Kraft hingeben. Aller Strapazen zum Trotz. Auch ich fühlte mich irgendwann hingezogen. Getrieben.

»Ich wusste gar nicht, dass du so religiös bist!«

Noch so ein Satz, den ich gegenüber Neugierigen vielfach parieren musste. Für mich gab es nämlich keine religiösen Gründe. Auch wenn diese Schlussfolgerung nahelag. Zwar hatte ich mir in meinem Leben der eigenen Einschätzung nach schon die ein oder andere Sünde eingehandelt, darüber dann...

Erscheint lt. Verlag 29.3.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
ISBN-10 3-7597-3804-4 / 3759738044
ISBN-13 978-3-7597-3804-2 / 9783759738042
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