Abbey Road -  David Hepworth

Abbey Road (eBook)

Die Geschichte des berühmtesten Musikstudios der Welt
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
376 Seiten
Hannibal (Verlag)
978-3-85445-771-8 (ISBN)
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Der berühmteste Zebrastreifen der Welt ... führt zu den Abbey Road Studios Das ikonenhafte Covermotiv der Beatles vom Abbey Road-Album löste einen unvergleichlichen Hype aus. Jeder Musikfan musste sich von nun an auf dem kleinen Straßenabschnitt im Londoner Stadtteil Westminster fotografieren lassen, nicht zu vergessen die Red Hot Chili Peppers, die nur mit einem Socken bekleidet den Spuren der Beatles folgten. Die Abbey Road Studios haben sich während ihres beinahe einhundertjährigen Bestehens zu einem dieser wenigen magischen Orte entwickelt, in denen Künstler zu Höchstleistungen auflaufen. Pink Floyd nahmen dort The Dark Side Of The Moon auf, die Soundtracks von mehreren Stars Wars-Filmen wurden in dem Studio eingespielt, und auch für zeitgenössische Interpreten ist es die Location der ersten Wahl. David Hepworth dokumentiert die bewegte und ereignisreiche Geschichte der Studios, in der sich auch die weltweite Musikgeschichte widerspiegelt. Von Yehudi Menuhins ersten Aufnahmen über Widerstands-Lieder gegen Nazi-Deutschland bis hin zu epochalen Meisterwerken lässt er eine bislang noch nie so gründlich erforschte Ära aufleben.

David Hepworth gehört zu den bekanntesten Musikjournalisten Großbritanniens. Neben Magazinbeiträgen für Mojo, Q und Smash Hits hat der preisgekrönte Autor vom 'Live Aid' 1985 berichtet und The Old Grey Whistle Test moderiert. Darüber hinaus veröffentlichte er zahlreiche Bücher zur Rockgeschichte und Bände über die Beatles und die Rolling Stones.

Intro:
THE LONG AND WINDING ROAD

Sie kommen aus der ganzen Welt. Sie fahren in Scharen mit dem angenehm altmodischen Fahrstuhl von der U-Bahn-Station St John’s Wood nach oben. Dann fragen sie Ortsansässige nach dem Weg. Diese Anwohner haben die Wegbeschreibungen so oft erklärt, dass sie ohne eine Augenbewegung mit dem Finger in die exakte Richtung deuten. Die Pilger in hautengen Jeans – sie kommen aus Murmansk, Manchester oder Mobile, Alabama – gehen um die Ecke der Grove End Road und finden es schwer, ein Lächeln wie an einem Weihnachtsmorgen zu unterdrücken. Sie stehen nun selbst in einem bekannten Bild, von dem sie wissen, seit sie denken können. Dann betrachten sie diese ganz spezielle Straße von oben bis unten und starren träumerisch auf einen ganz besonderen Zebrastreifen.

London hat viele Straßenübergänge – bei Einwohnern als „Zebras“ bekannt – doch dieser hebt sich von allen ab. Es ist der einzige Zebrastreifen des ganzen Landes, der als „Ort von außergewöhnlichem, historischem Interesse“ gelistet ist. So klassifiziert, darf er keine 20 Zentimeter in die eine oder andere Richtung verschoben werden, ohne vorhergehende Diskussionen auf höchsten Ebenen und aller Wahrscheinlichkeit nach einer Beratschlagung im House of Commons. Es ist zudem der einzige Zebrastreifen, an dem die Leute Schlange stehen, um ihn zu überqueren. Sie hoffen darauf, dass sie und ihre Begleiter wie durch Magie allein zu sehen sind und von der Kamera eingefangen werden, genau so wie es bei den vier Jungs vor all den Jahren der Fall war. Der Straßenübergang ist einer der wenigen relevanten Anlaufpunkte von historischem Interesse, die kostenlos sind – ein Ärgernis für die unternehmerischen „Erbsenzähler“, die nach jedem nur erdenklichen Weg suchen, um aus der Musikgeschichte Londons Kapital zu schlagen.

London mangelt es sicher nicht an historischen Sehenswürdigkeiten. Einwohner der Stadt sind es gewohnt, langsame Prozessionen von Erwachsenen zu sehen, die durch die bedrohlich wirkenden Eingänge des Tower of London während organisierter Führungen getrieben oder unterhalb des freundlicheren Säulengangs der National Gallery entlang geschleust werden. Der Unterschied zu diesem Ort kulturellen und geschichtlichen Interesses ist die Tatsache, dass junge Menschen aufgrund ihres eigenen Antriebs und Willens zur Abbey Road gekommen sind, zu zweit oder zu dritt. Da sich zudem keine Hinweise oder deutlich erkennbare Gedenktafeln finden lassen, um exakt zu beschreiben, was sie suchen, müssen sie sich selbst bemüht haben. Kein Stadtführer hat sie hierher geleitet, und auch kein Lehrer hat ihnen diesen bestimmten Ort ans Herz gelegt. Sie kommen, weil sie es wollen und erwarten nicht mehr zu sehen, als das, was sich ihnen zeigt, wenn sie um die Ecke von der Grove End Road schlendern. Auch das Gebäude selbst hebt sich nicht besonders ab. Es ist eine viktorianische Familienvilla, über die Jahre ständig umgebaut, um die verschiedenen geschäftlichen Tätigkeiten zu ermöglichen, die sich hinter der Fassade abspielen. Die beiden schmiedeeisernen Tore, die den kleinen Parkplatz von der Straße aus abgrenzen, sind massiv genug, um jeden zu entmutigen, einfach darüber zu springen, um sich alles aus der Nähe anzuschauen. Falls jemand weiter vordringen wollte, würde er von Warnschildern begrüßt, die unmissverständlich darauf hinweisen, dass Fotografie in jeder Form innerhalb der Räumlichkeiten nicht gestattet ist. Im Keller des daneben liegenden Gebäudes – in dem einige der nicht zu unterschätzenden Büros untergebracht sind – befindet sich ein Souvenirladen, in dem Touristen T-Shirts einkaufen können, Kaffeebecher oder ein ledernes Etui für die Reisekarten mit der Aufschrift „Ticket To Ride“. Zahlreiche jüngere Besucher verspüren das Bedürfnis, eine herzlich gemeinte Botschaft an der unteren äußeren Wand zu verewigen. Monatlich schickt das Westminster Council, einen Trupp Anstreicher, um die Mauer wieder zu übertünchen, darauf bedacht diejenigen ansässigen Steuerzahler zu besänftigen, die meinen, die Graffiti würden die Qualität ihres Wohnumfelds mindern – auch wenn es sich um Botschaften wie die eines Pedro aus Argentinien handelt, der eine spirituelle Beziehung zum verstorbenen John Lennon sucht. Glänzt die Mauer wieder in strahlendem Weiß, beginnt die Kritzelei von Neuem.

Die Behauptung, die „Kritzler“ würden allein durch die Nostalgie angezogen, wäre nicht akkurat. Die meisten Leute, die sich auf die Reise machen sind viel zu jung, um sich an den Britpop zu erinnern, ganz zu schweigen an die Beatles. Sie sind in einer vollkommen unterschiedlichen Welt aufgewachsen. Das bedeutet, dass sie einen Großteil ihres Lebens online verbringen und zu den sogenannten „Digital Natives“ gehören, die Kinder des iPhone, die mit der Vorstellung heranwuchsen, dass nur wenige Clicks des in ihrer Hand gehaltenen Smartphone jede Entertainment-Erfahrung „heraufbeschwört“. Die von ihnen konsumierte Musik wurde von einer Person oder von mehreren bereitgestellt, die einen Computer dafür nutzten, um den Zugriff zu gewährleisten. Wo und wann diese Musik entstand, erscheint wie ein „nicht hier, aber auch nicht dort“. Dennoch wissen sie, dass einige erinnerungswürdige Ereignisse an dem Ort geschahen, an dem sie sich gerade befinden. Darüber hinaus kommen sie wie Pilger aus einer längst vergessenen Zeit zu diesem besonderen Londoner Gehweg, um nicht die Gelegenheit zu verpassen, gedanklich „niederzuknien“ und das wiederzuerwecken, was während weniger Minuten in einer Pause vor über 50 Jahren geschah. Auch zieht sie die Vorstellung an, dass sich dieser Straßenübergang außerhalb eines besonderen Ortes befindet, wo etwas geschah, was eben nur in so einer Location möglich war. Und um mal ehrlich zu sein: Religionen wurden auf deutlich wackligeren Fundamenten erbaut.

Vor ihrem geistigen Auge sehen sie John, Ringo, Paul und George, die den Zebrastreifen an einem Morgen im August 1969 in östlicher Richtung überquerten. Würden sie wie ein William Blake visualisieren, könnten sie sich einen riesigen Chor wie durch einen Schleier gesehen vorstellen und die Füße all der Künstler erkennen, die dieselbe Straßenüberquerung seit der Studioeröffnung vor über 90 Jahren beschritten: Edward Elgar, Paul Robeson, George Bernard Shaw, Steven Spielberg, Yehudi Menuhin, Bette Davis, Peter Sellers, Ravi Shankar, Gracie Fields, Syd Barrett, Judy Garland, Ella Fitzgerald, Glenn Miller, Sophia Loren, Luciano Pavarotti, Eartha Kitt, Al Bowlly, Noël Coward, Liam Gallagher, Amy Winehouse, John Barry, Kate Bush, Kanye West und Jacqueline du Pré.

Nicht alle Musiker, die hier über die Jahre gearbeitet haben, werden mit derselben bedeutungsvollen Referenz bedacht. Hier war das Atelier von Pinky and Perky und hier werkelten auch Ken Dodd, Russ Conway, Ken „Snakehips“ Johnson, Freddie and the Dreamers, die Temperance Seven, Bucks Fizz, Reg Dwight, die Mike Sammes Singers, Mrs. Mills und Manuel and the Music of the Mountains. Doch die Menschen, die hier arbeiteten, nahmen ihren Job bis ins Detail ernst, so wie auch das Gebäude auf eine geradezu magische Art und Weise zum Erfolg beitrug.

Die sich am Zebrastreifen drängelnden, größtenteils jungen Menschen haben noch nie ein Aufnahmestudio von innen gesehen, was vermutlich auch nie geschehen wird. Sie haben dennoch eine schemenhafte Vorstellung absorbiert, was es bedeutet, in ein Studio zu gehen. Diese Vorstellung mag von fast vergessenen Szenen steinalter Filme stammen, in denen das „Aufnahme-Licht“ in einem grellen Rot erstrahlt und ein gestresster Mitarbeiter sich durch einen Vorhang von Zigarettenrauch zum Talkback-Mikro vorbeugt und etwas wie „Los, Jungs, Take One!“ mit lauter Stimme ansagt. Auf diese Anweisung hin versucht eine Band jugendlicher Musiker hinter der Trennscheibe alles nur Erdenkliche, das aber nicht aufgeht – was wir an den skeptischen Gesichtern in der Regie ablesen können. Schließlich probiert einer der „Youngster“ etwas Anderes aus, vielleicht sogar etwas, das vor ihm noch niemand gemacht hat. Dann, wenn sich die Musiker und das Aufnahmeteam das Playback anhören wechseln sie einen Blick. Es ist dieser ganz besondere Blick, der nur auf Ruhm und Geld hinweist. Es ist das Geschäft eines Studios, solche magischen Momente zu ermöglichen und für die Ewigkeit einzufangen.

Natürlich unterschlägt so eine oberflächliche Vorstellung all die Schufterei, die persönlichen Spannungen und den Kampf mit dem widerspenstigen Equipment, die alle Teil des Aufnahmeprozesses sind, aber dennoch ist sie mehr als ein Körnchen Wahrheit. Die Wahrheit? Was hinter den verschlossenen Türen der Abbey Road Studios vor sich geht – und wir werden sehen, dass es noch nie so ein Studio gegeben hat, noch jemals geben wird – ist der Versuch etwas zu erschaffen, was viel größer ist als die Summe der einzelnen Elemente. Es ist das Bestreben, einen Funken zu schlagen, der noch nicht da war, als die Musiker das Studio betraten. Es ist das Bestreben, etwas in die Wege zu leiten, das niemals entstanden wäre, wären sie Zuhause geblieben und hätten lediglich angerufen. Darüber hinaus ist es der dringliche Versuch, etwas einzufangen und so zu polieren, damit sich die Menschen die daraus resultierende Platte wieder und wieder anhören – und dann nochmals 50 Jahre später. Das ist das essentielle Business hinter den Türen von Abbey Road, die Türen, durch die man wahrscheinlich niemals gehen wird. Was dort seit über 90 Jahren vor sich geht, setzte unterschiedlichste Fähigkeiten voraus – musikalische, chemische, mechanische, allgemein technische, das Geschick...

Erscheint lt. Verlag 28.3.2024
Übersetzer Alan Tepper
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
ISBN-10 3-85445-771-5 / 3854457715
ISBN-13 978-3-85445-771-8 / 9783854457718
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