Labyrinth mit Stethoskop & Handschellen -  Christina Alt

Labyrinth mit Stethoskop & Handschellen (eBook)

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2024 | 1. Auflage
515 Seiten
neobooks Self-Publishing (Verlag)
978-3-7565-7492-6 (ISBN)
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Der Chirurg Ben Ahrens erlebt die Liebe auf den ersten Blick, doch Madeleine erwidert seine Gefühle nicht. Sie trägt eine große Angst, die auch bald über Leben und Tod entscheiden wird. Bens Schwester Leni ist nach einem schweren Schicksalsschlag auf der Suche nach ihren familiären Wurzeln und kommt mit dem Polizisten und Frauenheld Alex Thompson hinter eine vor Jahren passierte Familientragödie, die nicht nur ihr ganzes Leben verändert.

Christina Alt wurde 1990 im schönen Mittelfranken geboren. Schon als Kind hat sie sehr viel gelesen und begonnen Kurzgeschichten zu verfassen. Das Schreiben zählt zu ihrer größten Leidenschaft neben dem Wein. Insgesamt zwei Jahre trug sie die Krone als Weinprinzessin in ihrem Heimatort.

KAPITEL 2




Es war kurz nach 22 Uhr. Ben war immer noch nicht da. Leni nippte gelangweilt an ihrem Cocktailglas und knabberte am Strohhalm.

Es war kurz nach 23 Uhr. Ben war immer noch nicht da. Enttäuscht und verärgert zugleich hatte Leni schon ein paar Mal verächtlich auf die Uhr geschaut. Er war doch schon auf dem Weg zu ihr. Was wohl passiert war? Sollte sie sich Sorgen machen? Nein, ganz bestimmt nicht.

„Bist du sicher, dass dein Bruder noch kommt?“ Lenis Freundin Tessa hatte sich neben sie auf das Sofa gekuschelt. „Er kommt ganz bestimmt!“, versuchte Leni sich einzureden und blieb hoffnungsvoll. Sie griff wieder nach dem Cocktail und trank. Es war ein Tequila Sunrise in ihrem kristallenen Cocktailglas - zumindest glaubte Leni die Mischung aus Tequila, Orangensaft, Grenadine und Zitronensaft zu schmecken. Tessa hatte ihr das Glas vor einer Stunde in die Hand gedrückt, weil ihr so gar nicht nach Feiern zumute war. „Schmeckt's dir nicht?", fragte Tessa unsicher, weil Leni so still und traurig in ihr Cocktailglas starrte und - was ungewöhnlich war - überhaupt nichts zu sagen hatte. „Was? ... ach, du meinst den Cocktail?“ Leni nahm einen weiteren Schluck aus dem schwarzen Röhrchen und versuchte, vor Tessa einen weniger unglücklichen Eindruck zu machen, „Der ist gut, wirklich!“ „Bist du traurig, weil Ben noch nicht da ist?“, konnte Tessa nur vermuten, die ihre Freundin seit fast zwanzig Jahren kannte und der Leni auch nichts vormachen konnte, so sehr sie es auch versuchte, „Oder liegt es immer noch an Jens?“ „An Jens?“ Lenis Augen wurden hellwach, und auch wenn man es nicht sehen konnte, spürte man, wie die schwarzen Hörner eines roten Teufels aus ihrem Kopf herauswuchsen. Die Regenbogenhaut ihrer Augen verwandelte sich in loderndes Feuer und an ihrem Körper stellten sich die Haare auf. „Der Idiot soll bleiben, wo der Pfeffer wächst!“, sagte sie nur bissig, „Ich verstehe bis heute nicht, warum ich ihm so lange nachgetrauert habe!“

Jens Steiger - genannt Steggi - war bis vor einem halben Jahr Lenis Freund. Die Flutwelle der schnellen Trennungen traf nicht nur ihre beste Freundin Tessa, auch die Jurastudentin blieb nicht verschont. Mit einem Unterschied: Sie wurde hinterhältig betrogen und ausgenutzt - so jedenfalls definierte es Leni. Bei Tessa war es eine Trennung im gegenseitigen Einverständnis. Vielleicht. So genau weiß man das auch nicht. Leni jedenfalls hatte Jens geliebt - mit ihm glaubte sie den Richtigen für die Zukunft gefunden zu haben. Mit zarten 24 Jahren glaubte sie schon an Kinder, ein schönes Haus und an die Liebe auf Ewigkeit mit ihm. Liebe für die Ewigkeit - bei diesem Gedanken hätte Leni sich am liebsten auf der Toilette übergeben können. Für sie gab es jetzt nur noch das Studium. Die Schmetterlinge im Bauch und der Pfeil des Glücks durch ihr Herz gehörten der Vergangenheit an. Ein ganzes Jahr waren Jens und Leni liiert. Wie konnte sie ihm damals nur die teuren Karten für das Rammstein-Konzert schenken? Hätte sie die Zeit zurückdrehen können oder gewusst, wie ihre Beziehung enden würde, hätte sie ihm lieber Karten für die Wildecker Herzbuben geschenkt. Oder wahrscheinlich gar keine - schließlich hatte Leni ihn zwei Tage nach Silvester in flagranti mit seiner Ex-Freundin erwischt. Andere Geschöpfe der Männerwelt hätten sicher alles versucht, um die Liebe zu retten - wenn es denn eine echte Liebe gewesen wäre - aber dieser Mensch war sich keiner Schuld bewusst. Keiner. Als ob das auf dieser Welt ganz normal wäre. Leni hatte sowieso das Gefühl, dass er sie immer mit seiner Ex-Freundin verglich. Da konnte sie wohl nicht mithalten, obwohl sie das gar nicht musste und auch gar nicht wollte. Ach ja, und er verbesserte sie auch ständig. Leni konnte sich rhetorisch und grammatikalisch immer gut ausdrücken, aber Jens fand wirklich immer eine Kleinigkeit, um sie zu korrigieren. Irgendwann kommt der Punkt, an dem man unsicher wird und sich gar nicht mehr traut, bestimmte Dinge zu sagen. Wenn Leni jetzt so darüber nachdachte, hatte Jens sie ganz schön manipuliert und klein gemacht. Wahrscheinlich hatte er das gar nicht gewollt. Kompromisse gab es zwischen den beiden nie. Jens empfand Kompromisse immer als etwas Negatives. Leni verzichtete für ihn auf so vieles - er natürlich auch ab und zu, aber jeder konnte ihm anmerken, dass er eigentlich keinen Spaß daran hatte - wenn es nicht nach ihm ging. Leni fühlte sich dann immer unwohl. Verständlicherweise. Sie hatte sowieso das Gefühl, es ihm nie recht machen zu können. Gemeinsame Zeit hatten sie irgendwie auch nicht wirklich, denn ständig musste sie mit ihm und seinen Freunden hierhin, dann dorthin ... jetzt, im Nachhinein, war sich Leni sicher, dass sie eigentlich nur benutzt wurde. Er brauchte nach seiner Ex-Freundin einfach ganz schnell eine neue...

Ziemlich charakterlos und noch charakterloser war es, dass Jens sich danach überhaupt nicht mehr bei Leni meldete. Ob es das schlechte Gewissen war oder ob er wieder glücklich mit seiner Ex-Freundin zusammen war? Leni wusste es nicht und wollte es auch nicht mehr wissen. Sie wollte von diesem ganzen Menschen Jens Steiger nichts mehr wissen und hören. Zu sehr war sie von ihm enttäuscht worden. Wobei - sie hatte erst vor kurzem erfahren, dass Jens' Ex-Freundin wohl wieder glücklich vergeben war - allerdings nicht mit ihm. Tja...

Ach ja, überhaupt - das fiel Leni erst später auf, als sie zum gefühlten hundertsten Mal den Chatverlauf ihrer gemeinsamen Nachrichten auf WhatsApp durchgelesen hatte - Jens hatte sich sowieso nicht so sehr für ihr Leben interessiert. Eigentlich überhaupt nicht. Er hatte kaum Zeit, versetzte sie oft, brauchte manchmal gefühlt einen Tag, um ihr auf eine Nachricht zu antworten, war ziemlich ungeduldig und irgendwie auch mit nichts zufrieden. Wahrscheinlich war er neben der Beziehung, den ständigen Gedanken an seine Ex-Freundin, auch noch bei einer Dating-App angemeldet. Das hatte Leni von Tessa erfahren. Woher Tessa das wiederum wusste, keine Ahnung. Na ja. Trotzdem hatte sie ihn geliebt und ihm nachgetrauert - unverständlich jetzt im Nachhinein.

In dieser schwierigen Zeit war Lenis Bruder Ben immer ein großer, strahlender Leuchtturm für sie. Er war immer da, oder zumindest meistens. Überhaupt war er immer derjenige, der sie bei allen Entscheidungen vor ihren Eltern unterstützte. Lange wusste Leni nicht, was sie nach dem Abitur studieren sollte. Sie hatte weder einen Berufswunsch noch eine Vorstellung von ihrer beruflichen Zukunft. Deshalb entschied sie sich, für ein Jahr als Au Pair nach Irland zu gehen. Aus einem Jahr wurden schließlich drei Jahre, die für sie persönlich sehr prägend und schön waren. Leni hatte sich sehr zum Positiven verändert. Das merkte man erst, als Ben und die ganze Familie sie vor zwei Jahren glücklich und erleichtert am Flughafen in Empfang nahmen. Leni hatte sich entschlossen, in die Fußstapfen ihrer Eltern zu treten und Jura zu studieren. Sie war zu einer bodenständigen, klugen, hübschen und vor allem erwachsenen Frau gereift, die nun genau wusste, was sie wollte und welche Ziele sie erreichen wollte. Jens war der Höhepunkt und gleichzeitig der Albtraum nach ihrer Rückkehr in die Heimat. Jetzt lebte Leni nur noch für ihre Karriere, ihre Freunde und ihre Familie - für die Liebe wollte sie keine Zeit mehr verschwenden.

„Woran denkst du die ganze Zeit, Süße?“, riss Tessa sie aus ihren Gedanken. Sie lächelte sie verunsichert an, nahm dann ihr Cocktailglas in die Hand und versuchte, mit Leni anzustoßen. „Auf unsere Freundschaft!“, sagte sie euphorisch, „Und darauf, dass heute kein einziger Männername mehr fällt, okay?“ „Das ist eine gute Idee!“, freute sich Leni über den Einfall, als parallel dazu ihr Handy vibrierte. Sie griff danach und strahlte zum ersten Mal an diesem Abend. „Sean hat mir geschrieben!“ „Sean?“, fragte Tessa, dann aber mit mahnendem Blick, „Hatten wir nicht gerade etwas vereinbart?“ „Sean war eines meiner Pflegekinder in Irland!“, ergänzte Leni verteidigend, „Jedes Jahr denkt er an mich, aber immer zu früh!“ „Wie süß!" „Leni!“ Erschrocken blickte das baldige Geburtstagskind zur Seite und wandte sich von Tessa ab. Es war Patrick, ebenfalls ein sehr enger Freund von Leni. „Du siehst irgendwie überhaupt nicht nach Feiern aus!“, bemerkte er etwas missmutig, „Du hast doch in weniger als einer Stunde Geburtstag!“ „Wenigstens einer, dem das auffällt!“, murmelte Leni und blickte enttäuscht auf die Uhr. „Was hast du gesagt?“, fragte Patrick sofort, der wegen der lauten Musik keine Chance hatte, Lenis Gemurmel zu verstehen. „Ich habe gesagt, dass wenigstens du in Partystimmung bist!“, ließ sich Leni schnell einfallen und schwindelte ihn an. Patrick grinste noch kurz, dann zog er sie mit beiden Armen vom Sofa. Leni stand widerwillig auf. „Dann werde ich jetzt dafür sorgen, dass auch du in Feierstimmung kommst!“

Leni versuchte, ihre schlechte Laune und vor allem ihre wachsende Enttäuschung über ihren Bruder ein wenig zu unterdrücken - wenigstens ihren Freunden zuliebe. Schließlich konnten diese am wenigsten dafür, dass Ben nicht gekommen war. Tessa, Patrick und all die anderen hatten so viel Spaß auf ihrer Geburtstagsparty. Sie grölten die Lieder mit, die aus dem Laptop dröhnten. Sie tanzten und hüpften, genossen die Cocktails und all die anderen Getränke. Ja, sie hatten richtig Spaß.

Leni hingegen schaute wieder traurig auf die Uhr. Ben hatte noch genau eine Viertelstunde Zeit, um pünktlich zu ihrem Geburtstag zu kommen. Doch als sie in die fröhlichen und gut gelaunten Augen ihrer zum Teil schon angetrunkenen Freunde blickte, strahlte sie endlich wieder. Wenigstens gab es noch Menschen, die...

Erscheint lt. Verlag 27.3.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
ISBN-10 3-7565-7492-X / 375657492X
ISBN-13 978-3-7565-7492-6 / 9783756574926
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