»Euer Ani, Ini, Arnold Daddi« -  Karin Wagner

»Euer Ani, Ini, Arnold Daddi« (eBook)

Arnold Schönberg in Familienerinnerungen und Essays

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
352 Seiten
Czernin Verlag
978-3-7076-0835-9 (ISBN)
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Der Komponist Arnold Schönberg (1874-1951) zählt zu den meistbeschriebenen Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts. Ku?hl, distanziert, ein ernsthafter Mensch - so ist er bekannt. Doch nun brechen die Erinnerungen seiner Kinder dieses Bild vom »strengen Schönberg« auf und geben erstmalig in dieser Form einen Einblick in das Familienleben. »Euer Ani, Ini, Arnold Daddi« schreibt Schönberg in einem Brief an seine Familie und schickt gleich eine Fu?lle an Bussis mit. In zahlreichen Gesprächen berichten die drei Geschwister Nuria, Ronald und Lawrence u?ber ihren verspielten, originellen und liebevollen Vater und das Heranwachsen in Los Angeles. Ihre Schilderungen zeugen auch vom Alltagsleben und den außergewöhnlichen Zeitumständen, von Schönbergs Flucht in die USA und dem Leben der Familie im Exil. Die Musikwissenschafterin Karin Wagner gibt den vielfältigen Geschichten mit ausgewählten Essays Hintergrund und Rahmen und bewahrt so die Gedanken seiner Kinder als wertvolle Dokumente fu?r die Zukunft.

Karin Wagner studierte Klavier am Bruckner Konservatorium Linz und an der Universität fu?r Musik und darstellende Kunst Wien (Diplom mit Wu?rdigungspreis der Republik Österreich), wo sie seit 2001 Klavier und klavierdidaktische Fächer lehrt. Das Doktoratsstudium Musikwissenschaft mit dem Zweitfach Zeitgeschichte fu?hrte sie in die Exilmusikforschung; sie ist Biografin von Eric Zeisl und Hugo Kauder. Fu?r ihre wissenschaftliche Tätigkeit wurde Karin Wagner 2012 mit dem Elfriede-Gru?nberg-Preis ausgezeichnet.

Vorwort


Mit der Widmung »Dem Bubi Arnold« eignete Arnold Schönberg das Bläserquintett op. 26 seinem ersten Enkelkind zu. 1923 begonnen und 1924 vollendet, umfasst dieses Werk eine Zeitspanne, die zu Schönbergs schwierigster und zugleich beglückendster wurde. Arnold Greissle-Schönberg, der Sohn von Schönbergs Tochter Gertrude und dessen Schüler Felix Greissle, wurde im April 1923 in Mödling geboren, kurz bevor die ersten datierten Skizzen zum Bläserquintett entstanden. Kompositionstechnisch wie biografisch markiert das Quintett einen folgenreichen Punkt in Arnold Schönbergs Leben und teilt dieses in mehrerlei Hinsicht in ein »davor« und »danach«: Als eines der frühesten zwölftönigen Werke repräsentiert das Bläserquintett den jüngst angetretenen Weg in die Tonsprache der Zukunft. Auch Schönbergs Privatleben war nach einer Zeit der Krise und des Trauerns vom Hochgefühl eines Neuanfangs beflügelt: Schönbergs Frau Mathilde, die Schwester von Alexander Zemlinsky, verstarb im Oktober 1923 im Beisein ihres Mannes. Das Quintett vollendete der kurz vor seinem 50. Geburtstag stehende Komponist am 27. August 1924, einen Tag vor seiner zweiten Hochzeit. Mit der damals 25-jährigen Gertrud Kolisch, der Schwester des Schülers und Freundes Rudolf Kolisch, begründete Schönberg 1924 die künftige Lebensphase und seine zweite Familie.

Schönbergs erste Familie mit Mathilde kannte das Leben mit den Kindern »Trudi« und »Görgi« sowohl in Berlin als auch in Wien: 1902 wurde Gertrude in Berlin geboren, 1906 Georg in Wien. Gertrude hatte mit Felix Greissle zwei Kinder, nach »Bubi« Arnold erblickte Hermann 1925 in Mödling das Licht der Welt; in jener Kleinstadt südlich von Wien, in der Schönberg mit Gertrud Kolisch lebte, bevor die beiden 1926 nach Berlin übersiedelten. Im Mai 1938 konnte Arnold Schönberg, der seit 1933 im amerikanischen Exil war und ab 1934 Los Angeles zur Wahlheimat hatte, die Tochter Gertrude, den Schwiegersohn Felix Greissle und die Enkelsöhne Arnold und Hermann in New York willkommen heißen; äußerst glücklich darüber, dass deren Flucht aus Österreich gelungen war.

Das Ehepaar Mathilde und Arnold Schönberg mit den Kindern Georg und Gertrude in Berlin, 1912

In der 1998 erschienenen Publikation Arnold Schönberg und sein Wiener Kreis. Erinnerungen seines Enkels berichtet Arnold Greissle-Schönberg über das eigene Leben, das er unter der Bruchstelle des Exils in ein »erstes« und ein »zweites« teilt, beschreibt Schönbergs Umfeld in Wien und porträtiert die Angehörigen von Schönbergs erster Familie aus nächster Nähe. Viele Erzählungen widmet er seinem Onkel Georg, dem »Lieblingsonkel Görgi«, den man sich im Alter von Mitte zwanzig bis Mitte dreißig etwa so vorzustellen habe: »krauses, dunkelbraunes dichtes Haar, rundes Gesicht mit dunkler, glänzender Haut und dunkelbraunen Augen, die, so schien es, immer gutmütig lachten«.1 Musikaffin, von der Violine auf das Horn »umgesattelt«,2 als Notenstecher sowie später auch als Komponist tätig und in jungen Jahren »hochgeschätztes Mitglied«3 der Mödlinger Fußballmannschaft – so zeichnet Arnold Greissle-Schönberg den Lieblingsonkel nach. Seine Mutter »Trudi« beschreibt er als »eine kleine, dunkelhaarige Frau, sehr charmant« und »überaus gescheit«.4 Sie war »sehr links eingestellt und verspottete das elitäre Benehmen der sogenannten oberen Schichten. Sie aß gern und tanzte gern, […] las Berge von Büchern […], und ging, sooft sie konnte und Geld dazu vorhanden war, ins Theater, in die Oper oder zu Konzerten«.5 Arnold Schönberg hatte viel darangesetzt, zur Tochter Gertrude auch den Sohn Georg in die Vereinigten Staaten zu holen; Georg jedoch blieb in Österreich, wo er die Kriegsjahre mit seiner Ehefrau Anna Sax und der 1929 geborenen Tochter Gertrude Susanna verbrachte.

Neun Jahre nachdem Arnold Schönberg die Widmung »Dem Bubi Arnold« auf das Papier setzte, wurde sein erstes Kind aus zweiter Ehe geboren; die Tochter Nuria 1932 in Barcelona. 1937 folgte Sohn Ronald in Los Angeles, 1941 ebendort Sohn Lawrence. Arnold Schönberg war nun fünffacher Vater, die Geburten seiner Kinder umspannen die Jahre von 1902 bis 1941. Trudi hatte in den Vereinigten Staaten persönlichen Kontakt zur zweiten Familie ihres Vaters: Sie reiste nach Los Angeles um zu helfen, als die gesamte Familie krank war. Ihr früher Tod im Jahr 1947 traf Schönberg schwer und ließ Nuria, Ronald und Lawrence eine sonst nie gesehene Traurigkeit im Gemüt des Vaters erleben. So wie ihre Mutter erlag Trudi einer Krebserkrankung. Zu Görgi hielt Nuria nach dem Krieg Kontakt, er verstarb 1974 in Mödling.

Das kecke Wortspiel »Euer Ani, Ini, Arnold Daddi« setzte Arnold Schönberg im Jahr 1940 an das Ende eines Briefes an seine Frau Gertrud, an die kleine Nuria und den kleinen Ronald; gerade erst 16 Stunden von zuhause entfernt, unterwegs im Zug von der Westküste an die Ostküste und die Familie unendlich vermissend. Den größer werdenden Abstand zu den Kindern glich er mit »100000000000 Bussis« aus, die er den Zeilen mitschickte; in einem wackeligen Zug, der die Buchstaben durch die »davonrennende« Schreibmaschine nur so durcheinanderpurzeln ließ. »Unterwegs« war auch gerade Lawrence, der das Glück der Familie komplettierte.

»Euer Ani, Ini, Arnold Daddi« ist ein persönliches Buch, das die Erinnerungen von Schönbergs Kindern Nuria, Ronald und Lawrence zum Herzstück hat. Die Geschwister berichten über ihren verspielten, originellen und liebevollen Vater und das Heranwachsen in Los Angeles. Ihre Schilderungen zeugen auch vom Alltagsleben und den außergewöhnlichen Zeitumständen, von Schönbergs Flucht in die Vereinigten Staaten und dem Leben der Familie im Exil. Die Erinnerungen sind selbstredend und bleiben unkommentiert. Um diese Berichte mit den Besonderheiten von Schönbergs Biografie, mit den jeweiligen Lebensstationen und mit Schönbergs Gedankenwelt in Bezug zu setzen, sind einigen Kapiteln ausgewählte Essays vorangestellt, die die Erinnerungen kontextualisieren.

Das Buch spielt mit Zeitsprüngen: Schönbergs Vita wird nicht chronologisch durchwandert, vielmehr formt die Organisation über Themen die Struktur. Mehreren Ebenen galt es in der Konzeption gerecht zu werden: den sprechenden Personen, dem Erinnerten der sprechenden Personen und der Darstellung biografischer, werkspezifischer, zeithistorischer und zeitkultureller Aspekte. Die Erzählungen der Kinder werfen einen authentischen und auch ungekannten Blick auf den Familienmenschen Schönberg, die Essays bilden eine eigene Dokumentationslinie. Einleitende Porträts zu Nuria, Ronald und Lawrence setzen deren Kinderleben in die Biografie des Vaters.

Das Buch basiert auf Erinnerungen: Ein knapper Exkurs zu den Phänomenen »Gedächtnis« und »Erinnerung« sowie zu Techniken des »narrativen Interviews« öffnet dem Hauptteil Tür und Tor. Dieser hebt mit Charakterbeschreibungen zu »Daddi« an, holt den besonderen Lebensplatz in Los Angeles in das Zentrum und gibt Einblicke in den Familienalltag. Nuria Schoenberg-Nono, Ronald Schoenberg und Lawrence Schoenberg haben in diesem Buch das erste und das letzte Wort; sie sprechen auch über die Krankheit und den Tod des Vaters.

Der erste Essay bleibt in den Vereinigten Staaten; kein kleiner Fisch, sondern ein »Wal an der Angel« war Schönberg dort, wenngleich nicht immer als solcher erkannt. Lange bevor der Komponist die Neue Welt als Exilheimat in Erwägung zog, pflegte er Kontakte dorthin. Über Österreich sprach er am amerikanischen Familientisch so gut wie nie, allein in der familiären »Wort-Mischkulanz« blitzte der Bezug zur Ursprungsheimat dann und wann hervor. Wie formte sich die Identität der Kinder? Waren für sie die jüdischen Wurzeln der Familie spürbar? Vor allem im Pendeln zwischen der nicht explizit vermittelten jüdischen Herkunft und dem Aufwachsen im katholischen Schulumfeld stellen sich solcherart Fragen nach Zugehörigkeiten. Gewichtig ist das Kapitel »Gott zu finden und religiös zu werden«: Arnold Schönbergs philosophisch-gedankliche Identifikationen, im Zeitsprung aufgerollt von der Jugend bis hin zum Tod. Ein bemerkenswerter Weg, den zu erläutern notwendig ist, um die »Identitäten«-Diskussion der Kinder auf den Vater rückbeziehen zu können.

Konträr dazu ist die Welt des Humors, reizvoll umspielt sie den Nimbus des »ernsten« Schönberg. Schönbergs Kinder liebten die »Family Games«; gespielt und gescherzt wurde viel in diesem Haus, das auch eine »Wunderkammer« an Malereien,...

Erscheint lt. Verlag 13.3.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
ISBN-10 3-7076-0835-2 / 3707608352
ISBN-13 978-3-7076-0835-9 / 9783707608359
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