Eine fast perfekte Frau (eBook)

Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
360 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-60769-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Eine fast perfekte Frau -  Toni Jordan
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Als älteste Tochter einer alleinerziehenden Mutter und mit drei Geschwistern hat Kylie, 43 Jahre, gutaussehend und smart, schon immer wichtigere Dinge im Kopf gehabt, als für irgendwelche Fremden zu lächeln. Ihren Job, ihr Zuhause, ihr Liebesleben und vor allem ihre anstrengende Familie im Griff zu haben, erfordert ihre ganze Konzentration. Wann immer es Probleme gibt, gibt es auch Kylie, die sie löst. Auf sie ist stets Verlass, sie hat alles unter Kontrolle. Denn so ist Kylie nun einmal. Dann bricht sich ihre Mutter Gloria, eine durchsetzungsstarke, unabhängige Person, den Knöchel und braucht Hilfe, und wie immer ist es an Kylie, die Dinge zu regeln. Sie besorgt eine Pflegerin, die von der grantigen Gloria jedoch bereits nach ein paar Stunden vertrieben wird. Und das ist nicht die einzige Katastrophe. Ihre Stelle als Apothekerin ist plötzlich gefährdet, auf der Fitness-Swatch ihres Freundes, der auf Geschäftsreise ist, gibt es merkwürdige Puls-Ausschläge mitten in der Nacht. Entnervt packt Kylie ihre Koffer, um für ein paar Wochen zu ihrer Mutter zu ziehen. Doch zurück in ihrem Elternhaus beginnen die Dinge sich zu entwirren. Könnte es sein, dass Kylies sorgfältig kuratiertes Leben doch nicht so perfekt ist? Und wäre es vielleicht Zeit für ein neues unperfektes Leben?

Toni Jordan, geboren 1966 in Brisbane, landete mit ihrem ersten Roman »Tausend kleine Schritte« einen internationalen Überraschungserfolg. In Australien nominiert für den Miles Franklin Award und den Barbara Jefferis Award, wurde er mit überwältigender Mehrheit als Bestes Debüt des Jahres ausgezeichnet. Auf ihren zweiten Roman »Die schönsten Dinge« folgte »Neun Tage«, für den Toni Jordan unter anderem den Fiction Award der unabhängigen australischen Buchhändler erhielt.

Toni Jordan, geboren 1966 in Brisbane, landete mit ihrem ersten Roman »Tausend kleine Schritte« einen internationalen Überraschungserfolg. In Australien nominiert für den Miles Franklin Award und den Barbara Jefferis Award, wurde er mit überwältigender Mehrheit als Bestes Debüt des Jahres ausgezeichnet. Auf ihren zweiten Roman »Die schönsten Dinge« folgte »Neun Tage«, für den Toni Jordan unter anderem den Fiction Award der unabhängigen australischen Buchhändler erhielt.

3


»Du musst die Bedeutung des Wortes Katastrophe einer Neubewertung unterziehen«, sagte Tansy.

Kylie saß während der vormittäglichen Pause in ihrem Auto, hatte einen Becher Kaffee (einen dreifachen Espresso aus dem Pie-Laden) in der Konsolenhalterung stecken und das Sandwich, das eigentlich ihr Lunch gewesen wäre, auf dem Schoß. Sogar ihr Körper wusste, dass sie mitten in einer Katastrophe steckte, daher ihre Empfindlichkeit und ihr unüblicher vormittäglicher Hunger. Wenig überraschend hatte sie Tansy erneut angerufen, sobald sie aus der Tür war. Später würde sie Nick anrufen, um ihm von der Katastrophe zu berichten. Und heute Abend wahrscheinlich Monica.

Zwei Personen allerdings gab es, die sie nicht anrufen würde. Eine davon war ihre Mutter Gloria. Kylie behelligte sie nicht mit Problemen. Sie wartete, bis sie eine Lösung hatte.

»Ich weiß, was das Wort Katastrophe bedeutet, danke«, sagte Kylie. »Schlag es im Wörterbuch nach, da steht, meine Zukunftspläne sind im Eimer.«

»Ich kann nicht glauben, dass Tim die Apotheke nicht dir angeboten hat, wenn er schon verkaufen wollte«, sagte Tansy. »Du hast so lange darauf hingearbeitet – hast Kurse belegt, hast dafür gespart. Hat er irgendeinen Grund genannt?«

Kylie sagte nichts. Sie hob den Deckel ihres Kaffeebechers ab und hielt ihn so, dass die Kondenstropfen in den Becher fielen und nicht auf den Autositz. »Dazu kam es noch nicht.«

»Hat Tim überhaupt gewusst, dass du die Apotheke kaufen wolltest?«

Kylie sah hinaus zu einem kleinen Mädchen in einem Eisprinzessin-Kostüm, das auf einem Roller den Fußweg entlangsauste, gefolgt von einer blassen jungen Frau in einem Hippie-Sommerkleid mit Spaghettiträgern und einem Baby in einer Bauchtrage.

Die blonden Haare der Frau waren eng geflochten, aber selbst aus der Entfernung konnte Kylie erkennen, dass ihre Haut auf den Schultern und im Nacken stark gerötet war. Sie trug keine Kopfbedeckung, noch nicht mal eine Sonnenbrille. Sie war ihrem Kind ein schlechtes Vorbild, jemand sollte ihr das mal sagen.

»Hattest du in letzter Zeit ein Hautscreening?«, sagte Kylie zu Tansie. »Oder Nick oder Mum?«

»Was? Beantworte die Frage. Hast du Tim gesagt, dass du die Apotheke kaufen wolltest?«

»Das ist doch unwichtig. Wir arbeiten seit Jahrzehnten zusammen. Er hätte mir sagen sollen, was er vorhat.« Es war ärgerlich, diese Ungerechtigkeit. Nicht nur würde die Apotheke nun niemals ihr gehören, jetzt musste sie auch noch ein dämliches Bewerbungsschreiben aufsetzen. Das angeblich nur eine Formalität war.

»Kylie! Menschen können keine Gedanken lesen!«

»Ich hatte einen Plan, wie ihn verantwortungsbewusste Menschen haben. Ich brauche bloß noch einen Kurs in Rechnungswesen, das ist das Letzte auf der Liste. Außerdem hat doch keiner wissen können, dass Tim in Rente geht. Er ist nur ein bisschen älter als Mum.«

»Es ist nicht die einzige Apotheke auf der Welt, das weißt du? Du kannst eine andere kaufen. Oder vielleicht siehst du dir einfach an, was es sonst an Jobmöglichkeiten gibt. Es könnte deine Chance sein, was Neues auszuprobieren.«

Kylie schnaubte. »Vergiss es.«

»Was hat Colin gesagt?«

Kylies Freund Colin war der Zweite, dem Kylie nicht von der Katastrophe erzählen wollte – in seinem Fall aber lag es an der Logistik.

»Er ist auf einer Konferenz in Darling Harbour. Er kommt heute Abend nach Hause.« Sie nahm einen winzigen Bissen von ihrem Sandwich.

»Was für einer Konferenz?«

»Irgendwas mit Computern.«

»Das engt die Sache beträchtlich ein.«

Kylie nahm einen Schluck vom Kaffee und runzelte die Stirn. Colin hatte sich wochenlang auf diese Konferenz gefreut. Er kriegte sich gar nicht mehr ein über Cloud und KI und Blockchain. Was immer das auch war. Sie musste an ihre eigenen Veranstaltungen denken, in den verflossenen goldenen Zeiten, als Pharmavertreter mit dickem Spesenkonto eine Runde ausgaben und Apotheker sich für flambierte Sambuca-Shots anstellten – was für Kylie immer das Stichwort war, um sich zurückzuziehen. Selbst auf Colins Konferenz, die sicherlich neue Höhen der Langeweile erklomm, würde solcher Mumpitz aufgeführt werden. Wenn du nichts dagegen hast, hatte Colin gesagt, ruf ich dich wahrscheinlich nicht an. Ich muss mich konzentrieren. Und networken. Ich werde auch mein Handy ausschalten. Du weißt, wie das ist … okay, Babe?«

»Schläfst du auch genug?«, fragte Tansy. »Ich hab einen Artikel gelesen, in dem stand, dass man zwei Stunden vor dem Zubettgehen nicht mehr auf einen Bildschirm starren soll. Und nicht zu viel Koffein zu sich nehmen sollte.«

»Natürlich schlaf ich genug.« Gedankenverloren blickte Kylie auf das Fitness-Armband am Handgelenk. Ihr Puls lag bei fünfundsiebzig, was in Ordnung war angesichts des erlittenen Schocks. »Oh … und Tansy? Erzähl Mum nichts davon.«

»Mum ist es egal, welchen Job du hast, Kyles, solange du glücklich bist. Ihr streitet euch manchmal, aber das liegt daran, dass ihr euch so ähnlich seid. Sie will nur helfen.«

Kylie dachte über Tansys Ratschläge nach, nachdem sie aufgelegt hatte. Kein Starren auf Bildschirme spätabends – Kylie wusste das. Sie war Gesundheitsexpertin. Es war ihr Job, anderen solche Dinge zu erzählen. Ihr Fitness-Armband hatte einen klitzekleinen Bildschirm, der zählte kaum. Sie wusste auch von warmen Bädern und dass das Bett nur zum Schlafen und zum Sex aufgesucht und zu viel Koffein vermieden werden sollte. Sie hob die Hand, mit der sie ihren Kaffee hielt; sie zitterte nur leicht.

Es könnte deine Chance sein, was Neues auszuprobieren. Hatte Tansy gesagt.

Tansy wurde gern unterschätzt. Bis zur Pandemie hatte sie sich vor allem um ihre Kinder Mia und Lachie gekümmert und Teilzeit in Simons Architekturbüro mitgearbeitet. Sie war nicht glücklich gewesen, wie Kylie wusste, hatte sich aber auch nicht von ihrer großen Schwester helfen lassen. Was lächerlich war. Es war ihre Aufgabe, sich um Tansy und auch um Nick zu kümmern. Dann, als Simons Büro dichtmachte, fand Tansy eine Vollzeitstelle bei einem Immobilienmakler, und jetzt war sie ruhiger und weniger gestresst. Tansy war das Sandwichkind der Familie, die goldene Mitte, die Vorlage, nach der die anderen zwei modelliert waren. Die Ähnlichkeit war nicht zu übersehen, aber Tansys Gesichtszüge schienen bei Kylie in die Länge gezogen und geschärft und bei Nick, dem Baby in der Familie, geglättet und kräftiger gestaltet. Tansy war die Nette. Sie war das Porridge, das weder zu kalt (Kylie) noch zu heiß (Nick) noch zu süß war (Monica, ihre sehr viel jüngere Halbschwester), aber das hieß nicht, dass man ihr Naivität nachsagen konnte. Mit ihren Ratschlägen lag sie fast immer richtig.

Nur diesmal nicht. Diesmal lag Tansy definitiv daneben. Sich einen neuen Job suchen und irgendwo ganz neu anfangen? Keine Ahnung haben, Dinge falsch machen, sich wie eine Idiotin vorkommen? Nein, das hier war definitiv eine KATASTROPHE, in Großbuchstaben. Und Tansy lag immer falsch, was die Ähnlichkeit zwischen ihr, Kylie, und Gloria anging. Sie und ihre Mutter könnten unterschiedlicher nicht sein. Aber Tansy hatte auch recht. Gloria wollte nur helfen.

Kylie brauchte keine Hilfe. Von niemandem. Schlimm genug, dass Pharmacy King die Apotheke übernahm und sie ihr nie gehören würde. Schlimmer wäre nur, wenn sie auch noch ihre Arbeit verlor.

Sie stellte den Kaffee wieder in die Halterung, lehnte den Kopf an die Nackenstütze und schloss kurz die Augen. In der Apotheke hatte sie Colin kennengelernt. Jeder in Melbourne war allergisch auf Raygras, er aber war viel zu oft gekommen und hatte viel zu viele Nasensprays für einen Mann mit nur zwei Nasenlöchern gekauft. Wie viele Pollenallergien konnte man denn haben? Und in seinem Alter (Mitte vierzig, ein wenig älter als sie) sollte er doch eine Vorstellung davon haben, welche Medikamente ihm wirklich halfen, oder?

Aber jedes Mal, wenn er zur Tür hereinkam, achtete er nicht auf die vollgestellten Regale und auf Sandy, die sich vorn im Laden herumtrieb, sondern kam geradewegs nach hinten, wo sie die verschreibungspflichtigen Medikamente aushändigte. Selbst wenn Tim frei war, wartete er auf Kylie. Immer wollte er sich ausschließlich von ihr...

Erscheint lt. Verlag 29.2.2024
Übersetzer Karl-Heinz Ebnet
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Australien • Frau • Humor • Perfektion
ISBN-10 3-492-60769-1 / 3492607691
ISBN-13 978-3-492-60769-8 / 9783492607698
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