Träume von Freiheit - Fünftausend Fasane für den Kaiser -  Silke Böschen

Träume von Freiheit - Fünftausend Fasane für den Kaiser (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
416 Seiten
Gmeiner-Verlag
978-3-8392-7810-9 (ISBN)
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Schön. Reich. Begehrt. Die Millionenerbin Mary Knowlton gehört 1892 in New York zur High Society. Durch die Heirat mit einem deutschen Grafen wird sie in den USA zum Star. Aber der Adel in Berlin ist skeptisch. Jahrelang kämpft Gräfin Mary um Anerkennung. Sie kauft ein Schloss in Schlesien, und als Kaiser Wilhelm II. hier zu Gast ist, hat sie es geschafft. Jetzt gehört sie auch in Deutschland dazu. Doch der Erste Weltkrieg setzt dem Glück ein jähes Ende. 1918 erklären die USA die amerikanische Gräfin zur Staatsfeindin ...

Silke Böschen wurde in Bremerhaven geboren. Nach einem Zeitungsvolontariat und dem abgeschlossenen Journalistik-Studium arbeitete sie viele Jahre als Fernsehmoderatorin in der ARD. Sie war das Gesicht des Politik-Magazins 'Kontraste'. Zuvor führte sie - als zweite Frau überhaupt - durch die 'ARD-Sportschau'. Nach Stationen in Berlin und Frankfurt lebt sie nun mit ihrer Familie in Hamburg. 'Fünftausend Fasane für den Kaiser' ist ihr dritter Roman und der letzte Teil der Trilogie 'Träume von Freiheit'. In ihren Recherchen stößt Silke Böschen immer wieder auf außergewöhnliche Frauen-Schicksale. Inspiriert durch diese wahren Geschichten lässt sie ein vergessenes Kapitel deutsch-amerikanischer Geschichte aus der Jahrhundertwende wieder lebendig werden.

Silke Böschen wurde in Bremerhaven geboren. Nach einem Zeitungsvolontariat und dem abgeschlossenen Journalistik-Studium arbeitete sie viele Jahre als Fernsehmoderatorin in der ARD. Sie war das Gesicht des Politik-Magazins „Kontraste“. Zuvor führte sie - als zweite Frau überhaupt - durch die „ARD-Sportschau“. Nach Stationen in Berlin und Frankfurt lebt sie nun mit ihrer Familie in Hamburg. „Fünftausend Fasane für den Kaiser“ ist ihr dritter Roman und der letzte Teil der Trilogie „Träume von Freiheit“. In ihren Recherchen stößt Silke Böschen immer wieder auf außergewöhnliche Frauen-Schicksale. Inspiriert durch diese wahren Geschichten lässt sie ein vergessenes Kapitel deutsch-amerikanischer Geschichte aus der Jahrhundertwende wieder lebendig werden.

1. Am Vorabend



Brooklyn, 26. April 1892

Es klopfte leise an der Tür.

»Hallo? Wer ist da?«

Mae sprang auf und versuchte hastig, den Paravent vor die Schneiderpuppe zu ziehen. »Einen Moment!«

Die lackierten Holzelemente mit den chinesischen Malereien darauf begannen zu wanken. Das Kleid! Der Bräutigam durfte das Kleid nicht sehen! Mae riss so heftig an dem Raumtrenner, dass zwei Flügel zusammenklappten. Sie war nicht schnell genug. Zwei Finger klemmten zwischen den Holzplatten. Sie schrie leise auf vor Schmerz. Die Zimmertür öffnete sich.

»Nein!« Mae schluchzte. »Mein Kleid …«

»Oh Gott, Mae, was machst du da?« Madame de Meli schloss schnell die Tür und befreite Maes Hand aus dem hölzernen Ungetüm. Die Finger der rechten Hand waren geschwollen, an einem Nagel trat Blut hervor. Die Gesellschafterin zog ein Taschentuch aus ihrem Ärmel und legte es um die Verletzung. Mae weinte.

»Ich wusste ja nicht, dass Sie es sind. Ich dachte, es wäre Johannes oder mein Vater.«

»Beruhige dich. Nein, die Männer sind doch gar nicht im Hause. Dein Vater ist mit Johannes noch einmal in den Hamilton Club gegangen.« Kopfschüttelnd läutete Florence de Meli nach einem Dienstmädchen und verlangte nach einem kalten Wickel und Eisstücken.

Wenig später saß Mae mit blassem Gesicht und verbundener Hand auf dem Sofa. Der Paravent stand wieder an seinem Platz und schirmte den Blick ab von dem Wunder, das auf der Schneiderpuppe auf seinen Einsatz wartete. Das Kleid war vor einem Monat aus Paris angekommen. Ein Traum aus weißem Seidensatin, über und über mit Volants aus Tüll und Spitze versehen. Die Ärmel, die jetzt auf dem toten Puppenkörper seltsam abgespreizt im Raum standen, waren noch einmal hier in Brooklyn von der Schneiderin nachgebessert worden, auf die Madame de Meli für solche Zwecke schwor.

Die Ärmelöffnungen bestanden aus hauchdünner Spitze, die auf die Hände der Braut fallen sollte. Morgen am Tag ihrer Hochzeit. Wenn Johannes Mae den Ring überstreifen würde, würde sich dieser Spitzenvorhang öffnen, und sie würde ihm die Hand darreichen. Der Ring. Das Symbol der Unendlichkeit. Der unendlichen Liebe. Mae tastete nach ihrer verbundenen Hand und zuckte zusammen. Das Blut pochte und der Schmerz war wieder da. Madame de Meli sah Mae an und dann die bandagierte Hand. »Ich weiß, woran du denkst. Darf ich? Ich bin ganz vorsichtig.«

Behutsam löste sie den Verband. Die Finger waren geschwollen.

»Oh nein, da passt kein Ring drüber!« Mae starrte entsetzt auf ihre verletzte Hand.

»Wir kühlen sie weiter. Du wirst sehen, morgen ist davon nichts mehr zu sehen. Und falls doch, wird Johannes dir den Ring auf die linke Seite stecken. So wie man das in Amerika macht. Es muss nicht alles nach deutschem Brauch passieren.« Florence de Meli strich ihrem Zögling beruhigend über den Arm. »Ein Schlückchen Champagner wird unsere Nerven beruhigen«, bestimmte sie und läutete abermals nach dem Dienstmädchen.

Die Gläser klirrten. Florence de Meli nahm einen großen Schluck. Mae zögerte.

»Was ist, mein Engel? Bist du so kurz vor deiner Hochzeit unter die Guttempler gegangen? Das wäre sehr schade, bei all den Kisten mit den feinen Weinen und der Ladung Champagner, die dein Vater für deinen großen Tag geordert hat.« Madame de Meli lachte leise.

Mae schüttelte den Kopf. »Ich denke, als Braut sollte ich einen klaren Kopf behalten. Ich möchte keinen Fehler machen.«

Ihre Gesellschafterin schnalzte mit der Zunge. »Ach, Mae. Jetzt beruhige dich bitte. Es ist alles vorbereitet. Weißt du, wie viele gute Geister seit Tagen hier in diesem Haus unterwegs sind und alles dafür tun, dass morgen der schönste Tag deines Lebens stattfinden wird? Allein, was Charles Thorley angestellt hat … Er ist wahrhaftig ein Künstler mit all den Blumen! Das ganze Haus duftet nach seinen Kreationen. Man ist wie im Rausch, wenn man nur die Treppe hinuntergeht. Überall Lilien und Rosen. Ein Traum!«

Mae nickte. »Unser Haus sieht aus wie ein riesiger Garten. Mitten im April.«

»Wie ein Paradies, würde ich sagen … Und in der Küche duftet es genauso gut. Nicht nach Blumen, aber nach Köstlichkeiten.« Die Gesellschafterin seufzte etwas theatralisch. »In letzter Zeit landet jeder Bissen bei mir direkt auf der Hüfte. Das ist wohl das Alter. Ansonsten würde ich mich nur da unten in der Küche tummeln und alles probieren.«

Mae sah sie an. »Aber Sie sind doch gertenschlank, Madame! Wie immer.«

Florence de Meli lächelte geschmeichelt und leerte ihr Glas. »Aber sag einmal, du wirst jeden Tag schlanker. Wir mussten dein Kleid schon zweimal enger machen. Das ist die Aufregung, nicht wahr? Ach, ich weiß noch, damals bei meiner Hochzeit. Oh Gott, war ich jung. 16 Jahre alt. Verrückt. Dagegen bist du als Braut mit deinen 21 Jahren schon ganz erwachsen. Hast viel mehr von der Welt gesehen als ich damals.«

Mae atmete aus. Der Schmerz in ihrer Hand schien nachzulassen. Oder lag es am Champagner, dass sie sich besser fühlte? Sie lehnte den Kopf zurück. Das Sofa war trotz seiner zierlichen Beine und der steifen Polsterung halbwegs bequem. Sie würde es mitnehmen nach Deutschland, dachte sie. Sie musste ein paar vertraute Dinge um sich haben, wenn sie dort ganz allein war, ganz allein mit ihrem Ehemann. Sie richtete sich wieder auf. Ihr Rücken wurde steif. Ihr Ehemann. Eheleben. Ehebett. Sie nahm die eiskalte Flasche aus dem silbernen Kühler und schenkte die Gläser noch einmal voll.

»Na, siehst du? So ein Schlückchen tut manchmal gut.« Florence de Meli setzte sich zu ihr und sah sie von der Seite an. »Trotzdem … du siehst blass aus. Die Hand?«

Mae schüttelte den Kopf. »Ach, ich mag gar nicht darüber sprechen. Aber …«

»Was ist los? Bekommst du kalte Füße so kurz vor dem Jawort?«

»Nein, nein. Ich dachte nur gerade an Deutschland.«

»Aber Mae, du magst doch Deutschland! Wir haben so eine schöne Zeit dort verbracht. Erinnerst du dich nicht mehr? In Berlin, in Heidelberg, im schönen Dresden … Und dann Hamburg! Dort hast du Johannes kennengelernt!«

Mae nickte, Madame hatte recht. Es war herrlich gewesen. Und dank ihrer Gouvernante war sie sogar in der Lage gewesen, sich auf Deutsch zu verständigen. Was für ein Glück! Sonst hätte sie gar nicht mit Johannes ins Gespräch kommen können. Seine Englischkenntnisse waren damals bescheiden gewesen. Mittlerweile hatte er aufgeholt. Wie würde er sich sonst unterhalten im Hamilton Club? Heute Abend. Zwischen lauter Amerikanern. Lauter Männern. Ihr Unwohlsein wurde größer.

»Jetzt aber heraus mit der Sprache!« Florence de Meli klang bestimmt.

Dieses Strenge, Unnachgiebige sah Mae selten an ihr. Schließlich gab sie ihr kaum Anlass dafür. Und Madame war doch eigentlich bei aller Etikette ein lebhafter Mensch. Mae erinnerte sich an einen Abend in Dresden im Sommer 1889. Sie saßen in einem Restaurant auf der Terrasse mit herrlichem Blick auf die Elbe. Zwei langjährige Freundinnen ihrer Gesellschafterin waren gekommen. Und Madame wurde immer ausgelassener mit jedem Glas Wein. Irgendwann begann sie sogar zu singen. Zum Glück war die Terrasse zu dem Zeitpunkt schon halb leer gewesen. Die Freundinnen hatten gelacht und sich vielsagend angesehen.

Mae blickte zu Boden.

»Bitte, Mae, keine Geheimnisse!« Florence de Meli berührte sie am Kinn und drehte ihren Kopf in ihre Richtung. »Was bewegt dich?«

»Also … also … ich habe Angst davor, mit Johannes allein zu sein. Ganz allein, meine ich. Am Abend …«

»Du meinst die Liebe? Zwischen Eheleuten?«

Mae nickte heftig. Sie liebte ihn! Ja, sie liebte ihn wirklich. Seine braunen Augen, die dunkle Stimme, den gezwirbelten Schnurrbart, seine Hände, sein Temperament. Oh Gott! Sein Temperament! Sein Spitzname war »Sturm«. Wenn er in allen Lebensbereichen so ungestüm war …

»Aber wir hatten doch schon darüber gesprochen. Und wo ist dieses Buch, das ich dir zum Lesen gegeben habe? Hast du nicht hineingesehen?«

»Doch. Ich habe es hier.« Mae zog es hinter einem Sofakissen hervor, wo es gut versteckt und harmlos in einem karierten Stoffeinband lag. Sie nahm ein Lesebändchen heraus und las mit stockender Stimme vor:

»Zuweilen geschieht es, dass die Vollendung der Ehe auf Schwierigkeiten stößt. In diesem Fall muss man stets mit Vorsicht, Klugheit und Nachsicht zu Werke gehen und alle Hast und Gewalt vermeiden. Nur die Folgen ungezügelten Ungestüms sind zu fürchten.«

Sie klappte das Buch wieder zu.

»Glauben Sie, dass Johannes ungezügelt ist? Und was bedeutet die Vollendung der Ehe denn nun wirklich? Ich werde aus dem Buch nicht schlau.«

Madame de Meli stand auf und ging langsam zum Kleiderständer mit dem Brautkleid darauf, dem Symbol von Maes neuem Lebensabschnitt. Von der Jungfrau zur Ehefrau. Sie musste jetzt etwas sagen. Das war sie Mae schuldig, die manchmal fast wie eine Tochter für sie war. Die Gesellschafterin drehte sich langsam um. Ihr Kleid raschelte leise. Sie knetete die Hände. »Wie ein Mann aussieht, weißt du. Ich meine, ohne Kleidung.«

Mae nickte. »Ja, ich habe eine Zeichnung gesehen.«

»Gut.« De Meli suchte nach Worten. »Also, das Geschlecht des Mannes ändert durch Erregung seine Gestalt.«

Mae riss die Augen auf.

Jetzt nur schnell weitererzählen, dachte Florence de Meli. Mit Schaudern erinnerte sie sich an ihre ersten eigenen Erfahrungen. Das hätte Mae nicht verdient. Keine Frau hätte...

Erscheint lt. Verlag 10.4.2024
Reihe/Serie Historische Romane im GMEINER-Verlag
Träume von Freiheit
Verlagsort Meßkirch
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Krimi / Thriller / Horror Historische Kriminalromane
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Amerikanerin • Berlin • Brooklyn • Erster Weltkrieg • Frauenschicksal • Gesellschafterin • Graf • High Society • Hutfabrikant • Leutnant • Reich • Roman • Schloss • Staatsfeindin • Wilhelm II
ISBN-10 3-8392-7810-4 / 3839278104
ISBN-13 978-3-8392-7810-9 / 9783839278109
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