Träume in Wildberry Bay (eBook)

Roman

(Autor)

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2024 | 1. Auflage
544 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-30639-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Träume in Wildberry Bay -  Miriam Covi
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Wo wilde Beeren wachsen und das Rauschen der Wellen Geschichten erzählt, liegt die Bucht unserer Träume - Willkommen in Wildberry Bay!
Ausgerechnet an ihrem Hochzeitstag überrascht Florentine Schiller ihren Verlobten Jay inflagranti mit seinem Trauzeugen. Erschüttert flieht sie mit Jays Bruder Raven nach Wildberry Bay, um sich von dem Schock zu erholen. Hier haben sie und die beiden Brüder schon als Kinder gemeinsam ihre Ferien verbracht, bis zu einem schicksalshaften Tag, der ihre Familien auseinanderriss. Während Florentine in dem gemütlichen Fischerdorf mit Ravens Hilfe zur Ruhe kommt, wird ihr klar, dass sie und Jay nie mehr als beste Freunde waren. Und sie muss sich fragen, ob sie all die Jahre nicht gesehen hat, was sie Raven bedeutet hat und vielleicht noch immer bedeutet. Doch Raven ist bereits vergeben. Hat ihre Liebe überhaupt noch eine Chance?

Miriam Covi wurde 1979 in Gütersloh geboren und entdeckte schon früh ihre Leidenschaft für zwei Dinge: Schreiben und Reisen. Ihre Tätigkeit als Fremdsprachenassistentin führte sie 2005 nach New York. Von den USA aus ging es für die Autorin und ihren Mann zunächst nach Berlin und Rom, wo ihre beiden Töchter geboren wurden. Nach vier Jahren in Bangkok lebt die Familie nun in Brandenburg. Zur zweiten Heimat wurde für Miriam Covi allerdings die kanadische Ostküstenprovinz Nova Scotia, in der sie viele Sommer ihrer Kindheit und Jugend verbringen durfte und wo sie heute auch immer wieder Inspiration für neue Romane findet.

1


Florentine


Die salzige Seeluft schlägt mir kühl entgegen, als ich das Lighthouse Inn verlasse. Eilig gehe ich die knarzenden Treppenstufen der Veranda hinab und trete auf den Bürgersteig der Küstenstraße. Auf der anderen Straßenseite bleibt eine Gruppe asiatischer Touristen stehen und fängt an, aufgeregt zu tuscheln und auf mich zu zeigen. Handys und Kameras werden gezückt, ich fühle mich wie ein Promi, den die Paparazzi entdeckt haben. Mit einem schiefen Lächeln wende ich mich ab, raffe mein Brautkleid mit beiden Händen hoch und beginne, im Laufschritt den Bürgersteig hinabzueilen. Wohin ich eigentlich will, kann ich nicht sagen. Vor mir erkenne ich das knallrote Holzhaus mit dem Eiscremeschild, vor dem sich eine Schlange aus Wartenden bis auf den Bürgersteig zieht. Da kann ich nicht vorbei, auf keinen Fall.

Was für eine Schnapsidee, hier draußen herumzuirren und meinen Bräutigam zu suchen! Eilig wende ich mich nach links, ich verlasse den Bürgersteig und haste über Gras und vereinzelte glatte Felsplateaus, die es überall im Fischerdorf von Peggy’s Cove gibt. Der Wind zerrt an meinem Schleier, lässt ihn hinter mir wie ein Segel wehen, sich aufblähen, tanzen. Mit den glatten Sohlen meiner Pumps komme ich auf einer abschüssigen Felsplatte beinahe ins Straucheln, schlittere ein paar Schritte mehr, als dass ich laufe, während ich mit meinen Armen rudernd versuche, das Gleichgewicht zu halten. Jetzt bloß nicht mit meinem weißen Kleid stürzen!

Erst als ich einen der hölzernen Piers erreiche, die an mehreren Stellen in die Meeresbucht des Fischerhafens von Peggy’s Cove hineinragen, halte ich an und ringe nach Atem. Die salzige Luft hat meinen flatternden Magen zwar ein wenig beruhigen können, aber dafür rast mein Herz jetzt nervös in meinem Brustkorb. Als der Wind eine Locke aus meiner Frisur zerrt, wird mir klar, dass selbst die Unmengen an Haarspray, in die die Friseurin mich eben eingenebelt hat, nichts gegen die Kräfte der Natur hier am Atlantik werden ausrichten können.

Aber momentan ist es mir völlig egal, ob meine Frisur noch perfekt sitzt oder nicht. Hastig sehe ich auf mein Telefon, beginne mit zittrigen Fingern, Jays Nummer zu wählen. Es klingelt. Es klingelt sehr lange. Aber niemand antwortet. Ich schlucke, beende den Anruf und gehe ein paar Schritte, nicht auf den Pier hinaus, sondern weiter am Ufer entlang, über die flachen Felsen. Vor mir erkenne ich ein paar der typischen Bootshäuser der Fischer von Peggy’s Cove. Sie sind aus Zedernholz gebaut, das mit den Jahren seine charakteristische Graufärbung annimmt, und an ihren Außenwänden trocknen Netze, während sich Berge aus bunten Bojen neben den Eingängen auftürmen. Der Geruch nach Fisch mischt sich mit dem nach Seetang und Ozean, und mein Magen muckt wieder ein wenig auf. Ich bleibe stehen, will nicht noch näher an die Netze und ihren Geruch herangehen. Erneut halte ich mir mein Telefon an mein Ohr, lausche auf das Freizeichen.

Bitte, geh ran, flehe ich Jay im Stillen an. Er wird doch nicht … Er würde mich doch nicht wirklich vor dem Altar – oder vor dem Leuchtturm – sitzen lassen, oder? Das würde Jay doch niemals machen?

Eine Möwe fliegt kreischend vorbei, ich sehe ihr hinterher und will den Anruf erneut mit einem frustrierten Seufzer beenden, als ich etwas höre. »… can’t fight this feeling anymore …«

Das ist Jays Klingelton! Eindeutig – den 80er-Jahre Softrock-Hit von REO Speedwagon liebt er!

Gedämpft wird der Song zu mir herübergetragen – aus der Richtung der Bootshäuser. Mein Herz hämmert noch schneller gegen meinen Brustkorb, als ich das Handy sinken lasse und mich den kleinen Hütten mit ihren Netzen und Bojen nähere. Was zum Teufel geht hier vor sich?

Ich habe Mühe, mein bauschiges, wolkenähnliches Brautkleid hochzuraffen und gleichzeitig nicht auf den rutschigen Felsen die Balance zu verlieren, während der Wind ausgelassen mit meinem Schleier spielt.

Als ich das erste der Bootshäuser fast erreicht habe, kommt ein Mann um die Hausecke. Sobald er mich erblickt, zuckt er regelrecht zusammen, bevor er wie angewurzelt stehen bleibt und mir schweigend entgegenstarrt.

Es ist Raven, Jays älterer Bruder. Und er sieht mich an, wie er mich schon seit unserer Kindheit so oft angesehen hat: mit dieser tiefen Furche zwischen seinen dichten schwarzen Augenbrauen, den Mund zu einer schmalen Linie zusammengepresst, die Kiefermuskulatur angespannt, als habe er Mühe, sich in meiner Gegenwart dazu durchzuringen, zivilisiert und halbwegs nett zu sein. Dass Raven mich nicht leiden kann, ist ihm stets so deutlich auf das Gesicht geschrieben, dass es fast komisch wirken könnte.

Aber jetzt gerade ist mir so gar nicht nach Lachen zumute. Raven zögert nur zwei Sekunden, dann geht er weiter, marschiert mit langen Schritten auf mich zu. Verstohlen mustere ich ihn, wie er sich nähert. Verdammt, Raven im schwarzen Anzug sieht noch besser aus als Raven in seinen sonst üblichen Bluejeans plus T-Shirt. In diesem Outfit, in Kombination mit seinem kurzen, leicht gelockten schwarzen Pferdeschwanz und dem wie üblich düsteren Gesichtsausdruck, den er stets für mich reserviert hat, erinnert er mich flüchtig an einen Mafiaboss. An einen schlecht gelaunten Mafiaboss.

»Was willst du hier?«, ruft er mir über den Wind entgegen, noch ehe er mich erreicht hat – oder ich ihn, wobei ich wesentlich langsamer über die Felsen vorankomme als Raven.

»Ist das echt das Erste, das du zu mir sagst, wenn du mich als Braut siehst?«, frage ich entrüstet, für einen Augenblick vom eigentlichen Thema abgekommen. Dieser Mann hat mich schon immer in den Wahnsinn getrieben – und zwar nicht im guten Sinne.

»›Was willst du hier‹?« Mit verschränkten Armen bleibe ich stehen und sehe ihm entgegen.

Raven hat mich erreicht und starrt mich so gut gelaunt an, als wäre ich seine Zahnärztin und er stünde kurz vor der Wurzelbehandlung. In seinen grünen Augen flackert etwas auf, das ich nicht einordnen kann, bevor sein Blick flüchtig über mein Kleid wandert. Seine Kiefermuskulatur arbeitet sichtbar, er atmet tief ein und aus. Als er mir wieder ins Gesicht schaut, sagt er betont ruhig, mit leicht gepresster Stimme: »Schönes Kleid. Komm bitte mit.«

Und ehe ich weiß, was er da tut, packt er meine Hand und will mich mit sich ziehen, fort von den Bootshäusern, zurück Richtung Pension.

»Nein!« Empört stemme ich mich gegen ihn, versuche entschlossen, auf der Stelle stehen zu bleiben, was wegen meiner rutschigen Schuhe und Ravens starkem Griff nicht so einfach ist. »Spinnst du eigentlich? Aua!«

Raven hält inne und lockert seinen Griff ein wenig, aber er lässt mich nicht los. Es gab Zeiten in meinem Leben, da hätte ich alles dafür getan, Ravens Hand halten zu dürfen. Aber jetzt gerade ist mir wirklich nicht nach Händchen halten zumute. »Ich suche Jay«, stoße ich aufgebracht hervor. »Weißt du, wo er ist?«

Raven antwortet nicht, doch seine Kiefermuskulatur spannt sich erneut an. Ernst mustere ich ihn. »Raven, bitte! Ich muss Jay finden und ihn sprechen!«

»Warum?«

»Warum?«, wiederhole ich fassungslos und deute erneut auf mein Wolkenkleid. »Darum! Weil ich ihn in …«, ich sehe kurz auf mein Telefondisplay und schnappe hektisch nach Luft, »in zehn Minuten am Leuchtturm treffen sollte. Um ihn zu heiraten – und er ist nicht auffindbar! Außerdem muss ich ihn vor der Trauung dringend sprechen, aber er geht nicht an sein verdammtes Telefon!«

Kurz halte ich inne, weil mir wieder klar wird, warum ich überhaupt dichter zu den Bootshäusern wollte. Raven, in seinem Mafioso-Outfit, hat mich für einen Moment völlig aus der Bahn geworfen. Mal wieder. Wann hört das endlich auf?

Fast triumphierend schwenke ich das Telefon in meiner freien Hand und verkünde: »Ich habe eben Jays Klingelton gehört! Da, bei den Bootshäusern. Er muss dort sein.«

Ich will erneut auf das erste der kleinen, grau geschindelten Häuser zugehen, doch Raven verstärkt wieder seinen Griff um mein Handgelenk und bleibt unerbittlich stehen. Als ich ihn ungläubig ansehe, erwidert er meinen Blick schweigend und noch ernster als sonst.

Da endlich verstehe ich. Vermutlich hat mir mein Wolkenkleid zu sehr die Luft abgeschnürt, als dass ich klar hätte denken können. Für einen Moment kehrt die Übelkeit mit voller Wucht zurück, ich schließe meine Augen und ringe nach Luft. Dann sehe ich Raven an und stoße hervor: »Du weißt, wo er ist, oder? Was ist mit ihm? Was verheimlichst du mir?«

Ich sehe genau, wie es in Raven arbeitet. Seine Kiefermuskulatur bewegt sich, seine Nasenflügel blähen sich leicht, die Linie seiner Lippen wird noch schmaler. Ravens Griff um mein Handgelenk verstärkt sich noch einmal.

»Lass mich los, du tust mir weh«, wispere ich tonlos. Sein Blick flackert zu meinem Handgelenk, und sofort lockert er seinen Griff wieder.

»Komm bitte mit, wir …«, setzt er an, ohne auf meine Fragen einzugehen. Da drehe ich mich blitzschnell um, entreiße meinen Arm seiner Hand und stoße ihn rückwärts, damit er mich gehen lässt. Raven starrt mich verblüfft an, rudert mit den Armen und versucht, auf den glatten Felsen nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Ich nutze dieses Überraschungsmoment und renne los. Fast hätte ich selbst das Gleichgewicht verloren und wäre gefallen, aber ich fange mich und eile über die Felsplateaus, so schnell es meine Pumps zulassen. Mein Schleier fühlt sich an, als würde ich ein Segel hinter mir herziehen, und ich bin überzeugt davon, dass die Haarnadeln jeden Moment aufgeben und der Spitzenstoff vom Wind davongetragen...

Erscheint lt. Verlag 1.3.2024
Reihe/Serie Die Wildberry-Bay-Reihe
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2024 • Brüder, Liebe • Bücher für den Urlaub • Carley Fortune • Diner • eBooks • Ella Thompson • every summer after • Frauenromane • Friends to Lovers • fünf sommer mit dir • Geplatzte Hochzeit • Gilmore Girls • Große Gefühle • Kanada • Lake Paradise • Liebesgeschichte • Liebesromane • Manuela Inusa • Neuerscheinung • ocean view avenue • Romane für Frauen • Small Town Romance • Sommerlektüre • Sommerroman • Urlaub in Kanada • whale island
ISBN-10 3-641-30639-6 / 3641306396
ISBN-13 978-3-641-30639-7 / 9783641306397
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