Der Buchladen von Bloomsbury (eBook)

Roman

(Autor)

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2024 | 1. Auflage
368 Seiten
Aufbau digital (Verlag)
978-3-8412-3499-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Buchladen von Bloomsbury - Natalie Jenner
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Eine Buchhandlung, 51 Regeln und drei Frauen, die ihr Schicksal in die Hand nehmen.

Der Buchladen von Bloomsbury blickt auf eine jahrhundertealte Tradition zurück. In der Aufbruchsstimmung der fünfziger Jahre wagen es drei ehrgeizige Frauen, die unantastbaren Regeln der alteingesessenen Buchhandlung infrage zu stellen. Gemeinsam gelingt es ihnen gegen anfänglichen Widerstand, den Laden mit frischen Ideen in die Zukunft zu führen. Als sie in den Beständen ein verschollen geglaubtes Buch entdecken, verändert das die Buchhandlung für immer und ermöglicht den drei Frauen, ihren Idealen und Träumen zu folgen. 

Ein Roman über die Magie von Büchern und die heilsame Wirkung der Literatur.



Natalie Jenner wurde in England geboren und wanderte als Kind mit ihrer Familie nach Kanada aus. Sie arbeitete u.a. als Unternehmensanwältin und Karrierecoach und ist Inhaberin einer unabhängigen Buchhandlung in Oakville, Ontario, wo sie mit ihrer Familie und zwei Hunden lebt. Im Aufbau Taschenbuch ist ebenfalls ihr Roman »Teatime im Jane-Austen-Club« lieferbar.

Regel Nr. 17

Viermal am Tag wird pünktlich Tee serviert.

»Der Despot hat seinen Durst kundgetan.«

Grace blickte auf. Von ihrem kleinen Schreibtisch im hinteren Teil der Buchhandlung aus organisierte sie alles, was bei den Angestellten unter die Rubrik »Gefälligkeiten« fiel: Stapel von Briefe, Anfragen, Reklame, Einladungen, Zeitschriften, Zeitungen und jedweder andere Papierkram, durch den Bloomsbury Books in Verbindung mit der Außenwelt trat.

Ihre Kollegin Vivien stand in der Tür und schlenkerte den Wasserkessel hin und her. Es war Montagmorgen, und wie immer am Wochenbeginn war Vivien für die zweite Teezeremonie des Tages zuständig.

»Die Sicherung ist schon wieder rausgeflogen.« Sie schnitt eine Grimasse. »Und wie du weißt, funktionieren die Herren nicht ohne ihren Tee. Der Despot hat heute wieder mal ganz besondere Laune.«

Der Despot hatte natürlich einen Namen, aber Vivien weigerte sich, ihn auszusprechen, wenn sie unter sich waren. Grace nahm wahr, dass sie es ihr oft gleichtat – was wohl darauf hindeutete, dass Viviens Arbeitshaltung auf sie abfärbte. Grace stand auf. »Wenn er dich je dabei erwischt, dass du ihn so nennst …«

»Das wird er nicht. Er hört doch sowieso nichts anderes als seine eigene Stimme.«

Grace schüttelte über ihre junge Kollegin den Kopf und musste ein Schmunzeln unterdrücken. Seit Kriegsende arbeiteten sie zusammen in dieser Buchhandlung, und die Freundschaft mit Vivien war für sie ein guter Grund, zu bleiben. Nun ja, das und natürlich die Bezahlung. Und dass ihr arbeitsloser Ehemann ihr schlecht verbieten konnte, Geld zu verdienen. Und dass sie Zeit ohne ihre anstrengenden Jungs verbrachte. Und dass sie Angst vor einschneidenden Veränderungen hatte. Am Ende waren es wohl eine Menge Gründe, aus denen sie blieb, dachte Grace. Was Viviens Gründe anbelangte, war sie sich nicht sicher.

»Ist Dutton schon da?«, fragte Vivien und blickte an Grace vorbei in das Büro hinter ihr.

Herbert Dutton, seit Langem Geschäftsführer der Buchhandlung, hatte nie einen Spitznamen von Vivien erhalten, geschweige denn einen Kosenamen. Er gehörte nicht zu den Männern, die man kategorisieren konnte, weil er eine ganz eigene Kategorie darstellte.

»Der ist beim Arzt.«

»Schon wieder?«

Vivien zog die Augenbrauen hoch, und Grace zuckte nur die Achseln. Als einzige Frauen bei Bloomsbury Books beherrschten die beiden die Kunst der stummen Kommunikation, in Form einer Bewegung der Augenbrauen, eines Zwickens am Ohrläppchen oder anderer kleiner Gesten.

Vivien stellte den Kessel ab und machte sich mit Grace zusammen auf den Weg in den Keller. Wenn sie gemeinsam durch die Buchhandlung liefen, strahlten sie etwas Unbezwingbares aus, vor dem die männlichen Mitarbeiter instinktiv zurückschreckten. Beide Frauen waren ungewöhnlich groß, wenn auch von unterschiedlichem Körperbau. Grace hatte breite Schultern, für die sie keine der gerade so modernen Polster brauchte, ein freundliches, ungeschminktes Gesicht mit pfirsichfarbenem frischem Teint – das einzige Erbe ihrer Familie, die seit Generationen in den Hügeln von Yorkshire Landwirtschaft betrieb. Sie kleidete sich eher schlicht, was ihrer Größe schmeichelte: gerade geschnittene Jacken im Militärstil, schmale Röcke und Schuhe mit niedrigen Absätzen, auf denen sie gut laufen konnte. Was an ihr besonders auffiel, waren die grauen Augen, ihr ruhiger Blick und das hellbraune Haar mit einem Stich ins Rote, das sie stets zu einem straffen Knoten frisierte.

Im Gegensatz dazu war Vivien schmal und kantig wie eine Gazelle und ebenso schnell darin, aufzuspringen, wenn sie ungeduldig oder ungehalten war. Sie kleidete sich am liebsten schwarz und figurbetont; oft trug sie eng anliegende Wollröcke und Pullover, die sie mit einer auffallenden viktorianischen Amethystbrosche schmückte – das einzige Erbe ihrer geliebten Großmutter. Viviens Gesicht war stets auf dramatische, ja, fast bedrohliche Weise geschminkt, was durchaus beabsichtigt war: damit hielt sie sich andere Menschen erfolgreich vom Leib.

Auf ihrem Weg in den Keller kamen die zwei Frauen zunächst am Büro von Mr Dutton vorbei, das durch eine Glasscheibe hindurch einsehbar war. Er war der Geschäftsführer der Buchhandlung und auch deren langjährigster Mitarbeiter. Um zum hinteren Treppenhaus zu gelangen, das Vivien »Via Inferno« – den Weg zur Hölle – getauft hatte, mussten sie sich an den aufgestapelten Paketen mit Büchern vorbeidrängen, die täglich von verschiedenen Verlagen und Auktionshäusern sowie aus Geschäfts- und Haushaltsauflösungen angeliefert wurden. Im Durchschnitt verkauften sie pro Woche über fünfhundert Bücher, so dass die Lagerbestände regelmäßig aufgefüllt werden mussten.

Die aufmüpfige Sicherung befand sich im Technikraum neben der selten besuchten Abteilung für Wissenschaft und Technik. Das gesamte Untergeschoss war unverhältnismäßig warm und feucht, da der vorkriegszeitliche Boiler nicht ordentlich funktionierte. Vom Technikraum aus konnten Grace und Vivien durch die offene Tür einen Blick auf den Leiter und einzigen Mitarbeiter der Abteilung werfen, Mr Ashwin Ramaswamy. Er saß ruhig und entspannt an seinem Schreibtisch, hinter Stapeln von Büchern, die er durch seine kleine Nickelbrille begutachtete.

»Hat der heute schon einen Piep gesagt?« Vivien flüsterte fast, und Grace schüttelte den Kopf. Mr Ramaswamy war berüchtigt dafür, dass er gern für sich blieb, was aufgrund der seltenen Nachfrage nach Büchern aus seiner Abteilung auch nicht schwer war. Die Sammlung an Fach- und Sachbüchern der Biologie, Chemie und anderer Wissenschaften hier im Keller bestand bestimmt schon seit Darwins Zeiten, bildete jedoch den am wenigsten frequentierten und damit auch am wenigsten profitablen Teil der Buchhandlung.

Als gelernter Natur- und Insektenforscher verbrachte Ash Ramaswamy seine Tage entweder mit dem Sortieren seiner Bücher – und das auf eine Weise, die jedem anderen Abteilungsleiter die Schamesröte ins Gesicht treiben musste – oder damit, unter einem Mikroskop Insektenpräparate zu studieren, die er in einem flachen Holzkästchen auf seinem Schreibtisch aufbewahrte. Es handelte sich dabei um Tiere aus seiner Heimat, dem Staat Madras im Südosten Indiens. Ashs verstorbener Vater, ein tamilischer Brahmane, war ein hochrangiger Beamter der britischen Kolonialregierung gewesen, der seinen Sohn stets ermutigt hatte, die Chance auf ein Leben in Großbritannien mit seinen vielfältigen Möglichkeiten zu ergreifen. Nach dem Krieg war Ash also nach England ausgewandert in der Hoffnung, eine Anstellung im Londoner Naturkundemuseum zu ergattern. Als Angehöriger der privilegiertesten Kaste seines Heimatlandes hatte er nicht mit den offenkundigen Vorurteilen seiner Person gegenüber gerechnet. In keinem einzigen der Londoner Museen hatte man ihm ein Vorstellungsgespräch angeboten, und so war er stattdessen bei Bloomsbury Books gelandet.

»Du hast von Stimmung gesprochen«, sagte Grace, die ihren Kopf zur Begutachtung der Lage in den Sicherungskasten gesteckt hatte.

»Hm?«

»Stimmung … Der Despot … Was ist denn los?«

»Margaret Runnymede, die ist los.«

Grace’ Kopf kam abrupt wieder zum Vorschein. »Ist ihr neues Buch schon erschienen?«

»So wichtigtuerisch, wie sie hier reinstolziert, müsste jeden Tag ein neues Buch von ihr erscheinen. Nur damit er ihr diesen lächerlichen Strauß Veilchen zu ihrer lächerlichen Blümchenprosa überreicht und bauchpinselnd um sie herumscharwenzelt! Da kann einem doch wirklich schlecht werden! Er will, dass heute alles im Laden perfekt für sie ist.«

Grace hob die Augenbrauen. »Und mehr will er nicht?«

Vivien gab ein kurzes Würgegeräusch von sich. »Er hält sich ja für unwiderstehlich. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sie sich jemals auf ihn einlässt …«

»Nun, es scheint genug Frauen zu geben, die das tun. Also, die Interesse an ihm haben, meine ich.« Grace klappte den Sicherungskasten zu und rieb sich die Hände. »Alles erledigt.«

»Und das weiß er auch.«

»Nun, daraus kann man ihm nicht unbedingt einen Vorwurf machen.« Zwar mochte Grace den Leiter der Romanabteilung nicht besonders, aber in ihrer aller Interesse zog sie es vor, ihr Missfallen nicht so zur Schau zu stellen wie...

Erscheint lt. Verlag 18.6.2024
Übersetzer Annette Hahn
Sprache deutsch
Original-Titel Bloomsbury Girls
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Bibliophil • Bloomsbury • Buchhandlung • Fünfziger Jahre • Jane Austen Club • Liebe zu Büchern • Literatur • Magie des Lesens • Natalie Jenner • Starke Frauen
ISBN-10 3-8412-3499-2 / 3841234992
ISBN-13 978-3-8412-3499-5 / 9783841234995
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