Jetzt sind wir endlos (Jetzt-Trilogie - Band 3) (eBook)
416 Seiten
Loewe INTENSE (Verlag)
978-3-7320-2181-9 (ISBN)
Gabriella Santos de Lima, geboren 1997 in São Paulo, studiert Kreatives Schreiben genau wie Gregor. Am liebsten arbeitet sie mit Aussicht auf pulsierende Innenstädte und laut aufgedrehter Musik. Sie war Flugbegleiterin, bevor sie sich ganz dem Schreiben widmete. Mit ihrem Roman Flaming Clouds stand sie auf der Bestsellerliste. Weitere Informationen zur Autorin auf Instagram unter @gabriellasantosdelimaa oder auf TikTok unter @gabriellasantosdelima
Gabriella Santos de Lima, geboren 1997 in São Paulo, studiert Kreatives Schreiben genau wie Gregor. Am liebsten arbeitet sie mit Aussicht auf pulsierende Innenstädte und laut aufgedrehter Musik. Sie war Flugbegleiterin, bevor sie sich ganz dem Schreiben widmete. Mit ihrem Roman Flaming Clouds stand sie auf der Bestsellerliste. Weitere Informationen zur Autorin auf Instagram unter @gabriellasantosdelimaa oder auf TikTok unter @gabriellasantosdelima
Amanda
Grau, aber du blickst dem Universum direkt ins Gesicht
Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte. Also schluckte ich bloß, während Émil einen Schritt auf mich zukam. Anschließend stellte er sich neben mir auf, angelehnt an das Geländer. Erst jetzt wurde mir bewusst, wie viel größer er war als ich. Im Gegensatz zu mir war er riesig, garantiert über eins neunzig. Außerdem stellte ich fest, dass er dasselbe wie vorhin trug, nur Jacke und Beanie fehlten. Dafür hielt er eine Flasche Bier in der Hand. Ich fragte mich, wieso er hier war. Danach fragte ich mich, wie wahrscheinlich es war, dass wir uns erst im Zuckermonarchie begegneten und nun auf dem Balkon meines Bruders.
Unsicher verschränkte ich die Arme vor der Brust. »Wie hoch war die Wahrscheinlichkeit wohl, dass wir uns erst vorhin und jetzt hier begegnen?«
»Köln hat über eine Million Einwohner und über einhunderttausend Studenten. Wenn jeder zwölfte eine WG-Party schmeißt, sind das über achttausend Partys heute Nacht. Aber … Warte mal, das klingt nach ein bisschen zu vielen Partys. Wie wäre es, wenn wir uns darauf einigen: Wahrscheinlich sehr unwahrscheinlich.«
»Wahrscheinlich sehr unwahrscheinlich«, wiederholte ich skeptisch, darauf bedacht, ihn auf gar keinen Fall zu beäugen. »Mein Mathelehrer hätte dich geliebt.«
»Dann hätte ich ihn gerne kennengelernt, meiner hat mich nämlich gehasst.«
Ich sah ihn weiterhin nicht an, doch spürte einfach, dass er lächelte. Keine Ahnung, seit wann man so etwas fühlen könnte. Aber es ging. Instinktiv trat ich einen Schritt zurück, als müsste ich mich von intensiven Gefühlen unbedingt fernhalten.
»Schau mal«, sagte er, bevor er sich umdrehte und ich mit ihm gemeinsam in den Himmel starrte.
Letzterer war leicht bewölkt, mit einem Sichelmond und einzelnen Sternen versehen. Kalter Wind wehte mir das Haar nach hinten. Ich fror, doch ich blieb. So war das mit Émil und mir, von Anfang an.
»Die ganzen Sterne, die du siehst, sind alles Sonnen.«
»Ich erkenne vielleicht sechs Sterne.«
Aus den Augenwinkeln registrierte ich, wie er die Braue neckend anhob. »Du weißt, was ich meine.«
»Ich würde lieber wissen, worauf du hinauswillst.« Ich bemerkte selbst, wie giftig ich klang. Als wollte alles an mir Émil unbedingt abstoßen, weil er mich so sehr anzog.
Trotzdem nippte er bloß kopfschüttelnd an seinem Bier, bevor er mir mit einem Mal gefährlich nah kam. »Bist du immer so …« Er kippte den Kopf, musterte mich. Ich spürte seinen Blick überall. »… charmant?«
»Nur an schlechten Tagen. An den guten bin ich noch reizender.«
Rau lachte er auf, ohne mir zu antworten. Er schien andere Pläne zu haben, stellte seine Bierflasche auf dem Boden ab und zückte sein Handy. Hinter uns dröhnte ein alter Remix, während er klickte. Schließlich hielt er mir das Display vor die Nase.
Émil hatte ein Video ausgewählt, das ich bereits kannte. Es war nicht länger als fünfzehn Sekunden, zeigte zunächst eine Landschaft und zoomte anschließend heraus, sodass man die Erde im Universum erkannte. Dann wurde immer weiter herausgezoomt bis hin zu anderen Galaxien und Sonnensystemen. Das Video war gerade zu Ende, da pingte eine Benachrichtigung am oberen Bildschirmrand auf. Von einer Anna auf WhatsApp. Ich erkannte ein Herz, doch Émil zog sein Handy so schnell zurück, dass ich es mir vielleicht nur eingebildet hatte.
»Wenn ich einen schlechten Tag habe, schaue ich mir das Video an.« Heiser räusperte er sich. »Meistens kann ich mir danach einreden, dass wir auf einem sehr kleinen Planeten in einem unendlich großen Universum leben. Genau deshalb können meine Probleme gar nicht so groß sein, wie ich sie mir ausmale.«
Im Grunde hätte ich erwidern können, dass er mir nichts Neues erzählte. Die Botschaft hinter seinen Worten begegnete mir auf Social Media beinahe täglich. Aber ich biss mir auf die Zunge. Ich wollte es nicht ins Lächerliche ziehen.
Ich wollte daran glauben.
»Und? Funktioniert es?«
»Na, na, na, na, Amanda.« Er sagte meinen Namen und lächelte. Ich kannte niemanden, der so viel Leichtigkeit in meine Schwere brachte.
»Die Frage ist doch, ob es für dich funktioniert.«
»Ich möchte dich nicht enttäuschen, aber …«
»Aber es ist immer noch alles ziemlich scheiße und du befürchtest, dass dein schlimmstes Date überhaupt euren Sexting-Verlauf der ganzen weiten Welt präsentiert.«
Ich presste die Lippen aufeinander. Nicht weil ich wütend auf Émil war, sondern auf mich selbst. Wer verriet einer fremden Person schon so etwas?
Wer hat überhaupt Sexting mit einem Typen von Tinder?
Die Antwort darauf war einfach. Ich. Hallihallo, ich war natürlich das Problem.
»Glaubst du …?« Sofort spürte ich, wie meine Hände zu schwitzen begannen. »Glaubst du, du könntest das einfach vergessen?«
Sein Blick lag nur auf mir. Riesig, dunkel und schimmernd. Eigentlich waren seine Augen viel zu braun für seine Haarfarbe. Aber eigentlich unterhielt ich mich auch nicht mit Fremden, die nackt an meinem Arbeitsplatz gewesen waren. Erst recht nicht auf der Party meines älteren Bruders.
»Ich vergesse es.« Plötzlich wurde er ganz ernst. »Aber nur, damit du Bescheid weißt: Ich würde keine Sexting-Nachrichten veröffentlichen, die ich mit jemandem geteilt habe.«
Émil so nah zu sein, wenn er sprach, war nicht gut. Er strahlte selbst in der Kälte Wärme aus. Vielleicht war er wie die Venus und speicherte heimlich Sonnenstrahlen ab, sodass er zu viel Hitze in sich trug.
»Danke«, flüsterte ich.
Er hingegen hob die Schultern, als würden fremde Personen öfter ihr Herz bei ihm ausschütten und er würde es einfach wieder vergessen. Ringsum hatten Menschen ihre Nacht der Nächte, lachten und grölten, tranken und tanzten. Wäre ich ins Innere geschlichen und hätte ein Foto geschossen, wäre alles verschwommen gewesen. Als würde selbst der Boden von derart viel studentischer Lebendigkeit beben. Nur zwischen Émil und mir stand alles still, weil niemand wusste, was er sagen sollte und …
»Ich könnte dir helfen.«
»W…was?« Die Frage rutschte mir heraus, bevor ich mich daran erinnerte, was genau ich ihm alles erzählt hatte.
Das schlimmste Treffen überhaupt.
Seit vier Jahren niemanden geküsst.
Jetzt suche ich etwas Lockeres.
Meine Kehle wurde trocken. Ich knallte ihm meine Probleme vor den Kopf und er bot mir Sex an?
Gerade wollte ich ihm meine Meinung geigen, da fuhr er fort.
»Du hast doch gesagt, du malst keine Menschen mehr. Das klang so unfassbar traurig. Ich glaube, du solltest das ändern.«
Oh.
Er hatte nicht das gemeint. Ich wäre erleichtert gewesen, hätte er nicht meinen wundesten Punkt von allen angesprochen.
»Wieso solltest du mir dabei helfen können?«, fragte ich erschöpft.
»Weil ich, im Gegensatz zu dir, wirklich Kunst studiert habe.«
»Ich dachte, du bist Aktmodell.«
»Nur ein Nebending, damit ich die Gesellschaft mit meinem Ebenbild bereichern kann.«
»Lass mich raten: Noch dazu bist du jeden Tag so charmant?«
»Aber so was von.«
Unbeeindruckt rollte ich mit den Augen, doch bemerkte, wie meine Mundwinkel zuckten. Gleichzeitig vibrierte es in meiner Hosentasche und mein Herzschlag legte zum zigsten Mal an diesem Abend einen Marathon hin. Einerseits befürchtete ich, Jakob könnte mir diesmal wirklich geschrieben haben. Andererseits erinnerte mich die Nachricht daran, dass es womöglich Lucy oder Tillie sein konnten.
Meine Freundinnen, mit denen ich verabredet war.
Ich musste sie endlich finden, damit wir zusammen ganz woanders hingehen konnten. Ich würde ihnen erzählen, was passiert war, völlig egal, wie bescheuert ich mich fühlte. Sie waren das Einzige, was mir gerade wirklich helfen würde.
»Im Ernst.«
Beim Klang von Émils Stimme hob ich das Gesicht. Ich verstand nicht, was er meinte und was er wollte. Wie es überhaupt dazu kam, dass wir zum zweiten Mal innerhalb eines Abends eine so intime Unterhaltung führten. Ich wollte ihm genau das sagen, allerdings geschah das, was immer passierte: Ich dachte so viel, dass ich nichts mehr sagen wollte.
Bei Émil war das offenbar nicht so.
Er sagte ständig etwas, wusste, wie und was er erzählen wollte. Tat es so sicher mit fester Stimme und seinem selbstsicheren Auftreten, dass man ihn einfach darum beneiden musste.
»Wie wäre es, wenn wir uns gegenseitig malen?«
Nein.
Nie im Leben.
Garantiert nicht.
Ich male keine Menschen mehr.
Variationen dieser Antworten lagen mir auf der Zunge, doch ich verschluckte mich an ihnen, weil Émil mich ansah. Auf diese so intensive Weise, dass wirklich alles ringsum verschwamm. Mein Herz schlug einen Salto und drehte sich so schwindelig, dass meine Beine weich wurden. Sogar mein Griff um das Geländer festigte sich, als bräuchte ich unbedingt Halt.
Was ist das bitte für eine seltsame Situation?
Das alles war zu viel für mich. Insbesondere heute, nach allem. Doch dann übertraf Émil alles, weil er sich mir noch weiter näherte und mein Puls noch stärker beschleunigte.
Ich wusste nicht, wieso.
Ich wusste nur, dass meine Kehle trocken wurde und ich es mir tatsächlich vorstellte. Pinsel und Farben. Schatten und Skizzierungen. Émils Gesicht war perfekt. Jeder würde daran scheitern, es zu malen.
Ich würde daran scheitern, weil ich immer...
Erscheint lt. Verlag | 10.1.2024 |
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Reihe/Serie | Jetzt-Trilogie | Jetzt-Trilogie |
Illustrationen | Chloe Friedlein |
Verlagsort | Bindlach |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | Autorin Spiegel Bestseller New-Adult • Bestsellerautorin Gabriella Santos de Lima • BookTok Bücher • Bücher Liebe Beziehung • Bücher Liebe Beziehungen • Bücher Lyx Verlag • Bücher Second-Chance-Love • Bücher über Beziehungen und Liebe • bücher über toxische beziehungen • Bücher wie Flaming Clouds • Bücher wie Lonely Hearts • Bücher wie What if we Drown • Bücher wie Worlds Collide • Jugendbücher Liebe • Kulturpass 2023 • Kulturpass Bücher • Kulturpass für 18-jährige • Liebesromane mit Spice • Liebesroman für Jugendliche • Loewe Intense • New Adult Romane mit Spice • Roman New-Adult ab 16 Jahren • spiegel-bestseller Autorin • Spiegel Bestseller Gabriella Santos de Lima • Spiegel Bestseller New Adult • TikTok BookTok Empfehlung New Adult Roman |
ISBN-10 | 3-7320-2181-5 / 3732021815 |
ISBN-13 | 978-3-7320-2181-9 / 9783732021819 |
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