Das kleine Bücherdorf: Sommerzauber (eBook)
336 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-01373-5 (ISBN)
Katharina Herzog ist die deutsche Autorin für Liebesromane mit Fernweh-Garantie. Sie liebt es, ihre Leser an Sehnsuchtsorte wie Amrum, die Amalfiküste, Juist und New York zu entführen und diese Schauplätze auch selbst zu bereisen. Mit ihren Romanen schrieb sie sich nicht nur in die Herzen ihrer Leser, sondern eroberte auch die Bestsellerlisten. Katharina Herzog lebt mit ihrer Familie, Pferd und Hund bei München und plant schon ihre nächste Reise.
Katharina Herzog ist die deutsche Autorin für Liebesromane mit Fernweh-Garantie. Sie liebt es, ihre Leser an Sehnsuchtsorte wie Amrum, die Amalfiküste, Juist und New York zu entführen und diese Schauplätze auch selbst zu bereisen. Mit ihren Romanen schrieb sie sich nicht nur in die Herzen ihrer Leser, sondern eroberte auch die Bestsellerlisten. Katharina Herzog lebt mit ihrer Familie, Pferd und Hund bei München und plant schon ihre nächste Reise.
Prolog
Die Truhe war aus massivem Eichenholz und mit kunstvollen Schnitzereien versehen. Ihre Bronzebeschläge und das schmiedeeiserne Schloss leuchteten im Licht der Morgensonne.
«Ist sie nicht eine Schönheit?» Eine ältere Frau trat auf Ann zu. Sie war in einen altmodischen geblümten Mantel gehüllt, und ihre Augen sahen durch die Gläser ihrer riesigen runden Brille unnatürlich groß aus, was ihr etwas Insektenhaftes verlieh.
«Ja, ein echtes Schmuckstück!», bestätigte Ann. An dem Flohmarktstand gab es eine Menge hübscher Dinge: Eine schwarz lackierte Schreibmaschine mit vergilbten Tasten stand inmitten von Stapeln gelblicher Schreibpapiere und Tintenfässern, goldene und silberne Taschenuhren lagen sorgfältig drapiert auf einem burgunderroten Samtkissen, außerdem gab es antike Bücher, eine Keramikvase mit floralem Motiv, Kästen voller Silberbesteck, eine alte Geige … Doch nichts faszinierte Ann so sehr wie diese Truhe. Sie beugte sich hinunter, um das Wappen auf der Vorderseite zu betrachten. In seiner Mitte bäumte sich ein Tier auf, das wie eine Mischung aus Pferd und Ziegenbock aussah.
«Ist etwas drin in der Truhe?»
«Spinnen und Mäuse!», antwortete die Frau prompt.
Anns Hand, die bereits auf dem Deckel lag, zuckte zurück.
«Jetzt vertreib deine Kundschaft nicht, Pru!», rief der hünenhafte Mann vom Blumenstand nebenan. Sein Gesicht wurde fast vollständig von einem struppigen roten Vollbart bedeckt, aber an den Falten, die sich um seine hellblauen Augen bildeten, sah Ann, dass er lächelte.
Die Frau namens Pru verzog ebenfalls ihre pink geschminkten Lippen. «Keine Sorge, Ernie! Ich bin mir sicher, diese Lady lässt sich nicht von Nagetieren und Krabbelviechern beeindrucken. Schauen Sie rein, dann wissen Sie, was drin ist!» Ihr Blick glitt über Anns petrolfarbenes Vintage-Kleid, unter dem sie einen Petticoat trug, damit es sich noch mehr bauschte. Der schmale Gürtel um ihre Taille und die Mary-Jane-Schuhe vervollständigten ihren auffälligen Look. «Ich könnte mir vorstellen, dass Ihnen gefällt, was Sie sehen.»
Das klang vielversprechend! Ann blickte zu Ray hinüber, der in der Schlange vor der schräg gegenüberliegenden Holzbude stand, in der ein Paar mittleren Alters Pies verkaufte. Sie verströmten einen köstlichen Duft.
Als ob Ray ihren Blick gespürt hätte, drehte er den Kopf in ihre Richtung und winkte ihr mit diesem umwerfenden Lächeln zu, bei dem Ann auch zwei Jahre nach ihrer ersten Begegnung noch jedes Mal Schmetterlinge im Bauch spürte. Sie winkte zurück.
«Ist das Ihr Herzblatt?», fragte Pru unumwunden.
Ann nickte.
«Ein gut aussehender Mann.»
Ja, das stimmte! Und in drei Monaten schon würde er ihr Mann sein. Ann schaute auf ihren Verlobungsring, den sie am linken Ringfinger trug, ein zartes Band aus poliertem Gold, mit einem großen Diamanten in der Mitte, umgeben von einem funkelnden Kranz aus Diamantsplittern.
Der Ring hatte Rays Großmutter gehört, und Ann war sich nicht sicher, ob seine Eltern wussten, dass er ihr dieses Familienerbstück geschenkt hatte. Den Besitzern des altehrwürdigen Traditionshotels Fitzpatrick’s in Belfast wäre eine standesgemäße Schwiegertochter nämlich lieber gewesen als ein Mädchen, das auf einer Farm auf der Isle of Man aufgewachsen war. Bríd und Cormac legten sehr viel Wert auf ihre Außenwirkung. Dass sie nicht glücklich mit der Wahl ihres Sohnes waren, sagten sie Ann natürlich nicht ins Gesicht, aber sie konnte ihre missbilligenden Blicke spüren, und vor allem Bríd konnte sich einen spitzen Kommentar über ihre Herkunft gelegentlich nicht verkneifen.
Ann seufzte leise. Sosehr sie Ray liebte, sie hätte sich wirklich andere Schwiegereltern gewünscht.
Da Ray noch eine Zeit lang in der Schlange stehen und auf seine Fleischpastete warten musste, konnte Ann in Ruhe in der Truhe stöbern. Ray machte sich nichts aus alten Dingen. Bei ihm musste alles neu sein. Sie hatte ihn nur wegen der Essensbuden dazu bewegen können, mit ihr über den Flohmarkt in Cartmel zu schlendern, wo er in dem Zwei-Sterne-Restaurant L’Enclume eine Ausbildung zum Sommelier machte.
Ann öffnete den Deckel der Truhe, und der Geruch von Holz, Staub und altem Stoff stieg ihr in die Nase.
«Wie hübsch!», entfuhr es ihr, als sie einen schimmernden taubenblauen Stoff darin sah.
Ann zog ihn heraus, und ein bodenlanges Kleid mit einer schmal gegürteten Taille und einem weiten, gerafften Rock kam zum Vorschein. Es stammte ziemlich sicher aus den Fünfzigerjahren, erkannte sie. Nach Kriegsende war eine Zeit lang die Sehnsucht nach Luxus groß gewesen, und die Frauen schielten nach Hollywood auf Leinwandikonen wie Joan Crawford, Rita Hayworth und Katharine Hepburn, um sich modische Anregung zu holen.
Ann hatte gehofft, dass sich Kleidung in der Truhe befand, aber mit einem solchen Schatz hatte sie nicht gerechnet. Aber das war noch nicht alles! Unter dem Kleid lag ein Pullover aus weicher burgunderroter Wolle mit dezentem Zopfmuster, der ebenfalls aus dieser Zeit stammen musste. Als angehende Modejournalistin konnte Ann das recht gut einschätzen. Ein hochgeschlossener Kragen und leicht ausgestellte Ärmel verliehen dem Pullover genau die Vintage-Note, die Ann so liebte.
Sie kniete sich vor die Truhe und wühlte weiter darin. Die ehemalige Besitzerin dieser Stücke hatte augenscheinlich einen guten Geschmack gehabt. Auch der Rock aus leichtem pistaziengrünen Stoff mit dazu passender Kurzarmbluse, der Strickcardigan aus grauem Kaschmir und der elegante Hosenanzug im klassischen Glencheck-Muster, dessen Jacke mit einer zierlichen Brosche zusammengehalten wurde, waren geschmackvoll und von erlesener Qualität.
Wie die Frau, die diese eleganten Kleider getragen hatte, wohl gewesen war? Ann stellte sie sich mit blonden, perfekt hochgesteckten Locken und einem dezenten Lächeln auf den Lippen vor. Den pistaziengrünen Rock und die Kurzarmbluse hatte sie sicher zur Teatime mit Freunden getragen, den burgunderroten Pullover und den Cardigan, wenn sie ihren täglichen Aufgaben nachging, das bodenlange Kleid zu festlichen Abendveranstaltungen und den Hosenanzug bei geschäftlichen Anlässen. Vielleicht war sie Anwältin gewesen.
Ann nahm das letzte Kleidungsstück aus der Truhe. Es war in cremefarbenes Seidenpapier eingeschlagen, das Ann vorsichtig auseinanderfaltete. «Das ist ja ein Brautkleid!»
«Ja.» Pru beugte sich zu ihr hinunter. «Valentino persönlich soll es entworfen haben», raunte sie ihr ins Ohr. «Als er noch ein ganz junger Mann war, und zwar für keine Geringere als Jackie Kennedy. Damals hatte er sein Modehaus noch nicht, sondern war in einem Pariser Atelier angestellt.» Sie richtete sich wieder auf. «Letztlich hat Jackie sich aber für ein Modell der Designerin Ann Lowe entschieden. Vielleicht kennen Sie es von Fotos: ein protziges Stück. Fünfzig Meter Seidentaft hat es allein für die Herstellung des Rocks gebraucht, und der war mit unzähligen Stickereien verziert. Ich mag es lieber zeitlos elegant als opulent.» Pru hielt das Brautkleid an der Schulterpartie hoch, damit Ann es betrachten konnte. «Auch wenn es seine besten Tage schon hinter sich hat, erkennt man doch, was für ein erlesenes Stück Couture das ist, nicht wahr?»
Ann nickte. Das Brautkleid war aus zartem elfenbeinfarbenen Seidenstoff gefertigt und in einem schlichten klassischen Schnitt gehalten, der die Silhouette seiner Trägerin perfekt betonen würde. Das ärmellose Oberteil hatte eine tief ausgeschnittene Rückenpartie, die mit feinem Spitzenbesatz eingefasst war.
Ann sah aber auch, was Pru damit meinte, als sie sagte, das Kleid habe seine besten Tage hinter sich: Der Rocksaum war im hinteren Bereich verfärbt und an einigen Stellen eingerissen, so als wäre er von seiner Trägerin über feuchte Erde geschleift worden. Am Ausschnitt waren Make-up-Flecken zu erkennen – und noch etwas anderes, das aussah wie Wasserflecken. Waren das etwa Tränen? Ann betrachtete den Stoff genauer.
«Ertappt!»
Ann zuckte zusammen und drehte sich um. Camy, die ebenfalls im L’Enclume arbeitete, hatte ihr auf den Rücken getippt. Wie Ray stammte die junge Frau mit den halblangen goldblonden Locken aus einer reichen Hoteliersfamilie. «Ich hätte nicht gedacht, dass du auf einem Flohmarkt nach einem Brautkleid suchen würdest.» Camy krauste ihre hübsche Stupsnase.
Ray hat ihr also von seinem Antrag erzählt, dachte Ann.
«Es ist nicht irgendein Brautkleid», stellte Pru klar. «Valentino hat es entworfen.»
«Für Jackie Kennedy», fügte Ann hinzu. Auch sie verspürte auf einmal das Bedürfnis, das Kleid vor Camy zu verteidigen.
Irgendwie rührte sie die Geschichte von Valentino als jungem Angestellten eines Pariser Modemachers. Sicher hatte er die Hochzeitsrobe für die angehende First Lady voller Euphorie und Hoffnung entworfen – und dann war seine Kreation verschmäht worden. Dabei war dieses Kleid wirklich viel schöner als jenes, für das Jackie Kennedy sich letztlich entschieden hatte.
Camy zuckte mit den Achseln. «Nun ist es aber schmutzig und kaputt!»
Das stimmte allerdings. Ann ließ den weichen, luxuriösen Stoff durch ihre Finger gleiten und betrachtete noch einmal den braunen zerrissenen Saum und die gräulichen Wasserflecken auf dem Oberteil. Welche Geschichte das Brautkleid wohl zu erzählen hatte?
Vor ihr stieg das Bild einer blonden Frau auf, die tränenüberströmt durch den Regen lief, während der Saum ihres Kleides über den schlammigen Boden streifte. Dann wurde dieses traurige Bild von einem anderen überlagert: Ann sah...
Erscheint lt. Verlag | 18.6.2024 |
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Reihe/Serie | Das schottische Bücherdorf | Das schottische Bücherdorf |
Verlagsort | Hamburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | Bestseller-Autorin • Bibliophil • Bücherliebe • Bücher über Bücher • Buchladen • Cozy • cozy romance • Dorf • Dorfbewohner • Familienroman • Frauenromane • Freundschaftsroman • Friends to Lovers • Geschenke für Frauen • Highlands • kleine geschenke für frauen • kleiner Buchladen • Kleinstadtroman • last minute geschenke • liebesbücher • Liebesgeschichten • Liebesroman • Liebesroman deutsch • Liebesromane • Romane für Frauen • Romane Liebe • Roman Frauen • Roman Liebe • Romantische Bücher • Schottland • Second Chance Liebesromane • Spiegel Bestseller 2024 • Spiegel Bestseller-Autorin • wholesome romance • wigtown |
ISBN-10 | 3-644-01373-X / 364401373X |
ISBN-13 | 978-3-644-01373-5 / 9783644013735 |
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