Miss Austen ermittelt. Die glücklose Hutmacherin (eBook)
432 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-46834-0 (ISBN)
Jessica Bull begann ihr Berufsleben als Bibliothekarin im Londoner Stadtbezirk Camden und arbeitet seit 20 Jahren als Kommunikationsfachfrau und Beraterin für eine Vielzahl von Organisationen, darunter das House of Commons, Pearson und Penguin Random House. Ihr Debüt 'Miss Austen ermittelt - Die glücklose Hutmacherin' wurde in 15 Länder verkauft. 'A Fortune Most Fatal' ist der sehnsüchtig erwartete zweite Band.
Jessica Bull begann ihr Berufsleben als Bibliothekarin im Londoner Stadtbezirk Camden und arbeitet seit 20 Jahren als Kommunikationsfachfrau und Beraterin für eine Vielzahl von Organisationen, darunter das House of Commons, Pearson und Penguin Random House. Ihr Debüt "Miss Austen ermittelt - Die glücklose Hutmacherin" wurde in 15 Länder verkauft. "A Fortune Most Fatal" ist der sehnsüchtig erwartete zweite Band.
1. Kapitel
Im Mondschein läuft Jane, den Saum ihres Musselinkleids gerafft, über den ordentlich gestutzten Rasen. Das Feuerwerk ist vorbei, aber sie schmeckt noch den schweflig süßen Schwarzpulverrauch im Mund. Die Streichquartettklänge, die aus dem Tudor-Herrenhaus hinter ihr herüberschweben, werden übertönt vom Gelächter einer lärmenden Menge. Es ist neun Uhr abends, und der Ball fängt gerade erst an. Jane und zwei ihrer großen Brüder, James und Henry, sind vor einer knappen Stunde eingetroffen. Schon jetzt haben die feinen Herrschaften aus ganz Hampshire gut getrunken und sind lauter als die Musik.
Auf ihrem Weg durch den Garten duckt Jane sich hinter jede der riesigen, in Form geschnittenen Eiben und vergewissert sich, dass niemand sie sieht. Schon allein bei der Vorstellung, sie könnte entdeckt werden, schlägt ihr das Herz bis zum Hals. Gott bewahre, dass sie erwischt wird, wie sie sich unbeaufsichtigt vom Ball wegstiehlt. Sie hat eiskalte Füße; die perlmuttrosa Seidenschuhe sind längst durchweicht. Sie sind für Pirouetten auf poliertem Mahagoniboden gemacht und nicht für Ausflüge über frostklammes Gras.
Ihr Atem bildet weiße Wölkchen. Kahle Goldregenzweige greifen nach ihr wie die Arme eines übergroßen Skeletts, aber sie läuft unbeirrt weiter. An diesem Abend werden ihr kluger junger Mann und sie sich einig werden. Er wird ihr einen Heiratsantrag machen. Sie weiß es einfach. Welche Worte wird Tom wählen? Teure Jane, erlauben Sie mir, Ihnen zu sagen … Miss Austen, ich bin der Ihre … Sie wird genau hinhören, sich jede Wendung einprägen. Das könnte nützlich sein, wenn der nächsten ihrer Heldinnen ein Antrag gemacht wird.
Aus dem Gewächshaus fällt flackerndes Licht nach draußen und weist ihr den Weg. Sie drückt behutsam die Klinke herunter, die Tür quietscht in den Angeln. Feuchtwarme, süßlich nach Orchideen duftende Luft schlägt ihr entgegen. Sie tastet nach ihrer Frisur. Ihr Mädchen hat ihr das braune Haar zu einem halbwegs eleganten Knoten gesteckt, und kleine Lockenkringel umrahmen das Gesicht. Wenn die sich stärker kräuseln, werden ihre Brüder wissen, wo sie war, und der Mutter von ihren Eskapaden berichten.
Hinter einer Mittelmeerkiefer tritt eine schlanke Gestalt hervor. Blond, mit edlen Zügen, und unverkennbar in seinem elfenbeinfarbenen Schwalbenschwanz. »Mademoiselle.«
Die tiefe Stimme lässt Janes Herz schmelzen und zieht sie unwiderstehlich zu ihm hin. Einen Schritt vor ihm bleibt sie stehen und blickt unter flatternden Lidern zu ihm auf. »Es war sehr ungezogen, mich hierher zu locken.«
Es blitzt in seinen blauen Augen, ein verführerisches Lächeln spielt um seinen Mund. »Dann haben Sie die Botschaft verstanden?«
»Ich verstehe Sie ganz genau, Monsieur Lefroy.« Ihr Blick bleibt an seinen Lippen hängen, und sie lässt zu, dass er sie in die Arme nimmt und an sich zieht. Sein Mund schwebt über ihrem, sie legt den Kopf in den Nacken, um den Kuss zu empfangen. Sie ist nicht ganz, aber beinahe so groß wie er. Das passt gut, sie beide scheinen dazu bestimmt, einander zu lieben. Aneinander klebend taumeln sie gegen eine Regalwand. Neben Jane gerät ein Terrakottatopf ins Wanken, fällt und zerschellt. Rund um ihre Füße liegt Erde auf den Tonfliesen. Sie löst sich aus der Umarmung und bückt sich, um den Wurzelballen aufzuheben und die Pflanze wieder in ihren angeschlagenen Topf zu setzen.
Tom lässt sich auf ein Knie sinken und umschließt ihr Gesicht mit einer Hand. Ist der Moment gekommen, macht er ihr jetzt den Antrag? Er sucht ihren Blick. »Lassen Sie doch das dumme Unkraut, Jane. Wen kümmert das?«
»Aber ich muss – wir sind hier zu Gast, das wäre doch ungehörig.« Während sie die Orchidee wieder zu den anderen ins Regal stellt, wird aus dem Hämmern in ihrer Brust ein normaler Herzschlag. Sie richtet den hohen Stiel, an dem papierdünne hellgrüne Blüten sitzen, bis die Pflanze wieder aussieht, als sei nichts geschehen. Tom schubst mit der Spitze seines Tanzschuhs ein paar Scherben unter das Regal. »Außerdem kommt sonst heraus, dass wir hier waren …«
Er bringt sie mit Küssen zum Schweigen. Langsam zieht er ihr einen seidenen Handschuh vom Arm. Jane presst die bloße Hand gegen seine, ihre Finger verschränken sich. Unter halb geschlossenen Lidern hervor sieht sie Kondenswasser die Glaswand hinabrinnen. Und sie horcht auf die Streicher, wann spielen sie wieder auf? Ein Wassertropfen platscht zu Boden.
»Warten Sie. Da stimmt etwas nicht. Ich höre keine Musik.« Sie streckt die Hand zur Glaswand aus, reibt einen Flecken klar und späht hinaus. Die Terrassentüren des Ballsaals sind weit offen. Gäste stehen in Grüppchen beieinander, stecken die Köpfe zusammen. Die Tanzfläche ist leer.
Tom löst sich von ihr, strafft die Schultern. »Sie haben recht, es ist zu still. Sir John bringt doch nicht etwa schon den Toast aus? So früh am Abend?«
Jane runzelt die Stirn. »Ich nehme an, Mrs Rivers brennt darauf, dass Lady Harcourt und der Baronet es verkünden. Jonathan Harcourt ist die beste Partie von ganz Hampshire. Gewiss fiebert Sophy Rivers bereits den Glückwünschen zu ihrer Verlobung entgegen. Ich sollte hinübergehen. James und Henry werden mich schon suchen. Ich habe bereits vor Wochen um eine halbe Krone mit ihnen gewettet, dass Sophy diejenige sein wird, die sich Jonathan Harcourt schnappt.«
Tom gibt sich geschlagen. »Sie gehen voraus. Ich folge Ihnen.«
»Wir könnten später noch einmal zusammenkommen?« Es fällt ihr nicht leicht, die Gelegenheit ziehen zu lassen, ohne dass Tom und sie ihre gemeinsame Zukunft beschlossen haben. Einen besseren Ort als das Gewächshaus gibt es nicht für Toms Antrag. Andererseits – wenn ihren Brüdern auffällt, dass sie beim Ball fehlt, besteht die Gefahr, dass ihre ohnehin begrenzte Freiheit noch weiter beschnitten wird. »Hier? Sobald wieder getanzt wird?«
Er bedenkt sie mit einem schiefen Lächeln. »Nun, dann gehen Sie. Lassen Sie mir einen Augenblick Zeit, zur Besinnung zu kommen.«
Jane wendet sich zum Gehen und presst die Hand vor den Mund, um nicht laut loszulachen.
»Warten Sie!« Er wedelt mit ihrem weißen Handschuh.
Kichernd läuft sie noch einmal in seine Arme. Wie hätte das ausgesehen, wenn sie mit nur einem Handschuh in den Ballsaal zurückgekehrt wäre? Hätten ihre Brüder geargwöhnt, dass sie den anderen beim Stelldichein mit einem Mann verloren hat, den sie erst seit so kurzer Zeit kennt, sie wären fuchsteufelswild geworden. Sosehr James und Henry Tom vielleicht auch schätzen, Jane ist ihre kleine Schwester, und über deren Tugend zu wachen ist nun einmal ihre Pflicht. Das höchste Gut, das eine Dame besitzt, ist ihr tadelloser Ruf. Das gilt besonders für eine junge Dame wie sie, die nicht gerade üppig mit sonstigen Mitteln ausgestattet ist, die sie als Heiratskandidatin empfehlen würden.
Sie nimmt das gestohlene Pfand wieder an sich, beugt sich vor zu einem letzten Kuss und eilt hinaus in den Abend. Nun, Tom hat ihr noch keinen Antrag gemacht, aber nach dem Strahlen seiner blauen Augen und der Leidenschaft in seinen Küssen ist sie sich seiner glühenden Zuneigung sicher.
Die Flügel der wuchtigen, mit schweren Beschlägen bestückten Eichentür stehen halb offen. Es fällt Licht nach draußen, und das Gedränge gut betuchter Gäste im Innern strahlt Wärme ab. Als sie die Grasflecke auf ihren Seidenschuhen sieht, zögert Jane. Auch der Saum ihres besten Musselinkleides ist nicht verschont geblieben. Cass, ihre große Schwester, der das Kleid offiziell gehört, wird höchst ärgerlich sein. Aber gerade kann Cass ihr weder wegen des Kleides Vorwürfe machen noch wegen ihres liederlichen Benehmens im Gewächshaus, denn Cass ist nicht hier. Sie verbringt Weihnachten bei ihrem Verlobten in Kintbury, um ihre künftige Familie kennenzulernen.
Jane kann also mit ihrer Tugend Schindluder treiben, um sich ebenfalls einen Verlobten zu sichern. Sonst ist sie am Ende noch das einzige der acht erwachsenen Austen-Kinder, das im Pfarrhaus von Steventon ausharren muss. Ein grausameres Schicksal als das, eine alte Jungfer zu werden, die sich um die tatterigen Eltern kümmern muss, kann sie sich nicht vorstellen. Sie füllt ihre Lunge noch einmal mit kühler Abendluft, und dann tritt sie ein.
Unter der hohen gewölbten Eichenholzdecke des elisabethanischen Saals stehen die Mitglieder von vielleicht dreißig Familien in kleinen Gruppen beisammen. Arrogant dreinschauende Damen flüstern hinter ihren Fächern, einige der Gentlemen runzeln die Stirn oder schütteln den Kopf. Janes unschickliches Verhalten kann doch nicht schon die Runde gemacht haben? Mit dem Rücken zur gobelingeschmückten Wand schiebt sie sich seitlich an der Menge vorbei. Über ihrem Kopf brennen große Fackeln in schmiedeeisernen Wandhaltern. Die Musiker auf der Empore unterhalten sich und trinken ein Glas, während ihre Instrumente, locker auf seidenumhüllte Knie gestützt, schweigen.
Gesprächsfetzen hängen in der Luft. »Ein Vorkommnis … Sir John fortgerufen …«
Dem Himmel sei Dank. Nicht ihre Verfehlung ist der Grund, weshalb das Fest unterbrochen wurde, sondern etwas anderes; vielleicht hat ein Gast die Punschschüssel umgestoßen oder sein Lorgnon in die Suppenterrine fallen lassen. Armer Sir John, arme Lady Harcourt – Gäste mit solch schlechtem Benehmen!
Sophy, die älteste der Rivers-Schwestern und dem Vernehmen nach das Objekt zarter Gefühle von Jonathan Harcourt, sitzt auf einem Sofa und betrachtet die blendend weißen Seidenrosen auf ihren Schuhen....
Erscheint lt. Verlag | 1.4.2024 |
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Übersetzer | Susanne Wallbaum |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Historische Romane |
Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Historische Kriminalromane | |
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ISBN-10 | 3-426-46834-4 / 3426468344 |
ISBN-13 | 978-3-426-46834-0 / 9783426468340 |
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