Der Flieger im Widerstand -  Valerie Riedesel Freifrau zu Eisenbach

Der Flieger im Widerstand (eBook)

Cäsar von Hofacker, das Stauffenberg-Attentat und der Umsturz in Paris
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2024 | 1. Auflage
320 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-60707-0 (ISBN)
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Cäsar von Hofacker war Stauffenbergs Mann in Paris. Als am 20. Juli 1944 im Führerhauptquartier die Bombe explodierte, orchestrierte er einen für wenige Stunden erfolgreichen Umsturz in Paris, bei dem Gestapo und SS festgesetzt werden konnten. Das Scheitern der Operation Walküre führte jedoch zu seiner Festnahme und Hinrichtung. Detailliert recherchiert zeichnet seine Enkelin, die Historikerin und SPIEGEL-Bestsellerautorin Valerie Riedesel, den mutigen und wendungsreichen Lebensweg des Mannes nach, der vom nationalkonservativen Hitler-Verehrer zum Widerstandskämpfer wurde.

Valerie Riedesel Freifrau zu Eisenbach, geboren 1964, ist die Enkelin des Widerstandskämpfers Cäsar von Hofacker. Sie studierte Geschichte an der Universität Strasbourg und an der Sorbonne in Paris. Nach einer Ausbildung an der Journalistenschule Axel Springer in Berlin war sie Redakteurin der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Ihr Buch Geisterkinder. Fünf Geschwister in Himmlers Sippenhaft, in dem sie basierend auf den Tagebüchern ihrer Mutter die bewegende Geschichte ihrer Familie erzählt, wurde 2017 zum SPIEGEL-Bestseller. Valerie Riedesel lebt mit ihrem Mann und fünf Kindern auf der Insel Rügen.

Valerie Riedesel Freifrau zu Eisenbach, geboren 1964, ist die Enkelin des Widerstandskämpfers Cäsar von Hofacker. Sie studierte Geschichte an der Universität Strasbourg und an der Sorbonne in Paris. Nach einer Ausbildung an der Journalistenschule Axel Springer in Berlin war sie Redakteurin der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Ihr Buch Geisterkinder. Fünf Geschwister in Himmlers Sippenhaft, in dem sie basierend auf den Tagebüchern ihrer Mutter die bewegende Geschichte ihrer Familie erzählt, wurde 2017 zum SPIEGEL-Bestseller. Valerie Riedesel lebt mit ihrem Mann und fünf Kindern auf der Insel Rügen.

2
Familienbande


Einer fehlte bei der Zusammenkunft am Abend des 16. Juli 1944 in der Tristanstraße, einer, der mit 67 Jahren zwar wesentlich älter als die anderen war, aber unbedingt zu diesem Kreis dazugehörte: Nikolaus Graf von Üxküll-Gyllenband, Onkel der Stauffenberg-Brüder, Cäsar von Hofackers und – wenn auch etwas entfernter – Yorcks. Hochgewachsen, schlank, mit schmalem Gesicht und kurz geschnittenem Schnurrbart wirkte er jedoch deutlich jünger, als sein Alter vermuten ließ. Seine Neffen liebten und verehrten ihn und brachten schon als Studenten gern ihre Freunde mit in Üxkülls offenes Haus nach Berlin-Zehlendorf. Mein Großvater führte Fritzi Schulenburg ein, der dort bald ebenso vertraut und selbstverständlich ein und aus ging wie er selbst.

»Nux«, wie der Onkel von allen bezeichnet wurde, musste für sie eine Persönlichkeit von großer Ausstrahlungskraft gewesen sein, denn er verkörperte das Ideal eines vornehmen, konservativen Charakters, bei dem sich preußische Tugenden mit österreichischem Charme paarten. Gleichzeitig begegnete er »den Jungen« – wie er sie nannte – ungeachtet des Altersunterschieds nicht als Onkel, sondern als Freund. Er nahm sie ernst, teilte ihre Fragen, achtete ihre besonderen Eigenschaften, bewunderte ihre Stärken und wurde von ihnen immer wieder zurate gezogen. Anfangs hatte auch Üxküll in Hitler einen Hoffnungsträger gesehen, geglaubt, dass es möglich sei, den Weg der nationalsozialistischen Bewegung von innen heraus zu beeinflussen. Doch er gewann im Laufe der Dreißigerjahre zunehmend an Abstand und kam schließlich zur Überzeugung, dass das NS-Regime von den Deutschen selbst – aus eigener Kraft – überwunden werden müsse. Er ermutigte die Jungen zum Handeln – besonders seinen Patensohn Claus Stauffenberg, dem er am ehesten die schwierige Führungsrolle im Widerstand zutraute. Für meinen Großvater zählte die Meinung von Nux mehr als die eines jeden anderen.

Üxküll kannte keinen Dünkel. Als Kommandeur im Krieg stand er selbstverständlich auf, wenn ein älterer Soldat, egal welchen Dienstgrades, den Raum betrat, und grüßte, denn »der ist ja in seinem zivilen Leben auch schon etwas gewesen; zum mindesten ist er Familienvater«[10]. Gleichermaßen ließ er jede Frau zuerst durch die Tür treten, auch wenn es die eigene Köchin war. Als er nach dem Ersten Weltkrieg mit 42 Jahren als Oberstleutnant aus der Armee ausschied, war er sich nicht zu schade, als kaufmännischer Lehrling in einer Holzhandlung wieder neu anzufangen. Er stieg schnell auf und leitete ab 1923 in Berlin die Tiele-Winklersche Vermögensverwaltung.

Nikolaus »Nux« Graf von Üxküll-Gyllenband vor dem Volksgerichtshof [5]

 

Genauso selbstverständlich zog er 1943 mit 66 Jahren zu Claus Stauffenberg in die Tristanstraße, um seinem durch Kriegsverwundungen schwer gehandicapten Neffen bei täglichen Handgriffen sowie bei der Vorbereitung des Umsturzes zu unterstützen. Die von Hitler ausgehende Gefahr hatte er schon 1938 erkannt, dessen Wahnsinn spätestens im Februar 1942 als »Festungskommandant« in Tschudowo, südlich von Leningrad. »Festung« – der Begriff versprach Stärke, Sicherheit, Kampfbereitschaft. Die Wirklichkeit sah anders aus: eine angespannte Lage in einem Kessel mit prekärer Versorgung und unvorstellbarer Not der zwangsläufig miteingeschlossenen russischen Zivilbevölkerung.[11]

In der Ukraine ging Üxküll mit seinen Soldaten gegen Massenerschießungen von Zivilisten durch die Sicherheitspolizei vor – sein Adjutant berichtete später davon und zitierte den Grafen mit den folgenden Worten: »Wenn ich dafür einmal meinen Kopf geben müsste, wäre ich für eine gute Sache gefallen.«[12] Üxküll wurde am 14. September 1944 gehängt, allerdings nicht wegen dieses mutigen Einschreitens, sondern aufgrund seiner Beteiligung an den Vorbereitungen zum Staatsstreich des 20. Juli. Seine Handschrift befand sich auf mehreren Dokumenten der Widerständler, sein Name auf einer Liste künftiger Verbindungsoffiziere zwischen einer neuen Regierung und den Wehrkreiskommandos.

 

Den 16. Juli 1944 erlebte Üxküll nicht in Berlin, sondern mit der Geburt seines Enkelsohnes als besonderen Tag mit seiner Schwester, Karoline Gräfin Stauffenberg, in Lautlingen. Der kleine Ort in der württembergischen Provinz war auch ihm und seiner Familie Heimat geworden, sie verbrachten nahezu alle Ferien im stauffenbergschen Schloss und hatten dort ihre vertrauten Zimmer im zweiten Stock. Auch Alexandrine Gräfin Üxküll, die unverheiratete Schwester und Oberin des Roten Kreuzes, hatte bei Stauffenbergs in Lautlingen ein Zuhause gefunden. Im Krieg rückte die Großfamilie erst recht zusammen. Albertine, Cäsars Mutter, lebte im 50 Kilometer entfernten Tübingen.

Immer schon waren die üxküllschen Geschwisterbande eng gewesen, seit ihrer durchaus glücklichen Kindheit, die sie als Waisen bei ihrer Tante Olga Gräfin von Üxküll-Gyllenband am württembergischen Hof verbracht hatten. Das unkonventionelle, geradezu skandalöse Leben ihrer früh verstorbenen Eltern, die zunächst auf eine Heirat verzichten wollten, hatte einst für aufgeregten Klatsch in den höfischen Gesellschaftskreisen von Berlin bis Wien und London gesorgt. Die Kinder Albertine, Alexandrine, Karoline und Nikolaus schweißte hingegen die Geschichte dieser großen, verzweifelten und ihrer Zeit weit vorauseilenden Liebe eng zusammen. Sie war wie ein heimliches Band, das auch noch in die Enkelgeneration der Stauffenbergs, Üxkülls und Hofackers hineinwirkte.

Mein Großvater Cäsar kannte den gewundenen Lebensweg dieser mütterlichen Vorfahren ganz genau und fühlte sich ihnen zutiefst verbunden. Das äußerte sich in seiner leidenschaftlichen Schwärmerei für alles Üxküllsche und nicht zuletzt in der als tiefe Seelenverwandtschaft empfundenen Nähe zur Mutter.

Er liebte und bewunderte sie, teilte mit ihr seine oft überschwänglichen Empfindungen, seine Nöte, Zweifel und Enttäuschungen genauso wie seine ersten amourösen Eroberungen, philosophischen Gedanken und Bücher, die ihn beschäftigten. Über die Mutter führte das innere Band in direkter Linie zu den Großeltern, wie er es selbst im Herbst 1914 in einem Brief mit jugendlichem Pathos zum Ausdruck brachte:

»Mein Verhältnis zu Dir, liebste Mutter, nähert sich ja mehr dem allgemein üblichen zwischen Mutter und Kind, da in diesem die natürliche, instinktive Kinderliebe stets dermaßen überwiegen wird, daß andere Momente erst in zweiter Linie in Betracht kommen. Trotzdem umgeben all die zahlreichen u. so unendlich feinen Gefühle, die der Name Üxküll, der Name Deiner Eltern u. Deines Bruders, in mir erweckt, Dein liebes Bild wie ein Heiligenschein u. adeln meine Gefühle der Kinderliebe.«[13]

 

Cäsar mit seiner Mutter – ein inniges Verhältnis, Berlin Steglitz, 1935 [6]

 

Der Altersunterschied zwischen meinem Großvater und seinen Cousins Alexander, Berthold und Claus von Stauffenberg mochte in der Kindheit eine Rolle gespielt haben. Cäsar war der große Vetter, der mit 18 Jahren in den Ersten Weltkrieg zog, während die Stauffenberg-Brüder mit kindlichem Eifer das Kriegsgeschehen mitverfolgten und Heldengedichte verfassten.[14] Hatten sie ihn als Buben bewundert, vor allem, als er dann einer der ersten Flugpioniere wurde, so erkannte mein Großvater seinerseits später die überdurchschnittlichen Fähigkeiten seiner jüngeren Cousins. Zwischen den Familien gab es sehr viel Verbindendes: Stauffenbergs und Hofackers waren Württemberger, beide Väter standen im Dienst des württembergischen Königs. Alfred Schenk Graf von Stauffenberg gehörte als Oberhofmarschall lebenslang zum engsten Stab des Regenten, Eberhard von Hofacker hatte die militärische Laufbahn eingeschlagen und sich zwischenzeitlich als Kommandeur der Schlossgardekompanie das besondere Vertrauen des Königs erworben, der die Familie 1909 in den erblichen Adelsstand erhob.

Die Nähe zum eher großbürgerlichen als hochherrschaftlichen Stuttgarter Hof bildete das soziale Milieu, in dem die Jungen aufwuchsen. Es war ein konservatives, doch durchaus auch liberal aufgeschlossenes Umfeld. Während die Forderung nach der Abschaffung des Dreiklassenwahlrechts Preußen bis zum Ende des Ersten Weltkriegs spaltete, galt für ...

Erscheint lt. Verlag 31.5.2024
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Schlagworte 1933 • 1939 • 1945 • 1. September 1939 • 1. Weltkrieg • 20. Juli 1944 • 2. September 1945 • 2. Weltkrieg • 30. April 1945 • 30. Januar 1933 • 3. Reich • Albrecht Mertz von Quirnheim • Attentat • Auschwitz • Befreiung • Bendlerblock • Buchenwald • Cäsar von Hofacker • Claus Schenk Graf von Stauffenberg • Dachau • Deportation • Dietrich Bonhoeffer • Flieger • Freiheitskämpfer • Friedrich Olbricht • Führerhauptquartier • Gestapo • Hans Scholl • Heinrich Himmler • Hermann Göring • Hitler • Holocaust • Joseph Goebbels • Kapitulation • KZ • Ludwig Beck • Luftwaffe • Machtergreifung • Nationalsozialismus • Nazideutschland • Operation Walküre • Ostfront • Putsch • Reichskristallnacht • Reichspogromnacht • SA • Shoa • Sophie Scholl • SS • Stauffenberg • Stauffenberg-Attentat • Tyrannenmord • Umsturz • Unternehmen Walküre • Verschwörer • Verschwörung • Wehrmacht • Wehrmachtssoldat • Weiße Rose • Werner von Haeften • Widerstand im Dritten Reich • Wolfsschanze
ISBN-10 3-492-60707-1 / 3492607071
ISBN-13 978-3-492-60707-0 / 9783492607070
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