Eifelfrauen: Der Ruf der Nachtigall (eBook)

historischer Roman | Band zwei der mitreißenden Familiengeschichte von Bestsellerautorin Brigitte Riebe
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2024 | 1. Auflage
432 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-01475-6 (ISBN)

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Eifelfrauen: Der Ruf der Nachtigall -  Brigitte Riebe
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Band 2 der großen Familiengeschichte um die «Eifelfrauen» von Bestsellerautorin Brigitte Riebe. Ein verwunschener Bauernhof, zwei ungleiche Schwestern zwischen Tradition und Aufbruch, verbunden durch die Liebe zum gleichen Mann. Altenburg, 1945: Wiesen voller Orchideen im Frühling, Heuernten in der Sommersonne, stille Landschaften im Herbstnebel. Klara und Mia Fuchs wachsen als Schwestern auf einem idyllischen Bauernhof in der Eifel auf. Die beiden sind unterschiedlich wie Tag und Nacht: Während Mia alle Blicke auf sich zieht und die Menschen mit ihrer ungezwungenen Art für sich einnimmt, ist Klara nachdenklich und in sich gekehrt. Nur wenn sie singt, fällt alle Schüchternheit von ihr ab. Ihre glockenhelle Stimme verzaubert jeden, der ihr zuhört. Als der tschechische Sänger Pavel auf dem Hof Schutz sucht, nimmt das Leben der Schwestern eine unerwartete Wendung ... Nach «Eifelfrauen. Das Haus der Füchsin» der neue Roman der Autorin der erfolgreichen «Schwestern vom Ku'damm»-Reihe.

Brigitte Riebe ist promovierte Historikerin und arbeitete zunächst als Verlagslektorin. Sie hat mit großem Erfolg zahlreiche Romane veröffentlicht, in denen sie die Geschichte der vergangenen Jahrhunderte lebendig werden lässt. Ihre Bücher wurden in mehrere Sprachen übersetzt. Die Autorin lebt mit ihrem Mann in München.

Brigitte Riebe ist promovierte Historikerin und arbeitete zunächst als Verlagslektorin. Sie hat mit großem Erfolg zahlreiche Romane veröffentlicht, in denen sie die Geschichte der vergangenen Jahrhunderte lebendig werden lässt. Ihre Bücher wurden in mehrere Sprachen übersetzt. Die Autorin lebt mit ihrem Mann in München.

1


Altenburg
Juni 1945
Klara

«Auf keinen Fall gehe ich so mit! In diesen Fetzen sehe ich neben dir ja aus wie eine Vogelscheuche. Der Tanzabend im Eifelglück muss ohne mich stattfinden …»

«Was für ein Unsinn, Klara», unterbrach Mia sie lachend. «So hübsch, wie du bist, stellst du alle in den Schatten.» Übermütig drehte sie sich einmal um die eigene Achse und genoss dabei sichtlich, wie der weiche Stoff um ihre Waden floss. «In meinen Füßen kribbelt es schon wie verrückt. Endlich wieder tanzen – wie herrlich wird das sein!»

«Du hast gut reden. Likas Tupfenkleid sitzt an dir, als wäre es für dich geschneidert. Aber was ist mit mir?» Nur mit Schlüpfer und Unterhemd bekleidet schielte Klara zum Bett, auf dem ein Häuflein ausrangierter Kleider lag. «Nichts als uraltes, verwaschenes Zeug. Mit diesen verdammten Kleidermarken war während des Kriegs an Neues doch gar nicht zu kommen. Du hast noch weibliche Rundungen, Glück gehabt. Aber ich bin inzwischen so mager, dass an mir alles wie ein Kartoffelsack hängt.»

«Papperlapapp», widersprach Mia energisch. «Rank und schlank wie eine junge Tanne bist du, und natürlich finden wir auch für dich etwas Schönes. Mama hat mir erlaubt, in Oma Lisbeths altem Schrank zu kramen, und schau doch nur, was ich dort für dich entdeckt habe.»

Sie zog ein lavendelfarbenes Kleid unter den anderen hervor und hielt es ihr an.

«Das hat schon Mama getragen, sie hat es für sich gekürzt, und weil du größer bist als sie, reicht es dir nur knapp bis über die Knie. Den einstigen Schmuckbesatz gibt es leider nicht mehr, doch wie gut die Farbe mit deinen blauen Augen harmoniert, Schwesterchen! Und deine Haare trägst du heute mal ausnahmsweise offen. Ich habe nämlich genug von diesem stockbiederen Zopf.»

Der große Standspiegel, in einem Wittlicher Ruinengrundstück entdeckt und nach viel Überredungskunst von einem Nachbarn per Fuhrwerk nach Altenburg transportiert, warf Klaras Bild zurück, und sie musste zugeben, dass Mia recht hatte.

Ja, die Farbe schmeichelte ihrem hellen Teint, ließ sie sanft und fast ein wenig geheimnisvoll wirken. Aber war die einstige Abendrobe nicht viel zu elegant für ein Dorffest?

«Aufgedonnert möchte ich aber auch nicht aussehen», sagte sie nachdenklich. «Nicht dass die anderen denken, ich sei …»

«Was denn nun?», unterbrach Mia sie. «Kartoffelsack oder Dame? Würde sagen, dann doch eindeutig lieber Dame, oder?»

Klara musste grinsen.

Niemand konnte sie rascher aufmuntern als die vier Jahre Jüngere, die genau genommen nicht ihre leibliche Schwester war, sondern die Tochter von Mamas Cousin Christoph. Mias Mutter Eva, die Landhebamme, war kurz nach der Geburt verblutet und hatte Johanna ihr Neugeborenes anvertraut, die die Kleine als zweite Tochter angenommen und schließlich adoptiert hatte, weil der Journalistenvater im quirligen Berlin überfordert gewesen wäre.

Vom Charakter her so unterschiedlich wie Tag und Nacht, hingen sie beide von Anfang an in zärtlicher Zuneigung aneinander – wenngleich zwischen ihnen manchmal auch ordentlich die Fetzen fliegen konnten. Langbeinig, schmal und rotblond war Klara, sensibel und hochmusikalisch, begabt mit der Fähigkeit, auch Ungesagtes wahrzunehmen. Meistens hielt sie sich eher im Hintergrund, doch sobald sie zu singen begann, legte sie alle Schüchternheit ab. Dann füllte ihre Präsenz den Raum und riss die Zuhörer zu Beifallsstürmen hin. Mia war rundlicher und etwas kleiner, hatte braune Locken, eine wache, zupackende Art und ging auf Menschen beherzt zu. Mit jedem kam sie rasch ins Gespräch, hatte stets die passende Entgegnung parat und ging unbeirrt ihren Weg, alle Hindernisse beherzt meisternd.

Wehe, wenn jemand ihrer großen Schwester dumm kam! Dann war Mia zur Stelle, entweder mit einer Bemerkung, die den Angreifer verstummen ließ, in jüngeren Jahren gelegentlich auch schon mal mit ihren Fäusten, die einige der allzu dreisten Dorfbengel unsanft zu spüren bekommen hatten. Inzwischen waren die beiden Mädchen zu jungen Frauen herangereift, und Mias Fäuste traten schon lange nicht mehr in Aktion. Ihr schlagfertiges Mundwerk jedoch setzte sie oft und gerne ein.

Klara hatte inzwischen das Kleid angezogen. Es saß locker, aber stand ihr ausgezeichnet. Sie wiegte sich darin vor dem Spiegel leicht hin und her und ließ den seidigen Stoff um ihre Hüften schwingen.

«Siehst du, deine Füße wollen auch schon tanzen.» Mia löste Klaras Zopf und fuhr ihr mit beiden Händen durch die Haare. «Jetzt nur noch einmal kräftig schütteln.»

Klara gehorchte.

«Wunderbar.» Mia lächelte befriedigt. «An deiner Stelle würde ich mich gar nicht mehr groß kämmen, sondern es einfach so lassen. Wie eine wilde Elfe siehst du aus.»

«Wo soll eigentlich die Musik herkommen?», fragte Klara und strich sich, geschmeichelt von dem Kompliment, behutsam übers Haar.

«Kätt hat da wohl ein paar Musiker aufgetrieben, die vor Kurzem noch als Zwangsarbeiter malochen mussten. Mehr hat sie allerdings nicht verraten. Du weißt doch, sie liebt es, die Leute zu überraschen. Genaueres werden wir erst erfahren, wenn es losgeht. Wird sicherlich alles ziemlich improvisiert sein, aber macht uns das etwas aus? Hauptsache, die Tanzerei findet überhaupt statt – und zwar mit uns beiden. Ich ziehe mir jetzt die alte Schürze über und melke noch geschwind unsere Ziegen. Mama hat angeboten, das heute zu übernehmen, aber sie hat sowieso schon genug damit zu tun, uns alle satt zu kriegen und das Haus in Ordnung zu halten. Und in ihrer Werkstatt ist sie jetzt auch wieder öfter. Hast du gesehen, womit sie seit Neuestem experimentiert? Dein Klavier steht doch gleich nebendran.»

Klara schüttelte den Kopf. «Nur aus den Augenwinkeln. Ich bin beim Spielen immer vollkommen konzentriert», erwiderte sie.

«Mit echten Pigmenten, die hat Cees ihr in verbeulten Milchkannen aus Köln mitgebracht: ein Blau, das dich geradezu umhaut. Und das schwärzeste Schwarz, das ich jemals gesehen habe, entstanden aus verbranntem Elfenbein, das muss man sich einmal vorstellen! Dazu Schwefelgelb, Magenta, kräftiges Purpur – alles Farben, die die Welt zum Leuchten bringen. Wenn das Material nicht so kostbar wäre, ich könnte glatt anfangen mitzumalen. Geh mal rüber und schau dir das an.»

An der Tür drehte Mia sich noch einmal zu Klara um.

«Und das Kleid bleibt an», sagte sie. «Verstanden? Einen Rückzieher gibt es heute nicht!»

«Aye, aye, captain», erwiderte Klara und nahm spielerisch Haltung an. «Dann auf zum Tanz!»

*

Als sie gemeinsam im Wirtshaus Eifelglück ankamen, direkt neben ihrem Bauernhaus gelegen, war die Gaststube bereits gut gefüllt. Nicht nur zahlreiche Einwohner von Altenburg waren erschienen; Klara entdeckte unter den Gästen auch einige bekannte Gesichter aus Heckenmünster, Gladbach und Heidweiler. Sogar aus dem sechs Kilometer entfernt gelegenen Töpferdorf Niersbach stammten ein paar Besucher, darunter auch der langjährige Familienfreund Peter Michael Streit mit seiner Frau Ida. Alle hatten sich fein gemacht, so gut es eben ging, hatten die besten Kleider herausgekramt, wenngleich das meiste trotzdem altbacken und eher ärmlich wirkte. Die Anzüge der Männer glänzten abgetragen, und auch bei den Frauen sah es kaum besser aus. Kittelschürzen waren die übliche Alltagskleidung der Eifelbäuerinnen, darin hatte sich in den kargen Kriegsjahren erst recht nichts geändert. In allem anderen bewegten sie sich eher steif, weil es ungewohnt für sie war.

«Was für ein übler Weiberüberschuss», flüsterte Mia Klara zu. «Siehst du das? Mannsbilder sind Mangelware und junge Mannsbilder natürlich erst recht. So viele sind totgeschossen, vermisst oder kriegsversehrt, welch ein Jammer! Ganze Jahrgänge wurden ausgelöscht. Da werden heute wohl einige Frauen sitzen bleiben – aber gewiss nicht wir …»

Kätt, Wirtin des Eifelglücks, Mias leibliche Tante und Klaras Taufpatin, empfing sie lächelnd, an ihrer Seite ihre stets freundliche Schwägerin Lika, die das Dorflädchen sowie die örtliche Poststation betrieb. Ein Stück hinter ihnen stand, noch immer ganz in Schwarz, Kätts Tochter Gritt, deren Ehemann Rob in den letzten Kriegsmonaten gefallen war. Als die Bomben über Wittlich an Weihnachten 1944 nicht nur ihre Wohnung, sondern auch das einstmals jüdisch geführte Bekleidungshaus zerstört hatten, in dem sie seit Jahren gearbeitet hatte, war die junge Witwe schließlich zu ihrer Mutter nach Altenburg zurückgekehrt.

Dies war das erste Mal seit Langem, dass Gritt sich wieder unter Leute wagte. Klara nickte ihr aufmunternd zu, weil sie ahnte, welche Überwindung sie das kosten musste. Die blonde Gritt hatte Mia und Klara gehütet, als sie noch Kinder waren, und auch wenn sie ein Altersunterschied von neun Jahren trennte, war sie für Klara ebenso eine Cousine wie für Mia.

«Da seid ihr ja endlich», sagte Kätt resolut. «Und beide so hübsch herausgeputzt. Entdecke ich da etwa Johannas altes Staatskleid? Steht auch der Tochter, muss schon sagen! Aber wo steckt Johanna eigentlich? Sie wollte doch auch …»

«Mama und Cees kommen nach», erwiderte Mia. «Gemeinsam mit Christoph muntern sie noch Großtante Martha auf, weil die wieder einmal keinen Fuß vor die Tür setzen möchte. Aber sie muss doch raus! Sonst verrottet sie uns noch unter dem Dach.»

«Ihr Paul ist tot, natürlich geht es ihr nicht gut. Aber wie es ist, seinen Mann zu verlieren, kann wohl nur eine Frau nachempfinden, die dasselbe...

Erscheint lt. Verlag 18.6.2024
Reihe/Serie Eifelfrauen
Eifelfrauen
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte bücher für frauen • bücher literatur • Bücher Neuerscheinungen 2024 • Carmen Korn • Das Haus der Füchsin • Deutsche Autorin • Deutsche Literatur • Deutsche Romane • Die Schwestern vom Ku'damm • Eifel • Familiengeheimnis • Familiengeschichte • Familienroman • Familiensaga • Gegenwartsliteratur • Generationenroman • Geschenk Mutter • historienromane • Historische Bücher • historische Romane Neuerscheinungen 2024 • Historischer Roman • Landleben • Liebe • Nachkriegszeit • romane neuerscheinungen 2024 • Roman historisch • Roman historisch Frauen • Saga • Schwestern • Schwestern-Beziehung • Zeitgenössische Literatur
ISBN-10 3-644-01475-2 / 3644014752
ISBN-13 978-3-644-01475-6 / 9783644014756
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