Skalpjagd (eBook)

Der dritte Fall für Ted Garner. Kriminalroman
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
288 Seiten
Pendragon Verlag
978-3-86532-876-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Skalpjagd -  Frauke Buchholz
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Nach »Frostmond« und »Blutrodeo« nun der dritte Teil der preisgekrönten Trilogie um Ted Garner. Nachdem ihn sein letzter Fall beinahe das Leben kostete, beschließt der kanadische Profiler Ted Garner den Polizeidienst zu quittieren und eine psychotherapeutische Praxis zu eröffnen. Bei einem Therapeutenkongress lernt er Dr. Hofstätter kennen und lässt sich von ihr zu einer nächtlichen Zeremonie mit einem indigenen Medizinmann überreden. Nach einem Horrortrip erwacht Garner in einem einsamen Tipi. Neben ihm eine skalpierte Leiche, in seiner Hand ein blutiges Messer. Anstatt sich zu stellen, lassen ihn Zweifel und Misstrauen selbst ermitteln. Die Spur führt ihn immer tiefer in die kanadische Wildnis von British Columbia und die indigene Welt. Doch die Polizei ist ihm dicht auf den Fersen. Ted Garner, ein geachteter Profiler der Royal Canadian Police, ermittelt in Mordfällen, die ihn von großen Metropolen, durch ungezähmte Wildnis, bis in die Reservate der indigenen Stämme führen. Dabei muss er sich nicht nur mit Kriminellen auseinandersetzen, sondern auch mit seinen eigenen Abgründen.

Frauke Buchholz studierte Anglistik und Romanistik und promovierte über zeitgenössische indianische Literatur. Sie liebt das Reisen und fremde Kulturen, hat viele Indianerreservate in Kanada und den USA besucht und einige Zeit in einem Cree-Reservat verbracht. Heute lebt sie in Aachen. Bei Pendragon bereits erschienen: »Frostmond« (2021) und »Blutrodeo« (2022).

Frauke Buchholz wurde 1960 in der Nähe von Düsseldorf geboren. Sie studierte Anglistik und Romanistik und promovierte über zeitgenössische indigene Literatur. Sie liebt das Reisen und fremde Kulturen und hat einige Zeit in einem Cree-Reservat in Kanada verbracht. Heute lebt sie in Aachen. Bei Pendragon sind bereits erschienen: »Frostmond« (2021, ausgezeichnet mit dem Harzer Hammer und dem Stuttgarter Krimipreis, Sparte Debüt) und »Blutrodeo« (2022, nominiert für den Glauser).

Ted Garner

21. September


Vancouver

„Lassen Sie mich meinen Vortrag mit einem Zitat des berühmten amerikanischen Psychotherapeuten Peter Levine beginnen: ‚Ein Trauma ist eine innere Zwangsjacke, die so überwältigend und verheerend ist, dass die Person innerlich erstarrt und diesen Augenblick sozusagen einfriert und mit sich trägt.‘“ Dr. Claudia Hofstätter machte eine bedeutungsschwangere Pause und blickte ernst ins Publikum. Garner hatte das seltsame Gefühl, dass ihre Augen hinter den Brillengläsern genau in seine tauchten, bevor sie mit ihren Ausführungen fortfuhr. „Wenn Menschen sich so bedroht fühlen, dass sie überwältigt sind, erstarren sie in Angst. Dabei ist die Dissoziation ein typisches Merkmal von Traumata. Gedanken, Gefühle, Empfindungen, Erinnerungen oder Handlungen, die üblicherweise miteinander verbunden sind, werden abgespalten und …“

Wie so oft in den letzten Wochen, drifteten Garners Gedanken ab, und er fiel in eine Leere, die so abgrundtief war wie der Tod. Auf der Beerdigung seines Vaters vor fünf Wochen hatte er Pat hoch und heilig versprochen, endgültig aus dem Polizeidienst auszusteigen, obwohl er einer der erfolgreichsten Profiler der Royal Canadian Mounted Police war. Doch die vernarbten Brandwunden an seinem Körper erzählten ihre eigene Geschichte. Bei seinem letzten Fall wäre er beinahe draufgegangen. Er und sein Vater waren in die Hände zweier gefährlicher Psychopathen geraten, und obgleich Garner sein Leben riskiert hatte, um ihn zu retten, war der Colonel im Hospital seinen schweren Verletzungen erlegen, ohne noch einmal das Bewusstsein erlangt zu haben. Pat hatte recht. Er trug Verantwortung für seine Frau und die beiden Söhne. Er würde seine tiefenpsychologischen Kenntnisse auffrischen und in Regina eine eigene Praxis eröffnen. Der internationale Therapeuten-Kongress in Vancouver hatte hochkarätige Koryphäen aus aller Welt angezogen, und Garner zwang sich, die dunklen Erinnerungen beiseitezuschieben und dem Vortrag zu folgen.

„Das Trauma unterdrückt die Entfaltung des Lebens und erstickt unsere Versuche, mit unserem Leben voranzuschreiten. Es unterbricht die Verbindung zu uns selbst, zu anderen Menschen, zur Natur und zu unserer geistigen Quelle.“

Dr. Hofstätters sanfte Stimme mit dem leichten österreichischen Akzent lullte Garner ein, und er verspürte wieder die bleierne Müdigkeit. Er war seit drei Tagen in Vancouver. Tagsüber versuchte er, sich auf die Präsentationen der Referenten zu konzentrieren, doch bereits nach kurzer Zeit überfiel ihn stets eine dumpfe Trägheit, die sein Hirn lahmzulegen schien. Wenn er am späten Nachmittag in sein Hotelzimmer zurückkehrte, starrte er stundenlang aus dem Fenster der siebten Etage. Ein nebelgrauer Himmel, aus dem ein ständiger Nieselregen in hauchdünnen Strichen fiel. Westküstenwetter. Obwohl es erst Spätsommer war, regnete es seit seiner Ankunft unaufhörlich. Tief unten der hellbraune Sand des Kitsilano Beach mit seinen im Wind flatternden Volleyballnetzen und verlassenen Deckchairs, hinter der sanft gekräuselten Wasserfläche des Pazifiks die sattgrüne Kette der Coast Mountains. Ein Bilderbuchpanorama. Eigentlich. Doch Garners Blick ging ins Leere und verlor sich in den unterschiedlichen Schattierungen von Himmel und Meer, bis das Grau in ein dunkles Anthrazit überging, und er in seinem einsamen Bett einer weiteren schlaflosen Nacht entgegensah. Viel quälender als die frisch verheilten Brandwunden an seinem Körper war der bohrende Zweifel, ob und wenn ja welche Schuld sein Vater auf sich geladen hatte, doch er würde es nie mehr erfahren.

Der aufbrausende Applaus im Saal holte Garner mit einem Ruck zurück in die Wirklichkeit. Dr. Hofstätter lächelte, packte ihre Papiere zusammen und verließ das Rednerpult. Auch dieser Vortrag war an ihm vorbeigerauscht. Seine Seele war eine hohle Schale. Garner beschloss, sie heute Abend mit Whiskey zu füllen.

Während er inmitten einer dichten Menschentraube aus dem Saal Richtung Treppenhaus strömte, fühlte er sich wie ein Lemming vor dem Abgrund. Er musste sich zusammenreißen und auf den Neustart seines Lebens konzentrieren. Nach vorne blicken. Positiv denken. Die unheilvollen Gedankenketten durchbrechen. Therapierte er sich gerade selbst? Die Vortragsräume lagen im Erdgeschoss des Kongresshotels, und während Garner, eingezwängt zwischen angeregt schwatzenden Teilnehmergrüppchen, auf den Lift nach oben wartete, beschloss er, aus seinem einsamen Zimmerkäfig auszubrechen und den Abend in der Hotelbar zu verbringen. Unter die Leute gehen. Partylöwe Ted Garner. Haha. Dabei war er eher der Typ ‚Einsamer Wolf ‘. Doch als zukünftiger Psychotherapeut musste er empathisch sein. Kommunikativ. Aufgeschlossen. Garner grinste wieder. Bei seinem Neustart würde er sich selbst neu erfinden müssen. Konnte man das? Allem Anfang liegt ein Zauber inne … Bisher hatte sich der Zauber allerdings noch nicht eingestellt. Die Erinnerungen an seine Zeit als Therapeut in der forensischen Klinik in North Battleford waren nicht gerade ermutigend. Im Grunde seines Herzens war Garner ein Jäger, und das Adrenalin bei der Jagd auf Verbrecher hatte ihn deutlich mehr beflügelt als der mühsame und meist vergebliche Versuch, sie zu heilen. Endlich ergatterte er einen Platz in dem völlig überfüllten Lift und unterdrückte seine Klaustrophobie, während sie langsam nach oben glitten. Er folgte einem endlosen Flur, bis er vor Zimmer Nr. 758 stand, und hielt die Schlüsselkarte vor das Türschloss. Das elektrische Licht ging automatisch an, und Garner betrat seine kleine Box, die ihn in ihrer anonymen Uniformität an eine Gefängniszelle denken ließ. Bett, Schrank, Tisch, Stuhl. Das Zimmerfenster zog ihn an wie ein Magnet, doch er zwang sich, den grauen Anzug auszuziehen, frische Unterwäsche und ein sauberes weißes Hemd aus dem Koffer zu fischen und ins Bad zu gehen. Während er in die Dusche stieg und sich einseifte, dachte er an Sophie LeRoux. Auch wenn er es sich nicht eingestehen wollte, vermisste er sie. Ihr Lachen, ihre Intelligenz, ihre gemeinsame Begeisterung für die Philosophie Arthur Schopenhauers. Sie war die Frau eines Kollegen aus Montreal, und obwohl sie einander bei ihren kurzen Treffen während eines Falls im letzten November nicht ein einziges Mal auch nur geküsst hatten, verfolgte Garner das Gefühl, dass sie die Einzige war, die ihn wirklich verstand. Nach der unguten Sache mit seinem Vater hatte er sie aus dem Krankenhaus angerufen, und sie hatten über eine Stunde lang miteinander geredet. Danach hatte er sich seltsam leicht und frei gefühlt. Doch Montreal war viereinhalbtausend Kilometer entfernt. Sie waren beide verheiratet. Wahrscheinlich würden sie sich nie mehr wiedersehen. Es war besser, sie zu vergessen.

Garner ließ das warme Wasser lange über seinen nackten Körper rieseln, dann stieg er aus der Dusche und trocknete sich ab. Der dunkle Schatten hatte sich erneut über sein Gemüt gelegt. Er versuchte gewaltsam, den Gedanken an Sophie LeRoux abzuschütteln und zog sich hastig an. Er brauchte dringend einen Whiskey. Das Jackett seines grauen Anzugs war zerknittert und roch leicht nach Schweiß, doch die Reinigung würde bis morgen warten müssen. Er zog die Tür hinter sich zu und nahm erneut den Aufzug nach unten.

Die Hotelbar war bereits gut gefüllt. Dezente Jazz-Musik, Sitzgruppen aus schwarzem Leder, gedämpftes Licht. Kongressteilnehmer standen in lockeren Cliquen mit einem Aperitif in der Hand um Stehtische, lächelnd und Köpfe nickend in Small Talk verstrickt. Garner hasste Small Talk. Er ging zu dem Tresen aus blank poliertem Mahagoni und setzte sich auf einen der letzten freien Barhocker. Er bestellte einen Royal Canadian und leerte ihn in einem Zug. Während sich die ölige Flüssigkeit mit dem leicht rauchigen Geschmack in Kehle und Magen ausbreitete, überschwemmten ihn Erinnerungen an den Colonel und die wenigen gemeinsamen Abende auf der Veranda des einsamen Ranchhauses in den Foothills der Rocky Mountains. Auch wenn sie einander nie nahe gestanden hatten, vermisste Garner seinen Vater auf eine seltsam schmerzhafte Art.

„Pardon.“ Jemand drängte sich an den Tresen, und ein schwerer, orientalisch anmutender Parfümduft stieg ihm in die Nase. Garner drehte sich zur Seite und sah direkt in die Augen einer attraktiven Enddreißigerin. Sie trug ein weit geschnittenes, kaftanähnliches Kleid aus einem geblümten Stoff und silberne Hängeohrringe, an denen tropfenförmige Türkise baumelten. Das lange blonde Haar war locker zu zwei Zöpfen geflochten. Sie lächelte ihn so glückselig an, als habe sie gerade Shangri-La entdeckt.

„Hi. Ich bin Claudia. Ich glaube, wir kennen uns noch nicht.“ Wieder dieser einlullende Akzent. Dr. Hofstätter. In ihrem hippymäßigen Outfit und ohne die dunkle Brille hätte er sie beinahe nicht erkannt. Garner gab sich einen Ruck. „Ted Garner“, sagte er...

Erscheint lt. Verlag 21.2.2024
Verlagsort Bielefeld
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Casino • Die 6. Familie • Drogen • First Nations • Geld • Gier • Horrortrip • Indigene Reservate • Kanada • Kanadische Wildnis • Mafia • Medizinmann • Peyote • Peyote-Zeremonie • Royal Canadian Police • Serienmörder • Skalpieren • Vancouver
ISBN-10 3-86532-876-8 / 3865328768
ISBN-13 978-3-86532-876-2 / 9783865328762
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