Frühlingsgefühle im kleinen Friesencafé (eBook)

Ein Inselroman
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
288 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-01397-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Frühlingsgefühle im kleinen Friesencafé -  Janne Mommsen
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Die große Liebe auf hoher See: Kann das gut gehen? Der neue Band der Bestsellerreihe «Das kleine Friesencafé». Krabbenfischer Gonzo wünscht sich schon lange eine Frau zum großen Glück. Gesine, seine beste Freundin, will ihm helfen: Sie lädt ihn ein, bei ihrem Yogakurs im Garten des kleinen Friesencafés mitzumachen. Die Frauenquote liegt dort bei hundert Prozent! Gonzo begräbt seine Vorurteile, macht mit und staunt: Es tut ihm gut! Eine Frau ist dennoch nicht für ihn dabei. Auch im Internet schaut er sich um. Aber sein erstes Treffen auf dem Festland in Dagebüll wird ein Flopp. Resigniert ankert er mit seinem Krabbenkutter auf hoher See vor Föhr und spielt an Deck melancholische Songs auf seiner Gitarre. Wird er für immer allein bleiben? Da macht eine attraktive Ärztin aus Düsseldorf mit ihrer Motoryacht an seinem Kutter fest. Ein Wunder, mitten auf hoher See. Krabbenfischer meets Hipster - kann das gut gehen?  

Janne Mommsen hat in seinem früheren Leben als Krankenpfleger, Werftarbeiter und Traumschiffpianist gearbeitet. Inzwischen schreibt er überwiegend Romane und Theaterstücke. Mommsen hat in Nordfriesland gewohnt und kehrt immer wieder dorthin zurück, um sich der Urkraft der Gezeiten auszusetzen.

Janne Mommsen hat in seinem früheren Leben als Krankenpfleger, Werftarbeiter und Traumschiffpianist gearbeitet. Inzwischen schreibt er überwiegend Romane und Theaterstücke. Mommsen hat in Nordfriesland gewohnt und kehrt immer wieder dorthin zurück, um sich der Urkraft der Gezeiten auszusetzen.

1


Alles ist gut. Gonzos Krabbenkutter liegt fest vertäut im Wyker Hafenbecken, der dunkelrote Holzrumpf leuchtet in der nordfriesischen Sonne. Er sitzt auf einem Klappstuhl an Deck seiner Lille Mor mit dem Rücken zum Kai und legt die nackten Füße auf die Reling. Das Hafenwasser kräuselt sich in der sanften Brise. Sein Gesicht und seine Hände sind braun gebrannt, auch im Winter. Da er das ganze Jahr draußen ist, passiert das wie von selbst. In der Hand hält er eine Angel, der Köder ist im Wasser abgetaucht. Einfach nur rumsitzen und aufs Meer gucken macht er normalerweise nie. Die Nordsee ist sein Arbeitsplatz, ein besonderer zwar, aber auch da hat man irgendwann Feierabend und kann gerne mal was anderes sehen. Heute ist eine Ausnahme.

Den Kutter hat er nach seiner Großmutter benannt. Seine lebenslustige, immer optimistische Oma Jette war knapp unter eins sechzig groß und wurde von allen «Lille Mor» genannt, die «kleine Mutter». Die Brodersens gehören zur dänischen Minderheit auf der Insel Föhr, Gonzo ist zweisprachig aufgewachsen. Er hat Lille Mor sehr geliebt, alle Sommer seiner Kindheit verbrachte er in ihrem Reetdachhaus, während seine Mutter im Fischrestaurant nebenan mit Kellnern ihr Geld verdiente. Lille Mor ist leider längst verstorben, auf der Brücke seines Kutters hängt ein gerahmtes Foto von ihr, das er in Ehren hält. Er ist fest überzeugt davon, dass sie ihm Glück bringt, wenn er rausfährt.

An Bord läuft er meist mit Schürze und Gummistiefeln herum. Heute trägt er das erste Mal seine neue hellblaue Jeans, dazu ein weißes T-Shirt. Hat er in Husum besorgt, vier Nummern kleiner als sonst – und beides passt wie angegossen!

Geangelt hat er das letzte Mal, als er fünfzehn war. Wenn er die Fische einzeln aus dem Wasser holen würde, würde er nichts verdienen: Gonzo ist Fischer, kein Angler. Heute aber will er gar nichts fangen, sondern einfach nur dasitzen und auf die Nordsee gucken. Sie liegt sanft und harmlos vor ihm wie ein Gartenteich. Er weiß, das kann ganz anders sein. Einmal ist er nach einem Ruderbruch in schwerer See fast untergegangen. Gegen die haushohen Wellen konnte er nichts ausrichten, sie rasten von allen Seiten auf die Lille Mor zu und spielten ein böses Spiel mit ihr. Gonzo hatte sich und sein Schiff schon aufgegeben, nur durch großes Glück erreichte er den sicheren Wyker Hafen. An jenem Tag beschloss er, nie wieder rauszufahren. Nicht einmal sehen wollte er das Meer noch, schon bei dem Gedanken wurde ihm übel. Er wollte sich einen Job auf dem Festland suchen, weit weg von der Küste, am besten auf einem hohen Berg. Zwei Tage lag er im Bett und schlief praktisch durch, zwischendurch wurde er gar nicht richtig wach. In seinen Träumen kämpfte er gegen die Fluten und ertrank jedes Mal aufs Neue. Das Meer war stark und er zu schwach.

Nur weil mein Großvater und mein Vater Fischer waren, muss ich es nicht auch sein, sagte er sich. Ich bin ein freier Mensch und kann tun und lassen, was ich will.

Tags darauf reparierte er das Ruder und fuhr doch wieder raus. Bis heute weiß er selbst nicht richtig, warum. Die Kollegen, insbesondere eine Kollegin, hatten ihm dringend dazu geraten. «Du musst sofort wieder raus, sonst frisst die Angst dich auf.»

Auf dem Tischchen neben seinem Klappstuhl steht eine Flasche Flens. Er hat sie aus dem kleinen Bordkühlschrank geholt und ein paar Minuten neben sich stehen lassen, damit sie einen Tick wärmer wird. Gonzo legt die Angelrute über die Reling und greift zu der Flasche. Das erste Bier seit einem Jahr! Mit dem Zeigefinger prüft er am Metallbügel des Verschlusses die Temperatur. Der ist für ihn das Maß aller Dinge: Bier sollte kalt sein, aber nicht eiskalt, dann ist es für ihn genau richtig. Ein Lächeln huscht ihm übers Gesicht, das Flens ist auf den Punkt! Gleich wird es ölig seinen Rachen hinuntergleiten. Der erste Schluck ist immer der schönste, er löscht den großen Durst. Der Rest ist zum Nachspülen.

Vor einem Jahr wäre die Buddel spätestens nach fünf Minuten leer gewesen, dann hätte er die zweite geöffnet. Von seinem regelmäßigen Feierabendbierchen und zu fettem Essen wurde er immer runder. Inselarzt Dr. Webersen bezeichnete das als «übergewichtig». Für Gonzo war das viel zu höflich ausgedrückt, er war fett geworden, anders konnte er das nicht nennen. Der Druck im Bauch nach jeder üppigen Mahlzeit wurde immer schlimmer. Er probierte mehrere Diäten, zunächst alle erfolgreich, die Pfunde purzelten nur so. Wenn er sein angepeiltes Gewichtsziel dann erreicht hatte, aß er wieder «normal». Die Folge war, dass er mehr zunahm als je zuvor – der berüchtigte Jo-Jo-Effekt. Dabei ist das Wenigerwerden im Prinzip simpel: Du musst weniger Kalorien zu dir nehmen, als du verbrauchst. Punkt, aus, keine Ausnahmen!

Die unangenehme Wahrheit war, dass er sich auf Dauer umstellen musste, wie Dr. Webersen ihm freundlich klarmachte. Damit machte er ihm große Angst, denn «auf Dauer» bedeutete das ganze Leben, und das sollte doch noch möglichst lange dauern.

Er hat es trotzdem geschafft, gegen alle inneren Schweinehunde. Fünfzehn Kilo weniger in einem Jahr sind dreißig halbe Liter, das ist keine Kleinigkeit. Wenn du die schleppen willst, musst du dich ziemlich ins Zeug legen. Ein großer, breiter Kerl ist er immer noch, so ist er nun mal gebaut. Trotzdem ist er jetzt schlank und hat keinen Bauch, nicht mal einen Ist-ja-nicht-schlimm-den-hat-doch-jeder-Bauch.

Seine Ernährung besteht seitdem ausschließlich aus Gemüse und Fisch, auf Festen trinkt er keinen Alkohol, auch nicht nach Feierabend mit den Kollegen. Es war nur zu Anfang schwer gewesen, schon bald hatten er und seine Umgebung sich daran gewöhnt. Es kamen nicht mal Sprüche, und wenn, nur zu Anfang ein paar harmlose. Spaß hatte er genauso viel wie zuvor.

Er stellt die Flasche kurz zur Seite, zieht den Köder aus dem Wasser und wirft ihn wieder hinein. Dann fährt er sich durch seine widerspenstigen blonden Haare, auch sein Vollbart sieht ziemlich wild aus. Unter seiner dichten Mähne fällt kaum auf, dass sein Gesicht deutlich schmaler geworden ist. Da muss Inselfriseur Johnny dringend ran. Ein bisschen angeben möchte er mit seiner neuen Form schon, ist doch klar.

Die Sonne scheint von einem wolkenlosen blauen Himmel auf ihn herab. Er schließt die Augen und atmet, wie es ihm seine gute Freundin Gesine empfohlen hat: vier Sekunden ein und sechs aus. Dabei hört er tief in sich hinein. Dort ist es nicht dunkel oder hell, groß oder klein, es ist eine ganz eigene Welt. Alles ist gut.

Nach einer Weile taucht er wieder auf und blinzelt in die Sonne. Mit dem Daumen drückt er den Bügel der Flasche auf. Plopp! Die Meeresoberfläche kräuselt sich, über das Wasser kommt eine kleine Windbö auf ihn zu, die will er noch mitnehmen. Kühl streicht sie ihm über die Haarspitzen. Er setzt die Flasche an den Mund.

Der erste Schluck perlt durch seine Kehle – herrlich! Mit fünfzehn Kilo weniger fühlt sich alles besser an. Na ja, fast alles.

Er und die Frauen – das bleibt ein heikles Kapitel, daran hat sich nichts geändert. Jedes zweite Inseldorf ist für ihn mit einer Absage verbunden: Maren in Oldsum, Sandra in Midlum, Katja in Utersum. Die unglücklichen Teeniegeschichten sind lange her, aber nicht vergessen. Das Schlimmste war, wenn eine Frau wiederholte, was seine Klassenkameradin Keike aus Midlum zu ihm sagte, als er ihr unter Zuhilfenahme seines gesamten Mutes gestanden hatte, dass er in sie verliebt sei: «Du bist einfach von Natur aus der Kumpeltyp, es wäre schön, wenn wir gute Freunde sein könnten.» Es wurde der Refrain eines Liedes, der in seinem Leben immer wieder erklang, egal, wie die Strophen dazwischen waren.

Mit siebzehn geschah dann ein Wunder, vollkommen aus dem Nichts. Er kam mit der fünf Jahre älteren Steffi aus Hamburg zusammen und wurde mit achtzehn Vater. Seine Tochter Maike ist ein tolles Mädchen, er liebt sie über alles. Ein Jahr hat er zusammen mit ihr und ihrer Mutter in Hamburg gewohnt. Aber er und Steffi standen sich im Weg, sie waren nicht richtig füreinander. Nach der Trennung zog er zurück nach Föhr und fing bei seinem Vater als Krabbenfischer an. Von seiner kleinen Maike wegzugehen, tat ihm unendlich weh. Immerhin kommt sie jedes zweite Wochenende und die halben Schulferien zu ihm auf die Insel, auch heute noch. Und er fährt, sooft es geht, nach Hamburg, übernachtet in einer Pension, verbringt die Tage mit ihr. Inzwischen ist sie fünfzehn, zurzeit macht sie ein Austauschjahr auf Long Island bei seinem Cousin Peter und dessen Frau Enke, beide ausgewanderte Föhrer. Bei ihnen kann sie neben Englisch sogar noch ihr Friesisch verbessern, das sprechen Peter und Enke zu Hause immer noch.

Nach Steffi passierte bei Gonzo in der Liebe gar nichts mehr. Dazu muss man wissen, dass die Möglichkeit, jemanden kennenzulernen, auf einer kleinen Insel wie Föhr engen geografischen Grenzen ausgesetzt ist. Egal, in welche Richtung du dich bewegst, landest du sehr bald an der Wasserkante. Mit anderen Worten: Wenn du alle Frauen auf der Insel kennst und mit keiner zusammengekommen bist, war es das. Doch damit hat Gonzo sich nie abgefunden. Hin und wieder fährt er auf Ü-30-Partys nach Husum oder Leck. Was immer ein Riesenaufwand ist, mit Fähre und Hotelübernachtung. Er möchte nicht jedes Mal einen Kurzurlaub machen, nur weil er mal in einer Disco oder einem Club rumstehen will. Ergeben hat sich da sowieso nie etwas. Die meisten Leute kannten sich, und die Musik war viel zu laut, um reden zu können. Wie man eine Frau in einer Disco kennenlernt, hat er nie kapiert.

Aus...

Erscheint lt. Verlag 13.2.2024
Reihe/Serie Die kleine Friesencafé-Reihe
Die kleine Friesencafé-Reihe
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Café • Das kleine Friesencafé • Deutsche Literatur • Deutsche Romane • Föhr • Frauenromane • Geschenke für Frauen • Insel • Inselroman • kleine geschenke für frauen • last minute geschenke • liebesbücher • Liebesgeschichten • Liebesromane • Liebesromane deutsch • lustige Liebesromane • Norddeutschland • Nordsee • Nordseeküste • Nordsee Roman • Romane • Romane für Frauen • romane neuerscheinungen 2024 • Roman Frauen • Roman Liebe • Schleswig Holstein • Schleswig-Holstein • Spiegel Bestseller-Autor • Urlaubslektüre • Urlaubsroman
ISBN-10 3-644-01397-7 / 3644013977
ISBN-13 978-3-644-01397-1 / 9783644013971
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