Girls Night - Nur eine kennt die ganze Wahrheit (eBook)

Spiegel-Bestseller
Nur eine kennt die ganze Wahrheit
eBook Download: EPUB
2024
416 Seiten
Penguin Verlag
978-3-641-30586-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Girls Night - Nur eine kennt die ganze Wahrheit -  Claire Douglas
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Beste Freundinnen auf dem Weg zu einer unvergesslichen Party. Doch nur eine kehrt zurück.
Zwanzig Jahre ist es her, dass Olivia auf einer verlassenen Landstraße einen tragischen Verkehrsunfall verursacht hat. Zwanzig Jahre seitdem ihre drei besten Freundinnen, die mit im Auto saßen, mitten in der Nacht spurlos vom Unfallort verschwanden. Noch immer muss sie sich den vorwurfsvollen Blicken der Angehörigen und den Gerüchten der Kleinstadt stellen. Dabei kann sie sich selbst an nichts erinnern. Journalistin Jenna Halliday scheint Olivias letzte Hoffnung auf die Wahrheit, denn sie soll über den Fall, der ganz Großbritannien in Atem gehalten hat, in ihrem True-Crime-Podcast berichten. Bei ihren Recherchen trägt Jenna immer neue Geheimnisse ans Licht. Ist es möglich, dass die verschwunden Mädchen Opfer eines grausamen Verbrechens wurden? Und was, wenn die Gefahr noch lange nicht gebannt ist?

Nach dem SPIEGEL-Nr.-1-Bestseller »Liebste Tochter« kommt jetzt der neue atmosphärische Thriller von Claire Douglas. Unvergleichlich spannend! Überraschend bis zur letzten Seite. Claire Douglas wird im November 2024 bei verschiedenen Krimifestivals zu Gast sein.

Claire Douglas arbeitete 15 Jahre lang als Journalistin, bevor sich ihr Kindheitstraum, Schriftstellerin zu werden, erfüllte. Ihre packenden Thriller Missing, Beste Freundin und Schönes Mädchen waren in England und Deutschland ein riesiger Erfolg und machten sie zur gefeierten Bestsellerautorin. Mit Liebste Tochter schaffte sie es zuletzt bis an die Spitze der SPIEGEL-Bestsellerliste. Claire Douglas lebt mit ihrem Ehemann und ihren beiden Kindern in Bath, England.

1
Jenna


Sprachmemo: Montag, 26. November 2018

The Devil’s Corridor ist wohl der passende Name für diese lange, schnurgerade Landstraße, die zur Marktgemeinde Stafferbury in der Grafschaft Wiltshire führt. Im Lauf der Jahre gab es immer wieder Berichte über seltsame Ereignisse: ungeklärte Unfälle, angebliche Selbstmorde, mehrere Sichtungen vermummter Gestalten sowie Aussagen über das Weinen von Kindern in der Nacht. Doch kein Fall bleibt mysteriöser als der von Olivia Rutherford, der sich in dieser Woche vor genau zwanzig Jahren ereignete. Drei junge Frauen, die spurlos aus einem verunglückten Auto verschwanden und seither nicht gesehen wurden …

Ich pausiere die Aufnahme auf meinem Handy, während ich die Umgebung auf mich wirken lasse. Diese Straße hat definitiv etwas Unheimliches an sich. Sie sieht aus, als wäre eine Schneise quer durch den Wald geschnitten worden, und alles, was ich links und rechts von mir sehen kann, ist ein Dickicht hoher immergrüner Bäume, die sich zu dem blau-violetten Himmel und den schwarz aufgequollenen Wolken emporrecken. Bisher konnte ich keinerlei Häuser oder Gebäude ausmachen. Ich könnte mich beinahe irgendwo in der skandinavischen Wildnis befinden, nicht tief im beschaulichen Wiltshire. In den letzten zehn Minuten, die ich am Straßenrand geparkt habe, sind nur zwei Autos vorbeigefahren.

Etwas am Rande meines Sichtfelds lässt mich aufschrecken. Ein Mann späht durch das Beifahrerfenster zu mir rein, und mein Herz beginnt zu rasen. Er muss aus dem Wald gekommen sein. Er sieht aus wie Anfang fünfzig, vielleicht etwas älter. Er hat ein wettergegerbtes Gesicht, einen buschigen Bart und ebenso buschige graue Augenbrauen, die unter einem Fischerhut hervorlugen. Die Schultern unter dem wadenlangen Wachsmantel sind gebeugt. An einer Leine hält er einen weißen Windhund, eine Art Whippet, mit nur drei Beinen und einem braunen Fleck über dem linken Auge. Er blickt mich schwermütig an. Ich greife nach dem Pfefferspray in meiner Handtasche und lege es, versteckt durch meinen Oberschenkel, neben mir auf den Sitz.

Der Mann vollführt mit einer Hand eine Kurbelbewegung. Ich lasse das Fenster nur einen Spaltbreit herunter, ohne den Finger vom Schalter zu nehmen. Der Geruch von Kiefern und ungewaschener Kleidung schlägt mir entgegen.

»Kann ich Ihnen helfen?«

»Das wollt ich eigentlich Sie fragen«, erwidert er lautstark mit einem ausgeprägten West-Country-Akzent. »Haben Sie ’ne Panne? Sie sollten hier nicht halten. Ist nicht sicher, so ganz allein auf dieser Straße.« Ich bemerke einen fehlenden Schneidezahn.

Ein Donnergrollen rollt über uns hinweg, ein tiefes, tierhaftes Röhren, das mein Unbehagen nur noch verstärkt.

»Eigentlich wollte ich …« Ich zögere. Vielleicht ist es besser, ihm nicht gleich unter die Nase zu reiben, dass ich Journalistin bin. »Ich bin auf dem Weg nach Stafferbury.«

»Haben Sie sich verfahren?«

»Nein. Ich habe nur gehalten, weil ich … etwas erledigen musste.« Mir ist bewusst, dass ich mich recht vage ausdrücke.

»Ah ja.« Er runzelt die Stirn und lässt seinen misstrauischen Blick über meinen neuen Audi Q5 schweifen, bevor er wieder auf mir landet. Seine Augen sind dunkel, beinahe schwarz. »Nun, nach Stafferbury sind es nur noch zwei Meilen direkt die Straße runter. Sie können’s gar nicht verfehlen.«

»Das ist super, danke.«

Schnell lasse ich das Fenster wieder hoch, um weiteren Fragen zuvorzukommen, und meine Hände zittern, während ich den Gang einlege. Ich fahre so schnell vom Grünstreifen runter, dass die Reifen quietschen.

In meinem Rückspiegel sehe ich den Mann mit dem Hund zu seinen Füßen reglos dastehen und meinem Wagen hinterherstarren.

Als ich in Stafferbury ankomme, habe ich mich weitestgehend wieder beruhigt.

Das Städtchen ist genau so, wie ich es mir vorgestellt habe, und entspricht eins zu eins den Schwarz-Weiß-Aufnahmen, die ich mir angesehen hatte, bevor ich die mehr als zweihundert Meilen zurücklegte, um von Manchester herzufahren. Der Ortskern hat sich seit den späten 1890er-Jahren kaum verändert, und natürlich sind die Megalithe noch mal älter. Sie fallen mir als Erstes ins Auge. Sie befinden sich auf dem angrenzenden morastig aussehenden Feld zu meiner Rechten – fünf Meter voneinander entfernt, in einer Art Halbkreis angeordnet, groß und hässlich, wie ein Gebiss schiefer Zähne. Die groben Steinblöcke scheinen etwas planlos aufgerichtet worden zu sein, nicht wie in Stonehenge, und schon von hier aus kann ich erkennen, dass sich ein Algenfilm auf ihnen gebildet hat wie Plaque.

Eine Familie in bunten Regenmänteln, die Kinder in flippigen Gummistiefeln und mit einem kleinen Hund im Schlepptau, klettert über den Zaunübertritt auf das Feld mit den Megalithen. Ich frage mich, was Finn hiervon halten würde. Als mir das Bild meines zehnjährigen strubbelköpfigen Sohnes in den Sinn kommt, packt mich eine schmerzhafte Sehnsucht. Seit der Trennung von seinem Vater musste ich mich daran gewöhnen, nicht immer bei ihm zu sein – jetzt, wo wir das Sorgerecht teilen, bleibt mir nichts anderes übrig. Aber ich hasse es. Es fühlt sich an, als würde ein Teil von mir fehlen.

Die High Street im Zentrum ist in einer Hufeisenform angelegt, in deren Mitte sich ein Kriegerdenkmal befindet, welches die beiden Ortsstraßen trennt; zusätzlich zu derjenigen, über die ich gerade gekommen bin, gibt es noch eine, die aus dem Städtchen hinausführt und sich dabei zwischen zwei mittelalterlich anmutenden Gebäuden samt einem Pub an der Ecke mit dem ominösen Namen The Raven hindurchschlängelt. Allein das Schild – ein großer schwarzer Vogel mit finsteren Knopfaugen vor einem grauen Himmel – ist gruselig. Laut meinem Navi verzweigt diese Straße sich in den Seitengassen und führt von dort aus in die dahinterliegende Pampa.

Meine Unterkunft liegt im Wald, eine Hütte, die auf der Webseite einen richtig schönen, modernen Eindruck machte. Doch bevor ich dort hinfahre, wollte ich noch die High Street sehen, weshalb ich absichtlich die Abzweigung vom Devil’s Corridor verpasst habe und mir jetzt auf eigene Faust den Weg zurück suche. Ich fahre gemächlich durch den weihnachtlich herausgeputzten Ort und betrachte dabei die kleinen Boutiquen, welche esoterische Deko-Objekte, Schmuck und Räucherstäbchen verkaufen, ein Café namens Bea’s Tearoom in einem historischen Tudor-Gebäude, ein paar Klamottenläden, die Batik-T-Shirts und Fransenröcke führen, sowie einen Laden namens Madame Tovey’s, deren Inhaberin (laut einem viel zu großen Schild vor der Tür samt Tarotkarten-Zeichnung) behauptet, die Zukunft vorhersagen zu können. Es ist ein süßes Städtchen, klein und idyllisch mit seinen Fachwerkhäusern aus der Tudor-Zeit, den kopfsteingepflasterten Gassen, den Weihnachtslichtern, die an den Bleiglasfenstern funkeln. Ich kann verstehen, was die Touristen daran finden, aber es hat auch etwas Heruntergekommenes an sich – ein bisschen wie die arme Cousine von Avebury mit seinem berühmten Steinkreis. Vielleicht ist ja im Sommer mehr los, überlege ich nachsichtig. Es ist schließlich ein nasskalter Montag im November, an dem nur wenige Menschen unterwegs sind.

Wie aufs Stichwort setzt der Regen ein, schnell und heftig trommelt er aufs Autodach. Ich bemerke, wie ein junges Pärchen sich kichernd und händchenhaltend in den nächstbesten Laden flüchtet, und verspüre einen Stich der Eifersucht. Auch Gavin und ich waren mal so gewesen.

Ich umrunde das Kriegerdenkmal, sodass sich die historische Steinformation nun zu meiner Linken befindet, bevor ich die High Street verlasse und erneut auf den düster klingenden Devil’s Corridor fahre. Keine halbe Meile von den Megalithen entfernt zweigt ein Feldweg ab, der mich tiefer in den Wald führt. Während ich ihm folge, frage ich mich, ob es nicht doch ein bisschen zu abgelegen ist. Vielleicht hätte ich mir ein Bed & Breakfast im Zentrum nehmen sollen.

Nach ein paar Hundert Metern erreiche ich eine von Buchen, Kiefern und Tannen umgebene zweckmäßige Ferienhütte, wie man sie praktisch überall in Touristengebieten finden kann. Ich verlangsame, um den Namen an der Eingangstür besser lesen zu können: Fern. Ich logiere aber in Bluebell, auch wenn ich keine Ahnung habe, wo die sein soll. In einiger Entfernung meine ich noch zwei, drei weitere Hütten ausmachen zu können, aber mit dem schüttenden Regen und den dicht an dicht stehenden Bäumen lässt sich kaum was erkennen. Als ich mit Jay Knapton, dem Besitzer, telefonierte, um die Buchung vorzunehmen, hat er erklärt, dass die Anlage noch nicht ganz fertiggestellt sei und es im Moment nur ein halbes Dutzend im Wald verstreuter Hütten gebe. Er klang beeindruckt, als ich ihm den Grund meines Besuches nannte.

Ich fahre weiter, wobei meine Reifen durch den nassen Schlamm pflügen. Ich hoffe, dass die erste Hütte, Fern, belegt ist, obwohl sie eher verlassen wirkt. Die Vorstellung, allein im Wald zu sein, behagt mir nicht. Als ich mich der zweiten Hütte nähere, verlangsame ich erneut das Tempo, um den Namen an der grauen Eingangstür zu lesen. Bluebell. Erleichtert biege ich in die Einfahrt. Der Boden besteht lediglich aus Gummimatten und Rollrasen, und als ich aus dem Auto steige, versinken meine Absätze darin. Was habe ich mir bloß dabei gedacht, mit hohen Stiefeln in den Wald aufzubrechen? Gott sei Dank habe ich noch meine Gummistiefel im Auto. Einen Moment lang blicke ich an der Hütte hoch und ignoriere den Regen, der in meinen Wollmantel sickert und mein Haar durchnässt. Mich überkommen die Erinnerungen an unseren letzten Familienurlaub...

Erscheint lt. Verlag 24.4.2024
Übersetzer Ivana Marinović
Sprache deutsch
Original-Titel The girls who disappeared
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2024 • atmosphärische Spannung • Bestsellerautorin • bestsellerautorin spannung • Bestseller England • Bestseller Krimi • Bücher für den Urlaub • Charlotte Link • eBooks • Julie Clark • Neuerscheinung • Pageturner • Psychospannung • Psychothriller • ruth ware • Sommerlektüre • spannung aus england • Thriller • Urlaubslektüre
ISBN-10 3-641-30586-1 / 3641305861
ISBN-13 978-3-641-30586-4 / 9783641305864
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