Mademoiselle Coco und die Entführung des Picasso (eBook)

Kriminalroman | Coco Chanel ermittelt - die Modeschöpferin als Detektivin

(Autor)

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2024 | 1. Auflage
256 Seiten
HarperCollins eBook (Verlag)
978-3-7499-0713-7 (ISBN)

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Mademoiselle Coco und die Entführung des Picasso - Michelle Marly
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Paris in Aufruhr - Mademoiselle Coco ermittelt!

Paris in den 1910er Jahren: eine Stadt voller Magie, Glanz und Künstler aus aller Welt- und eine Metropole der Halbwelt. Es herrscht große Aufregung, als in der Nähe von Coco Chanels Atelier ein Toter gefunden wird. Dann verschwinden Frauen, und Coco bangt um das Leben ihres Geliebten, eines britischen Millionärs. Schnell stellt sie fest, dass auch der ehrgeizige Pablo Picasso in kriminelle Machenschaften verstrickt ist. Führen die Spuren des Verbrechens zu ihm? Die kluge Modeschöpferin lässt nichts unversucht, um zur Aufklärung beizutragen, und entdeckt dabei so manches Geheimnis.



Hinter Michelle Marly verbirgt sich die deutsche Bestsellerautorin Micaela Jary, die in der Welt des Kinos und der Musik aufwuchs. Durch ihren Vater, den Komponisten Michael Jary, entdeckte sie schon früh ihre Liebe zu Frankreich; ihre Mutter, ein ehemaliges Mannequin, prägte ihren Sinn für Mode. Sie lebte lange in Paris und wohnt heute mit Mann und Hund in Berlin und München, sie hat eine erwachsene Tochter und ist sehr glückliche Oma von Zwillingen.

2


Bei dreihundert Angestellten, vornehmlich Näherinnen in Heimarbeit, vergaß Gabrielle die Verfehlungen einer einzelnen Mitarbeiterin zwar nicht, aber Magalis Verhalten beschäftigte sie nicht für den Rest des Tages.

Die Kundinnen nahmen ihre Aufmerksamkeit in Anspruch, allen voran Madame Grosjean, eine geborene Comtesse, die einen schwerreichen Industriellen geehelicht hatte. Dessen Mätresse, eine bekannte Opernsängerin, kaufte ebenfalls bei Chanel ein, weshalb Gabrielle ihre Konzentration darauf legen musste, den Damen nicht dieselben Modelle zu verkaufen. Heute führte Madame zudem ihre Tochter ein: »Amélie hat sich in den Kopf gesetzt, in dem Lazarett im Grand Palais zu arbeiten. Es gibt zweifellos kein schöneres Krankenhaus in Paris. Mein Augenstern braucht dafür angemessene Kleidung. Führen Sie noch diese exquisiten Hauben, die Sie damals in Ihrem Geschäft an der See anfertigten, Mademoiselle Chanel?«

»Selbstverständlich«, versicherte Gabrielle. »Ich lasse Ihnen das Modell sofort holen.« Sie gab ihrer Verkäuferin, die sich diskret im Hintergrund gehalten, aber das Gespräch verfolgt hatte, ein Zeichen. Dann schob sie zwei Stühle vor den dekorativen Toilettentisch in der Mitte der Längswand. »Bitte nehmen Sie doch Platz, Madame. Und Sie auch, Mademoiselle Grosjean.«

Die meisten Frauen, für die Gabrielle neue Hüte modellierte, hatten weniger in ihrem Kopf als auf ihrem Bankkonto. Das war ihr von Anfang an klar gewesen, als sie begann, Entwürfe für die Freundinnen ihres Förderers Étienne Balsan herzustellen. Amélie Grosjean wirkte jedoch nicht vergnügungssüchtig und einfältig, ihre Augen blickten ohne jede Scheu mit einer Wachsamkeit, die wahrscheinlich ein Zeichen von Intelligenz war, und der energische Zug um ihren herzförmigen Mund deutete auf Durchsetzungskraft hin. Ein Mann, der sich von dem ansonsten hübschen Äußeren und den blonden Locken der etwa Achtzehnjährigen blenden ließ, könnte womöglich sein blaues Wunder erleben. Aber Männer übersehen derartige Charakterzüge gerne, das wusste Gabrielle. Sie selbst gab sich vor Boy schließlich auch niemals aufbrausend und unduldsam wie manchmal vor ihren Angestellten.

Eine davon balancierte nun die gewünschte Haube auf ihren Fingern. Als sich Gabrielle in dem ersten heißen Kriegssommer mit Boy in ihrer damals erst kürzlich eröffneten Boutique in Deauville aufgehalten hatte, war sie vor allem von Damen, die Paris aus Angst vor einer deutschen Besatzung in Richtung Meeresfrische verlassen hatten, um neue Garderobe gebeten worden. Nicht nur, dass das Gepäck auf dieser Reise reduziert sein musste. Das noble Hotel Royal wurde in ein Lazarett verwandelt, und den vormaligen weiblichen Gästen war es eine Ehre und Pflicht, dort als Pflegerinnen zu dienen. Es war nur keine Krankenschwesterkleidung vorrätig, und die Zofentrachten aus den Kammern des Hotels mochte keine der künftigen Wohltäterinnen tragen, vor allem nicht die Spitzenhäubchen, die deutlich wie nichts anderes auf den Beruf der Trägerin hinwiesen. Man erinnerte sich an die Hüte von Mademoiselle Chanel, und voilà – sie sorgte mit einer von dem Klobuk der christlich-orthodoxen Nonnen inspirierten Haube für Eleganz auf den Hochsteckfrisuren der Damen.

Amélie Grosjean betrachtete sich skeptisch in dem Spiegel vor ihrem Platz. »Nun, wenigstens sehe ich nicht aus wie eine Köchin«, stellte sie fest. »Aber dafür rutscht mir dieses Ding in die Stirn.«

»Das Kopfband muss enger sein«, erwiderte Gabrielle freundlich. »Ich werde gleich Maß nehmen und für die perfekte Passform sorgen.«

»Ja, das sollten Sie«, stimmte Madame Grosjean zu, woraufhin Amélie ihren eben zu einer raschen Antwort geöffneten Mund wieder schloss. »Wir wollen die Haube sofort mitnehmen, Mademoiselle, sonst kann meine liebe Tochter ihren Dienst nicht pünktlich antreten.«

»Benötigen Sie noch Kleid und Schürze dazu?«, erkundigte sich Gabrielle beiläufig, während sie das Maßband um den Blondschopf legte.

»Das haben wir schon bei Monsieur Poiret gekauft«, versetzte Amélie mit einem gewissen Unterton. Der sollte wohl sagen, dass sie sich ihre Garderobe nicht von einer kleinen Hutmacherin schneidern ließ, sondern von dem bekanntesten Modeschöpfer in Paris. Jenem Mann, dem Coco Chanel mit aller Kraft Konkurrenz machen wollte.

»Was für ein Irrtum meinerseits«, behauptete Gabrielle ironisch. »Ich dachte, Paul Poiret entwirft nur noch Mäntel für das Militär.« Dann senkte sie den Blick auf ihre Arbeit.

Nach ein paar Handgriffen und mittels ein paar Stecknadeln saß die Kopfbedeckung der künftigen Pflegerin, wie sie sollte. Amélie schien zwar noch immer nicht glücklich darüber zu sein, doch ihre Mutter war zufrieden. Daraufhin schickte Gabrielle ihre Verkäuferin in die Nähstube, um die Änderungen sofort vornehmen zu lassen. In der Zwischenzeit wollte sie sich um die Cloche kümmern, die Madame Grosjean vor einer Weile bestellt hatte. Als sich die Aufmerksamkeit der Modistin von ihr zu ihrer Mutter verlagerte, begann sich Amélie offenbar zu langweilen. Sie betrachtete ihre Fingernägel, rutschte auf dem Stuhl hin und her, schnitt sich im Spiegel Grimassen. Da ist wohl doch nicht so viel Klugheit hinter der Fassade, dachte Gabrielle mit einem inneren Seufzen.

Eine Stunde später knotete sie jeweils eine Schleife um die Hutschachteln, die für die Kundinnen vorbereitet worden waren.

Die ältere Kundin überreichte Gabrielle einen Scheck und versprach, bald wiederzukommen. Gabrielle nickte beflissen und wartete, dass Madame und Mademoiselle Grosjean den Laden verließen. Erst als die beiden durch die Tür waren, ging Gabrielle zu dem Verkaufstisch und öffnete die hübsche chinesische Schatulle, in der sie ihre Tageseinnahmen aufbewahrte. Die Zahlungsanweisung in der Hand, erstarrte sie.

Bis auf ein paar Silbermünzen war die Kasse leer.

Sie hob den Metalleinsatz hoch, blickte darunter.

Nichts.

Ihr Herz klopfte wild, doch sie schaffte es, einen hysterischen Anfall zu unterdrücken. Ebenso widersetzte sie sich dem Impuls, die Kassette auf den Boden zu schleudern. Stattdessen herrschte sie ihre Verkäuferin an: »Angèle, was ist hier los?«

Die herbeigeeilte Mitarbeiterin blickte über Gabrielles Schulter – und wurde puterrot. »Oh! Mademoiselle, oh! Da ist nichts drin.«

»Wo sind die Münzen und Scheine, die sich hier befanden?« Gabrielle trommelte mit dem Zeigefinger auf das leere Futteral.

»Mademoiselle, das weiß ich nicht. Ganz bestimmt nicht. Sie sind die einzige Person, die einen Schlüssel für die Kassette besitzt, Mademoiselle, niemand kann sich darin bedienen.«

Mit spitzen Fingern zog Gabrielle eine Zigarette aus dem Etui in der Tasche ihres Rocks. Während sie mit dem Feuerzeug spielte, das Boy ihr geschenkt hatte, überlegte sie, wann sie die Kasse aufgeschlossen hatte. Sie konnte sich nicht erinnern, wahrscheinlich war dies geschehen, als sie die erste Kundin empfing – so wie immer. Die Tageseinnahmen kamen jeden Abend in den Safe in ihrem Büro. Jedenfalls war irgendwann der Bote von Madame Savigny gekommen und hatte die Kollektion bezahlt, die Gabrielle für die Sommerfrische der Dame angefertigt hatte. Da war noch alles in Ordnung gewesen. Desgleichen geschah nichts Auffälliges, als Mademoiselle Hugo vorbeischaute, und ob die britische Touristin, die etliche Modelle aufprobiert, aber dann doch keinen Hut gekauft hatte, ob also diese Frau in die Nähe der Kassette gekommen war, wusste Gabrielle nicht mehr.

Sie fand keine Erklärung für den Verlust. Annähernd einhundert Francs in bar hatten in der Schatulle gelegen, abgesehen von den Schecks. Wenn man bedachte, dass so kostbare Waren wie ein Kilogramm Butter über drei und ein Sack Kohle fast fünf Francs kosteten, war das sehr viel Geld. Definitiv zu viel, um es zu verlieren.

Sie steckte sich die Zigarette an. Durch den ausgeatmeten Rauch fragte sie scharf: »Wer war an der Kasse, Angèle?«

»Niemand, Mademoiselle. Niemand außer Ihnen. Ich schwöre es!« Die junge Verkäuferin wirkte wie ein verschrecktes Kaninchen.

Obwohl Angèle natürlich die Person war, die am ehesten in die Schatulle greifen könnte, glaubte ihr Gabrielle genau aus diesem Grunde. Außerdem arbeitete die junge Frau seit der Gründung von Chanel Modes in Paris bei ihr, sie war immer zuverlässig gewesen. »Kein Wort. Zu niemandem. Oder ich sage, Sie sind die Diebin. Haben wir uns verstanden?«

»Ja, Mademoiselle, selbstverständlich. Ich tue alles, was Sie wünschen, wenn Sie nur nicht ernsthaft glauben, dass ich Sie bestehlen könnte.«

»Ich kümmere mich um die Angelegenheit«, erklärte Gabrielle. Sie hatte zwar nicht die geringste Ahnung, wie sie das angehen sollte, aber sie würde die Sache aufklären.

Der erste Weg sollte sie eigentlich zur Polizei führen, das war Gabrielle klar. Doch lag ihr nichts ferner, als Angèle oder eines der anderen Mädchen zur Préfecture zu schicken, um Anzeige zu erstatten. Wenn sich unter ihren Kundinnen herumsprach, dass ein Dieb oder eine Diebin bei Coco Chanel lange Finger machte, würde es mindestens bösen Klatsch, wenn nicht sogar einen Skandal geben. Jede der feinen Damen würde Angst um die eigene Handtasche haben, womöglich sogar um die wertvollen Ketten am Hals, und sich eine Putzmacherin suchen, die zwar weniger schicke Modelle kreierte, aber mehr Sicherheit vermittelte. Das konnte Gabrielle nicht zulassen. Dafür hatte sie zu hart für ihren guten Ruf als Modistin gearbeitet. Bestehlen lassen würde sie sich allerdings auch nicht. Doch nur sie selbst konnte herausfinden, wer das...

Erscheint lt. Verlag 19.3.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Historische Kriminalromane
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 20er Jahre • Bestseller • Bestsellerautorin • Caroline Bernard • Coco Chanel • Cosy Crime • Entführung • Kunst • Künstler • Madame Picasso • Mode • Paris • Picasso • weibliche Ermittlerin
ISBN-10 3-7499-0713-7 / 3749907137
ISBN-13 978-3-7499-0713-7 / 9783749907137
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