Lüttes Glück - Ein Traum am Nordseestrand (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2024
480 Seiten
Heyne Verlag
978-3-641-28245-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Lüttes Glück - Ein Traum am Nordseestrand - Marie Schönbeck
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Als die Großstädterin Anja die Pension Lüttes Glück auf ihrer Trauminsel Föhr kauft, hofft sie auf einen Neuanfang im wildromantischen nordfriesischen Wattenmeer. Aber die Pension ist heruntergewirtschaftet und die ehemalige Besitzerin Hilde Hinrichs weigert sich auszuziehen. Dann lernt Anja Hildes Neffen kennen, den attraktiven Joris Graf. Sofort hat sie Schmetterlinge im Bauch und verspürt den Wunsch, um ihr neues Leben auf Föhr zu kämpfen. Doch dann fordert der traditionsverbundene Joris die Pension von ihr zurück, damit seine Tante dort wohnen bleiben kann. Wird Anja trotz aller Widerstände ihr Glück hinterm Deich finden?

Marie Schönbeck hat sich in das Nordfriesische Wattenmeer verliebt. Für sie sind die Küsten und Inseln Sehnsuchtsorte. Oft fährt sie mit ihrem Mann und ihren Hunden an die Nordsee, um lange Spaziergänge am Strand zu machen und die wildromantische Natur zu genießen. Nach dem Erfolg ihrer Reihe um die malerische Inselpension »Lüttes Glück« legt sie nun mit der Geschichte um die Bonbon-Manufaktur »Dat Bontjehuus« die zweite große Nordsee-Saga vor.

Kapitel 2


»Schaut euch die drei an.« Der alte Marten Haase war schon 92 Jahre alt, hatte aber noch eine kräftige Stimme, mit der er frotzelte: »Die Inselgrafen sind in ihrem Element.«

Joris Graf, der hinter dem Tresen die Kasse aufschloss und einen Block und einen Kugelschreiber suchte, warf ihm einen Blick zu, der irgendwo zwischen amüsiert und warnend lag.

Normalerweise traf sich der Rat des Fering Ferian und alle Mitglieder, die Zeit und Lust hatten, abends, um zu besprechen und zu planen, wie der Heimatverein mit seinen bescheidenen Mitteln den Erhalt des friesischen Dialektes und die Kulturarbeit, darunter die Pflege der traditionellen Föhrer Tracht, fördern konnte. Aber sie hatten keinen gemeinsamen Termin gefunden, daher machten sie heute eine Ausnahme und setzten sich mittags zusammen.

Joris hatte den Heimathafen eben erst aufgeschlossen und die ersten Teilnehmer hereingelassen. Nun schob Tjorben die Stühle und Tische zusammen, Arian machte Feuer im offenen Kamin, denn der Januar zeigte ihnen in diesen Tagen sein stürmisches und frostiges Gesicht. Joris war dankbar für die Unterstützung seiner jüngeren Brüder. Es war ein schönes Gefühl, mit ihnen zusammen an einem Strang zu ziehen. Er nahm die ersten Getränkebestellungen auf.

Normalerweise machte die urige Kneipe, die am Hafendeich in der Nähe des Robbenzentrums lag, erst abends auf. Aber der Geschäftsführer hatte Joris den Schlüssel gegeben, damit der Heimatverein, der schon einhundert Jahre lang bestand, sie als Versammlungsort nutzen konnte. Dank der zentralen Lage konnten auch ihr Vater Johan, der als Hafenmeister arbeitete, und ihre Mutter Ilse, die mit Arian mitten in Wyk eine Galerie mit Atelier führte, dabei sein. Das bedeutete aber auch, dass sie alles selbst vorbereiten, Getränke ausgeben und aufräumen mussten. Gerne übernahmen Joris und seine jüngeren Brüder das.

So verwurzelt wie ihre Familie auf Föhr war, fanden die drei Brüder es selbstverständlich, sich auf der Nordseeinsel einzubringen. Wegen ihres Engagements hatte irgendwer angefangen, sie scherzhaft »die Inselgrafen« zu nennen, andere hatten die Bezeichnung aufgegriffen, und so hatte sie sich etabliert. Bis heute wusste Joris nicht genau, ob der Ausdruck anerkennend gemeint war oder damit angedeutet wurde, dass seine Brüder und er sich zu sehr aufspielten und einmischten. Das hing wohl davon ab, wer den Begriff verwendete.

Nach einer Weile fand Joris endlich die Zeit, sich auch mal hinzusetzen. Er holte sich ein Hünjmots-Pils von Briar-Brauhüs, nahm einen Schluck. Seine Lippen waren noch kalt von der steifen Brise draußen, die Wärme des Kaminfeuers hatte sich noch nicht im Raum ausgebreitet. Entspannt sah er sich um.

Der Heimathafen hatte mit seinen Werkbänken und der industriellen Maschine etwas von einer Werkstatt. Eine einfache Einrichtung, urig und auf coole Weise verlebt. Manche der Sitzmöbel wirkten wie Flohmarktschätze, andere wie zusammengeschustert, was sie vermutlich auch waren. Joris glaubte, dass es in ganz Deutschland keine Kneipe wie diese gab, ein weiterer Grund, stolz auf seine Heimatinsel zu sein.

Seine Brüder nahmen neben ihm Platz. Sie führten gerade eine hitzige Diskussion.

»Was ist so falsch an einem Blind Date?«, fragte Arian, mit seinen 36 Jahren der Jüngste von ihnen, über die Geräuschkulisse hinweg.

Tjorben kraulte seinen Bart, der das Erscheinungsbild des hartgesottenen Seebären unterstrich. »Dass ich mir die Frau, mit der ich ausgehen muss, dann nicht ausgesucht habe.«

»Aber darum geht es doch.« Verständnislos streckte Arian die tätowierten Arme aus. »Jemand Neues kennenzulernen.«

Tjorben, dem selbst im Schneesturm zu warm war, öffnete seine dunkelblaue Schafswolljacke. »Das tue ich jeden Tag, wenn ich mit der Seewievke die Touristen übers Wattenmeer schippere.«

»Das ist doch nicht dasselbe«, sagte Arian abwiegelnd. Er kratzte die rote getrocknete Ölfarbe, die noch an seinem Handballen klebte, ab. »Du siehst deine Fahrgäste nur für wenige Stunden. Auf dem Weg kannst du nicht die große Liebe finden.«

Das war das alte Problem, dachte Joris und rieb nachdenklich über seinen Dreitagebart. Viele Frauen, die man hier traf, blieben bloß wenige Tage bis Wochen. Viele Einheimische zogen wiederum aufs Festland, weil man dort leichter eine Arbeit fand. Es war auf einer Insel nicht so einfach, die passende Partnerin zu treffen.

»Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich mich in mein Blind Date tatsächlich verliebe?« Ohne eine Antwort abzuwarten, fuhr Tjorben fort: »Ich sage es dir. Sie ist verschwindend gering.«

Lässig zuckte Arian mit den Schultern. »Aber sie ist vorhanden.«

Joris fiel auf, dass Arian sogar rote Farbe in den Haaren hatte, wies ihn aber nicht darauf hin, weil es für ihn nichts Besonderes war. Man traf seinen jüngsten Bruder selten an, ohne dass er irgendwo Farbreste kleben hatte. Malen war seine Leidenschaft, die Begeisterung dafür hatte er von ihrer Mutter geerbt. Ilse hatte vor zwanzig Jahren als Inselmalerin eine gewisse Berühmtheit erlangt und daraufhin in Wyk die Galerie Strandmohn eröffnet. Seit elf Monaten war Arian Teilhaber des Geschäfts. Die Malerei verband Arian und ihre Mutter genauso wie Tjorben die Liebe zur See mit ihrem Vater. Joris neidete seinen Brüdern die Nähe zu jeweils einem Elternteil nicht. Er fühlte sich keineswegs wie ein Außenseiter, die Liebe zu Föhr einte sie alle fünf.

»Für dich war schon immer alles möglich.« Tjorbens grüne Augen funkelten belustigt. »Früher warst du fest davon überzeugt, es gäbe Schweine, die fliegen können, nur weil wir in unserem Kinderzimmer eine blaue Tapete mit geflügelten rosa Ferkeln hatten.«

»Sehr witzig. Damals war ich noch ein Kind.« Arian ließ sich nicht reizen. Entspannt nippte er an seiner Weinschorle. »Du bist doch der Abenteurer von uns drei Inselgrafen. Fährst mit deinem Ausflugsschiff über die Nordsee wie ein Likedeeler und trotzt den Naturgewalten.«

Tjorben gab ein Brummen von sich. »Ich bin zu freiheitsliebend für eine Partnerschaft.«

»Irgendwann wird die Richtige für dich kommen.« Die nächsten Worte sprach Arian genießerisch aus, wohl weil er wusste, dass er damit seinen Bruder ärgern würde: »Und dich einfangen.«

»Niemals«, sagte Tjorben, aber sein Widerstand klang schwächer, als es früher der Fall gewesen war.

Wer blieb schon gerne allein? Joris ahnte, dass sich auch sein 39-jähriger Bruder heimlich nach einer Frau sehnte, auch er wollte einen Heimathafen finden. Tjorben liebte seine Freiheit über alles und gab sich mitunter etwas raubeinig, aber Joris war sich sicher, dass der Seebär in den Armen der passenden Partnerin wie ein zahmer Kater schnurren würde.

Tjorben strich seine schulterlangen braunen Haare zurück, die normalerweise von einer Seemannskappe zurückgehalten wurden, ihm nun aber ständig ins Gesicht fielen. Sachte knuffte er seinen älteren Bruder. »Was grinst du denn so?«

»Ihr beide seid unterhaltsam.« Joris stellte seine Bierflasche ab und knibbelte am Etikett, das feucht von Kondenswasser war. Inzwischen hatten sich fast alle Ratsmitglieder eingefunden, dazu einige Interessierte. Die Kneipe hatte sich gefüllt. Es wurde immer lauter.

»Sag doch auch mal was dazu, alter Mann.« Tjorben hielt ihm seine Flasche hin.

»Von wegen alter Mann«, warnte Joris ihn scherzhaft und stieß mit ihm an. »Ich bin nur zwei Jahre älter als du.«

Tjorben nahm einen kräftigen Schluck und seufzte genießerisch. »Würdest du zu einem Blind Date gehen?«

»Wenn ich dort eine Föhrerin treffen würde …« Joris zuckte mit den Achseln. »Warum nicht?«

»Warum willst du nur jemanden von der Insel daten?«, wollte Arian wissen, während er aufstand und jeweils ein Tablett mit Fischbrötchen und eins mit Butterkuchen von der Theke nahm. Den Imbiss hatte Joris besorgt. »Damit schließt du verdammt viele hübsche Frauen aus.«

»Das ist nicht böse gemeint. Wirklich nicht.« Joris wollte nur verhindern, erneut verletzt zu werden. »Aber ihr wisst doch, wie es ist. Saisonkräfte ziehen früher oder später weiter. Selbst bei Zugezogenen weiß man nie, ob sie nicht irgendwann in ihre alte Heimat zurückkehren, weil sie Heimweh bekommen oder ihre Familien Hilfe benötigen.«

Betreten schauten sich seine Brüder an und schwiegen. Beide vermieden es, das Thema zu vertiefen. Sie wollten nicht in Joris’ offener Wunde herumstochern.

Arian reichte Tjorben den Kuchen, der damit von Tisch zu Tisch ging und ihn anbot.

Ihr Vater Johan kam herein. »Moin.«

Alle begrüßten ihn fröhlich. Als Hafenmeister im Nordseeheilbad Wyk bekleidete er eine wichtige und angesehene Stellung. Außerdem kannte er viele Mitglieder des Fering Ferian schon seit Kindertagen. Er war auf Föhr aufgewachsen und hätte auch nirgendwo anders hingepasst, fand Joris. Die steife Brise hatte die grobporige Haut seines Vaters gerötet. Obwohl es eiskalt draußen war, trug er bloß eine dünne Windjacke über seinem Strickpullover. Sein Bäuchlein, das jedes Jahr um einige Zentimeter wuchs, füllte die Jacke deutlich aus.

Er nahm seine Fischermütze ab und strich seine grauen Haare glatt. Suchend schweifte sein Blick umher. Schließlich kam er zu Arian und fragte: »Wo ist deine Mutter?«

»Sie hatte Kopfweh und wollte sich lieber in der Mittagspause hinlegen. Am Nachmittag muss sie ja wieder im Laden stehen. Selbstverständlich habe ich ihr gesagt, dass ich die Galerie auch allein öffnen kann, aber …« Arian...

Erscheint lt. Verlag 1.2.2024
Reihe/Serie Lüttes Glück
Lüttes Glück
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2024 • Brüder • eBooks • Feelgood-Roman • Föhr • Frauenromane • inselpension • Jenny Colgan • karin könig • kleine Pension • Liebe • Liebesroman • Manuela Inusa • Meike Werkmeister • Neuanfang • Neuerscheinung • Nordfiesland • Nordsee • Nordseeinsel • Romane für Frauen • roman highlights 2024 • roman neuerscheinung 2024 • Romantik • schokolade am meer • schokoladen-reihe • Wohlfühlroman
ISBN-10 3-641-28245-4 / 3641282454
ISBN-13 978-3-641-28245-5 / 9783641282455
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