Fräulein Liebe und der Traum vom Leben -  Susanne Esser

Fräulein Liebe und der Traum vom Leben (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
400 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-46730-5 (ISBN)
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Eine bewegende Familiensaga über Liebe, Verrat und die heilende Kraft der Bücher im turbulenten Nachkriegsdeutschland der 50er Jahre. Große Träume in den turbulenten 50ern - und eine zauberhafte Buchhandlung. In »Fräulein Liebe und der Traum vom Leben« - dem 2. Band der historischen Familiensaga »Die Rhein-Buchhandlung« - erzählt Susanne Esser von den bewegten Wirtschaftswunder-Jahren, der Suche einer mutigen Frau nach ihrem Platz in der Welt und dem Glück, das in Büchern wohnt. 1955 scheinen im schönen Andernach am Rhein die schlimmsten Wunden des 2. Weltkriegs verheilt. Buchhändlerin Eva Liebe möchte nun endlich ihren Georg heiraten - doch als sie das Aufgebot bestellen wollen, erfährt Eva über ihren Verlobten etwas, das ihr den Boden unter den Füßen wegreißt. Zutiefst verletzt stößt Eva ihn von sich; seine Erklärung kann sie nicht glauben. Trost und Ablenkung findet Eva in der Rhein-Buchhandlung, die sie als Urlaubsvertretung für ihre Tante alleine führt. Für sie eine Bewährungsprobe, soll sie die Buchhandlung doch eines Tages von der Tante übernehmen. Mitten in die Lesung mit einer jungen Autorin platzt jedoch ein verhärmter Mann, schimpft Eva eine Betrügerin und wirft sie hinaus. Es ist Evas totgeglaubter Onkel August - und der Spätheimkehrer ist nicht mehr der Mann, der er einst war ... Eine fesselnde Geschichte über Familiengeheimnisse, Vergebung und den Mut, seine Träume zu verwirklichen. Die Autorin Susanne Esser ist selbst Buchhändlerin. Zu ihrer bewegenden Familiensaga wurde sie von der Geschichte ihres Ausbildungsbetriebs inspiriert und von Erzählungen der Großmutter ihres Mannes. Von Evas mutigem Kampf um die Rhein-Buchhandlung während der letzten Kriegstage erzählt der erste Band der historischen Familiensaga, »Fräulein Liebe und das Glück der Bücher«.

Susannen Esser wurde 1979 in Andernach am Rhein geboren und wuchs in der Nähe auf einem Bauernhof auf. Während ihrer Ausbildung zur Buchhändlerin zog sie nach Andernach und wohnte viele Jahre in der mittelalterlichen Stadt. Heute lebt sie mit ihrem Mann, ihren drei Kindern und ca. 2000 Büchern im Brohltal.

Susannen Esser wurde 1979 in Andernach am Rhein geboren und wuchs in der Nähe auf einem Bauernhof auf. Während ihrer Ausbildung zur Buchhändlerin zog sie nach Andernach und wohnte viele Jahre in der mittelalterlichen Stadt. Heute lebt sie mit ihrem Mann, ihren drei Kindern und ca. 2000 Büchern im Brohltal.

Prolog


»Begrüßen Sie mit mir den Gast des heutigen Abends, Frau Anna Densing.« Applaus brandete auf, und Eva trat zur Seite, um der jungen Schriftstellerin neben sich Raum zu geben.

Während Anna Densing das Publikum ansprach, ging Eva weiter zur Seite, bis sie an der Tür, die den Verkaufsraum vom Lager trennte, angekommen war. Mit einem leisen Seufzen lehnte sie sich an den Türrahmen. Endlich konnte sie durchatmen. Sie ließ ihren Blick durch die Buchhandlung schweifen. Den ganzen Nachmittag hatte sie mithilfe ihrer Cousine Ilse geräumt. Zusammen hatten sie die Bücher von den Auslagetischen ins Lager gebracht und dann die Tische selbst dort gestapelt, auch wenn es sie mitunter an ihre körperlichen Grenzen gebracht hatte. Nun war im Lager nur noch wenig Platz, um von der Buchhandlung in den Hausflur und hinauf in die Wohnung zu gelangen, und Eva spürte die Anstrengung in Armen und Beinen. Aber wenn sie sich so ansah, wie viele Stühle dadurch im Verkaufsraum der Buchhandlung Platz gefunden hatten und dass jeder einzelne von ihnen besetzt war, erfüllte es sie mit einer großen Freude.

Es war die erste richtige Lesung in der Rhein-Buchhandlung, und Eva war stolz, dass sie diese Veranstaltung auf die Beine gestellt hatte. Als sie vor zehn Jahren aus dem zerbombten Berlin nach Andernach an den Rhein gekommen war, hätte sie sich nicht träumen lassen, was ihr Bücher und diese kleine Buchhandlung einmal bedeuten würden. Überhaupt hatte sie damals noch gedacht, ihr Leben würde in ganz anderen Bahnen verlaufen. So viel hatte sich seit diesen Tagen verändert. Einiges zum Guten und anderes …

Eva schüttelte impulsiv den Kopf. Nein, sie wollte heute Abend nicht an Georg denken. Wollte nicht daran denken, wie sehr sie sich in ihrem Herzen wünschte, er wäre jetzt hier, wäre an ihrer Seite. Trotz allem. Aber dieses Kapitel in ihrem Leben, das Kapitel, das glückselig an Georgs Seite gespielt hatte, war vorbei. Ein für alle Mal.

Bei diesem Gedanken fuhr ein Schauer über ihren Rücken, und plötzlich waren ihr die Arme in der kurzen Bluse kalt. Instinktiv schlang sie die Hände darum. Ihre Cousine Ilse kam aus dem Lager und stellte sich neben sie. Aus dem Mädchen von einst war eine junge Frau von achtzehn Jahren geworden. Eva war froh, dass ihre Cousine ihr bei den Vorbereitungen geholfen hatte. Sonst wäre sie ganz auf sich allein gestellt gewesen, und das hätte sie unmöglich alles schaffen können.

Ilse lächelte ihr zu, und Eva lächelte zurück. Auch ihre Cousine trug eine helle Bluse, aber mit langem Arm, dazu einen weit schwingenden Glockenrock, während Eva eine taillierte Stoffhose trug. Bis vor Kurzem hatte Eva sie noch ein Stückchen überragt, aber nun hatte Ilse sie eingeholt. Sie waren auf Augenhöhe.

Das letzte leise Stimmengemurmel des Publikums verstummte, und alle Blicke richteten sich gespannt auf Anna Densing, die neben dem Kassentresen an einem kleinen Tischchen Platz genommen hatte und nun ihr Buch aufschlug.

»Kapitel Eins. Als Liese Schmitt das erste Mal den Rhein erblickte, wusste sie zwei Dinge: Erstens, dass sie in ihrem ganzen und zugegebenermaßen noch recht kurzen Leben bislang noch nie einen solch großen Fluss erblickt hatte, und zweitens, dass sie nie wieder woanders sein wollte.«

Sofort vergaß Eva alle schlechten Gedanken, die sich eben noch in den Vordergrund hatten drängen wollen. Die Worte des Romans zu hören, den Eva bereits mehrmals gelesen hatte, verschaffte ihr eine innere Ruhe. Und es war erstaunlich, wie der Text sich dadurch veränderte, dass die Schriftstellerin ihn selbst vortrug. Wie sie die Sätze und Wörter betonte, wo sie beim Sprechen Pausen einlegte. Ganz anders, als Eva es beim Lesen in ihrem Kopf getan hatte. Das war faszinierend, denn der Text wurde dadurch noch intensiver.

Wie sehr sich Worte ändern konnten, wenn man sie aus dem Mund eines Menschen hörte, dachte Eva.

Die letzten Worte, die Georg zu ihr gesagt hatte, hatten leider nichts verändert. Erneut schüttelte Eva den Kopf. Was war es nur heute Abend, dass ihre Gedanken immer wieder zu ihm zurückkehrten?

Ilse berührte sie am Arm. »Stimmt etwas nicht?«, wisperte sie leise.

Eva zwang sich zu einem kleinen Lächeln. »Nein, nein. Es ist nichts. Alles ist in Ordnung.«

Sie blickte in die Menge und fand Friedel Faßbender, der ihr einen aufmunternden Blick zuwarf. Der alte Lehrer hatte mittlerweile fast alle Haare verloren, nur ein lichter Kranz führte noch oberhalb seiner Ohren um den Kopf herum. Während das bei anderen Männern vielleicht merkwürdig aussah, verlieh es Friedel eher noch Größe. Er sah damit aus, als würde er einen Siegerkranz aus silbernem Lorbeer tragen. Wie Julius Cäsar. Der Vergleich gefiel Eva, und sie nahm sich vor, es Friedel später zu erzählen. Sie konnte sich schon vorstellen, wie dann seine Augen spitzbübisch leuchten würden.

Neben Friedel saßen Elli Breuch und Anna Simon. Die beiden Frauen waren Freundinnen ihrer Tante Maria, und über die Jahre waren sie auch zu Evas Freundinnen geworden. Zu ihrer Familie. Schade fand Eva nur, dass ihre Freundinnen Käthe, Ingeborg und Margot heute Abend keine Zeit hatten. Es hätte sie sehr gefreut, die drei hier anzutreffen.

Als Eva im Frühjahr 1945 in Andernach angekommen war, hatte sie nichts mehr gehabt. Ihre Eltern und ihre kleine Schwester Grete waren bei einem Bombenangriff in Berlin ums Leben gekommen, ihr Verlobter Alfred an der Front gefallen. In Andernach hatte Eva eine neue Familie gefunden, in ihrer Tante, ihrer Cousine, ihren neuen Freundinnen und in den Mitgliedern des Kreises. Sie alle waren zu ihrer Familie geworden und Andernach und die Rhein-Buchhandlung zu ihrem Zuhause.

Eva ließ ihren Blick wieder zu Anna Densing gleiten, hörte weiter zu, wie deren Protagonistin Liese Schmitt alles hinter sich ließ, um am Rhein ihr neues Leben zu beginnen. Das war es vermutlich, was Eva am meisten an diesem Roman begeisterte: Sie fand darin so viele Parallelen zu ihrem eigenen Leben.

Bis auf die Stimme der jungen Schriftstellerin war nichts zu hören. Die Gäste lauschten genauso gebannt wie Eva, und so war das Geräusch der sich öffnenden Tür umso lauter. Alle Anwesenden fuhren herum und blickten zum Eingang der Buchhandlung.

Herein trat ein Mann. Eva schätzte ihn auf Anfang, Mitte sechzig. Er kam ihr vage bekannt vor, obwohl sie nicht sagen konnte, woher. Die Kleidung, die er am Leib trug, war schäbig und viel zu groß, seine Wangen eingefallen und hohl, die hellen Haare schütter. Braune Augen blickten sich aus tief liegenden Höhlen in der Buchhandlung um. Der Mann öffnete den Mund, wollte etwas sagen, aber ein Hustenschwall unterbrach ihn. Er krümmte sich zusammen, hustete laut und rasselnd. Mit jedem neuen Husten wurde sein dünner Körper noch mehr durchgeschüttelt. Eva zuckte zusammen. Es tat schon beim Zusehen weh.

Im Publikum kam Unruhe auf. Stimmengewirr erfüllte die Rhein-Buchhandlung. Die Anwesenden flüsterten und redeten wild durcheinander. Einige wurden lauter, und so hörte Eva mit einem Mal, wie jemand sagte: »Das ist doch Herrmanns August!«

Und ein anderer rief: »Ja, der August, das ist der August!«

Eva kniff die Augen zusammen. Konnte es sein, was die Leute sagten, war dieser Mann August Herrmann? War er ihr Onkel, der Bruder ihrer verstorbenen Mutter? War das der Grund, warum er ihr so vage bekannt vorkam?

Sie warf einen schnellen Blick zu Ilse, die neben ihr erstarrt war und einen Ausdruck auf dem Gesicht trug, den Eva nicht einordnen konnte. War es Unglaube? Angst? Eva durchquerte die Stuhlreihen und trat zu dem Mann heran. »Onkel August, bist du es wirklich?«, fragte sie.

Der Mann hustete ein letztes Mal, dann ruckte der Kopf zu ihr, und sein Blick durchbohrte sie beinahe. »Wer bist du?«, fragte er mit kratziger Stimme. »Wo ist meine Frau? Wo ist Maria?« Er blickte sich suchend in der Buchhandlung um und rief: »Maria! Maria, wo bist du?«

Eva trat noch näher zu ihm. »Ich bin Eva, deine Nichte. Tante Maria ist im Moment nicht hier. Vielleicht kommst du erst einmal mit mir rauf in die Stube.« Sie deutete zur Lagertür. »Dann kann die Lesung von Frau Densing weitergehen, sie liest heute aus ihrem neuen Buch Rheinle«

»Eva? Eva Liebe etwa? Die Tochter meiner Schwester aus Berlin?«, unterbrach Onkel August sie.

Eva nickte. »Ja, ich bin deine Nichte aus Berlin. Komm, wir gehen hinauf.« Sie fasste ihn sanft am Arm, um ihn mit sich zu ziehen.

Doch ihr Onkel entriss ihr den Arm grob. »Wo ist meine Frau?«, fragte er wieder.

»Sie ist im Moment nicht hier, das sagte ich doch schon«, antwortete Eva ruhig, und als sie sah, dass diese Erklärung ihrem Onkel anscheinend nicht ausreichte, fügte sie hinzu: »Sie ist verreist.«

»Verreist?«, fragte August Herrmann. »Wohin denn? Mit den Kindern?«

Mit den Kindern. Eva wurde kalt. Ihr Onkel wusste nicht, dass er nur noch ein einziges Kind hatte. Wie sollte sie ihm diese Nachricht schonend beibringen? Und was würde er wohl sagen, wenn er erfuhr, dass Tante Maria nicht mit Ilse, aber auch nicht allein verreist war … Eva schluckte. »Onkel August, es wäre wirklich besser, wenn …« Sie verstummte, als der kalte Blick ihres Onkels sie erneut traf.

Da ertönte Ilses helle Stimme: »Vater, komm, wir gehen hinauf, wie Eva es vorgeschlagen hat.«

Erneut ruckte Onkel Augusts Kopf herum. Wie hypnotisiert starrte er Ilse an, die immer noch an der Lagertür stand. »Welche von meinen Töchtern bist du? Ilse? Gisela?«, fragte er.

»Ilse«, antwortete diese. Ihre Stimme klang belegt und gleichzeitig viel zu abgeklärt, als würde sie neben sich stehen.

Das Gemurmel und Gerede im Raum wurde für einen Moment leiser,...

Erscheint lt. Verlag 1.7.2024
Reihe/Serie Die Rhein-Buchhandlung
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 1950 • 1950er • 1950er Jahre • 1950er-Jahre • 1955 • 50er Jahre • Andernach • Betrug • Bücher • Bücher über Bücher • Bücher über Buchhandlungen • Bücher zum Träumen • Buchhändlerin • Buchhandlung • Eheschwindler • Familiensaga • Frauenroman • Frauenschicksal • Fräulein Liebe • Fräulein Liebe und das Glück der Bücher • historische Familienromane • historische Frauenromane • Historische Romane • Historische Romane Deutschland • Hochzeit • Krieg • Kriegsheimkehrer • Liebe • Mittelrhein • Nachkriegsromane • Nachkriegszeit Deutschland • Nachkriegszeit Deutschland 50er Jahre • Neuanfang • Rhein • Roman Frauen • Roman Frauenschicksal • Schicksal • Schwangerschaft • Starke Frauen • Susanne Esser • Träume • Untergrund • Verbotene Liebe • Verrat • wahre Hintergründe • Widerstand • Zweiter Weltkrieg
ISBN-10 3-426-46730-5 / 3426467305
ISBN-13 978-3-426-46730-5 / 9783426467305
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