Mittsommer in Småland (eBook)

Roman | Drei Frauen und ein Sommer in Schweden - der Wohlfühlroman für den Sommer 2024!
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2024 | 1. Auflage
272 Seiten
Harpercollins (Verlag)
978-3-7499-0693-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Mittsommer in Småland -  Frieda Lamberti
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In der malerischen Heidelandschaft führen Anne und ihre erwachsene Tochter Tilda ein beschauliches Leben. Doch hinter der scheinbaren Idylle lauert eine große Herausforderung: Annes Vater leidet an Demenz. Als wäre das nicht schon genug, befindet sich Annes beste Freundin Birte in einer Lebenskrise und zieht bei ihr ein.

Tilda wünscht sich nichts sehnlicher, als endlich die Familie ihres Freundes kennenzulernen. Eine Segeltour durch den Göta-Kanal bietet die Möglichkeit dazu. Doch auf der Reise kommt es mitten in der schwedischen Natur zu einer unerwarteten Begegnung, die ein längst verborgenes Geheimnis ans Licht befördert, das zur Sommersonnenwende die Leben aller Beteiligten verändert.



Frieda Lamberti ist das Pseudonym einer gebürtigen Hamburgerin. Die Autorin lebt gemeinsam mit ihrer Golden-Retriever-Hündin Lotte in der Lüneburger Heide. Frieda Lamberti ist erst spät in ihrem Leben zum Schreiben gekommen und veröffentlichte ihr Debüt mit 50 Jahren. Inzwischen hat sie bereits mehr als fünfzig Romane erfolgreich veröffentlicht.

ANNE

Kuh oder Ziege

In diesem Jahr habe ich mir den obligatorischen Frühjahrsputz gespart. Der Grund, weshalb ich mich dazu entschieden habe, war der, dass es gar keinen Frühling gab. Meine liebste Jahreszeit fand nicht statt. Von März bis Mai herrschte typisches Aprilwetter. Wenn es nicht stürmte, prasselten ständig Regenschauer nieder. Es verging kein Tag, an dem ich nicht durchgepustet wurde oder nass geworden bin. Früher habe ich den Einfluss von Wetter auf das persönliche Wohlbefinden für blanke Einbildung gehalten. Doch mittlerweile bin ich zu der Überzeugung gelangt, dass an dem Thema »Wetterfühligkeit« doch etwas dran sein könnte. Ich mache den Mangel an Sonnenlicht für meine permanente Niedergeschlagenheit verantwortlich. »Problem erkannt – Problem gebannt«, sage ich zu mir und nehme mir vor, morgen den Hausarzt meines Vertrauens zu konsultieren. Dass ich dafür von meinem Zuhause in der Heide fünfzig Kilometer fahren muss, nehme ich gern in Kauf.

Ohne Termin schlage ich morgens in der Hamburger Praxis auf. Als ich sehe, welch reger Betrieb herrscht, bitte ich die Sprechstundenhilfe, mir nur ein Rezept auszustellen. Nach vorheriger Onlinerecherche habe ich mich für ein hoch dosiertes Vitamin-D-Präparat entschieden, das meine Lebensgeister aus dem Winterschlaf wecken soll. Doch so reibungslos, wie ich es mir vorgestellt habe, klappt es nicht. Kurzerhand werde ich von der resoluten Empfangsdame in den Wartebereich geschickt.

Geschlagene zwei Stunden sitze ich zwischen keuchenden und schniefenden Patienten und hoffe darauf, als Nächste aufgerufen zu werden. Just in dem Moment, als mir der Geduldsfaden reißt und ich beschließe, mir in der Apotheke ein frei verkäufliches Mittel zu besorgen, öffnet sich die Tür. Uli, der Doc, der mit meiner besten Freundin Birte verheiratet ist, erlöst mich höchstpersönlich aus dem Viren-Hotspot. Obwohl wir uns gut kennen, spricht er mich förmlich an. »Frau Töpfer, bitte.«

Erst als ich ihm im Untersuchungszimmer gegenübersitze, wechselt er zum Du und schaut mich prüfend an. »Na, was führt dich zu mir, Anne?«

»Ich bin ständig müde, obwohl ich genug Schlaf bekomme. Irgendwie fühle ich mich schlapp und antriebslos. Mir fehlt die Sonne.«

»Schon mal an Urlaub im Süden gedacht?«, witzelt er und hört mich ab, misst meinen Blutdruck und prüft den Sauerstoffgehalt mittels Pulsoximeter. Gleich darauf gibt er Entwarnung. »Deine Werte sind in Ordnung. Allerdings …« Nach kurzem Zögern fährt er fort. »Mir ist aufgefallen, dass du zugelegt hast, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben. Weißt du nicht, dass Fettleibigkeit zu gesundheitlichen Problemen führt?«

Ich reiße ungläubig die Augen auf. Hat er mich gerade »fett« genannt? Es ist unstrittig, dass ich zugenommen habe. Die Rede ist von einigen Kilo Hüftgold, die sich hartnäckig halten und mich von meinem Idealgewicht trennen. Ich versuche mich in Erklärungen. »Es ist doch normal, dass sich der Körper in den Wechseljahren verändert.«

»Dumme Ausrede! Die Menopause ist keine Entschuldigung dafür, sich gehen zu lassen.« Verschwörerisch zwinkert er mir zu. »Ich verrate dir mal was. Übergewichtige Frauen wirken nicht gerade sexy auf Männer. Gerade in deinem Alter ist es wichtig, auf die Figur zu achten.«

Was erlaubt er sich? Und was bedeutet: In meinem Alter? Wieso sagt er nicht in unserem Alter? Wenn ich mich nicht täusche, ist er mein Jahrgang.

»Du hast die Wahl, Anne. Kuh oder Ziege? Es ist deine Entscheidung. Das predige ich meiner Frau auch ständig.«

Jetzt weiß ich, dass er lügt. Uli würde sich niemals trauen, Birte eine solche Unverschämtheit an den Kopf zu werfen. Sie würde derart mit ihm Schlitten fahren, dass ihm Hören und Sehen vergeht. Den Blick auf seinen Monitor gerichtet rät er mir, mehr Sport zu treiben und auf meine Ernährung zu achten. »Dein letzter Check-up liegt schon eine Weile zurück. Es wird mal wieder Zeit für ein großes Blutbild. Bist du nüchtern?«

»Nein, ich habe bereits gefrühstückt.«

»Dann komm morgen vor der Sprechstunde vorbei. Einen Termin brauchst du dafür nicht. Und sonst? Wie läuft es zu Hause? Wohnt Tilda noch immer im Hotel Mama? Und wie geht es deinem Vater?«

Nachdem ich den halben Vormittag damit vertrödelt habe, mir auf unverfrorene Art anzuhören, was meine Waage mir längst offenbart hat, steht mir nicht der Sinn nach einer privaten Unterhaltung mit ihm. »Danke der Nachfrage. Daheim läuft alles bestens.« Ich nehme das Rezept entgegen und verzichte darauf, Birte Grüße von mir auszurichten. Das ist nicht nötig, da ich vorhabe, ihr einen kurzen Besuch abzustatten, bevor ich den Rückweg in die Lüneburger Heide antrete. Per Handschlag verabschiede ich mich.

Seine Worte hallen noch minutenlang in mir nach. Was ist bloß in ihn gefahren? Offensichtlich ignoriert er, dass der Zahn der Zeit auch an ihm genagt hat. »Fass dir an die eigene Nase!«, hätte ich kontern sollen, statt zu verstummen. Leider gehört Schlagfertigkeit nicht zu meinen Stärken. Zu dumm, dass mir passende Retourkutschen immer erst einfallen, wenn es zu spät ist.

Auf der Fahrt durch die Elbvororte bemerke ich, dass die Vegetation hier deutlich weiter vorangeschritten ist als bei mir auf dem Land. Die Bäume am Straßenrand tragen sattes Grün, und das Thermometer zeigt stolze zwanzig Grad, obwohl die Sonne den Zenit noch gar nicht erreicht hat. Ich freue mich wie verrückt darauf, bei Birte auf der Terrasse zu sitzen und meinen Blick über ihr topgepflegtes Anwesen schweifen zu lassen. Meine Freundin verfügt über das, was man gemeinhin als grünen Daumen bezeichnet. Ich kenne keine andere Person, die sich der Botanik mit so viel Hingabe und Leidenschaft widmet wie sie. Bei Birte blüht es bis in den Spätherbst hinein, indes in meinen Beeten lediglich das Unkraut sprießt. Ich bin, was Gartenarbeit angeht, eine absolute Niete.

Sie reagiert nicht auf mein Klingeln. Da ihr Wagen vor der Garage parkt, gehe ich davon aus, dass sie zu Hause ist. Ich werfe einen Blick über die Gartenpforte und entdecke sie sogleich. Schnaubend schleppt sie einen schweren Sack Blumenerde über den akkurat geschnittenen Rasen.

»Heb dir bloß keinen Bruch«, rufe ich ihr zu und trete ein. »Wieso nimmst du keine Schubkarre zu Hilfe?«

Sie wirft den Sack auf den Boden und wischt ihre Hände an der karierten Schürze ab. »Die hat Uli unserem neuen Nachbarn geborgt. Aber bisher hat er es nicht für nötig gehalten, sie zurückzugeben, obwohl ich sie bitter nötig hätte. Meine vorgezogenen Dahlien sind den Eisheiligen zum Opfer gefallen. Sie haben den Nachtfrost nicht überstanden. Alle Mühe war umsonst.«

Ich stehe auf dem Schlauch. »Welcher neue Nachbar?«

Mit ausgestrecktem Arm deutet sie nach links auf das angrenzende Grundstück, auf dem eine verfallene Laube steht. Bis vor ein paar Wochen hat dort ein alter, alleinstehender Mann mehr gehaust als gewohnt. Birte war dieser Schandfleck von Anfang an ein Dorn im Auge. Damals hatte sie sich mit Händen und Füßen gewehrt, ihr neues Zuhause neben dieser Bruchbude entstehen zu lassen. Nur unter der Bedingung, einen Sichtschutz in Form einer mannshohen Rhododendronhecke zu pflanzen, hat sie vor fünfzehn Jahren dem Bau ihrer mondänen Stadtvilla auf diesem Platz zugestimmt.

»Ich habe so einen Hals«, schimpft sie und unterstreicht ihre Aussage mit einer entsprechenden Geste.

»Wegen der Schubkarre? Wo ist das Problem? Geh doch einfach rüber und hol sie dir zurück.«

»Vergiss die Karre! Deshalb bin ich nicht wütend. Ich bin stinksauer auf Uli. Er wusste genau, wie wichtig mir das Nachbargrundstück war. Ich hatte den alten Kauz bereits so weit gebracht, dass er an uns verkaufen wollte. Wir hätten lediglich zum Notar gehen müssen, um den Kaufvertrag beurkunden zu lassen. Aber mein viel beschäftigter Gatte konnte keine Stunde seiner kostbaren Zeit opfern, um den Termin wahrzunehmen. Jetzt ist das eingetroffen, was ich immer befürchtet habe. Der Alte ist gestorben, und ich wische mir die Nase.«

Ich höre zum ersten Mal von ihrem Vorhaben. »Du wolltest das Nachbargrundstück kaufen? Wozu?«

»Für mein Gewächshaus. Ich hätte die Schrotthütte abreißen lassen und stattdessen ein großes Glashaus errichtet, in dem meine kälteempfindlichen Pflanzen überwintern können. Es war bereits alles in die Wege geleitet. Sogar meine Bauvoranfrage wurde positiv beschieden, aber Mister Wichtig hat mir einen fetten Strich durch die Rechnung gemacht. Ich weiß nicht, wem ich lieber an die Gurgel gehen möchte. Uli oder dem Kerl, der das Grundstück nebst Altlasten geerbt hat.«

»Es gibt einen Erben? Hieß es nicht stets, der Kauz hätte keine Angehörigen?«

Birte wirft einen hasserfüllten Blick über die Hecke. »Angeblich ist der Typ ein Verwandter um sieben Ecken, der noch nicht einmal von der Existenz des Verstorbenen gewusst hat.«

»Beabsichtigt er, dort einzuziehen?«

Birte zuckt mit den Achseln. »Keine Ahnung, was er vorhat. Auf jeden Fall hat er mein Angebot, ihm die Parzelle abzukaufen, mit einem müden Lächeln abgelehnt.«

»Sieh es doch positiv. Wenn er neu baut, verschwindet die Bruchbude. Ein Gewächshaus kannst du auch bei mir aufstellen. Platz genug habe ich.«

Mein Versuch, sie aufzumuntern, läuft ins Leere.

»Darum geht es doch gar nicht!«

»Sondern?«

»Es geht ums Prinzip. Uli hat mich hängen lassen. Mal wieder. Meine Wünsche sind ihm völlig schnuppe.«

Ich nehme ihr die Entscheidung ab. »Verschone deinen Nachbarn und...

Erscheint lt. Verlag 19.3.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Demenz • Familieneschichte • Göta-Kanal • Kraft der Natur • Lüneburger Heide • Schweden • schwedischer Sommer • Smaland • Sommersonnenwende • Vergangenheit • Wohlfühlroman
ISBN-10 3-7499-0693-9 / 3749906939
ISBN-13 978-3-7499-0693-2 / 9783749906932
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