Niemandes Kind (eBook)

Eine Geschichte mit Tiefgang

(Autor)

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2023 | 1. Auflage
140 Seiten
tredition (Verlag)
978-3-384-07989-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Niemandes Kind -  Anton Frisch
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Anton hat eine Familie! Obwohl sie nicht vollständig ist, es fehlt der Vater, versucht er die Verschwiegenheit der Großmutter und seiner Mutter aufzubrechen. Doch sie haben eine Grund dafür. Die Verschwiegenheit schützt die Familie zur Zeit der Deutschen Demokratischen Republik. Erst nach der Wendezeit und kurz vor dem Tod der Großmutter, am selben Tag, löst sie ihre Verschwiegenheit. Ein Brief soll den Hinweis und Aufklärung um Anton Vater bringen. Seine Mutter bricht ebenfalls erst nach dem Tod ihrer Mutter die Verschwiegenheit. Sie hilft bei der Aufklärung. Vermeintlich!

Kapitel 1

Eine Frage

 

Endlich Ferien. Die 8. Klasse habe ich hinter mir, im Sommer 1984. Zwar wieder nur mit einer durchschnittlichen Drei aber wenigstens konnte ich meine Note in Mathematik auf eben diese verbessern. In Chemie und Russisch lief es dagegen nicht so gut. Ralf verlässt die Schule und beginnt eine Lehre zum Maurer. Ist bestimmt auch gut so, denn es fiel ihm immer schwerer dem Unterricht zu folgen und in seinem Elternhaus gab es nur wenig Unterstützung. Nicht weil seine Eltern nicht wollten, nein, sie konnten es nicht. Die viele Arbeit in der LPG und dem eigenen Hof, dazu 7 Kinder. Besser so für ihn. Es gibt zwar Unterstützung vom Staat, was die allgemeine Ausstattung großer Familien betrifft, aber eine echte Lernförderung gibt es nicht. Gut ist, dass kaum einer in diesem Schulbildungssystem durch das soziale Raster fällt und jeder eine Lehrstelle und später einen Beruf bekommt. Claudias Eltern gehen nach Leuna in die Chemieindustrie. Haben sie beide gelernt und eine große Wohnung gibt es auch dazu. Das zieht und unsere liebe Claudia muss mit. Schade. Für mich werden die Ferien lang. Weder meine Mutter noch Oma haben einen Ferienplatz bekommen und bei Onkel und Tante geht es an den Schwielowsee. Leider ist der Platz in den Bungalows sehr knapp bemessen und deshalb keine Stellmöglichkeit für ein Bett, ja nicht einmal für eine Luftmatratze. Es sei denn ich schlafe auf der Terrasse.

Geht aber nicht, gibt es und geht nicht im Bungalowdorf der DDR.

Ich sitze auf der Treppe vor unserem Haus in der Bergarbeitersiedlung und ich schaue dem Gewusel der Eltern meiner Freunde beim packen ihrer Autos zu. Durch die acht Stufen sitze ich so erhöht, dass ich die Straße die unter mir liegt gut überblicke. Gut beschattet. Der Rosenbaum neben der Treppe leistet gute Dienste. So lässt es sich auch, wie jetzt im Hochsommer, bei 30 Grad, gut aushalten.

Immer wieder erstaunt mich mit welchem Plan Herr Meier, Stefans Vater, zugange ist. Die Ersatzteile zuletzt, ruft er Heidi, seiner Frau, hinterher. Denn Sie trägt eifrig alle gepackten Koffer und Taschen herbei. Die, so scheint es mir, vorher eine Nummer bekommen haben. Ich lache über die Akribie vom Herrn Meier in mich hinein, aber Herr Meier bekommt es mit und wirft mir ein ,, Was grinst du so?“ Blick an den Kopf und hebt dabei seine Schultern an, so als ob es ihm egal ist. Fragt dann aber doch über ein kurzes ,,Was?“ Och nichts, erwidere ich. Ich drehe die Hände, die meinen Kopf stützen, vor mein Gesicht da mich seine Frage zum grinsen bringt und es so verbergen kann.

Der strenge Herr Meier. Er wollte von uns Kindern nie beim Vornamen genannt werden. Seine Frau Heidi ruft ihn,, Didi“. Dietmar. Die Ostsee ist ihr Ziel. Ein Wismut Ferienheim in Zinnowitz auf Usedom. Schöne Ferienhotels, nur für Mitarbeiter der Wismut, der in unserer Straße die meisten angehören. Nun ist es geschafft und Heidi bringt einen Zahnriemen und eine Lichtmaschine, samt Zündkerzen. Alle Ersatzteile sind sorgfältig in Baumwolllappen eingewickelt. Das Werkzeug noch oben drauf und Herr Meier setzt sich zum verschließen des Kofferraumdeckels auf eben diesen. Es macht klack. Er hopst vom Kofferraumdeckel und reibt sich seine Hände voller Vorfreude oder vielleicht auch, weil er mal wieder den Kofferraumdeckel zugebracht hat. Was alles so in einen Trabi reinpasst. Heidi hat sich in der Zwischenzeit, also zwischen dem herantragen der Koffer und den Ersatzteilen aufgedonnert und den Fresskorb mit leckeren Broten gefüllt. Mit diesem bewaffnet steht nun Stefan vor mir und wir verabreden uns schon für die Zeit nach seinem Urlaub. ,, Es gibt schlimmeres wie Ostsee‘‘, sage ich und reiche ihm den Korb auf die Rückbank vom Trabi. Einsteigen mit einem Wäschekorb auf die Rückbank vom Trabi geht nicht. Ich winke und fort sind sie. Zur gleichen Zeit und fast schon ein Wettlauf packte Werner Böhme, der Vater von Jens, sein geliebtes Auto. Er holt sich alles selbst von dem Haufen der vor der Tür steht. Seine Frau Gudrun stellt einfach alles hin, weil er beim packen nicht gestört werden will. Ich denke er möchte eher seine Ruhe haben. Geht alles rein, meint er immer und lacht. Er hat einen Moskwitsch, mit einem riesen Kofferraum. Und es geht. Sogar noch eine Kiste Greizer Helles platziert er sorgfältig auf dem Laderaumboden. Komm her ruft Werner. Ich schlurckse zu ihm. Hier ist für ein Eis und lässt ein Fünfmarkstück in meine Hand plumpsen. Jens verabschiedet sich von mir mit den Worten, ,,Wieder Plau am See“. In drei Wochen sehen wir uns, steigt auf sein Sofa, so nennt er die Rückbank im Auto und ist weg. Ein winken durch die Scheibe und Herr Böhme beschleunigt sein Gefährt. Kommst du ruft Großmutter genau nachdem meine Kumpel fort sind. Ich vermute hat das Geschehen auf der Straße, neugierig wie sie ist, hinter der Gardine vom Küchenfenster beobachtet. Sie lehnt aus dem Küchenfenster und wiederholt es noch mal mit Nachdruck. Ja, bin gleich da. Die nächsten zwei Tage verbringe ich mit Gartenarbeit. Ich hatte es ihr versprochen, denn sie benötigt immer öfter meine Hilfe, weil sie schwere Dinge nicht mehr bewältigen kann. Angefangen mit Unkraut jäten, Grabe ich nun, die eine Hälfte des Gartens um und zwischendurch ernten wir und legen neue Beete an oder ich säge mit meiner Großmutter Holz, welches wir gemeinsam aus dem Wald gezogen haben. Pause. Oma stellt ihren frisch gebackenen Gugelhupf auf den Gartentisch und gießt für uns beide eine Tasse,, Muckefuck“ ein Kaffeeersatzgetränk“ aus Gerstenmalz, ein. Wir beobachten die ankommenden Züge, die wir von unserer Gartenbank aus sehen können. Wir spekulieren, wer die ankommenden sind. Die Entfernung zum Bahnhof ist gerade soweit, dass man zwar die Leute erkennt, was die Statur betrifft, aber die Gesichter erkennt man nicht. Nur an einer ungewöhnlichen Gangart konnte man erkennen wer derjenige war der gerade mit dem Zug angekommen ist. Herr Heinze zum Beispiel. Er hat ein Holzbein. Das erkennt man auch aus dieser Entfernung. Oma befragt mich zu den Urlauben von Meiers’ und Böhmes und wohin es für sie geht. Ich erzähle es kurz zusammengefasst und sage ihr, dass ich mir es auch so wünschen würde, so mit Mutter und Vater in den Urlaub fahren.

Geht nicht, meint Großmutter. Ich weiß, erwidere ich. Kein Vater. Ihre Laune schlägt plötzlich um und mir kommt es vor als wolle sie damit einen Themenwechsel erreichen. Junge, verschärft Großmutter ihren Ton. Ich kann dir dazu nichts sagen. Wohlwissend das sie es könnte. Es ist nicht so einfach zu erklären wich sie aus und um sich zu rechtfertigen. Irgendwann kommt der richtige Zeitpunkt dafür. Ich lasse es gut sein, denn ich merke das Sie es sehr schmerzt, als ich ihr, mal wieder, die eigentlich gar nicht gestellte Frage nach meinem Vater stelle.

Du merkst es schon als Kind ohne Vater zu sein und manchmal lassen es dich auch deine Freunde und öfter noch deren Eltern spüren.

Kennst du überhaupt deinen Vater? Wäre schön wenn du einen Vater hättest! Keinen Vater, na ja bei der Mutter!, sind nur einige der Bemerkungen, die ich so, immer wieder, aushalten muss.

Einmal habe ich mich gewehrt. Ein einziges mal. Am Anfang des letzten Schuljahres. Ulla Wallinski, meine Lehrerin in Physik, machte genau eine dieser schnippischen Bemerkungen. ,, Hättest du einen Vater, dann wüsstest du wovon ich Rede“, war ihre Bemerkung. Es ging in unserer Physikstunde um Muskelkraft und mir war der Zusammenhang zwischen Muskelkraft und einem Vater nicht ganz klar, wusste aber, dass sie mich mal wieder auf dem Kicker hat. Falscher Zeitpunkt für Frau Wallinski. Es reicht dachte ich und melde mich ungefragt zu Wort. Ich wollte ihre Gehässigkeit nicht so stehen lassen. Aber Frau Wallinski ich habe doch einen Vater, fiel ich in ihre Ausführungen. Wie? Na sonst säße ich doch nicht hier! Was? Ich weiß sogar wer mein Vater ist! In der Klasse wurde es immer leiser. Ja, ,,Wer denn?“, wirft sie mir an den Kopf Und voller Wut über meine Störung des Unterrichts. Ihr Ehemann, Frau Wallinski. Ihr Ehemann. Wie bitte! Ihr Ehemann ist mein Vater wiederhole ich mich. Totenstille im Klassenzimmer. Sie zerrt mich am Kragen meines Hemdes gepackt von meinem Stuhl und aus der Klasse und weil ich ihr körperlich weit überlegen bin, greife ich ihr Handgelenk und drehe ihre Hand von meinem Hemd. Meine Wut auf Frau Wallinski ist größer. Wie kann sie nur auf meinen Gefühlen so rumtreten. Mir ist es egal was jetzt passiert, denke ich. Natürlich sind alle meine Klassenkameraden entsetzt. Nein, nicht über die Lehrerin, nein, über mich natürlich.

Mit Schmerzverzerrtem Gesicht lässt sie ihre körperliche Gewalt sein. Daraufhin bekomme ich einen Verweis vor der ganzen der Schule. Ungerechtfertigt, finde ich, aber es hat geholfen und deshalb habe ich es auch einfach hingenommen. Kein Ton zu diesem Thema mehr in der Schule und Herr Blume, unser Sportlehrer, zeigte mir seit dem als Gruß, den Daumen nach oben. Frau Wallinski, seit dem Vorfall völlig von der Rolle. Sie hatte es sich seit dem Vorfall zur Aufgabe gemacht...

Erscheint lt. Verlag 4.12.2023
Verlagsort Ahrensburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte finden • Liebe • Prag • Suchen • Wahrheit
ISBN-10 3-384-07989-2 / 3384079892
ISBN-13 978-3-384-07989-3 / 9783384079893
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