Puppenhaus (eBook)
255 Seiten
epubli (Verlag)
978-3-7584-3483-9 (ISBN)
Karin Köster ist Autorin, freie Journalistin und Songtexterin. Sie lebt auf Teneriffa und in Norddeutschland. 1999 erschien ihr Romandebüt 'Männer unerwünscht' im Bastei-Lübbe Verlag, nachdem sie erfolgreich an einem Wettbewerb für Jungautorinnen teilgenommen hatte. Der Roman wurde in einer späteren Neufassung zum Bestseller. Seitdem hat die Erfolgsautorin einige turbulente Liebesromane veröffentlicht. Karin Köster liebt die Natur, Tiere, Menschen mit Herz und natürlich das Schreiben. Neben Büchern schreibt sie Songtexte, die von Marcus Friedeberg vertont werden. Einige ihrer Songs sind auf Youtube zu finden. Regelmäßig veranstaltet sie humorvolle Lesungen. Aktuelle Informationen gibt es auf: http://www.karin-koester.de und www.facebook.com/koester.karin
Karin Köster ist Autorin, freie Journalistin und Songtexterin. Sie lebt auf Teneriffa und in Norddeutschland. 1999 erschien ihr Romandebüt "Männer unerwünscht" im Bastei-Lübbe Verlag, nachdem sie erfolgreich an einem Wettbewerb für Jungautorinnen teilgenommen hatte. Der Roman wurde in einer späteren Neufassung zum Bestseller. Seitdem hat die Erfolgsautorin einige turbulente Liebesromane veröffentlicht. Karin Köster liebt die Natur, Tiere, Menschen mit Herz und natürlich das Schreiben. Neben Büchern schreibt sie Songtexte, die von Marcus Friedeberg vertont werden. Einige ihrer Songs sind auf Youtube zu finden. Regelmäßig veranstaltet sie humorvolle Lesungen. Aktuelle Informationen gibt es auf: http://www.karin-koester.de und www.facebook.com/koester.karin
2. Der geheimnisvolle Fremde
Meine Wohnung befindet sich im zweiten Stock eines Betonklotzes ohne Fahrstuhl. Die Wände in diesem Haus sind so dünn wie Papier, so dass man kein eigenes Radio braucht, sofern man nicht auf einen bestimmten Musikgeschmack festgelegt ist. Das Treppenhaus wird von einer nackten Energiesparbirne in kaltes bläuliches Licht getaucht, ein Schild macht auf die Hausordnung aufmerksam und verbietet Kinderwagen im Eingangsflur. Es riecht nach gebratenen Zwiebeln, irgendwer schaut ein Fußballspiel im Fernsehen. Ächzend setze ich einen Fuß vor den anderen und bin dankbar für Henrys stützenden Arm. Endlich haben wir den Treppenabsatz erreicht, noch eine halbe Etage, dann sind wir oben. Ich konzentriere mich auf den abgewetzten Linoleumboden. Knie beugen, Fuß anheben und aufsetzen.
„Da sitzt einer vor der Tür“, informiert mich Henry.
Gewicht aufs vordere Bein verlagern, hinteres Bein anheben, anwinkeln.
„Erwartest du Besuch?“
Sicherheitshalber klammere ich mich am Treppengeländer fest, bevor ich den Kopf hebe.
„Argh!“, mache ich entsetzt.
Pierre rappelt sich gähnend von meiner Fußmatte auf und streckt sich. „Da bist du ja endlich.“ Er mustert mich. „Bist du betrunken?“
Irgendwie habe ich auch die letzten Stufen überwunden, ich hab keine Ahnung, wie.
„Kennst du den? Wer ist das?“, fragt Henry aufgebracht.
Henry kann nicht wissen, wer der späte Gast vor meiner Tür ist. Nachdem ich Pierre und die Schönheit erwischt hatte, brauchte ich dringend einen Job, um meinen Lebensunterhalt bezahlen zu können. An meinem ersten Arbeitstag im Mega-Kaufhaus saß ich zufällig mittags mit Henry am Tisch in der Kantine und wir verstanden uns auf Anhieb prima. Ich habe Henry nicht viel von Pierre erzählt und ein Foto habe ich ihm auch nie gezeigt. Warum sollte ich?
Ich krieg nichts außer einem weiteren sinnlosen Laut zustande. Meine Nase kribbelt, ich quetsche mit Daumen und Zeigefinger die Nasenflügel zusammen.
„Geht dich zwar nichts an, Fettmops, aber ich verrat’s dir: Ich bin Pierre de Almeida Santos.“ Er wirft sein langes Haar zurück.
„Mein Ex“, stoße ich hervor und muss niesen.
„Soll ich ihn aus dem Fenster werfen?“, erkundigt sich Henry bei mir. Unschlüssig hebe ich die Schultern. Pierre lacht und lässt seine Fingergelenke knacken.
„Was willst du?“, krächze ich, obwohl ich die Antwort schon ahne. Er hat seinen Treckingrucksack dabei und es ist Abend. Eine vertraute Situation, denn ich stand unzählige Male mit meinem Rucksack neben ihm vor irgendwelchen Herbergen, wenn es Abend wurde.
„Ich brauch’n Dach über’m Kopf“, bestätigt er meine Vermutung. „Nur für’n paar Nächte.“
„Dann such dir ein Hotel“, knurrt Henry.
Ich lasse mich schwer atmend gegen die Wand sinken. „Verschwinde, Pierre!“ Meine Nase juckt wie verrückt, ich knete die Nasenspitze und mir kommt der Gedanke, dass ich vielleicht eine Allergie haben könnte. Eine Pierre-Allergie.
Er lächelt mich an, seine schneeweißen Zähne blitzen in seinem braungebrannten Gesicht. „Schließ deine Wohnungstür auf. Oder soll ich das für dich machen?“ Er streckt seine Hand aus, damit ich ihm den Schlüssel gebe.
„Ist der schwerhörig?“, fragt mich Henry.
„Lissy würde mich niemals hängenlassen.“ Seine Hand ist immer noch ausgestreckt.
Ich schlucke. Ich weiß, dass er recht hat und er weiß es auch. Unwillkürlich tastet meine Hand über die Stelle an meinem Oberschenkel, wo der Grizzlybär mich gepackt hatte. Ich kann die Narbe durch den Jeansstoff nicht fühlen, aber sie ist da.
„Wenn ich sie nicht gerettet hätte, wär sie jetzt höchstwahrscheinlich tot. Ich hab mein Leben für sie aufs Spiel gesetzt!“
Der Grizzly hatte offenbar geschlafen und uns wegen der Witterung - Schnee und Wind - nicht bemerkt. Unser plötzliches Auftauchen hatte ihn aufgeschreckt, er griff mich an, stieß mich zu Boden und schnappte mein Bein. Dabei brüllte er das lauteste Brüllen, das ich jemals gehört habe. Pierre rammte ihm seinen rechten Arm ins offene Maul, bis in den Rachen, und der Bär suchte das Weite. Große Tiere haben einen ausgeprägten Würgereflex.
Ich ziehe meinen Schlüsselbund aus der Hosentasche, Pierre schließt die Tür auf, schultert seinen Rucksack und marschiert in die Wohnung.
Henry guckt mich besorgt an. „Mir ist gar nicht wohl dabei, dich mit deinem Ex-Mann alleine zu lassen.“
Ich drücke ihm kurz die Hand. „Schon gut, mach dir keine Gedanken.“ Ich löse mich von der Wand und torkle zur Tür. „Danke Henry.“
Er schaut mir nach, bis ich den schmalen Wohnungsflur erreicht habe.
„Bis morgen früh. Ich hol dich ab“, verspricht er, dann geht er zur Treppe.
Pierre hat seinen Rucksack auf dem Wohnzimmertisch abgestellt und inspiziert mein Schlafzimmer und die Küche. Ich muss zweimal niesen, drängle mich an ihm vorbei ins Bad und schließe die Tür hinter mir ab.
„Dein Sofa ist zu kurz für mich, da kann ich mich nicht ausstrecken. Aber dein Bett sieht bequem aus“, meint er, als ich vom Klo komme.
Ich stoße die Tür zum Abstellraum auf. „Da kannst du deine Matte ausrollen.“
Pierre meldet Protest an, aber ich hör gar nicht hin. Zum Glück lässt sich auch meine Schlafzimmertür abschließen, ich drehe den Schlüssel und sinke auf die Matratze. Mein Kopf hat das Kissen kaum berührt, da schlafe ich auch schon ein.
***
Am nächsten Morgen schrecke ich von der Türklingel auf, mein Blick fliegt zum Wecker. Ach du Scheiße! Ich muss zur Arbeit, es ist Henry, der auf den Klingelknopf drückt. Hinter meiner Stirn ist ein Presslufthammer im Gange, meine Zunge hat sich in ein Pelztier verwandelt und mein Magen gluckert bedrohlich. Ich springe aus dem Bett rein in die nächstbesten Klamotten und stoße mir den großen Zeh, als ich die Schlafzimmertür aufreißen will. Fluchend drehe ich den Schlüssel.
Der Geruch nach Kokosöl erfüllt die Wohnung. Auf meinem Wohnzimmertisch türmen sich Pierres Sachen, sein Rucksack liegt auf dem Fußboden. Die Tür zum Abstellraum steht offen, im Vorbeihumpeln fällt mein Blick auf das Fußende seines Schlafsacks und ich spüre, wie sich mein Magen zusammenzieht. Und natürlich muss ich niesen. Ich knete und biege an meiner Nase herum, damit sie Ruhe gibt.
Pierre hat sein Rasierzeug, Aftershave, Duschbad, Kokosöl, Zahnbürste und was weiß ich noch alles auf der Ablagefläche über dem Waschbecken und dem Regal über der Heizung aufgereiht. Das hübsche Porzellanschälchen, in dem ich meine Haargummis aufbewahre, liegt in Scherben zerbrochen auf den Fußbodenfliesen. Typisch Pierre! Wenn es einen Grobmotoriker-Battle gäbe und Pierre würde mitmachen, hätten die anderen Teilnehmer keine Chance, der Sieg wäre ihm sicher.
Vorsichtig sammle ich eines der Gummis zwischen den Scherben vom Boden auf und fasse meine wildgelockten Haare zu einem strammen Zopf zusammen. Dann schaufle ich ein paar Handvoll Wasser in mein Gesicht und entferne schnell den hart gewordenen Klecks Zahnpasta, den Pierre im Waschbecken hinterlassen hat.
Du machst genau da weiter, wo du aufgehört hast. Pierre macht sich ein schönes Leben und du kümmerst dich um den Rest.
Nach Feierabend werde ich mit ihm reden. Wir werden uns wie vernünftige, erwachsene Menschen benehmen, uns sachlich mit der Situation auseinandersetzen und eine Lösung finden. Ich ziehe die Wohnungstür hinter mir zu, haste die Treppe runter und sitze Augenblicke später neben Henry auf dem Beifahrersitz.
Wir sind spät dran, und zwar meinetwegen, aber Henry würde mir das nie vorwerfen. Er sucht nach Lücken im morgendlichen Verkehrschaos und nimmt eine Abkürzung über eine marode Seitenstraße. Der Wagen rumpelt durch die Schlaglöcher, ich klammere mich am Haltegriff fest.
„Tut mir echt leid, ich hab vergessen, den Wecker zu stellen“, krieche ich zu Kreuze.
„Kein Wunder bei deinem Zustand. Wie geht’s dir?“
„Kopfschmerzen und leichte Sehstörungen. Und irgendwas ist mit meinem Magen nicht in Ordnung.“
„Dann bist du ja topfit für deinen Arbeitstag im Mega-Kaufhaus.“ Er macht einen Trommelwirbel mit den Fingern auf dem Lenkrad und trompetet: „Sehr geehrte Damen und Herren, beachten Sie bitte unseren Sonderangebotstisch im Erdgeschoss. Zehn Hüftslips, reine Baumwolle, für sage und schreibe neun Euro fünfundneunzig!“
Mein Schädel bohrt sich in die Kopfstütze. „Ich hasse den Job“, stöhne ich. „Hab ich dir das schon mal gesagt?“
Er kichert. „Oh, lass mich nachdenken. Ja, ich glaube, das war jetzt das dreiundneunzigtausendvierhundertachtzigste Mal.“ Er blinkt und quetscht sich in den fließenden Verkehr der Durchgangsstraße. Hinter uns drückt jemand auf die Hupe, Henry winkt ihm fröhlich im Rückspiegel. „Und etwa genauso oft hab ich dich schon gefragt, warum du den Job nicht endlich an den Nagel hängst und das tust, was dir Spaß macht.“
„Wenn das nur so einfach wäre ...“ Ich schaue aus dem Fenster, ohne irgendetwas von dem wahrzunehmen, was dort zu sehen ist. Meine Gedanken wandern zurück zu meinem letzten Sommer daheim auf dem Hof meiner Eltern. Ich war neunzehn, saß hoch oben in meinem Lieblingsbaum und beobachtete die Kraniche, die sich an den Weiherwiesen versammelten und sich auf ihren Abflug in den Süden vorbereiteten. Das war der Tag, an dem ich beschloss, mich meinem Vater zu widersetzen. Ich würde weder Lehrerin in unserer Dorfschule werden noch einen Jungen wie Enno Fricke oder Bernie Seier aus der Nachbarschaft heiraten. Stattdessen ging ich von zuhause fort,...
Erscheint lt. Verlag | 27.11.2023 |
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Verlagsort | Berlin |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Lyrik / Dramatik ► Dramatik / Theater |
Schlagworte | Happy End • Liebesgeschichte • Liebeskomödie • lustig • romantisch • spannend • Überraschend |
ISBN-10 | 3-7584-3483-1 / 3758434831 |
ISBN-13 | 978-3-7584-3483-9 / 9783758434839 |
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Größe: 306 KB
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