Fridas Köchin (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
512 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-60588-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Fridas Köchin -  Florencia Etcheves
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Mexico, 1939. Nayeli Cruz ist erst vierzehn, als sie von Zuhause flieht, um einem Schicksal zu entgehen, das ihre Schwester Rosa bereits ereilt hat: der drohenden Verheiratung mit einem ungeliebten Mann. Das indigene Mädchen mit den hellen Augen schlägt sich bis nach Mexiko-Stadt durch und landet schließlich in der Casa Azul, wo sie dank ihres Talents als Köchin eine Anstellung findet. Rasch wird Nayeli zur Vertrauten von Frida Kahlo, die seit ihrem schrecklichen Unfall in Isolation lebt und malt, von ständigen Schmerzen geplagt, von ihrem Ehemann Diego Rivera immer wieder betrogen. Zwischen Düften, Aromen und Farben entwickelt sich zwischen der Malerin und ihrer Köchin eine tiefe Freundschaft - bis es zu einem tragischen Zerwürfnis kommt. Argentinien, 2018. Als Paloma Cruz am Sterbebett ihrer geliebten Großmutter steht, ahnt sie nicht, dass es in deren Vergangenheit ein Geheimnis gibt, von dem sie nichts wusste: Im Nachlass der zweiundneunzigjährigen Nayeli Cruz befindet sich ein rätselhaftes Gemälde, das diese als junge Frau beim Baden zeigt. Erst als Kunsträuber versuchen, das Bild in ihren Besitz zu bringen, begreift Paloma, dass es offenbar von unschätzbarem Wert ist, und begibt sich auf die Suche nach der Wahrheit ... Ein farbenprächtiger, sinnlicher Roman voller magischem Realismus, der das Lebens ebenso feiert wie den Día de Muerto, an dem in Mexiko in einer Explosion von Farben und lebensbejahender Freude der Toten gedacht wird.

Florencia Etcheves wurde 1971 in Buenos Aires geboren. Sie ist eine bekannte Journalistin und wurde für ihre Reportagen mehrfach mit dem Premio Martín Fierro ausgezeichnet. Auch als Produzentin und Autorin machte sie sich in Südamerika einen Namen. Viele ihrer Romane wurden Bestseller und dienten als Grundlage für erfolgreiche Netflix-Verfilmungen. Mit ihrem Roman Fridas Köchin begeisterte Florencia Etcheves Zehntausende von Leserinnen und Lesern, die - wie die Autorin selbst - Frida Kahlo verehren.

Florencia Etcheves wurde 1971 in Buenos Aires geboren. Sie ist eine bekannte Journalistin und wurde für ihre Reportagen mehrfach mit dem Premio Martín Fierro ausgezeichnet. Auch als Produzentin und Autorin machte sie sich in Südamerika einen Namen. Viele ihrer Romane wurden Bestseller und dienten als Grundlage für erfolgreiche Netflix-Verfilmungen. Mit ihrem Roman Fridas Köchin begeisterte Florencia Etcheves Zehntausende von Leserinnen und Lesern, die – wie die Autorin selbst – Frida Kahlo verehren.

2


Tehuantepec, Dezember 1939

Wie jeden Morgen streckte Nayeli Sekunden, bevor sie die Augen öffnete, in dem kurzen Moment zwischen Schlaf und Erwachen, ihren Arm aus, um mit den Fingerspitzen die andere Seite ihres Bettes abzutasten. Denn sie konnte sich nicht vorstellen, einen Tag zu beginnen, ohne ihre Hand auf Rosas warme Wange zu legen. Obwohl Nayeli drei Jahre jünger war als ihre Schwester, hielten viele die beiden für Zwillinge. Sie hatten die gleichen schlanken Beine mit wohl gerundeten Waden, die gleichen kräftigen Hüften, volle Lippen, deren natürliche Form sie so aussehen ließen, als ob sie immer lächelten, und glänzendes schwarzes Haar, das ihnen wie ein Seidenvorhang bis zu den schlanken Taillen fiel. Ihre Augen jedoch waren unterschiedlich. Die von Rosa waren schmal und braun wie die Farbe des schlammigen Flusses. Nayelis Augen hingegen waren rund und grün wie zwei Kaktusblätter. »Wir Tehuanas hier am Isthmus von Tehuantepec haben alle Rassen der Welt in unserem Blut«, pflegte Ana, ihre Mutter, jedes Mal zu sagen, wenn sich jemand über den ungewohnten Anblick eines helläugigen zapotekischen Mädchens wunderte.

Rosas Bewegungen waren stets voller Anmut: Ihr ganzer Körper schien zu einer Musik zu tanzen, die nur sie hören konnte. Manche Leute gingen an ihrem Marktstand vorbei, nur um zuzusehen, wie sie mit ihren langen, schlanken Fingern die Früchte sortierte, denn Rosa machte selbst diese simple Aufgabe zu etwas Sehenswertem. Voller Zärtlichkeit legte sie die Bananen, Mangos, Feigen und Unmengen von Kirschen in ihren mit Blumen bestickten Rock, um sie dann mit der Sanftheit einer Mutter, die ihrem Kind über den Mund wischt, zu reinigen, und bevor sie die Früchte in die Körbe gab, verabschiedete sie sich von jedem Obst mit einem leichten Kuss.

Seit frühester Kindheit teilten sich die Schwestern ein Zimmer, es war das größte und geräumigste Zimmer in dem kleinen Haus der Familie Cruz. Dies hatte Miguel, ihr Vater, so entschieden, nachdem die kleine Nayeli beinah an einem schrecklichen Fieber gestorben wäre. Dafür brauchte er nicht viele Worte, er war ein stiller Mann, dem jedoch niemand zu widersprechen wagte.

Die Eltern hatten alles versucht, um die kleine Nayeli zu retten. Doch weder die drei Erdhühner, die sie Leraa Queche, dem Medizingott, opferten, noch die Tag und Nacht brennenden Kerzen für Nonachi, den Aditen der dreizehn Götter, noch der gelehrte Meister, der sich für die Vermittlung bei den unirdischen Göttern einsetzte, halfen, das Mädchen zu heilen: Ihr kleiner Körper war zu einem heißen Bündel aus Fleisch und Blut geworden, das in einem verzweifelten Kampf und um nicht zu ersticken, um sich schlug. Und schließlich war es Rosa, die damals kaum sechs Jahre alt war, die die Rettung brachte.

»Eine alte weißhaarige Frau hat mir dies für meine kleine Schwester gegeben«, sagte sie mit seltsam fremd klingender Stimme und streckte ihre Hände aus, in denen sie einen kleinen, geflochtenen Korb hielt.

In dem Korb befand sich eine klebrige Masse, die ihre Eltern zögernd beäugten. Dann schauten sie ihre älteste Tochter etwas ratlos an, doch Rosa sprach gleich weiter.

»Sie sagte mir, wir müssen das Harz anzünden und dann Nayelis Kopf ganz dicht an den weißen Rauch bringen.«

Die Bestimmtheit, mit der das Mädchen ihre Worte vorbrachte, ließ keinen Raum für Zweifel, und der Wunsch der Eltern, Nayelis Leben zu retten, war so groß, dass sie nicht einmal bemerkten, dass Rosa mit ungewohnt fester Stimme sprach. Genauso wenig, wie ihnen auffiel, dass die Kleine ungewohnt festlich gekleidet war – mit ihrem Rock und ihrem Huipil, der typischen Bluse der indigenen mexikanischen Frauen, die mit roten und goldenen Blumen bestickt war. Und die sonst bloßen Füße der Kleinen steckten in Lederschuhen.

Die Madrina Juana lief zu ihrem Haus und brachte eine Steinschale, die sie für gewöhnlich zum Mahlen von Samen benutzte. Sie bestrichen die Innenseite der Schale mit etwas Harz und legten den Rest, zu einer Kugel geformt, hinein. Miguel zündete ein Stück Holzkohle an und gab sie ebenfalls in die improvisierte Copalera. Sie wussten nicht, woher Rosa die Kraft nahm, die kleine Schwester in ihren Armen zu halten, aber sie wagten nicht zu hinterfragen, was wie ein Ritual aussah. Irgendetwas hatte ihrer älteren Tochter das Wissen und die Macht gegeben.

Der weißliche Rauch erfüllte das Haus, und der intensive Geruch des Harzes drang allen in die Lunge. Rosa legte Nayeli dicht neben der Schale auf eine gewebte Decke am Boden. Gleich darauf verdichteten sich die Rauchschwaden zu einer Wolke, die die Kleine einhüllte wie ein Mantel, der plötzlich vom Himmel gefallen war. Niemand bewegte sich, aus Angst, den Zauber zu brechen. Sogar Rosa, die Einzige in der Familie, die zu wissen schien, was zu tun war, rührte sich nicht.

Ein durchdringender Schrei aus Nayelis Kehle ließ alle zusammenzucken, und die Wolke verschwand. Ana und die Madrina Juana bedeckten gleichzeitig ihre Augen, da sie nicht nachzusehen wagten, was mit dem Kind geschehen war.

»Schaut meine kleine Schwester an, sie glüht nicht mehr!«, rief Rosa aus und nahm Nayeli in die Arme. »Und sie lächelt. Schaut, schaut nur, wie sie lächelt!«

Als die drei Erwachsenen sich über die kleine Nayeli beugten, lächelte sie nicht mehr, aber das Fieber war verschwunden, und ihre Brust hob und senkte sich nicht mehr zitternd wie die eines verwundeten Tieres.

»Du hast deiner kleinen Schwester das Leben gerettet, Rosa«, sagte Miguel ergriffen. »Von heute an sollst du ihr Schutzengel sein. Ihr werdet zusammen in dem großen Zimmer schlafen, damit du sie vor den Dämonen und den Jaguaren bewahren kannst, die in den Nächten manchmal ums Haus schleichen.«

Rosa nahm den Auftrag ihres Vaters sehr ernst. Im Laufe der Jahre wurde sie für Nayeli zu einer Art Talisman. Sie war das Letzte, was Nayeli vor dem Einschlafen berührte, und das Erste nach dem Erwachen. Doch an diesem Morgen tasteten ihre Finger vergeblich nach der Wärme von Rosas Körper. Nayeli streckte die Hand noch ein wenig weiter aus, doch da war nichts. Sie hatte keine andere Wahl, als die Augen zu öffnen, um zu sehen, was sie bereits ahnte: Ihre Schwester lag nicht mehr neben ihr im Bett.

»Mama, Mama!«, rief Nayeli aufgeregt, als sie auf bloßen Füßen und in ihrem weißen Baumwollnachthemd zum Zimmer ihrer Eltern rannte. »Rosa ist nicht mehr da.«

Ana blickte kaum auf, als ihre jüngste Tochter ins Zimmer stürmte. Sie saß ganz still in ihrem Schaukelstuhl aus Korbgeflecht. Nayeli konnte sich nicht erinnern, wann sie ihre Mutter das letzte Mal so reglos hatte dasitzen sehen, ohne dass ihre Hände mit Kochen, Nähen oder dem Flechten von Körben beschäftigt waren.

»Mama«, beharrte Nayeli leise, sie brachte kaum mehr als ein Flüstern über die Lippen. »Was ist passiert? Und wo ist Rosa?«

»Pedro hat sie gestohlen, meine kleine Tochter«, sagte Ana leise.

Miguel trat zu seiner jüngsten Tochter und strich ihr zärtlich über das schwarze Haar, das ihr auf den Rücken fiel.

»So will es die Tradition, Nayeli«, erklärte er. »Deine Schwester ist jetzt alt genug, um eine eigene Familie zu gründen. Die Madrina Juana und deine Cousinen sind im Haus von Pedro Galván, um zu bezeugen, dass Rosa unserem Haus und unserer Familie alle Ehre gemacht hat.«

Nayeli hätte laut herausschreien mögen, dass ihre Schwester Pedro überhaupt nicht liebte, dass die Familie diese Hochzeit verhindern solle, dass Rosa noch zu jung sei, um an eine Familie mit eigenen Kindern zu denken, doch stattdessen stampfte sie mit ihrem nackten Fuß auf, schlug die Tür hinter sich zu und rannte zum Haus Pedro Galváns.

Unter den erstaunten Blicken der halb nackten Frauen, die im Fluss badeten und gleichzeitig ihre Kleidung wuschen, lief sie die Abkürzung am Ufer entlang. Die Frauen starrten ihr hinterher, denn so etwas wie dieses junge Mädchen mit den grünen Augen und dem hellen Nachthemd, das, wie vom Teufel gejagt, am sandigen Ufer des Flusses entlangrannte, gab es sonst nicht zu sehen.

Das Haus der Familie Galván war geräumig, mit steinernen Mauern und Dächern, die halb mit Lehmziegeln und halb mit Stroh gedeckt waren. Die Familie war 1931 an den Isthmus von Tehuantepec gezogen, wenige Tage nachdem das Erdbeben in Oaxaca alles, was sie besaßen,...

Erscheint lt. Verlag 12.10.2023
Übersetzer Anja Rüdiger
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Frida Kahlo • Küche • Liebe • Mexico
ISBN-10 3-492-60588-5 / 3492605885
ISBN-13 978-3-492-60588-5 / 9783492605885
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