Oglog (eBook)

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(Autor)

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2023 | 4. Auflage
586 Seiten
epubli (Verlag)
978-3-7584-0341-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Oglog -  Exol Sand
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Seltsame Dinge geschehen in Sodreg und Umgebung. Das große Schweigen geht um und nimmt Geräusch für Geräusch mit sich fort. Kirchenglocken bleiben stumm, wenn man sie läutet, ratternde Mühlen drehen sich plötzlich ohne jeden Ton von sich zu geben und Schafe recken ihre Hälse vergeblich in die Höhe. Kein Laut kommt aus ihren Mäulern und ihr Meckern bleibt stumm. Die Welt beginnt in Stille zu verfallen und niemand hat eine Erklärung für diese gespenstischen Vorgänge. Ausgerechnet Hans, der faulste und einfältigste Bursche der ganzen Gegend, will der Sache auf den Grund gehen. Ahnungslos bricht er auf ins Ungewisse und findet sich schnell in einem Abenteuer wieder, dass ihn zu Orten jenseits seiner Vorstellungskraft führt. Brütend heiße Dschungel, Höhlen voll reißender Bestien und Bäume, die bis in den Himmel reichen und von tausenden Menschen bewohnt werden. Um zu bestehen, muss er über sich hinauswachsen, sein altes Ich hinter sich lassen und den Gefahren entgegentreten, die auf Schritt und Tritt auf ihn warten. Und über allem schwebt der Geist eines uralten Wesens mit schier unbegrenzten Kräften.

Hauptberuflich als Entwickler für Behördensoftware unterwegs, wagt sich Exol Sand in seinen Büchern an Orte, fernab jeder Langeweile.

Hauptberuflich als Entwickler für Behördensoftware unterwegs, wagt sich Exol Sand in seinen Büchern an Orte, fernab jeder schönen Ordnung.

Kapitel 2


Wie soll man denn da

schlafen können?

 

 

Der nächste Tag begann wie der vorherige. Die Sonne strahlte, am offenen Fenster wehten die Gardinen, auf dem Apfelbaum sang die Amsel, der Bäcker schepperte geschäftig mit den Backblechen, Kinder krakeelten und der Schmied hämmerte mit kräftigen Schlägen rot glühendes Metall zu Hufeisen und Türbeschlägen. Hans lag schlaftrunken im Bett und war guter Dinge. Er freute sich, noch ein Nickerchen machen zu können. Nach dem anstrengenden Spaziergang am Abend zuvor hatte er sich das mehr als verdient. Schläfrig wälzte er sich um. Er zog die Decke bis zum Kinn und wartete auf das Läuten der Grüntaler Kirchenglocke. Wenn ihr lieblicher Klang in der Ferne ertönte, würde er friedlich einschlummern und seine müden Knochen erholen können. Jeden Augenblick musste es soweit sein. Mit offenen Augen starrte er zur Wand und konnte es kaum erwarten, bald wieder ins Land der Träume zu tauchen. Er lauschte angestrengt und endlich hörte er es. Oder doch nicht? Nein, er hatte sich geirrt. Das metallische Scheppern war nicht die Glocke, sondern nur ein Blech in der Backstube ein paar Häuser weiter.

Hans drehte sich noch einmal um und war ratlos. Sollte er die Glocke verpasst haben? Nein, das war unmöglich. Soweit er sich erinnern konnte, hatte er ihr helles Läuten noch nie versäumt. Mit banger Hoffnung lauschte er angestrengt noch einige Zeit in den Morgen, doch der vertraute Klang wollte einfach nicht ertönen.

 

"Dann eben nicht.", dachte er und schloss die Augen. Er versuchte einzuschlafen, schaffte es aber nicht. Ärgerlich wühlte er sich durch das Bett und fand nicht in den Schlaf zurück. Die hellen Glockenschläge fehlten ihm zu morgendlichen Glück.

Schlecht gelaunt schlug er die Decke zurück und stieg aus dem Bett. Er schaute kurz im Badezimmer vorbei, betupfte sein Gesicht mit ein paar Spritzern Wasser und trat schließlich hinaus auf die Straße. Wie viele Menschen hier unterwegs waren. Jeder ging eifrig einer Beschäftigung nach und alle sahen ausgeschlafen und tüchtig aus. Er dagegen war in den letzten Jahren seines Lebens noch nie so früh auf den Beinen gewesen.

 

"Donnerwetter, Hans. Was ist denn mit dir passiert?", fragte Bäcker August Rippelmann, der gerade seine Backstube ausfegte und den müde dreinblickenden Burschen als erster sah. Als hätten sie sich abgesprochen, trat der Schmied, den alle Funke nannten, zur gleichen Zeit hinzu. Er blieb erschrocken stehen, als er Hans erblickte, der im Schlafrock aus dem Haus gekommen war.

 

"Hans was ist los? Was machst du hier um diese Zeit?", wunderte er sich und klang dabei so, als mache er sich tatsächlich Sorgen um den Faulpelz mit dem strubbeligen Haar.

 

"Was ist denn mit der Glocke heute los?", brummte Hans und kratzte sich gähnend den Kopf.

 

"Welche Glocke?", wollte Bäcker Rippelmann wissen und sah Funke fragend an. Der aber wusste auch nicht, was Hans meinte und hob ahnungslos die Schultern.

 

"Die Glocke in Grüntal.",  gab er zur Antwort. "Ich glaube, sie hat nicht geläutet."

 

"Die Glocke in Grüntal.", wiederholte Funke nachdenklich. "Ja ich weiß nicht. Nein, ich glaube, die hat tatsächlich nicht geläutet heute. Hast du sie gehört Rippelmann?"

 

Der Bäcker überlegte angestrengt und rieb sich die mehlweiße Nase. Dann schüttelte er den Kopf.

 

"Wenn ich so darüber nachdenke.", sagte er. "Nein. Nein, ich glaube nicht. Aber wenn ich in der Backstube arbeite, ist es sowieso zu laut um Etwas anderes zu hören, als das ewige Geschepper meiner Bleche."

 

"Genau", pflichtete ihm Funke bei. "Wenn ich schmiede, ist es noch viel lauter als beim Rippelmann. Da höre ich nicht was draußen vor sich geht."

 

"Seltsam", wunderte sich Hans. "Ich kann mich nicht daran erinnern, dass die Glocke je einen Tag nicht geläutet hätte."

 

"Wenn es dir so wichtig ist, dann geh nach Grüntal und schau nach was los ist!", feixte Funke und konnte sich ein breites Grinsen nicht verkneifen. Nie im Leben hätte er geglaubt, dass der faule Hans tatsächlich bis ins Nachbardorf laufen würde, nur um zu sehen, warum die Glocke dort nicht geläutet hatte. Doch zu seinem Erstaunen passierte genau das.

Ohne noch einmal ins Haus zu gehen, um Proviant für den Weg einzupacken und ohne darüber nachzudenken, dass der Marsch anstrengend werden könnte, machte sich Hans in Schlafrock und Pantoffeln auf den Weg nach Grüntal. Er war schon eine Ewigkeit nicht mehr dort gewesen. Viel zu weit und beschwerlich erschien ihm der Weg. Doch nun, da er sich um seinen Schlaf gebracht sah, war es ihm die Mühe allemal wert.

Beherzt schritt er drauf los. Schon bald hatte er die letzten Häuser seines Heimatdorfes hinter sich gelassen. Der Weg führte entlang duftender Wiesen und vorbei an Feldern, auf denen goldenes Getreide wuchs. Wie schön es doch hier draußen war und wie herrlich alles roch. Hans hatte die Düfte blühender Blumen und reifer Früchte wohl seit Kindertagen nicht mehr gerochen und in all den Jahren schon beinahe vergessen. Auf halbem Wege begegnete er Klaus Wollinger und seine Schafen. Die Tiere standen auf einer Wiese, auf der ihnen das Gras bis zu den Bäuchen reichte. Sie meckerten zufrieden und ließen es sich schmecken, während der Hirte auf seinen Stab gestützt zufrieden in die Sonne schaute. Als er Hans erblickte, zuckte er zusammen.

 

"Hans", rief er erschrocken. "Was machst du hier und warum hast du deinen Schlafrock an?"

 

"Ich bin auf den Weg nach Grüntal. Die Glocke dort hat heute nicht geläutet und ich will wissen warum.", rief der rastlose Bursche dem Alten im Vorübergehen zu und eilte weiter, ohne stehen zu bleiben.

 

"Wirklich?", fragte der Schäfer erstaunt. Er selbst hatte die Glocke schon seit Jahren nicht mehr gehört. Das Meckern seiner Schafe war ihm ein treuer Begleiter geworden und viel zu laut, als das er ihr Läuten hätte hören können. Er hob noch einmal verwundert die Brauen über die plötzliche Geschäftigkeit des faulen Hans. Doch bald schon hatte er ihn vergessen und schaute stattdessen wieder fröhlich in den warmen Himmel.

 

Hans merkte, wie ihm die Beine schwer und immer schwerer wurden. Er war es nicht gewohnt, so weit zu laufen und hatte mit schmerzenden Füßen und einer staubigen Kehle zu kämpfen. Doch er gab nicht auf und erreichte schließlich durstig und verschwitzt sein Ziel. Auf dem Platz vor der Kirche hatte sich das halbe Dorf versammelt. Er hatte also Recht. Irgend etwas musste vorgefallen sein an diesem Tage. Und was immer es war, es musste etwas mit der Glocke zu tun haben. Warum sonst sollten sich die Leute zu dieser frühen Stunde so zahlreich, ausgerechnet hier versammeln? Hilbert Trost, der dicke Bürgermeister Grüntals, stand schweißgebadet in der Sonne. Er strecke sich nach Kräften, um bis ganz hinauf zur Spitze des Turms schauen zu können. Dort oben, in luftiger Höhe werkelten einige Männer herum und hatten ihre Not zu verstehen, was ihnen der Dicke von unten mit seinem dünnen Stimmchen zurief.

Als Hans zu den Leuten trat, schauten ihn alle mit großen Augen an. Hier kannte ihn niemand und alle wunderten sich über den eigenwilligen Fremden, der im Nachtgewand auf der Straße herum spazierte.

 

"Was ist das für ein Tag?", jammerte eine altes Mütterchen, dem nur ein letzter Zahn geblieben war. Die Last des Lebens hatte sie schwach werden lassen und an einen Stock gezwungen. Zitternd schüttelte sie den Kopf und schaute Hans aus trüben Augen vorwurfsvoll an.

 

"Erst bleibt die Glocke stumm, obwohl der Küster sie aus Leibeskräften läutet und dann kommt ein Fremder in Pantoffeln und Schlafrock herbeigelaufen. Was ist das nur für ein seltsamer Tag?"

 

Hans schlich sich an den Leuten vorbei und erstieg schnaufend alle 157 Stufen des Turms. Oben angekommen sah er, was das ganze Dorf hatte zusammenkommen lassen und ihn um seinen geliebten Schlaf gebracht hatte. Die Handwerker, ausgerüstet mit Hämmern und anderen Werkzeugen, standen ratlos um die Glocke herum und schlugen ein ums andere mal mit aller Kraft dagegen. Erschrocken hielt sich Hans die Ohren zu. Er rechnete damit, dass dies einen solchen Lärm verursachen würde, dass es ihm die Trommelfelle platzen ließe. Doch egal wie stark die Männer auch gegen die Glocke droschen, sie gab keinen Laut von sich. Nicht das kleinst Klingen konnte man vernehmen. Es blieb so still, als seien die Hammerschläge nicht gegen das Metall gegangen, sondern hätten nur die Luft als Ziel gehabt.

 

"So geht das schon den ganzen Morgen", sagte einer, ohne das Hans ihn danach gefragt hätte. "Was wir auch tun. Ob der Küster die Glocke mit dem Seil zu läuten versucht oder wir sie mit dem Hammer malträtieren. Sie bleibt einfach stumm. So etwas kann es doch gar nicht geben."

 

Hans schritt auf den Mann zu und nahm ihm den Hammer aus der Hand. Er wollte nichts unversucht lassen. Doch auch bei ihm war das Ergebnis das selbe. Schlug er gegen die Glocke konnte man nicht das kleinste Klingen vernehmen. Schlug er aber gegen einen der großen Balken des Dachstuhls, hörte man dies sehr wohl.

Nach einer Weile warfen die Männer verzweifelt die Flinte ins Korn. Niemand wusste sich einen Reim auf die seltsamen Geschehnisse zu machen und in ihrer Hilflosigkeit kamen sie alle darin überein, dass die Tage der Glocke wohl gezählt seien müssten. Lange Jahre hatte sie zuverlässig ihren Dienst getan und nun sei sie eben kaputt und der Bürgermeister, ob er wolle oder nicht, würde die Stadtkasse öffnen und Geld für eine neue herausgeben müssen. Hilbert Trost, der...

Erscheint lt. Verlag 13.9.2023
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Drachen • Dschungel • Kosmischer Horror • Krieger • Magie • Monster • Portal
ISBN-10 3-7584-0341-3 / 3758403413
ISBN-13 978-3-7584-0341-5 / 9783758403415
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