Die Träumenden von Madras (eBook)

Roman | Ein bildgewaltiges Epos, eine Familiensaga in Südindien | Vom Autor des internationalen Bestsellers »Rückkehr nach Missing«
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2023 | 1. Auflage
895 Seiten
Insel Verlag
978-3-458-77804-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Träumenden von Madras -  Abraham Verghese
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»Eines der besten Bücher, die ich je gelesen habe - und ich lese, seit ich drei bin.« Oprah Winfrey

Die bewegende Geschichte einer Familie starker Frauen, die ein besonderes Geheimnis birgt ...

Kerala, um 1900: Die junge Mariamma verlässt ihr Zuhause, um bei ihrem neuen Mann in Parambil zu leben, inmitten von Flüssen und Kanälen, Palmen und Jackfruchtbäumen. Sie vermisst ihre Mutter, und ihr Mann scheint sich kaum für sie zu interessieren. Doch bald findet sie in ihrem fünfjährigen Stiefsohn Jojo einen Gefährten, der nicht von ihrer Seite weicht. Als er, der stets das Wasser gescheut hat, bei einem Unfall ertrinkt, kommt sie einem Geheimnis ihrer neuen Familie auf die Spur: Seit Generationen gibt es immer wieder Familienmitglieder, die unerklärliche Angst vor dem Wasser haben; viele von ihnen sind ertrunken. Doch was dahintersteckt, bleibt ein Rätsel.
In den folgenden Jahrzehnten wächst Mariammas Familie und sie wird zur glücklichen Mutter, Großmutter und Matriarchin »Big Ammacchi«. Und auch der Fortschritt hält Einzug in Parambil. Während in der Welt Kriege toben und Indien der Befreiung zustrebt, werden in Parambil Straßen und Schulen gebaut, die Häuser mit Elektrizität versorgt und die Menschen endlich medizinisch betreut- und schließlich kann auch das Rätsel um den »Fluch des Wassers« aufgeklärt werden.

Abraham Verghese schlägt in seinem lang erwarteten, bewegenden und bildgewaltigen neuen Roman einen epischen Bogen durch fast ein ganzes Jahrhundert indischer Geschichte. Er erzählt anhand des Schicksals einer Familie vom Sieg des Wissens und der modernen Medizin, von der Überwindung von Klassen und Kasten - und von den ganz großen Dingen: von Liebe und Tod, Schuld und Erlösung.



<p>Abraham Verghese wurde als Sohn indischer Eltern in &Auml;thiopien geboren. Er wuchs in der N&auml;he von Addis Abeba auf und studierte Medizin. Nach seiner &Uuml;bersiedlung in die USA arbeitete er als Arzt, unter anderem in einer Klinik f&uuml;r Aids-Patienten, zu einer Zeit, in den achtziger Jahren, als noch wenig f&uuml;r sie getan werden konnte. &Uuml;ber diese Erfahrung schrieb er sein erstes Buch, <em>My Own Country. A Doctor&amp;#39;s Story</em>, das in den Vereinigten Staaten zum Bestseller wurde. Er hat mehrere Romane verfasst, darunter sein Weltbestseller <em>R&uuml;ckkehr nach Missing</em>, der sich seit seinem Erscheinen in den USA 2009 dort mehr als 1,5 Millionen Mal verkauft hat und mehr als zwei Jahre auf der Bestsellerliste stand. Er erschien in &uuml;ber zwanzig Sprachen. An seinem neuen Roman <em>Die Tr&auml;umenden von Madras</em> hat Verghese rund zehn Jahre gearbeitet. Verghese ver&ouml;ffentlicht regelm&auml;&szlig;ig Artikel, in denen er die Wichtigkeit und die wunderbare Erfahrung der pers&ouml;nliche Beziehung zwischen Arzt und Patient in einer Welt der hochger&uuml;steten Maschinenmedizin beschreibt. Seit 2007 ist Abraham Verghese Professor f&uuml;r Theorie und Praxis der Medizin an der Stanford University. Er lebt in Palo Alto, Kalifornien.</p>

4. Kapitel

Initiation einer Hausherrin


1900, Parambil


Der gestampfte Lehmboden in der Küche ist kühl an ihren Füßen. Die Wände sind rauchgeschwärzt, sie bergen köstliche Düfte; sogleich fühlt sie sich in dieser schattigen Zuflucht zu Hause. Thankamma bläst, vorgebeugt, mit geblähten Backen durch ein dickes Metallrohr, um im aduppu die Glut vom Vorabend wieder anzufachen. Von den sechs Backsteinschlitzen in der erhöhten Feuerstelle stehen auf vieren Töpfe. Sie staunt, wie schnell sich Thankamma für eine dicke Frau bewegt, wie wirbelnde Hände trockene Kokosschalen unter die Pfanne mit den bratenden Zwiebeln stecken und damit die Glut niederdrücken, damit der Reis nun köcheln kann. Thankamma schenkt der Braut in Milch gebrühten und mit Palmzucker gesüßten Kaffee ein. »Ich hab puttu gemacht«, sagt sie und schiebt ihr einen schwammigen weißen Zylinder gekochtes Reismehl aus einer Holzform auf den Teller, ein Bananenblatt. Sie hat das gebratene Rindfleisch – erechi olarthiyathu –– und das scharfe Fischcurry – meen vevichathu – vom Vorabend aufgewärmt. »Ist der Fisch morgens nicht schmackhafter? Das ist das Schöne an diesem Tontopf! Halte ihn in Ehren, indem du ihn ausschließlich für meen vevichathu benutzt, ja? Mit jedem Jahr wird das Curry dann besser. Brennt das Haus und ich muss mich zwischen meinem Mann und meinem Tontopf entscheiden … na, da kann ich nur sagen, er hat ein gutes Leben gehabt. Die Currys, die ich dann in meinem Topf mache, werden mir die Witwenschaft erleichtern!«

Thankamma lacht laut auf. Die Braut sitzt wie benommen da, im Schneidersitz, und betrachtet ihr erstes Frühstück in Parambil: Es ist üppig und nahrhafter als alles, was sie und ihre Mutter in einer Woche zu essen hatten.

»Dein Mann hat wie immer im Stehen gegessen. Er ist schon auf dem Feld.«

Thankamma beharrt darauf, dass eine Braut sich immer nur verwöhnen lassen soll. Sie versucht es, doch es geht gegen ihre Natur. Sie betrachtet Thankammas Finger, versucht, sich die Zutaten zu merken, die sie in die Currys werfen, doch das fällt schwer, wenn nie weniger als zwei Gerichte gleichzeitig gemacht werden. Thankammas Hände haben gewiss ihr eigenes Gedächtnis, denkt sie, denn ihre Besitzerin beachtet sie bei ihrem Geplauder gar nicht. JoJo zerrt sie weg, stolz darauf, ihr Führer zu sein, zeigt ihr jedes Zimmer, vergisst, dass er das gerade zwei Stunden davor schon einmal gemacht hat. Das Haus ist L-förmig; ein Glied ist das ältere, ursprüngliche Haus, das gut vom Boden weg auf einem hohen Sockel steht, in der Mitte der Tresorraum oder ara, in dem der Reichtum der Familie – Geld, Schmuck und Reis – lagern. Unter dem ara liegt ein Keller, und flankiert ist er von einem ungenutzten Schlafzimmer und einer großen Vorratskammer, an die sich die Küche anschließt. Das alles ist durch eine schmale äußere Veranda verbunden. Das neuere Glied steht dem Boden näher und ist an drei Seiten von einer breiteren, einladenden Veranda umgeben. Es enthält ein wenig genutztes Wohnzimmer, zwei große Schlafzimmer – das ihres Mannes und das, in dem sie, JoJo und Thankamma schlafen – sowie ein weiteres, das als Abstellraum genutzt wird.

Altes und neues Glied umfassen einen rechteckigen muttam oder Innenhof mit gelben, goldenen und weißen Kieseln, die aus einem Flussbett stammen. Jeden Morgen fegt Sara, eine pulayi-Frau, den muttam mit einem Besen, entfernt totes Laub und richtet die Kiesel zu einem fächerartigen Muster aus. Auf dem muttam werden auch Matten ausgerollt, auf denen dann gekochter Reis getrocknet wird, Kleider an die Leine gehängt, und JoJo kickt seinen Ball umher.

Nach dem Mittagessen halten sie, JoJo und Thankamma ein langes Schläfchen. Ihr Mann tut das nie, sondern verbringt die meiste Zeit draußen bei der Arbeit auf dem Land. Wenn sie ihn kurz auf den Feldern sieht, ist er stets in Begleitung einiger pulayar, von denen er sich durch seine Größe abhebt und auch, weil seine Haut im Vergleich zu der ihren hell wirkt. Abends sitzen sie zu dritt in dem Laufgang vor der Küche, und Thankamma erzählt, die Beine hochgelegt, endlose Geschichten und verwöhnt sie und JoJo dabei mit Leckereien aus dem Keller. Erst spät erkennt sie, dass Thankammas Geschichten eine Form von Unterweisung sind. Nachts, wenn sie sich schlafen legt, versucht sie, sich daran zu erinnern, aber da packt auch das Heimweh ihr Inneres, und alle ihre Gedanken wenden sich nach Hause. Thankammas Zuneigung erinnert sie so sehr an ihre Mutter, dass es ihre Traurigkeit manchmal noch verstärkt. Erst als sie sicher ist, dass alle schlafen, erlaubt sie sich zu weinen.

An ihrem zweiten Morgen hören sie von fern das Gejodel der Fischhändlerin, und Thankamma bittet die Braut, sie herzurufen. Fünf Minuten später steht die Frau vor der Küche, sie verströmt den Duft des Flusses. Thankamma hilft ihr, den schweren Korb vom Kopf abzunehmen.

»Aah, das ist also die Braut!«, sagt die Fischhändlerin, wischt sich Schuppen von den Unterarmen und hockt sich hin. »Speziell für sie habe ich heute mathi mitgebracht.« Sie schlägt das Sackleinen vom Korb zurück, als enthüllte sie kostbare Juwelen.

Thankamma schnüffelt an einer Sardine, drückt sie und klatscht sie wieder auf ihre Artgenossen. »Speziell für die Braut, wie? Wenn das speziell sein soll, behalten Sie’s. Was ist denn unter dem Tuch da? Aah! Sieh mal an. Für wen ist denn dieser mathi? Gab’s da noch eine Hochzeit, von der ich nichts wusste? Der bleibt hier! Kein Wort!«

Am nächsten Tag sieht sie Shamuel pulayan über den muttam gehen, er ächzt unter einer Kopflast Kokosnüsse in einem großen Korb. Thankamma hat ihn ihr als den Vorarbeiter in Parambil und den ständigen Begleiter ihres Mannes gezeigt; Sara, die den muttam fegt, ist seine Frau. Shamuels Familie arbeitet schon seit Generationen für sie, hat Thankamma gesagt; wahrscheinlich waren seine Vorfahren in vergangenen Zeiten vertraglich an die Familie gebunden worden, bevor das verboten wurde. Die pulayar sind in Travancore die unterste Kaste; sie besitzen kaum je eigenes Land, sogar ihre Hütten gehören dem Besitzer. Allein schon ihr Anblick genügt, um einen Brahmanen zu verunreinigen, der daraufhin ein rituelles Bad nehmen muss.

Unter dem Gewicht des Korbs sind Shamuels Hals- und Armmuskeln straffe Seile auf seiner kleinen, kompakten Gestalt. Seine nackte Brust hebt sich, die Rippen scheinen mehr außerhalb des Körpers als drin zu sein; bis auf ein paar Stoppeln auf den Wangen und über der Lippe sowie einem gestutzten Haarschopf auf dem Kopf, der an den Seiten schon ergraut, ist sein Körper völlig unbehaart. Er wirkt so alt wie ihr Mann, wenngleich Thankamma sagte, er sei jünger.

Als Shamuel sie erblickt, wandelt sich sein Gesicht zu einem breiten Lächeln, die Wangenknochen schimmern wie poliert, tiefschwarze Hügel, und die weißen, ebenmäßigen Zähne betonen noch seine feinen Züge. Seine Begeisterung, die Braut begrüßen zu können, hat etwas Kindliches. »Aah!«, sagt er – aber davor muss noch etwas Praktisches geregelt werden: »Molay, könntest du wohl Thankamma chechi bitten, herauszukommen? Der Korb hier könnte für dich zu schwer sein.«

Nachdem Thankamma ihm geholfen hat, den Korb abzusetzen, nimmt er das aufgewickelte thorthu vom Kopf, schüttelt es aus und wischt sich damit das Gesicht ab, wobei weder sein Lächeln noch seine Augen die Braut verlassen. »Kommen noch mehr Körbe. Wir sind den ganzen Vormittag geklettert, der thamb’ran und ich.« Er zeigt, und sie sieht ihren Mann,...

Erscheint lt. Verlag 20.8.2023
Sprache deutsch
Original-Titel The Covenant of Water
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte aktuelles Buch • Arundhati Roy • Bücher Neuererscheinung • bücher neuerscheinungen • Cchennai • Christoph Martin Wieland-Preis 2013 • Cochin • Der Gott der kleinen Dinge • Familiendrama • Geheimnis • Geschichte Indiens • Indien • insel taschenbuch 5067 • Internationaler Hermann-Hesse-Preis 2014 • Isabel Allende • IT 5067 • IT5067 • Kasten • Kerala • Kochi • Maramon Convention • Medizin • Neuererscheinung • Neuerscheinungen • neues Buch • oprah's book club pick • Rückkehr nach Missing • Südindien • The Covenant of Water deutsch • Thomaschristen • Travancore • Übersetzerpreis der Leipziger Buchmesse 2009 • Westghats
ISBN-10 3-458-77804-7 / 3458778047
ISBN-13 978-3-458-77804-2 / 9783458778042
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