Sie kann dich hören (eBook)
368 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-31317-3 (ISBN)
Millie Calloway hat einen neuen Job. Um sich ihr Studium zu finanzieren, hilft sie einem reichen Paar aus Manhattan im Haushalt. Ihr neuer Arbeitgeber Douglas Garrick wirkt nett, und zum Glück stellt er ihr nicht zu viele Fragen zu ihrer Vergangenheit. Doch warum darf Millie nicht mit seiner Frau Wendy sprechen oder in ihr Zimmer gehen? Was bedeuten das Weinen und die Blutflecke auf Wendys Kleidung? Ist Douglas in Wahrheit nicht der fürsorgliche Ehemann, der er vorgibt zu sein? Millie weiß nur eins: Sie muss Wendy helfen. Auch wenn sie damit riskiert, dass ihr dunkelstes Geheimnis doch noch ans Licht kommt.
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Freida McFadden ist im Hauptberuf Ärztin. Spannende Plots sind ihre Leidenschaft. Mit »Wenn sie wüsste« gelang ihr über Nacht der internationale Durchbruch als Autorin. Die Begeisterung der Leserinnen und Leser über die unglaublichen Twists in ihrem Thriller war so groß, dass das Buch innerhalb kürzester Zeit sämtliche Rekorde brach, und weltweit zum gefeierten Bestseller wurde. Mit ihrer Familie und einer schwarzen Katze lebt Freida McFadden in einem jahrhundertealten Haus mit knarzenden Treppen und Blick auf das Meer.
1
Millie
Drei Monate früher
Nach einer Stunde Putzen ist Amber Degraws Küche nahezu tadellos sauber.
Wenn man bedenkt, dass Amber sich anscheinend fast alle Mahlzeiten von Restaurants in der Gegend liefern lässt, erscheint die Mühe unnötig. Ich würde um viel Geld wetten, dass sie nicht weiß, wie ihr schicker Ofen funktioniert. Sie hat eine schöne große Küche voller Geräte, die sie noch kein einziges Mal benutzt hat, da bin ich ziemlich sicher. Es gibt einen elektrischen Schnellkochtopf, einen Reiskocher, eine Heißluftfritteuse und sogar ein Gerät, das Dörrautomat genannt wird.
Es erscheint ein bisschen widersprüchlich, dass jemand, der acht verschiedene Feuchtigkeitscremes im Badezimmer hat, auch einen Dörrautomaten besitzt, aber wer bin ich, das zu beurteilen?
Okay, ich urteile ein bisschen.
Ich habe jedes einzelne dieser unbenutzten Geräte sorgfältig geputzt, den Kühlschrank sauber gemacht, einige Dutzend Teller weggeräumt und den Boden gewischt, bis er so glänzte, dass ich mich nun beinahe darin spiegeln kann. Jetzt muss ich nur noch die letzte Wäscheladung wegräumen, dann ist die Penthousewohnung der Degraws blitzsauber.
»Millie!« Ambers atemlose Stimme schallt in die Küche, als ich mir mit dem Handrücken etwas Schweiß von der Stirn wische. »Millie, wo bist du?«
»Hier!«, rufe ich, obwohl es ziemlich klar ist, wo ich bin. Das Apartment – für das zwei angrenzende Wohnungen zusammengelegt wurden – ist zwar groß, aber nicht so groß. Wenn ich nicht im Wohnzimmer bin, bin ich mit ziemlicher Sicherheit in der Küche.
Amber rauscht in die Küche, wie immer perfekt gestylt und in einem ihrer vielen, vielen Designer-Kleider. Dieses hat ein Zebramuster, einen tiefen V-Ausschnitt und Ärmel, die zu ihren schlanken Handgelenken hin schmal zulaufen. Dazu trägt sie Stiefel mit Zebramuster. Wie immer sieht sie unbeschreiblich schön aus, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich ihr wegen ihres Outfits ein Kompliment machen oder sie bei einer Safari jagen soll.
»Da bist du ja!«, sagt sie in leicht anklagendem Tonfall, als wäre ich nicht da, wo ich sein sollte.
»Ich bin gleich fertig«, erkläre ich ihr. »Ich schnappe mir nur noch die Wäsche und …«
»Eigentlich«, unterbricht Amber mich, »brauche ich dich noch.«
Ich zucke innerlich zusammen. Abgesehen davon, dass ich zweimal die Woche für Amber putze, erledige ich noch andere Dinge für sie. Dazu gehört auch, mich um ihre neun Monate alte Tochter Olive zu kümmern. Ich versuche, flexibel zu sein, weil die Bezahlung fantastisch ist, aber sie schafft es einfach nie, mich rechtzeitig zu fragen. Es kommt mir so vor, als würden alle meine Babysitter-Einsätze hier streng nach dem Prinzip »in Kenntnis setzen nur bei Bedarf« laufen. Und anscheinend muss ich es erst zwanzig Minuten vorher wissen.
»Ich habe einen Pediküre-Termin«, sagt sie mit dem Ernst von jemandem, der mir mitteilt, dass sie wegen einer Herzoperation ins Krankenhaus muss. »Du musst auf Olive aufpassen, während ich weg bin.«
Olive ist ein süßes kleines Mädchen, und ich habe normalerweise absolut nichts dagegen, auf sie aufzupassen. Tatsächlich freue ich mich normalerweise über jede Gelegenheit, zusätzlich etwas Bargeld zu verdienen, wegen des außergewöhnlichen Stundenlohns, den Amber mir zahlt – und der mir ein Dach über dem Kopf verschafft und dafür sorgt, dass ich mich nicht durch Containern ernähren muss. Aber jetzt gerade kann ich nicht. »Mein Unterricht beginnt in einer Stunde.«
»Oh.« Amber runzelt die Stirn, macht dann aber schnell wieder eine ausdruckslose Miene. Als ich das letzte Mal hier war, hat sie mir einen Artikel darüber vorgelesen, dass Lachen und Stirnrunzeln Falten verursachen, deshalb versucht sie, immer einen möglichst neutralen Gesichtsausdruck zu behalten.
»Kannst du ihn nicht ausfallen lassen? Gibt es keine Mitschnitte von den Vorlesungen? Oder ein Skript?«
Gibt es nicht. Außerdem habe ich in den letzten zwei Wochen bereits zweimal den Unterricht ausfallen lassen, weil Amber mich in letzter Minute gebeten hat babyzusitten. Ich versuche, meinen Collegeabschluss zu machen, und brauche eine ordentliche Note in diesem Kurs. Im Übrigen gefällt mir der Unterricht. Sozialpsychologie macht Spaß und ist interessant.
»Ich würde dich nicht fragen«, sagt Amber, »wenn es nicht wichtig wäre.«
Ihre Definition von »wichtig« unterscheidet sich vielleicht von meiner. Für mich ist der Collegeabschluss in Sozialarbeit wichtig. Ich bin mir nicht sicher, ob eine Pediküre so wichtig ist. Schließlich ist noch Winter, wer bekommt da ihre Füße überhaupt zu sehen?
»Amber«, beginne ich.
Wie bestellt ertönt ein Schreien aus dem Wohnzimmer. Obwohl ich heute nicht offiziell Olives Babysitterin bin, habe ich immer ein Auge auf sie, wenn ich hier arbeite. Amber bringt Olive dreimal die Woche zu einer Spielgruppe mit ihren Freunden, die restliche Zeit versucht sie, sie auf andere Weise loszuwerden. Sie hat sich bei mir darüber beklagt, dass Mr. Degraw nicht will, dass sie ein Kindermädchen einstellt, weil sie nicht arbeiten geht. Also verteilt sie die Kinderbetreuung auf eine Reihe von Babysittern – hauptsächlich mich. Jedenfalls saß Olive in ihrem Laufstall, als ich mit Putzen anfing, und ich blieb bei ihr im Wohnzimmer, bis sie vom Geräusch des Staubsaugers einschlief.
»Millie«, sagt Amber spitz.
Seufzend lege ich den Schwamm weg, den ich gerade in der Hand halte. In letzter Zeit kommt es mir vor, als wäre er mit meiner Hand verschmolzen. Ich wasche mir die Hände im Waschbecken und reibe sie an meiner Jeans trocken. »Ich komme, Olive!«, rufe ich.
Als ich wieder ins Wohnzimmer komme, hat Olive sich an der Kante des Laufstalls hochgezogen und weint so verzweifelt, dass ihr kleines, rundes Gesicht ganz rot geworden ist. Olive ist die Art Baby, die man auf der Titelseite einer Babyzeitschrift finden könnte. Sie sieht aus wie ein kleiner Engel, bis hin zu den weichen blonden Locken, die jetzt vom Schlafen an der linken Seite ihres Kopfes kleben. Im Moment wirkt sie nicht wirklich engelsgleich, aber sobald sie mich sieht, streckt sie die Arme nach oben, und das Schluchzen lässt nach.
Ich greife in den Laufstall und hebe sie hoch. Sie vergräbt das Gesicht an meiner Schulter, und ich finde es nicht mehr so schlimm, den Unterricht zu versäumen, wenn es sein muss. Ich weiß nicht, woran es liegt, aber als ich dreißig wurde, war es, als würde ein Schalter in mir umgelegt, und Babys sind seitdem für mich das Schönste auf der ganzen Welt. Ich kümmere mich gerne um Olive, obwohl sie nicht mein Kind ist.
»Ich danke dir, Millie.« Amber zieht bereits ihren Mantel an und schnappt sich ihre Gucci-Tasche vom Regal neben der Tür. »Und glaub mir, meine Zehen danken es dir.«
Ja, ja. »Wann bist du zurück?«
»Ich werde nicht lange weg sein«, versichert sie mir, was, wie wir beide wissen, eine unverschämte Lüge ist. »Schließlich weiß ich, dass meine kleine Prinzessin mich vermissen wird.«
»Natürlich«, murmle ich.
Während Amber in ihrer Handtasche nach ihren Schlüsseln oder ihrem Handy oder ihrer Puderdose sucht, kuschelt Olive sich enger an mich. Sie hebt ihr kleines rundes Gesicht und lacht mich mit ihren vier winzigen weißen Zähnen an. »Ma-ma«, sagt sie.
Amber, die Hand noch in der Handtasche, erstarrt. Die Zeit scheint stillzustehen. »Was hat sie gesagt?«
O nein. »Sie sagte … Millie?«
Olive, die nicht weiß, welchen Ärger sie verursacht, lacht mich wieder an und sagt diesmal noch lauter: »Mama!«
Ambers Gesicht wird unter dem Make-up rot. »Hat sie dich gerade Mama genannt?«
»Nein …«
»Mama!«, ruft Olive fröhlich. O mein Gott, würdest du bitte damit aufhören, Kleine?
Amber pfeffert ihre Handtasche mit wutverzerrtem Gesicht – was bestimmt für Falten sorgen wird – auf den Couchtisch. »Erzählst du Olive, dass du ihre Mutter bist?«
»Nein!«, rufe ich aus. »Ich sage ihr, dass ich Millie bin. Millie. Sie ist bestimmt nur verwirrt, weil ich diejenige bin, die …«
Sie reißt die Augen auf. »Weil du dich mehr um sie kümmerst als ich? Wolltest du das sagen?«
»Nein! Natürlich nicht!«
»Willst du sagen, dass ich eine schlechte Mutter bin?« Amber macht einen Schritt auf mich zu, und Olive sieht erschrocken aus. »Denkst du, du bist für mein kleines Mädchen mehr eine Mutter als ich?«
»Nein! Auf keinen Fall …«
»Warum erzählst du ihr dann, dass du ihre Mutter bist?«
»Das tue ich nicht!« Mein sagenhafter Babysitter-Lohn geht gerade den Bach hinunter. »Ich schwöre. Ich sage immer Millie. Es klingt wie Mama, das ist alles. Derselbe Anfangsbuchstabe.«
Amber holt tief Luft, um sich zu beruhigen. Dann tritt sie noch einen Schritt an mich heran. »Gib mir mein Baby.«
»Natürlich …«
Aber Olive macht es mir nicht leicht. Als sie ihre Mutter mit ausgestreckten Armen auf sich zukommen sieht, klammert sie sich noch fester an meinen Hals. »Mama!«, schluchzt sie.
»Olive«, murmle ich. »Ich bin nicht deine Mama. Das ist deine Mama.« Die mich gleich feuern wird, wenn du mich nicht loslässt.
»Das ist so ungerecht!«, ruft Amber. »Ich habe sie eine Woche gestillt! Bedeutet das nichts?«
»Es tut mir so leid …«
Amber zerrt das Kind schließlich aus meinen Armen, während Olive sich die Seele aus dem Leib brüllt. »Mama!«,...
Erscheint lt. Verlag | 11.4.2024 |
---|---|
Reihe/Serie | The Housemaid |
Übersetzer | Astrid Gravert |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | 2024 • Amazon-Bestseller • Die Nanny • ebook-Bestsellerautorin • eBooks • Gilly Macmillan • Haushälterin • Häusliche Gewalt • Hausmädchen • Joy Fielding • Julie Clark • Manhattan • neue Bücher 2023 • Neuerscheinung • Neue Thriller 2023 • New York • Pageturner • Penthouse • Psychothriller • ruth ware • Spannung für Frauen • Spiegel-Bestseller-Autorin • the housemaid • Thriller • Thriller neu 2023 • unglaubliche Twists • Wenn sie wüsste |
ISBN-10 | 3-641-31317-1 / 3641313171 |
ISBN-13 | 978-3-641-31317-3 / 9783641313173 |
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