Rot (eBook)

Roman. Ein fantastisches Abenteuer um Liebe, Verrat und die Macht der Neugier
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2024 | 1. Auflage
507 Seiten
Eichborn AG (Verlag)
978-3-7517-5564-1 (ISBN)

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Rot -  Jasper Fforde
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Fünfhundert Jahre nach dem von allen nur als »Etwas, das passiert ist« bezeichneten Ereignis ist eine neue Gesellschaft entstanden. Eine Gesellschaft, in der die eigene Stellung davon abhängt, welchen Teil des Farbspektrums man sehen kann.

Dies ist die Welt, in der Eddie Russett und Jane Grey leben. Jane und Eddie müssen die engen Regeln der Farbpolitik überwinden und die Wahrheit über ihre Welt herausfinden: Was ist sie, wo ist sie, ja sogar, wann ist sie? Während sie die Lügen entlarven, die ihre Existenz bedrohen, kommen sie zu einem beunruhigenden Schluss: Sie sind nicht allein. Jenseits des Meeres ist die Welt überhaupt nicht zu Ende, hier fängt sie womöglich erst an.



<p><span style="font-family: 'Times New Roman'; font-size: 16px; background-color: #ffffff;">Jasper Fforde war zwanzig Jahre lang in der Filmbranche tätig, bevor er 2001 mit</span><strong>DER FALL JANE EYRE</strong><span style="font-family: 'Times New Roman'; font-size: 16px; background-color: #ffffff;">auf der Bestsellerliste der New York Times debütierte. Seitdem hat er fünfzehn weitere Romane geschrieben, darunter den Sunday-Times-Bestseller</span><strong>WO IST THURSDAY NEXT?</strong><span style="font-family: 'Times New Roman'; font-size: 16px; background-color: #ffffff;">und die Serie</span><strong>DIE LETZTE DRACHENTÖTERIN</strong><span style="font-family: 'Times New Roman'; font-size: 16px; background-color: #ffffff;">, die von Sky fürs Fernsehen adaptiert wurde. Fforde lebt und arbeitet in seiner Wahlheimat Wales.</span></p>

NationalColor


Der technologische Rücksprung IV war in drei Jahren fällig, und alle fürchteten das Schlimmste. Es wurde spekuliert, dass Einschienen-Züge zusammen mit den Model-T-Fords, elektrischem Licht, Heliostaten, Fahrrädern und der Telegrafie abgeschafft würden. Jeder einzelne Verlust hätte schwere Unannehmlichkeiten nach sich gezogen, alle zusammen jedoch würden zur Katastrophe führen: Chromatacia würde zu einer dunkleren Welt werden, mit starken Abstrichen bei Transport, Sport und Kommunikation, und die Dörfer, Städte und Sektorenhauptstädte, aus denen sich die Nation zusammensetzte, würden noch weiter auf sich selbst zurückgeworfen sein.

Ted Grey: Zwanzig Jahre unter den Chromatikern

»Ich verachte diese Farbschwachen mit ihrer Faulheit und ihren schlechten Manieren«, sagte Bunty, während wir darauf warteten, dass die nächsten Fahrgäste ausstiegen. Vermutlich meinte sie die Schauspieler, da ihre nicht produktive Tätigkeit häufig als gesellschaftlich wertlos bezeichnet wurde.

»Sie haben in Ihrer Abneigung etwas sehr Gerechtes an sich«, sagte ich. »Sie scheinen alle Farben gleichermaßen zu hassen, ganz unabhängig von jeder Schattierung.«

Sie musterte mich eingehend, wohl, um zu entscheiden, ob ich mich bereits in einen Bereich vorgewagt hatte, der das Abziehen von Meriten rechtfertigte. Bunty McMustard war nicht bloß irgendeine Gelbe: Nach dem Tod von Courtland Gamboge war sie zur stellvertretenden Gelben Präfektin des Dorfes aufgestiegen, schließlich war ihre hochrangige Position unter den Gelben des Dorfes vor zwei Jahren bei ihrem Ishihara-Sehtest festgestellt worden.

Der Ishihara war der lebensentscheidende Moment im Kollektiv: Wusste man, welche Farben man sehen konnte und wie viel davon, dann wusste man auch, welchen Platz man in der rigiden Hierarchie der Colorkratie einnahm. Man wusste, was man zu tun und welchen Weg man einzuschlagen hatte und was von einem erwartet wurde. Im Gegenzug akzeptierte man widerspruchslos die eigene Position in der Gesellschaft, wie sie in Munsells Buch der Harmonie festgelegt war. Lebensweg, berufliche Laufbahn und soziales Ansehen wurden genau in diesem Augenblick entschieden – und damit zugleich alle besorgniserregenden Unsicherheiten des Lebens ein für alle Mal ausgelöscht. Meinen eigenen Test hatte ich letzten Monat abgelegt und bei der roten Farbsicht außergewöhnlich hoch abgeschnitten – eine Tatsache, die ich noch immer nicht so recht verdaut hatte.

»Die Farbschwachen, wie Sie sie nennen, sind für das Kollektiv ebenso nützlich wie alle anderen«, erwiderte ich. So konnte auch ich mal das Buch der Vorschriften zitieren, wie es Gelbe so gern anderen gegenüber taten. Und natürlich waren sie gar nicht begeistert, wenn man es auf sie anwandte. »Zwischen Gelb und Rot liegen die Orangefarbenen, die für die Unterhaltung und die Kunst zuständig sind, und zwischen Gelb und Blau die Grünen, die sich der Landschaftspflege und der angewandten Wissenschaft vom Draußensein widmen – und alle Farben sind nötig, damit das Kollektiv reibungslos funktionieren kann. Aber sagen Sie, Bunty, trifft Ihre Definition von Farbschwachen auch auf diejenigen zu, die zwischen Blau und Rot liegen?«

Sie warf mir einen strengen Blick zu, denn die Töne, die ich meinte, waren per Definition Flieder, Fandango, Lavendel, Pflaume, Mauve, Magenta und schließlich Purpur – der Ton, der den höchsten Rang in der Gesellschaft garantierte.

»Je früher das Dorf Sie loswird, desto besser, Russett. Wenn Sie erst mal dem Grünraum überstellt sind, weil Sie Courtland umgebracht haben, wird niemand glücklicher sein als ich. Vielleicht mal abgesehen von seiner Mutter.«

»Ich habe Courtland nicht umgebracht, Bunty.«

»Behaupten Sie

Ich sollte wohl erwähnen, dass Bunty McMustard mit Courtland Gamboge verlobt gewesen war und es sich bei Courtlands Mutter um die derzeitige Gelbe Präfektin handelte. Es war nicht klug, ausgerechnet eine dieser beiden gegen sich aufzubringen, aber Bunty wütend zu machen, bereitete mir ein ganz besonderes Vergnügen – trotz aller Risiken.

»Sie sagen die reizendsten Dinge, Bunts.«

Sie öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, schloss ihn aber wieder, als der nächste Fahrgast auf uns zutrat. Er trug ein auffälliges Color-Abzeichnen aus vernickeltem Zinn auf seinem rechten Revers, besprenkelt mit zahlreichen Farbtupfen. Es verriet uns sofort, dass er bei NationalColor arbeitete, allerdings, wie es aussah, in einer eher niedrigeren Position – jemand, der sich noch einarbeiten musste, bevor er im Unternehmen Karriere machte und aufstieg.

»Willkommen in East Carmine, Sir«, sagte ich, »unser Zuhause ist Ihr Zuhause. Getrennt sind wir vereint.«

»Das sind wir in der Tat«, sagte der Angestellte, dessen Name, wie wir nun erfuhren, Jason Applejack lautete. »Ich bin heute Morgen in Emerald City aufgebrochen und reise mit dem nächsten Zug wieder zurück. Wann fährt er hier ab?«

»Übermorgen.«

»Dann bin ich Ihr Gast für zwei Nächte.«

»Wir werden uns bemühen, uns als hervorragende Gastgeber zu erweisen«, sagte ich. »Darf ich Ihnen eine Frage stellen?«

»Geht es um Farbeinspeisungsrohre und Vollcolorisierung?«

Ich nickte. Die Leute von NationalColor bekamen nur selten andere Fragen gestellt. Eine CYMK-Farbeinspeisung bedeutete die Möglichkeit eines vollspektralen Colorgartens, mit synthetischen Farben, die für alle sichtbar waren, da die Blumen und das Gras und die Bäume von Rohren und Kapillaren unter dem Erdboden versorgt wurden.

»Es tut mir leid, Ihnen sagen zu müssen, dass neue Farbeinspeisungsverlängerungen derzeit nicht ausgeliefert werden können, bis sich der Zugriff auf Farbrohstoffe wieder verbessert hat«, sagte er. »Wir hätten alle gern vollspektrale Colorgärten, aber ohne die Rohstoffe, die von braven Menschen wie Ihnen zur Verfügung gestellt werden, wird die Vollcolorisierung niemals abschließend erreicht werden. Also: Wie läuft die Farbgewinnung hier in den Abbaugebieten?«

»Nicht so gut, wie wir uns erhofft hatten«, sagte Bunty mit leiser Stimme.

»Dann treten Sie besser mal aufs Gas. Ich dachte, die Grenzen der Roten Randgebiete würden nur so überlaufen mit Altfarben.«

»Die Bestände sind hier in der Gegend so gut wie erschöpft«, sagte ich, »aber wir versuchen, ein Stück weit entfernt neue Farbfelder zu erschließen.«

Um der farbbasierten Gesellschaft dienlich zu sein, wurde der Farbschrott, der von den Einstigen zurückgelassen worden war, aus dem Untergrund geborgen, säuberlich nach Schattierungen sortiert und an NationalColor verschickt, wo er zu reiner Universalfarbe reprozessiert wurde, die wir alle betrachten konnten. Ohne sie blieben uns nur die natürlichen Farbtöne, die wir mit unserer jeweiligen Farbsicht wahrnehmen konnten. Für mich als Roten der Mohn, für die Grünen die Bäume, für die Blauen der Himmel. Farbsicht war alles für die chromatakischen Bürger. Sie bestimmte die gesamte soziale Ordnung, die Rechtsprechung, die Wirtschaft und das Gesundheitssystem. Am wichtigsten jedoch war: Farben bedeuteten eine Hoffnung. NationalColor vertrieb nicht bloß synthetische Farben, sie stellten auch ein Traumziel in Aussicht: unserer entfärbten Welt die überschwängliche Freude vollständiger Colorisierung zu bringen.

»Könnte NationalColor hier nicht einen Farbenladen eröffnen«, fragte Bunty, »bis das Versorgungsnetz uns irgendwann erreicht?«

Man war nicht allein auf Versorgungsrohre angewiesen, um die eigene Umgebung chromatisch anzureichern. Farbe war auch in Dosen, Papierrollen, Röhren, als Lebensmittelfarbe, Stofffärbemittel und Buntglas erhältlich. Selbst wenn man nicht ans Versorgungsnetz angeschlossen war, konnte man synthetische Töne also durchaus genießen. Allerdings war das nicht ganz billig. Orangeschattierungen etwa lagen bei zwei Meriten pro halbem Dutzend, aber ein orangefarbenes Orange kostete gleich ein ganzes Dutzend.

»Ich will ehrlich sein: Es ist unwahrscheinlich«, erwiderte Applejack. »Der stationäre Einzelhandel mit Farben ist generell den größeren Städten vorbehalten. Also«, fügte er hinzu, »können Sie mir eine Unterbringung empfehlen?«

»Der Fallen Man bietet gutes Essen zu einem vernünftigen Preis, und die Zimmer sind sauber und ordentlich. Er liegt auch in der Nähe der zentralen Straßenlaterne, und er ist ungezieferfrei«, sagte Bunty.

»Der Fallen Man?«, wiederholte er.

»Eine … Legende hier aus der Gegend«, erwiderte ich, wobei ich meine Worte sorgfältig wählte. »Es geht um einen Mann, der vom Himmel gefallen ist, an einen Metallstuhl gefesselt.«

»Vor Kurzem?«

»Vor dreizehn Jahren – wenn es denn wirklich so war. Was ja nicht unbedingt so sein muss.«

Bunty seufzte.

»Der Gefallene Mann ist Apokryph«, sagte sie, »daher sprechen wir ihn nur im Zusammenhang mit unserem Gasthaus aus.«

Wenn etwas in unserem Umfeld – ein Gegenstand, eine Person, eine Regel oder ein Phänomen – nicht in die strikten Definitionen vom Buch der Harmonie passte, wurde es bequemerweise ignoriert. Es gab einen Apokryphen Mann namens Baxter im Dorf, den man nicht sehen durfte, sodass er standhaft nicht zur Kenntnis genommen wurde. Das bedeutete, er konnte ungeschoren tun und lassen, was er wollte – was sich für gewöhnlich darin...

Erscheint lt. Verlag 6.2.2024
Reihe/Serie Die Farben-Trilogie
Übersetzer André Mumot
Sprache deutsch
Original-Titel Red Side Story
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Douglas Adamas • Dystopie • England • Fantasy • Farben • Farblehre • Großbritannien • literarische Unterhaltung • Science Fiction • Terry Pratchett • Thursday Next • UK • Wales • Zukunft
ISBN-10 3-7517-5564-0 / 3751755640
ISBN-13 978-3-7517-5564-1 / 9783751755641
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