Das verborgene Leben der Füchse (eBook)

Eine Spurensuche | Eine faktenreiche, unterhaltsame und muntere Liebeserklärung an den Fuchs
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
214 Seiten
Insel Verlag
978-3-458-77641-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das verborgene Leben der Füchse - Andreas Tjernshaugen
Systemvoraussetzungen
15,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen

Ein Jahr lang hat sich Andreas Tjernshaugen auf die Pirsch begeben und hat in einem nahegelegenen Wald am Oslofjord Füchse beobachtet. Manchmal war er mit seinem Hund Topsy unterwegs, meistens aber allein, oft in den frühen Morgenstunden, ausgerüstet mit Thermoskanne und Proviant für lange Sitzungen. Immer wieder ließ er eine Wildkamera mit Bewegungsmelder zurück, um die Filme später zu Hause auszuwerten. Zu Hause vertiefte er sich auch in die wissenschaftliche und kulturgeschichtliche Literatur über Füchse. In 25 Kapiteln beschreibt er, was er gesehen, gelesen und gelernt hat. Erzählt vom ausgeprägten Familiensinn der Füchse, aber dass sie auch fremdgehen. Erzählt vom Fuchs, der unsere Städte erobert und dort seinen unbändigen Spieltrieb auslebt. Erzählt von den Mythen, die sich um ihn gebildet haben, von der Tradition der Fuchsjagd, von der Pelztierzucht ...

Andreas Tjernshaugens Buch ist eine faktenreiche, unterhaltsame und muntere Liebeserklärung an ein Tier, das, von Mythen umwoben, oft missverstanden wird, und doch viel mehr ist als der listige Reineke Fuchs, wie er in der Literatur meist beschrieben wurde.



Andreas Tjernshaugen, geboren 1972, studierte Soziologie und arbeitete mehrere Jahre im Bereich Klimaforschung. Er lebt mit seiner Familie, seinem Hund Topsy und ein paar H&uuml;hnern in Nesodden am Oslofjord. 2017 erschien im Insel Verlag <em>Das verborgene Leben der Meisen</em> und wurde zu einem gro&szlig;en Erfolg.

Auf der Spur


Wir klettern durch die Blaubeerheide einen Hügel hinauf. Topsy hat eine Fährte aufgenommen, sie liegt flach auf dem Boden und zerrt an der Leine, und ich protestiere nicht, solange sie mir den Hügel hinaufhilft. Es ist erstaunlich, welche Kraft in einem nur zehn Kilo schweren Hund schlummert. An einer Kiefernwurzel kann ich mich hochziehen und mit dem Fuß abstützen, dann habe ich den Hügel erklommen. Vor uns liegt ein unbekannter Pfad, und Topsy will ihm unbedingt nach links folgen. Ich lasse mich von ihr führen, habe aber keine Ahnung, was für einer Spur sie folgt. Ein Fuchs, ein Marder? Oder ein Hund, der an der Leine mit seinem Herrchen unterwegs ist? Doch im Gegensatz zu mir kann Topsy sofort erkennen, wo ein Tier über den Waldboden gelaufen ist, also folge ich ihr.

Topsy ist eine dänisch-schwedische Farmhündin. Die Ohren können sich nicht wirklich entscheiden, ob sie hängen oder stehen sollen, und viele halten sie für einen glatthaarigen, langbeinigen Jack Russell Terrier. Farmhunde waren auf den Höfen in Schonen und Dänemark traditionell nützliche Mäuse- und Rattenjäger, und auch Topsy jagt meiner Erfahrung nach so gut wie allen Tieren hinterher. Soweit ich weiß, hat sie allerdings bisher nur einen ausgesprochen unvorsichtigen Dompfaff auf dem Gewissen. Als Topsy zum ersten Mal Gänse sah, kauerte sie sich auf den Boden und fing an, sich anzuschleichen. Daher bleibt sie angeleint, wenn wir im Wald bei Nesodden spazieren gehen, zumal sie uns schon ein paar Mal davongelaufen ist und einmal sogar ein Reh über den Waldweg getrieben hat, was nicht nur uns verblüffte, sondern auch einige andere Familien, die ihren Sonntagsspaziergang unternahmen.

1Neugieriger Fuchs, der seinen Winterpelz verliert, bei Nesodden im Mai

Nur ein einziges Mal ist Topsy in die Nähe eines Fuchses geraten. Er lief uns zufällig bei unserem Abendspaziergang über den Weg. Topsy geriet völlig außer Rand und Band – als hätte sie eine Katze gesehen. Sie bellte und winselte, legte sich flach auf den Boden und zerrte an der Leine. Auch ich fand die Begegnung mit dem Fuchs interessant, denn Rotfüchse hatte ich bisher noch nicht so oft zu Gesicht bekommen. Obwohl ich in meiner Kindheit viel Zeit damit verbracht habe, wilde Tiere zu beobachten, erinnere ich mich nur an eine einzige Begegnung mit einem Fuchs. Damals tauchte mitten am Tag ein krankes Tier in unserer Nachbarschaft auf. Ein räudiger Fuchs mit großen kahlen Flecken. Er blieb wenige Meter von mir entfernt stehen und sah mich mit zusammengekniffenen Augen an, bevor er zum Straßenrand schlich und zwischen den Bäumen verschwand. Die Räude war im Übrigen auch der Grund, warum man so wenig Füchse sah. Die Fuchsräude-Epidemie in den 1970er und 1980er Jahren hatte den Bestand an Rotfüchsen weitgehend dezimiert. Mein neu erwachtes Interesse an Füchsen hat vielleicht mit einem Versuch zu tun, sich an etwas Verlorenes aus der Kindheit zu erinnern.

Seit ich mich mit dem Fuchs beschäftige, beobachte ich unsere Hündin besonders interessiert. Vermutlich nimmt Topsy die Welt ähnlich wahr wie ihr rothaariger Verwandter mit der weißen Schwanzspitze, auf jeden Fall erlebt sie die Welt auf eine vollkommen andere Art und Weise als ich. Wenn wir dort spazieren gehen, wo viele Hundebesitzer mit ihren Hunden Gassi gehen, bleibt sie hin und wieder eine Minute schnüffelnd stehen und folgt jedem Grashalm und jedem Zweig mit der Nase – ich nehme an, sie will so viel wie möglich über den Hund herausfinden, der dort uriniert hat. Bisweilen gerät Topsy außer sich vor Aufregung über etwas, das sich meinen Augen verbirgt; aber oft sehe ich auch nur wenige Meter von uns entfernt eine Katze oder ein Reh, das Topsy nicht wahrnimmt, weil der Wind aus der falschen Richtung kommt. Ich bilde mir ein, dass es beim Fuchs so ähnlich sein muss.

Der Waldweg, den Topsy gefunden hat, erweist sich als ein Wildwechsel, der einfach aufhört und verschwindet, aber sie läuft mit der Nase am Boden weiter. Wir gehen über eine Hügelkuppe. Das Terrain fällt langsam ab. Der offene Kiefernwald wird von Haselnussbäumen abgelöst, die Bäume haben viele dünne Stämme, die sich in alle Richtungen neigen; im Frühjahr werden die Blätter dieser Holzfontänen die Sonne abschirmen, sodass darunter kaum noch etwas wachsen kann. Der Waldboden ist übersät mit braunen Blättern. Diese Böschung könnte ein guter Ort für einen Fuchsbau sein, denke ich noch, und als Topsy mich auf eine kleine Lichtung zwischen einem Kiefernbaum und einem Felsen zieht, entdecke ich den Bau. Die Hündin steckt die Nase in ein Loch, das offenbar in den Hang gegraben wurde. Etwas weiter entfernt bemerke ich ein weiteres Loch. Topsy ist jetzt aufgeregt, es sieht aus, als wollte sie in die Gänge kriechen, um den Bau von innen zu untersuchen, aber ich halte sie fest an der Leine, weil ich nicht riskieren will, dass sie unter der Erde stecken bleibt oder dort auf einen Fuchs oder ein anderes wildes Tier trifft.

Ein Fuchsbau liegt häufig in der Nähe eines Baches oder einer anderen Trinkwasserquelle. Es hat allerdings wenig Sinn, direkt am Bachlauf nach einem Bau zu suchen, denn dort könnte er leicht von Wasser überschwemmt werden. Der Fuchs braucht lockere und trockene Erde, damit er bequem darin graben und einige Meter tief ins Erdreich vordringen kann. Geeignet sind Hänge und Böschungen. Es heißt, der Fuchs bevorzuge Südhänge. Auch Felsspalten, Hohlräume unter Baumstümpfen und Baumwurzeln, Geröllhalden aus großen Steinen und Löcher unter Gebäuden können für einen Bau genutzt werden; an solchen Stellen ist es bisweilen schwierig, den Eingang eines Baus von einem gewöhnlichen Loch zu unterscheiden. Dort, wo ich lebe, möchte der Fuchs am liebsten nicht gesehen werden. Daher zieht er es vor, seinen Bau an einem unzugänglichen oder abgeschirmten Ort anzulegen, der allerdings erstaunlich nah an Häusern, Feldern oder Wegen liegen kann.

Hin und wieder zieht der Fuchs in alte Dachsbauten ein und nutzt das vorhandene Gangsystem, und in großen, alten Anlagen kommt es bisweilen sogar vor, dass sich Dachs und Fuchs arrangieren und jeder in seinem Teil des Baus lebt. Ein Höhlenbewohner ist der Fuchs allerdings lediglich, wenn das Wetter schlecht ist oder er von Feinden verfolgt wird und Zuflucht suchen muss. Normalerweise schläft er am liebsten unter freiem Himmel. Der Dachs hingegen lebt das ganze Jahr über in seinem Bau, daher sind die Wege, die aus seinem Bau herausführen, stärker zertrampelt als die vor einem Fuchsbau. Auch häuft der Dachs durch sein ewiges Graben weitaus größere Erdhaufen an als der Fuchs. Außerdem richtet sich der Dachs gern mit einer weichen Unterlage aus Blättern und Moos ein, die er regelmäßig erneuert. Häufig sieht man, dass der Dachs gerade altes Material aus dem Bau transportiert hat und den Bau mit neuen Blättern ausstattet. Einen Dachsbau erkennt man auch an dem gut sichtbaren Graben, der vom Bau wegführt und durch das ständige Graben entstanden ist. Ein Fuchs hinterlässt keine solche Gräben. Einen bewohnten Fuchsbau erkennt man außerdem an dem charakteristischen Geruch seiner Bewohner, beziehungsweise an den Futterresten rund um die Öffnung, die bei einem Dachsbau nicht vorkommen.

Bekommt man den Fuchs nicht zu Gesicht, muss man nach seinen Spuren suchen. Da er gern Vögel jagt, finden sich häufig viele Federschäfte am Boden, die er mit seinen scharfen Schneidezähnen einfach durchgebissen hat. Sind die abgebissenen Federn weiträumig verteilt, hat sich vermutlich ein Wurf Welpen anschließend über den Vogelkadaver hergemacht. Ein Habicht geht, ebenso wie ein Falke oder eine Eule, ganz anders vor. Er hinterlässt einen Haufen Federn, die er alle sorgfältig aus der Beute gerupft hat.

Seinen Kot verteilt der Fuchs häufig demonstrativ, zum Beispiel auf Baumstümpfe oder umgestürzte Baumstämme. Die Würste sind etwa anderthalb Zentimeter dick und fünf bis zehn Zentimeter lang. Sie können aus mehreren Teilen bestehen, die von den Haaren der Beutetiere zusammengehalten werden. Häufig ist der Kot spiralförmig und an einem Ende zu einer Spitze zusammengedrückt. Außer Haaren enthält der Kot oft kleine Mäuseknochen. Alter Fuchskot wird weißlich, der frische Kot ist schwarz oder grau. Da der Kot häufig Krankheitserreger enthält, fasst man ihn besser nicht an, allerdings lässt sich Fuchskot und Urin am typischen Geruch gut erkennen. Der beste Vergleich, den ich kenne, ist vielleicht...

Erscheint lt. Verlag 15.5.2023
Übersetzer Ulrich Sonnenberg
Sprache deutsch
Original-Titel Reveb
Themenwelt Literatur
Sonstiges Geschenkbücher
Schlagworte aktuelles Buch • Beziehung zwischen Fuchs und Mensch • bücher neuerscheinungen • Das verborgene Leben der Meisen • Familiensinn • Fuchs • Fuchsbau • Mythos Fuchs • Naturkunden • Neuerscheinungen • neues Buch • Norwegen • Oslofjord • Pelztierzucht • Pirsch • Reineke Fuchs • Spurensuche • Tiere in der Stadt
ISBN-10 3-458-77641-9 / 3458776419
ISBN-13 978-3-458-77641-3 / 9783458776413
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 6,7 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich