Auf Gut Glück (eBook)
224 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-46762-6 (ISBN)
Michael Niedrig, geboren 1980, ist ehemaliger Profifußballer (1. FC Köln, Holstein Kiel). Parallel zu seiner Sportkarriere studierte er BWL und nahm anschließend eine Managementtätigkeit beim 1. FC Köln auf.
Michael Niedrig, geboren 1980, ist ehemaliger Profifußballer (1. FC Köln, Holstein Kiel). Parallel zu seiner Sportkarriere studierte er BWL und nahm anschließend eine Managementtätigkeit beim 1. FC Köln auf. Sara Niedrig, geboren 1984, ist ehemalige Beachvolleyballspielerin. Sie nahm zweimal an den Olympischen Spielen teil, war zweimal Europameisterin und viermal deutsche Meisterin. Anschließend war sie als Sportjournalistin, u.a. bei SKY, tätig. Aktuell absolviert sie eine Ausbildung zur Heilpraktikerin. Auf Gut Neuwerk in der Eifel leben sie als Großfamilie mit ihren drei Kindern und Saras Eltern auch das Modell »Mehrgenerationenhaus«.
Neue Triebe
Von der Dreizimmerwohnung auf einen Gutshof mitten im Wald
So selbstverständlich es von außen betrachtet erscheinen mag, dass Michi und ich uns durch den Leistungssport kennengelernt haben, ist es tatsächlich überhaupt nicht. Vermutlich spielte auch hier eine Portion Zufall oder Glück eine Rolle, denn Beachvolleyball und Fußball sind zwei eigenständige Welten. Sicherlich erklärt der Sport aber unser gemeinsames Mindset, mit dem wir beide an Dinge herangehen, das unseren Weg geprägt hat und uns zusammen auf ein Gut mitten im Wald führte.
Aufgewachsen bin ich am Ammersee im Münchner Umland, also relativ ländlich, mit meinen Eltern und meinem zwei Jahre älteren Bruder. Als ich sechs Jahre war, entzündete sich meine Liebe zum Volleyball, beim TSV Herrsching. Ich hatte Talent und vor allem war ich wahnsinnig ehrgeizig. Bis ich fünfzehn wurde, durchlief ich verschiedene Förder- und Auswahlprogramme. Dann ging es richtig los: Ich wechselte zum SV Lohhof, der gerade dabei war, in die Bundesliga aufzusteigen und in Bayern so etwas wie das Zentrum des Hallenvolleyballs darstellte. Anfangs bin ich noch mit der S-Bahn zwei Stunden zum Training gefahren, aber als sich der Trainingsrhythmus dann von zwei auf vier Tage pro Woche steigerte und ich meine Hausaufgaben regelmäßig in der Bahn erledigte, wurde klar, dass das keine Dauerlösung sein konnte.
Damit stand die erste größere Veränderung an, auf die eine ganze Reihe weiterer folgen würden: Ich zog in eine Gastfamilie vor Ort und wechselte die Schule. Jedoch wanderte meine Gastfamilie im Jahr darauf in die Schweiz aus und ich bezog mit gerade mal sechzehn Jahren eine eigene Wohnung, die ich mir mit einer Mannschaftskollegin aus Australien teilte. Im gleichen Jahr rutschte der Verein allerdings in die Insolvenz und ich stand da, war von zu Hause ausgezogen, hatte die Schule gewechselt, war auf dem Sprung in die zwölfte Klasse und hatte keine Ahnung, wie es weitergehen sollte.
Zum Glück kam recht schnell ein Angebot von Bayer Leverkusen, das mir ermöglichte, die letzten beiden Schuljahre an einem Ort zu verbringen und weiter in der Hallenbundesliga zu spielen. Gleichzeitig brachte es mich näher zum Beachvolleyball. Damals schon träumte ich davon, mich in diesem Bereich zu etablieren, doch mir war bewusst, dass es aufgrund der notwendigen Auslandsreisen in einem professionellen Rahmen erst nach meinem Schulabschluss möglich sein würde. Zu dieser Zeit bestanden noch eine ziemliche Konkurrenz und wenig Synergien zwischen »Sand« und »Halle«. Keine besonders gute Voraussetzung, allerdings spielte es mir hier in die Karten, dass meine Leverkusener Trainerin früher selbst im Beachvolleyball aktiv war und weniger starre Ansichten pflegte: Sie ließ mich nebenbei auch im Sand trainieren.
Nach dem Abitur wechselte ich dann konsequenterweise an die Küste, ging als Profi erst nach Kiel und später, als dort der neue Olympiastützpunkt eröffnete, nach Hamburg. Die ersten Jahre spielte ich mit wechselnden Partnerinnen und ab 2004 dann sehr erfolgreich mit Laura Ludwig zusammen. Anders als im Hallenvolleyball reist du im Beachvolleyball mit deiner Partnerin und dem Trainer als Kernteam um die Welt. Hinzu kommt ein vom Verband gestellter Physiotherapeut und bei wichtigen Turnieren, wie Olympischen Spielen, Welt- oder Europameisterschaften, weitere personelle Unterstützung. Du bist also selbstständig in deiner eigenen Zweifrauenfirma, die für verschiedene Aufgaben externe Mitarbeiter anheuert und selbst bezahlt. Das bedeutet eine große Freiheit, bringt aber auch früh eine enorme Verantwortung mit sich, denn die Wahl deines Teams bestimmt den Erfolg und das Fortbestehen.
Meine Welt sah damals in der Regel so aus: Saisonvorbereitung ab Januar für drei Monate. Dabei handelte es sich um die trainingsintensivste Zeit, mit zwei, drei Trainingseinheiten pro Tag – Krafttraining, Ausdauer, Balleinheiten – und im Anschluss Physiotherapie. Sechs Tage die Woche, gefolgt von einem Regenerationstag mit Aquajogging oder Laufen. Im März flogen Laura und ich dann ins Trainingslager nach Neuseeland, denn unser Trainer wohnte zwar in Hamburg, konnte dadurch aber einige Wochen in seiner eigentlichen Heimat verbringen. Auf dem Rückweg legten wir meist noch einen Zwischenstopp in Australien ein, um ein paar Trainingsspiele mit den Australierinnen zu absolvieren. Danach stand in der Regel noch ein kürzeres Trainingslager auf den Kanarischen Inseln an und ein längeres in Los Angeles, während wir uns mit den starken amerikanischen Teams auf den Saisonstart im Mai vorbereiteten.
Die Turniersaison begann üblicherweise in China und Brasilien. Danach standen die europäischen Turniere an und am Schluss ging es noch mal nach Asien. Ein halbes Jahr lang spielst du also jede Woche ein Turnier und wechselst mehrfach die Kontinente. Im November und Dezember folgte die turnierfreie Zeit, in der es galt, Kraft und Ausdauer zu erhalten, und von der zwei bis vier Wochen für wirklichen Urlaub blieben.
Der Volleyball bestimmte seit der Schulzeit mein Leben, gab das Tempo vor, die Wohnorte, das Umfeld. Eine Zeit mit viel Training, Leistung und Reisen, die natürlich sehr geprägt hat. Michis Leben war ähnlich getaktet – und sah doch ganz anders aus.
Das stimmt, und auf jeden Fall spielte Sport auch für mich schon sehr früh eine wichtige Rolle. Meine Eltern sind extra für meine Geburt die gut 60 Kilometer von Remscheid nach Köln gefahren, weil sie wollten, dass »Kölle« in meinem Pass steht. Das ist sehr bezeichnend, da die Stadt und der 1. FC Köln mich bis heute begleiten.
Mit vier kam der aktive Fußball in mein Leben. Ich begann erst in meinem Heimatort Remscheid zu kicken und wurde dann mit elf Jahren in die Jugendmannschaft vom FC geholt. Meine Eltern haben die regelmäßige Pendelei irgendwie mit mir gewuppt und ich konnte zu Hause leben, bis nach dem Abitur und dem Zivildienst. Anschließend zog ich nach Köln, spielte in der A-Jugend und der U23 bei den Amateuren. Dabei trainiert man unter Profibedingungen und verdient damit auch Geld. Im Unterschied zu vielen Altersgenossen, die in den frühen Zwanzigern noch eher von der Hand in den Mund lebten, hatte ich dadurch schon lange einen Job und war abgesichert. Meinen ersten Profivertrag unterschrieb ich dann 2003. Nebenbei begann ich BWL zu studieren, zwar weniger intensiv als meine Kommilitonen an der Uni, aber stetig und gemächlich.
Anders als in Saras Trainingsalltag blieb mir im Fußball mehr Zeit, die ich für anderes nutzen konnte. Selbst im Profibereich hatte ich damals innerhalb der Saison einen relativ regelmäßigen Rhythmus: Am Samstag war Spiel, sonntags eine Regenerationseinheit, montags frei, Dienstag zweimal am Tag Training, Mittwoch bis Freitag jeweils einmal und dann stand wieder ein Spiel an. Bei einmal Training am Tag hatte ich also um 14 Uhr Feierabend. Nach der Saison waren vier Wochen Sommerpause, bevor die intensivere Saisonvorbereitung inklusive Trainingslager wieder begann.
Sara zieht mich immer noch gerne damit auf, dass es Profisportler gibt und eben Fußballer. Als wir uns kennenlernten, konnte sie anfangs gar nicht glauben, dass wir nicht rund um die Uhr trainierten, wie sie. Fußball nimmt sie dementsprechend bis heute nicht so richtig ernst. Sie ging morgens los, zog eisern ihren Trainingsplan bis abends durch, auch ohne dass der Trainer – wie bei uns – danebenstand, und konnte es nicht fassen, dass wir teilweise nur halbe Tage trainierten. Heutzutage ist das anders, der Profifußballalltag ist heute deutlich durchgetakteter, aber vor zwanzig Jahren sah es so aus. Und gab Anlass für die eine oder andere Spöttelei Saras. Bis heute verweist sie gerne darauf, wie diszipliniert und eigenverantwortlich der gemeine Olympionike trainiert, im Vergleich zu den »rundum gepamperten Fußballern«.
Wie Sara und ich uns dann trotz unterschiedlicher Sportlerwelten kennengelernt haben, ist eine witzige Geschichte, die gut unter den Titel des Buches passt.
Ich war in Köln als Fußballer zwar gut, aber eben nicht sehr gut. Meine Fähigkeiten lagen zwischen der Bundesliga und der U23. Ich war Teil des Bundesliga-Kaders, spielte jedoch überwiegend in der U23 in der dritten Liga. Dann erhielt ich 2005 das Angebot von Holstein Kiel. Sie waren damals im Aufbruch, mit dem Ziel, in die 2. Bundesliga aufzusteigen, und stellten eine neue Mannschaft zusammen. Dadurch kam ich erstmals raus aus Köln und lebte plötzlich so weit im Norden, dass regelmäßig ins Rheinland pendeln nicht mehr funktionierte. Meine damalige Freundin blieb allerdings in Köln, was nicht lange gut ging. Wir hatten als Paar nicht die Basis, die Distanz auf Dauer aushält.
In dieser Zeit dachte ich zum ersten Mal ernsthaft darüber nach, was ich mir von einer Beziehung und einer Partnerin wünschte. Ich verspürte die Sehnsucht nach etwas Dauerhaftem, einer Verbindung auf Augenhöhe, die Konflikte erlaubt und aushält. Und eigentlich wurde mir klar, dass es eine Sportlerin sein musste, die mein Leben auf einer tieferen Ebene verstehen und tolerieren kann, weil sie damit vertraut ist und selbst eine gewisse Belastbarkeit mitbringt.
Aber das waren zunächst eher theoretische Überlegungen. Bis ich eines Morgens in meiner Küche saß, durch die aktuelle Ausgabe der Kieler Nachrichten blätterte, in der die Sportlerinnen des Jahres zur Wahl vorgeschlagen wurden, und Saras Bild...
Erscheint lt. Verlag | 1.9.2023 |
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Co-Autor | Valentina Storck, Grete Anders |
Zusatzinfo | evtl. sind im Textteil noch Schwarz-weiß-Abbildungen geplant |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | Abenteuer • alternativer Lebensentwurf • Alternatives Leben • Aussteiger • Aussteiger Buch • Aussteiger Geschichten • aussteiger selbstversorger • Auszeit • Autobiografie • Bauernhof • Einfaches Leben • Erfahrungen Selbstversorger • Erfahrungsberichte • Familie auf dem Land • Familiengeschichten • Familienleben • generationen-haus • Gutshof • Hofleben • Hühner • Idylle • Landflucht • Landidylle • Landleben • landleben buch • Landliebe • Landlust • Landwirtschaft • Leben auf dem Land • Lebensgeschichten • Lebenstraum • Leistungssportler • Mehrgenerationenhaus • Mehrgenerationenprojekt • michael niedrig • Minimalismus • Nachhaltigkeit • nachhaltig leben • Natur • Naturbuch • Natur erleben • Naturnahes Leben • naturnah leben • naturverbunden leben • Profisportler • sara goller • sara niedrig • Schafe • Selbstbestimmt • Selbstversorger • Selbstversorger Buch • Selbstversorger Garten • Selbstversorgung • Selbstverwirklichung • Stadtflucht • Stadtleben • Tiere • Umwelt • Umweltschutz • Wahre GEschichte |
ISBN-10 | 3-426-46762-3 / 3426467623 |
ISBN-13 | 978-3-426-46762-6 / 9783426467626 |
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