Mord an Bord (eBook)
427 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-44600-3 (ISBN)
Hera Lind studierte Germanistik, Musik und Theologie und war Sängerin, bevor sie mit zahlreichen Romanen sensationellen Erfolg hatte. Mit ihren Tatsachenromanen, die alle auf wahren Geschichten beruhen, erobert Hera Lind immer wieder verlässlich die vordersten Plätze der SPIEGEL-Bestsellerliste. Hera Lind lebt mit ihrer Familie in Salzburg.
Hera Lind studierte Germanistik, Musik und Theologie und war Sängerin, bevor sie mit zahlreichen Romanen sensationellen Erfolg hatte. Mit ihren Tatsachenromanen, die alle auf wahren Geschichten beruhen, erobert Hera Lind immer wieder verlässlich die vordersten Plätze der SPIEGEL-Bestsellerliste. Hera Lind lebt mit ihrer Familie in Salzburg.
»Aber MEINE Songs singst du beim Käpt’n nicht!« zeterte Klara-Viktoria.
Nein, das hätte ich auch unfair gefunden. Schlimm genug, daß ich ihre große Abendshow übernommen hatte.
»Ich hab eine Superidee!« entfuhr es mir. Und dann erzählte ich Klara-Viktoria und Lars-Dars von meinem genialen Plan, aus allen Künstlern an Bord einen Chor zu bilden.
»Da wird der Kreuzfahrtdirektor beim Kapitän sofort einen Stein im Brett haben!« sagte ich enthusiastisch.
»Ob der eine Arsch beim anderen Arsch einen Stein im Brett hat, ist mir egal«, maulte Klara-Viktoria. »Aber der Gedanke an sich hört sich interessant an!« Sie fühlte sich natürlich jetzt unterfordert und wollte unbedingt auch noch mal auf die große Bühne. Und wenn es nur im Chor war.
»Also, was ist?« Aufgeregt zupfte ich an Lars-Dars’ Arm. »Bist du dabei?«
Lars-Dars warf einen fragenden Blick auf seine Domina.
»Wenn du trotzdem noch Zeit für die Landgänge hast, kannst du mitmachen«, erlaubte diese großzügig.
Landgänge! Natürlich! Wir würden ja heute mittag in Darwin anlegen!
Keine Zeit, keine Zeit!! Ich mußte sofort Rüdiger dazu bewegen, mir die besten Chorstücke zu faxen! Wie spät war es denn jetzt in Deutschland?
Drei Uhr morgens.
Egal! Ich MUSSTE ihm ein Fax schicken!
Den Rest der Probe konnte ich an nichts anderes mehr denken. Ich würde einen bombastischen Chor gründen, hier an Bord der »MS Blaublut«, aus Künstlern und Passagieren! So etwas hatte die »Blaublut« noch nie erlebt, und man würde noch Generationen später davon sprechen.
Und Fred Hahn würde mir für den Rest seines Lebens dankbar sein.
»Lieber Rüdiger«, kritzelte ich auf feinstes Büttenpapier mit dem Emblem der »MS Blaublut«, »bitte fax mir umgehend ALLE Noten, die Du für ein gemischtes Chorkonzert für geeignet hältst! Ich gründe hier einen Chor! Es geht mir super, habe schon zwei tolle Auftritte gehabt, alle hier sind nett, der Kreuzfahrtdirektor hat gesagt, ich hätte eine phantastische Stimme! Jetzt will ich auch noch zeigen, daß ich dirigieren kann! Bitte, Rüdiger, mach Dir die Mühe! Alle Fax-Nummern stehen auf dem Briefkopf! Ich warte voller Ungeduld!! In Liebe und Treue – Deine Burkharda«
Das mit der Liebe und Treue war keineswegs gelogen. Schließlich war nichts Erwähnenswertes vorgefallen. Der Kreuzfahrtdirektor war ohne zu grüßen in einen murmeltierhaften Schlaf gefallen. Und ich war gegangen. Vollständig bekleidet, bis auf die Schuhe, die vermutlich immer noch in der Bar »Zum eitlen Fratz« unter dem Flügel lagen.
Ich gab meinen Schrieb bei der Rezeption ab.
»Bitte rufen Sie DIESE Nummer an und faxen Sie das umgehend nach Geilenkirchen!«
»Beides? Anrufen und faxen?« Der Zahlmeister, der auch über zwei Streifen verfügte, schaute mich fragend an.
»Ja, beides! Ich erwarte umgehend den Rückruf auf meiner Kabine!«
»Sicher?«
»Ja, Mann! Machen Sie schon! Das ist wahnsinnig wichtig und sehr, sehr eilig!!«
Ich rannte davon. Was sollte ich jetzt machen?
Schlafen konnte ich nicht.
Essen konnte ich nichts.
An Land gehen konnte ich nicht.
Schließlich erwartete ich ab sofort Stapel von Noten, die Rüdiger mir faxen würde!
Ich rannte wie ein Tiger im Käfig in meiner Kabine herum. Zwischendurch ergoß ich meinen inneren Streß in mein Tagebuch. Seitenweise. Papier ist geduldig.
Das Telefon läutete.
»Ja?!« Rüdiger?!
»Hier ist der Ulrichch, du! Ja Wahnsinn, du! Kchommst du mit
mir an Land, du? Das ist ein Wahnsinns-Land, Australien, du, ich sage dir, diese Eingeborenen, du, unglaublich, und diese Känguruhs, du, die haben eine Power, genau wie du, du, ich sage dir, du, ein Wahnsinn, du …«
»Ulrich, ich kann nicht!«
»Warum nicht, du?«
»Ich warte auf ein wichtiges Fax! Bitte laß mich jetzt, ich muß arbeiten!«
»Du machst mich wahnsinnig unglücklichch, du!«
Geh allein zu deinen Eingeborenen und zu deinen Känguruhs! Ich hab Wichtigeres zu tun!
Ich legte den Hörer auf.
Wieder wanderte ich auf und ab, auf und ab. Ruf an, Rüdiger, ruf an! Ich muß die Noten kopieren, vorbereiten, zusammenstreichen, ein Programm erstellen, jedem Chormitglied eine Kopie in die Kabine bringen und einen Probenplan erstellen. Meine Güte, ich habe keine Sekunde Zeit übrig!
Das Telefon klingelte.
Rüdiger!
»Ja?!«
»Fred hier.«
Plumps. Ich sank auf das Bett, meine Schläfen hämmerten. Wenn er jetzt mit mir an Land gehen wollte, zu den Eingeborenen und zu den Känguruhs, dann würde die Sache mit den Noten auch noch ein bißchen Zeit haben.
Ich hatte Herzklopfen, wie ich es nie zuvor gehabt hatte!
»Ja?!«
»Ich wollte nur sagen, es tut mir leid wegen gestern.«
Ich saß wie erschlagen auf meinem Bett. Hämmer, hämmer, hämmer, meißelten meine Schläfen Schmerz in meine Seele.
»Es tut dir LEID?!«
»Ja, daß ich dich belästigt habe. Sorry. Wird nicht wieder vorkommen.«
Du hast mich nicht belästigt, Mann! Du hast mich wahnsinnig glücklich gemacht!! Ich kann an nichts anderes mehr denken als an dich, wie du so schutz- und wehrlos in deinem völlig streifenlosen T-Shirt und den unkleidsamen Bermudashorts auf deiner Bettkante gesessen hast und mir dein Scherzvideo vorgeführt hast! O Mann, ich bin verrückt nach dir, kann weder hören noch sehn, nur stöhnen in meinen Wehn!
»Ist schon gut«, hörte ich mich sagen.
»Also dann …« Es knackte. Er hatte AUFGELEGT!!
Nein. Ich fühlte deutlich dieses Schiff sinken. Obwohl es im Hafen lag.
Ich saß auf meinem Bett und starrte durch das Bullauge. Draußen am Kai liefen Leute hin und her, aufgeregte, hektische Gestalten, Touristen, Einheimische. Die Reiseleiter hielten runde Schilder hoch: Bus eins, Bus zwei, Bus drei. Die dicke Klara-Viktoria hielt auch so ein Schild hoch. Sie hatte sich sämtliche Landgänge auf diese Weise gratis erschlichen, als Busbegleiterin! Na, sie hatte ja auch sonst nichts zu tun. Schäferhunde vom Zoll bellten an zu kurzen Leinen, Uniformierte hetzten hin und her, Händler boten ihre Waren feil, Touristen drängelten sich um die Busse, Fotografen gruppierten die Leute auf der Schiffstreppe, Welcome to Darwin …
Und ich saß wie tot auf meinem Bett und rührte mich nicht.
Er hatte aufgelegt!
Er hatte mich abgehakt!
Ich gehe jetzt an Land und scheiße auf ihn, dachte ich.
Los, Burkharda. Vielleicht ist Ulrich noch an Bord. Oder Gloria. Oder Mareike. Oder Anthony oder sonst wer.
Und wenn nicht, dann gehst du allein.
Ich wollte mich erheben, doch meine Knie versagten ihren
Dienst.
Wenn ich jetzt ging, und Rüdiger rief an?
Ach was, Rüdiger! Rüdiger war in Geilenkirchen, und da war
es jetzt tiefe Nacht. Und Dezember noch dazu.
Hier, in Darwin, war es 12 Uhr mittags! Und 35 Grad!! Und ich hockte in meiner klimatisierten Bude und wartete auf einen Stapel Noten! Wozu? Um diesem Kreuzfahrtdirektor zu gefallen, der mich ABGEHAKT hatte?
Los, Burkharda, auf. Du bist eine Frau von Welt.
Schnapp dir ein Landgangmärkchen und mach dich vom Acker. Australien ist toll.
Ich stand auf, wankte ins Bad, tuffte mir den Rougepinsel auf die graublassen Wangen. Wie ich aussah!! Zwei Nächte nicht geschlafen, zwei Tage nichts gegessen … das mußte ein Ende haben!
Das Telefon blieb still.
Gut, Rüdiger, penn weiter, ich geh mir jetzt Australien anschauen.
Ich ließ die Kabinentür hinter mir ins Schloß fallen.
Beherzt lief ich den Gang hinunter, mein Landgangtäschchen mit der royal-blauen Aufschrift »MS Blaublut« lässig über der Schulter.
Vielleicht konnte ich sogar noch so einen Ausflugsbus erwischen. Dann kam ich auf andere Gedanken.
Auf der Treppe nahm ich immer zwei Stufen auf einmal.
Da kam mir jemand von oben entgegen.
Fast wären wir zusammengestoßen.
»Hoppla«, sagte ich.
»Hoppla«, äffte mich jemand nach.
Es war Fred.
»Oh, hallo.«
»Na, geht’s an Land?« Spöttischer Blick aus wasserblauen, kalten Augen.
»Ja, ich warte eigentlich auf ein Fax, aber … ich glaube, ich gehe doch …« Mein Gott. Wo konnte man sich hier festhalten? Ich klammerte mich an das Goldgeländer. Das überlebensgroße Porträt von Fürstin Gracia Patricia blickte milde lächelnd auf uns herab.
Unten an der Rezeption standen der Zahlmeister und seine Maiden und blickten bedeutungsvoll zu uns herauf. Die Passagiere drängten sich landganghungrig die Gangway hinab.
»Ah, ich erinnere mich. Jung-Rüdiger will Noten faxen …« Oh, diese Häme in seiner Stimme! Ich wollte ihm meine Landausflugtasche über die Birne hauen.
Aber ich liebte ihn doch so!
Fred gewahrte die Blicke der überall lauernden Ratten und trat gleich einen Schritt zurück. Da! Ich bedeutete ihm was! Wenn ich ihm egal wäre, würde er sich nicht beobachtet fühlen!
»Ich muß jetzt gehen«, stammelte ich.
»Schade«, sagte Fred. »Ich wollte dich gerade fragen, ob du einen Kaffee mit mir trinkst.«
Meine Knie versagten ihren Dienst.
Und mit diesen Weichlingen von Beinen wollte ich an Land gehen?
Unmöglich! Wenn ich es schaffte, mich auf ihnen noch vier Treppen höher aufs Sonnendeck zu schleppen, dann war das schon viel!
Ich schlich, so unbeteiligt wie möglich vor mich hin blickend, die Treppen hinauf.
»Na, geht’s nicht an Land?« Zahllose Passagiere quollen mir entgegen und strömten alle in die andere Richtung.
»Doch,...
Erscheint lt. Verlag | 1.5.2023 |
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Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | Affäre • Augenzwinkern • Bestseller • Bestsellerautorin • Das letzte Versprrechen • Emanzipation • emanzipierte Frau • Frauenunterhaltung • Gute Laune • Happy End • Humor • humorvoller Roman • Intrige • Krise • Lachen • Liebe • Liebesroman • Luxus • Nr.1- Bestsellerautorin • Roman für Frauen • Roman zum Lachen • Roman zur Entspannung • spanndend • Spiegelbestseller • Traumschiff • unkompliziert • Unterhaltsam • Vergnüglich • wahre Liebe • witzig • Wortwitz |
ISBN-10 | 3-426-44600-6 / 3426446006 |
ISBN-13 | 978-3-426-44600-3 / 9783426446003 |
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