Rosa und Leo (eBook)

Die große Liebe der Rosa Luxemburg. Roman

*****

eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
416 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-46755-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Rosa und Leo -  Charlotte Roth
Systemvoraussetzungen
12,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Sie kämpfte für Freiheit und Arbeiterrechte - und um ihre große Liebe: Der faszinierende biografische Roman von Bestseller-Autorin Charlotte Roth macht die große Revolutionärin Rosa Luxemburg menschlich und als Frau nahbar. »Freiheit ist immer die Freiheit des anders Denkenden.« - Das berühmte Zitat von Rosa Luxemburg ist heute so aktuell wie 1918. Doch Rosa ist nicht nur eine leidenschaftliche Revolutionärin, die sich schon früh in ihrem Leben für die Rechte von Arbeitern und Frauen stark macht, sich an der Seite von Karl Liebknecht für Freiheit und Demokratie einsetzt und den Spartakusbund und später die KPD mitbegründet. Sie ist auch eine Frau, die von ganzem Herzen lieben kann. Mit dem aus Russland geflohenen Leo Jogiches, den sie als Studentin in Zürich kennenlernt, teilt Rosa bald nicht nur die gemeinsamen Ideale, sondern auch eine große, dramatische Liebe ... Mit ihrem historischen Roman »Rosa und Leo - Die Zärtlichkeit der Revolution» hat Bestseller-Autorin Charlotte Roth mehr geschaffen als eine hoch spannende Roman-Biografie über eine unendlich mutige Frau: Ihr Porträt von Rosa Luxemburg lässt uns in eine dramatische Zeit großer politischer und sozialer Umwälzungen eintauchen - und einer Frau nahe kommen, die für ihre Werte genauso engagiert gekämpft hat wie um ihre Liebe.

Charlotte Roth, Jahrgang 1965, ist gebürtige Berlinerin, Literaturwissenschaftlerin und seit zehn Jahren freiberuflich als Autorin tätig. Charlotte Roth hat Globetrotter-Blut und zieht mit Mann und Kindern durch Europa. Sie lebt heute in London, liebt aber ihre Geburtsstadt Berlin über alles. Ihr Debüt, 'Als wir unsterblich waren', war ein Bestseller, dem seitdem zahlreiche weitere Romane über Frauenschicksale vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte folgten.

Charlotte Roth, Jahrgang 1965, ist gebürtige Berlinerin, Literaturwissenschaftlerin und seit zehn Jahren freiberuflich als Autorin tätig. Charlotte Roth hat Globetrotter-Blut und zieht mit Mann und Kindern durch Europa. Sie lebt heute in London, liebt aber Berlin über alles. Ihr Debüt, "Als wir unsterblich waren", war ein Bestseller, dem seitdem zahlreiche weitere Romane über Frauenschicksale vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte folgten.

1


Was ist ein Gefängnis?, hatte Rosa sich im Lauf ihres Lebens mehr als einmal gefragt.

Alle Antworten, auf die sie gestoßen war, hatten sich über kurz oder lang als nicht ganz richtig, nicht ganz vollständig oder als nicht beweisbar erwiesen. Übrig geblieben war letzten Endes nur eine:

Ein Gefängnis ist ein Ort, dessen Tür man aus freiem Willen weder öffnen noch schließen kann.

Wann immer die Tür ihrer Zelle in den letzten zwei Jahren geöffnet oder geschlossen worden war, hatten andere entschieden. Andere hatten festgelegt, wann sie aus der Enge der Mauern hinaus ins Freie durfte, sich im Hof die Beine vertreten oder sogar unter Bewachung eine Runde durch die Vororte der Stadt spazieren, wann sie abgeholt wurde, um Besuch zu empfangen, und wann sie in die Zelle zurückkehren musste, damit die Tür wieder hinter ihr verriegelt werden konnte.

In den letzten Wochen hatte sie mehrfach in der Rechtshilfeabteilung des Gefängnisses vorgesprochen und darum gebeten, die Tür endlich zu öffnen, um die Insassin der Zelle in die Freiheit zu entlassen.

»Sie werden mich doch nun nicht mehr fürchten«, hatte sie gesagt. »Sie haben jetzt schließlich andere Sorgen als eine zu klein geratene Frau mit nervösen Magenbeschwerden. Karl Liebknecht ist letzte Woche entlassen worden – mich mickriges Weibsbild halten Sie ja wohl nicht für gefährlicher als ihn?«

Bewirkt hatte sie nichts. Man müsse »auf Entscheidung aus Berlin warten«, hatte es geheißen – wie bei allem, um das sie in diesen endlosen Monaten gebeten hatte. Ob sie sich eine Kiste mit Büchern schicken lassen dürfe, könne man ihr nicht sagen, denn man müsse auf Entscheidung aus Berlin warten. Ob sie von Genossen besucht werden durfte, ob ein Arzt sie wegen ihres Magenleidens aufsuchen sollte, ob im Hof ein paar Blumen gepflanzt werden konnten – für alles wartete man auf Entscheidung aus Berlin.

Soll ich eines Tages, ehe ich mich ans Sterben mache, auf Entscheidung aus Berlin warten?, fragte sie sich. Dabei war sie noch viel zu jung zum Sterben, fühlte sich an manchen Tagen noch genau wie als Mädchen: aufgeregt, gierig, dem Leben entgegenfiebernd und an sämtlichen Gliedern bebend vor Kraft. Auch wenn ihr Körper von dieser Kraft nichts wissen wollte und stattdessen zu glauben schien, sie wäre im passenden Alter für ein Zipperlein nach dem andern.

Siebenundvierzig!

War das etwa alt?

Ihre Mutter, ihr Mütterchen, Mamuśka, die liebste Lieba, war zweiundsechzig gewesen, als sie gestorben war, und das war Rosa zu jung vorgekommen, viel zu jung. Vielleicht sterben wir alle viel zu jung, weil noch immer viel zu viel Leben übrig ist, dachte sie. Sogar hier, wo es nichts gibt als den Blick in den eisigen Hof und das steinerne Fenstersims hinter den Gittern, auf das sich manchmal ein einsamer Vogel verirrt. Sogar hier, weit weg vom Stürmen und Lärmen der Welt und von Berlin, wo über Leben und Tod entschieden wird.

Das Metall des schweres Riegels knirschte. Die Tür öffnete sich.

»Frau Luxemburg, ach, Frau Luxemburg!« Das Gesichtchen, das in dem Spalt auftauchte, gehörte der kleinen Marie. Schließerin, Wächterin im Gefängnis mit ihren gerade zwanzig Jahren, das war kein leicht verdientes Brot. Schon gar nicht, wenn man ein so empfindsames Herz hatte wie das Mariechen. »Sie werden freigelassen, Frau Luxemburg! Jetzt sofort. Es ist schon ein Wagen da, um Sie abzuholen, Sie müssen nur noch rasch runter in die Rechtshilfe.«

Über das kleine Gesicht flog ein schon fast seliges Lächeln, und Rosa wunderte sich, dass sie selbst so gar nichts empfand. Die Tür stand also offen. Sie wurde in die Freiheit entlassen, durfte nach achthundertzweiundfünfzig Tagen sogenannter militärischer Schutzhaft wieder gehen, wohin sie wollte. In ihre geliebte Wohnung in Südende zurückkehren, nach Berlin, an ihre Arbeit, zu ihren Freunden, die ihr so sehr fehlten. Hatte sie sich das nicht mit jeder Faser gewünscht, hatte die Hoffnung auf diesen Tag sie nicht in dunkelsten Stunden aufrechterhalten? Und jetzt, wo er da war, fühlte sie nichts?

Nichts?

»Hab vielen Dank, Mariechen«, rang sie sich ab. »Dass Sie es sind, die mir die Nachricht bringt, macht mir viel Freude.«

Das Mädchen stand still. Sah erst Rosa an und senkte dann den Blick auf die eisgraue, gestärkte Schürze, die sie wie alle Wärterinnen trug. Auf einmal sprang sie los, kam zu Rosa und schlang die Arme um sie. »Ich werd Sie ganz schrecklich vermissen, Frau Luxemburg. Wir alle werden Sie vermissen. Sie waren so … so anders als die andern hier. Fast wie eine Mutter waren Sie zu uns, ja, das waren Sie!«

»Wie eine Mutter?« Rosa lächelte. »Ach, Kind, das denken Sie nur, weil Sie nie eine richtige Mutter gehabt haben. Sie so wenig wie Ihre Kameradinnen. Eine richtige Mutter, die zeigt ihren Kindern nicht nur, wie man sich mit ein paar Blümchen, die man in die Erde steckt, einen traurigen Hof ein wenig verschönt, und schiebt ihnen nicht nur ein Buch hin, wenn sie Fragen stellen. Eine richtige Mutter – die wickelt ihr Kindchen bis zum Hals in warme Decken ein, um es zu schützen, selbst wenn es ihr um ein Haar erstickt. Sie ist wie eine Vogelmutter, die die nimmersatten Schnäbel ihrer Kleinen stopft und stopft und stopft und ihnen alles gibt, was sie hat. Auch sich selbst.«

Ich hatte so eine, dachte Rosa. Eine Mutter, die mich mit so viel Liebe eingewickelt hat, dass mir an Liebe nie Mangel zu herrschen schien, sondern nur an Freiheit. Eine, die ihren Kindern alles gab, bis von ihr nicht mehr viel übrig war. Aber ich selbst bin eine solche Mutter nie gewesen. Der Kampf um die neue Zeit war immer wichtiger als der um ein neues Leben, und jetzt, wo diese viel beschworene neue Zeit womöglich tatsächlich vor der Tür steht – ist es da zu spät?

Wie töricht die Frage doch war!

Wenn dies tatsächlich die Zeitenwende war, würde sie mehr Arbeit und mehr zu kämpfen haben als je zuvor, und ein Kind ließ sich ja nicht wie eine Mappe mit Papieren unter den Arm klemmen, um damit von Versammlung zu Versammlung zu jagen und auf Barrikaden zu steigen. Außerdem war sie dafür wahrhaftig zu alt, und den Mann, dessen Kind sie sich gewünscht hatte, gab es in ihrem Leben schon seit einer kleinen Ewigkeit nicht mehr.

»Na komm«, sagte sie in munterem Ton zu dem Mädchen, »gehen wir, lassen wir die hohen Herren nicht warten.«

Mariechen nickte und zog die Tür weiter auf, um Rosa mit ihrem nach der Seite ausladenden Schritt hinaustreten zu lassen. Rosa nahm im Vorbeigehen den Pappkoffer, in dem sie ihre wichtigsten Dinge schon seit Wochen gepackt hielt, und schob sich durch die Tür auf den Gang. Alles andere würde sie sich nachschicken lassen, ihre Bücher, die Lampe, die Sonia ihr gebracht hatte, die paar Bilder und Gebrauchsgegenstände. Würde sie in ihre Wohnung zurückkehren können, in der sie sich so geschützt und geborgen gefühlt hatte und aus der sie herausgerissen worden war, gerade als sie sich mit Mimi in die Sofaecke geschmiegt und ihre samtweiche Freundin mit Bissen von der Fleischwurst gefüttert hatte?

Zu Weihnachten hatte sie in dieser Wohnung immer einen kleinen Baum geschmückt, und Mimi hatte sich dort mit ihrer zierlichen Pfote Lametta und Kugeln zum Spielen heruntergefischt.

Mimi, ach, Mimi.

So viele Menschen hatte sie zu Freunden gehabt, und am Ende kam es ihr vor, als sei ein Tier, eine Katze, ihr die beste Freundin gewesen. Mimi war bald nach ihrer Verhaftung gestorben, als hätte sie so wenig ohne Rosa sein wollen wie Rosa ohne sie. Die Wohnung würde sich leer anfühlen ohne das Tappen ihrer Pfoten, ohne ihr forderndes Miauen und ihr dankbares Schweigen, ohne die beredte Stille, zu der nur eine Katze fähig war.

Was würde sie tun, um an der Leere nicht zu ersticken?

Noch einmal versuchen, eine solche Freundin für sich zu gewinnen?

Mit ihren Freunden und denen, die einst ihre Freunde gewesen waren, dort wieder anknüpfen, wo sie vor Jahren getrennt worden waren – durch Rosas Verhaftung natürlich, aber nicht nur durch die?

Oder hoffen, dass sich noch einmal eine Bindung anbahnen ließ, die über Freundschaft hinausging, ein Zusammengehören, in dem für kurze Zeit die ganze Welt wie in Licht getaucht schien, so wie damals in Zürich …

In Zürich.

So lange war das schon vorbei, dass sie sich manchmal fragte, ob sie überhaupt real gewesen waren, jene Jahre in Zürich, oder ob sie sie nur erfunden hatte – ausgerechnet sie, Rosa Luxemburg, die kein Talent besaß, sich auch nur die kleinste Lüge über ein verdorbenes Mittagessen auszudenken, in deren Kopf nichts Platz hatte, das nicht der Wahrheit entsprach.

Nein, dachte sie. So etwas wie damals wird mir nie wieder geschehen. Das, was wir hatten, war genug für ein ganzes Leben, und wenn es nur einen einzigen Tag gehalten hätte.

Die meisten Menschen bekamen vermutlich nicht einmal eine Sekunde davon.

Rosa humpelte den Korridor hinunter. Während der Haft hatte sich ihr Hinken verstärkt, weil sie zu wenig zum Üben gekommen war. In Zeiten, in denen sie von einem Termin zum anderen gehetzt war und dazwischen noch Nächte durchgetanzt hatte, war ihre steife Hüfte kaum aufgefallen. Von anderen Frauen unterschied sie sich nur durch den etwas stärkeren Schwung, mit dem sie sich in einen Schritt legte. Es wirke keck, hatte Lulu – ihre liebste, verlorene Lulu – einmal gesagt. Sogar herausfordernd, ein bisschen nach: Was...

Erscheint lt. Verlag 29.12.2023
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Arbeiterrechte • Arbeitersache • Arbeiter- und Frauenrechte • Berlin • Bestseller-Autorin Charlotte Roth • Biografie Frauen • Biografischer Roman • Bücher über starke Frauen • Clara Zetkin • Erster Weltkrieg • Frauenrechte • Frauenrechte Buch • Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden • Gefängnis • Gründung KPD • Historische Biografie • Historische Biographie • Historischer Roman • Kampf für Arbeiterrechte • Kampf für Frauenrechte • Karl Liebknecht • Kommunismus • KPD • Kriegsgegnerin • Leo Jogiches • Liebesgeschichte • Liebesgeschichte einer Revolutionärin • Liebesroman • liebesroman wahre begebenheit • Liebe und Revolution • Polen • Politische Romane • Revolutionärin • Romanbiografie • Roman Erster Weltkrieg • Rosa Luxemburg • rosa luxemburg biografie • rosa luxemburg buch • Sozialdemokratie • Spartakusaufstand • SPD • Spiegelbestseller Autorin • wahre Liebesgeschichte • Warschau • Zürich
ISBN-10 3-426-46755-0 / 3426467550
ISBN-13 978-3-426-46755-8 / 9783426467558
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 2,3 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Roman

von T.C. Boyle

eBook Download (2023)
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
20,99