Das Wesen der Dinge und der Liebe (eBook)

Roman
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2023 | 1. Auflage
704 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-491672-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Wesen der Dinge und der Liebe -  Elizabeth Gilbert
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Gibt es eine Erklärung für die Liebe? Die bewegende und abenteuerliche Geschichte einer außergewöhnlichen Frau. »Das Wesen der Dinge und der Liebe« erzählt die Geschichte von Alma Whittaker, einer Frau, die sich den Pflanzen verschrieb, die Naturgesetze erforschte und versuchte, das Wesen der Liebe zu ergründen. Alma wird in die Aufbruchsphase Amerikas geboren, in eine Zeit, in der die Welt erforscht und Altes durch Neues abgelöst wird. Ihr umtriebiger Vater ist mit Pflanzenhandel reich geworden und der jungen Alma fehlt es an nichts, auch nicht an Bildung. Sie wächst auf zwischen den Pflanzen der prächtigsten Gewächshäuser. Ihre ganze Leidenschaft gilt der Natur, und während ihrer Studien, die sie ihr ganzes Leben begleiten, gelingen ihr ähnlich revolutionäre Einsichten, wie sie später Charles Darwin der Welt vorführen wird. Doch in mancher Hinsicht scheinen ihre Erkenntnisse nicht auszureichen. Gibt es eine wissenschaftliche Erklärung, warum sich der Mensch nach Liebe sehnt? Was ist Liebe überhaupt? Warum sind wir mutig, wie ihre Adoptivschwester Prudence, die sich für die Abschaffung der Sklaverei einsetzt? Ein großer Roman über ein ganzes Jahrhundert, über Vernunft und Gefühle - und alles, was dazwischen liegt.

Elizabeth Gilbert, geboren 1969, wuchs auf einer Weihnachtsbaumfarm in Connecticut auf. Nach dem Studium in New York arbeitete sie u. a. als Journalistin für die »New York Times« und begann, Bücher zu schreiben. Das »Time Magazine« wählte sie unter die hundert einflussreichsten Menschen der Welt. Der internationale Durchbruch kam 2006 mit »Eat Pray Love«, einem Weltbestseller, in dem die Hauptfigur Elizabeth auf Weltreise geht und zu sich selbst findet: Dolce Vita in Italien, Meditation in Indien und das Glück auf Bali. 2010 wurde »Eat Pray Love« mit Julia Roberts in der Hauptrolle verfilmt. Nach »Big Magic« (2015) erschien 2019 ihr Roman »City of Girls«, der wochenlang auf der SPIEGEL-Bestsellerliste stand. Elizabeth Gilbert lebt in New Jersey. 

Elizabeth Gilbert, geboren 1969, wuchs auf einer Weihnachtsbaumfarm in Connecticut auf. Nach dem Studium in New York arbeitete sie u. a. als Journalistin für die »New York Times« und begann, Bücher zu schreiben. Das »Time Magazine« wählte sie unter die hundert einflussreichsten Menschen der Welt. Der internationale Durchbruch kam 2006 mit »Eat Pray Love«, einem Weltbestseller, in dem die Hauptfigur Elizabeth auf Weltreise geht und zu sich selbst findet: Dolce Vita in Italien, Meditation in Indien und das Glück auf Bali. 2010 wurde »Eat Pray Love« mit Julia Roberts in der Hauptrolle verfilmt. Nach »Big Magic« (2015) erschien 2019 ihr Roman »City of Girls«, der wochenlang auf der SPIEGEL-Bestsellerliste stand. Elizabeth Gilbert lebt in New Jersey.  Tanja Handels, geboren 1971 in Aachen, lebt und arbeitet in München, übersetzt zeitgenössische britische und amerikanische Romane, u.a. von Zadie Smith, Anna Quindlen, Pamela Moore und Elizabeth Gilbert, und ist auch als Dozentin für Literarisches Übersetzen tätig. Für ihre Übersetzungen wurde Tanja Handels 2019 mit dem Heinrich Maria Ledig-Rowohlt-Preis ausgezeichnet. 

Teil 1 Der Fieberbaum


Kapitel 1


In den ersten fünf Jahren ihres Lebens war Alma Whittaker – wie wir alle in unserer frühesten Jugend – tatsächlich nur eine Mitreisende in dieser Welt, weshalb ihre Geschichte zu diesem Zeitpunkt weder ehrbar noch sonderlich interessant war, wenn man von der Tatsache absieht, dass dieser unscheinbare Knirps ohne Krankheiten oder sonstige Zwischenfälle durchs Leben ging und von einem Reichtum umgeben war, der im damaligen Amerika und selbst im eleganten Philadelphia seinesgleichen suchte. Wie es ihr Vater zu solchem Wohlstand gebracht hatte, ist hingegen eine erzählenswerte Geschichte, der wir uns widmen wollen, während wir darauf warten, dass das Mädchen heranwächst und wieder interessant für uns wird. Tatsächlich war es im Jahre 1800 genauso ungewöhnlich wie zu allen Zeiten, dass ein in armen Verhältnissen geborener, des Schreibens und Lesens praktisch unkundiger Mann reichster Bürger seiner Stadt wurde. Insofern sind Henry Whittakers Wege zum Erfolg außerordentlich interessant – wenn auch nicht unbedingt ehrbar, woraus er selbst im Übrigen keinen Hehl gemacht hätte.

Henry Whittaker wurde 1760 in Richmond geboren, einem an der Themse gelegenen Dorf unterhalb von London. Er war der jüngste Sohn mittelloser Eltern, die schon ein paar Kinder zu viel hatten. Er wuchs in zwei kleinen Zimmern auf, gestampfter Lehmboden, ein einigermaßen passables Dach, auf der Kochstelle fast täglich eine Mahlzeit, eine Mutter, die nicht trank, und ein Vater, der seine Angehörigen nicht schlug – mit anderen Worten eine nahezu vornehme Herkunft, verglichen mit vielen anderen Familien seiner Zeit. Seine Mutter besaß hinter dem Haus ein staubiges Stückchen Erde, wo sie – wie eine richtige Dame – nur zur Dekoration Rittersporn und Lupinen zog. Aber Henry ließ sich von Rittersporn und Lupinen nicht täuschen. Seine ganze Kindheit hindurch trennte ihn, wenn er schlief, nur eine Wand von den Schweinen, und es gab keinen Moment in seinem Leben, in dem er die Armut nicht als demütigend empfand.

Vielleicht hätte Henry die Kränkung weniger stark empfunden, wenn er den Reichtum, an dem er sein armseliges Leben messen konnte, nicht vor Augen gehabt hätte – doch der Junge erlebte schon als Kind, was Wohlstand bedeutet. Königlicher Wohlstand. In Richmond gab es einen Palast und auch einen Lustgarten namens Kew, um dessen sachkundige Pflege sich Prinzessin Auguste kümmerte. Sie hatte sich aus Deutschland ein ganzes Gefolge von Gärtnern mitgebracht, die darauf brannten, ein echtes, aber bescheidenes englisches Wiesengebiet in eine falsche, aber majestätische Landschaft zu verwandeln. Ihr Sohn, der zukünftige George III., verbrachte als Kind jeden Sommer dort. Als George König wurde, wollte er Kew zu einem botanischen Garten umgestalten, der seinen Konkurrenten auf dem Festland in nichts nachstehen sollte. Im Bereich der Botanik waren die Engländer auf ihrer kalten, nassen, abgeschiedenen Insel im Vergleich zum restlichen Europa ins Hintertreffen geraten, ein Rückstand, den George III. unbedingt aufholen wollte.

Henrys Vater war Obstgärtner in Kew – ein bescheidener, von seinen Dienstherren respektierter Mann, soweit man einen bescheidenen Obstgärtner respektieren kann. Mr Whittaker hatte ein Händchen für Obstbäume, denen er mit großer Achtung begegnete. (»Sie geben dem Land etwas für seine Mühe zurück«, pflegte er zu sagen. »Im Gegensatz zu den anderen.«) Einmal hatte er den Lieblingsapfelbaum des Königs gerettet, indem er einen Sprössling des dahinsiechenden Baums auf einen robusteren Wurzelstock pfropfte. Noch im selben Jahr hatte der neue Spross Früchte getragen und bald scheffelweise Äpfel hervorgebracht. Für dieses Wunder hatte der König höchstpersönlich Mr Whittaker den Spitznamen »Der Apfelmagier« gegeben.

Bei allem Talent war der Apfelmagier ein einfacher Mann mit einer scheuen Ehefrau. Nichtsdestotrotz bekamen die beiden, aus welchem Grund auch immer, sechs ruppige, geradezu brutale Söhne, darunter ein Junge, den man den »Schrecken von Richmond« nannte, und zwei weitere, die in Wirtshausprügeleien ihr Leben ließen.

Henry, der jüngste, war in gewisser Weise der ruppigste von allen, aber vielleicht musste er das ja sein, um sich gegen seine Brüder zu behaupten. Er war ein störrischer, hartnäckiger, magerer kleiner Kerl und ein Ausbund an ungezügeltem Erfindungsreichtum. Bei ihm konnte man sich darauf verlassen, dass er die Schläge der Brüder stoisch ertrug und immer wieder die eigene Unerschrockenheit unter Beweis stellte, wenn andere ihn dazu provozierten. Doch auch ohne seine Brüder verfügte Henry über eine gefährliche Experimentierfreude und einen gewagten Hang zum Zündeln, er war ein auf Dächern herumtollender Spottvogel, der die Hausfrauen verhöhnte, eine Gefahr für alle kleineren Kinder, kurzum ein Junge, bei dem es niemanden überrascht hätte, wenn er von einem Kirchturm gestürzt oder in der Themse ertrunken wäre – wenngleich es zu derlei Dingen, dem Zufall sei’s gedankt, niemals kam.

Im Gegensatz zu seinen Brüdern hatte Henry allerdings eine rettende Eigenschaft. Eigentlich sogar zwei, um genau zu sein: Er war intelligent, und er interessierte sich für Bäume. Es wäre übertrieben, zu behaupten, dass er Bäume genauso verehrte wie sein Vater, aber er interessierte sich für sie, weil sie in seiner ärmlichen Welt zu den wenigen Dingen gehörten, die er ohne weiteres studieren konnte und somit studieren wollte. Die Schreibkunst, das Bogenschießen, Reiten, Tanzen, Latein – das alles war Henry verwehrt. Doch er hatte die Bäume und seinen Vater, den Apfelmagier, der es geduldig auf sich nahm, ihn zu unterrichten.

So lernte Henry alles über die Werkzeuge des Pfropfens, über Lehm, Wachs und Messer und darüber, wie man mit kluger Hand Pflanzen beschnitt. Er lernte, wie man Bäume im Frühling umpflanzte, wenn der Boden feucht und dicht war, oder im Herbst, wenn der Boden locker und trocken war. Er lernte, wie man Aprikosen mit Pfählen stützte, um sie vor Wind zu schützen, wie man in der Orangerie Zitrusgewächse züchtete, wie man mit Rauch dem Mehltau auf den Stachelbeeren zu Leibe rückte, wie man den Feigen ihre kranken Teile abschnitt und wann man es sein lassen konnte. Er lernte, wie man ohne Gefühlsduselei oder schlechtes Gewissen einem alten Baum die ramponierte Rinde abzog, damit sich für die kommenden Jahreszeiten wieder Leben in ihm regte.

Henry lernte viel von seinem Vater, obgleich er sich auch für ihn schämte, denn er spürte seine Schwäche. Wenn Mr Whittaker wirklich der große Apfelmagier war, überlegte Henry, warum hatte sich die Bewunderung des Königs dann in keinerlei Wohlstand niedergeschlagen? Dümmere Männer waren reich – und zwar in großer Zahl. Warum lebten die Whittakers immer noch bei den Schweinen, wo doch die weiten grünen Rasenflächen des Palastes und die hübschen Häuser der Maid of Honor Row, in denen die Bediensteten der Königin auf französischem Leinen schliefen, so nah waren? Einmal war Henry auf eine mächtige Gartenmauer geklettert und hatte heimlich eine Lady in ihrem elfenbeinfarbenen Kleid beim Dressurreiten beobachtet, auf einem makellos weißen Pferd, während ein Diener zu ihrer Erheiterung Geigenmusik spielte. Hier in Richmond gab es Leute, die so lebten. Und die Whittakers hatten nicht einmal einen Fußboden.

Aber Henrys Vater kämpfte um nichts. Seit dreißig Jahren empfing er klaglos denselben kümmerlichen Lohn und hatte sich auch niemals darüber beschwert, selbst bei übelstem Wetter so lange im Freien arbeiten zu müssen, dass es ihm die Gesundheit ruiniert hatte. Henrys Vater hatte den vorsichtigsten Weg durchs Leben gewählt, insbesondere im Umgang mit Höhergestellten – und wer stand in seinen Augen eigentlich nicht höher als er? Er legte großen Wert darauf, niemanden zu kränken und sich niemals einen Vorteil zu verschaffen, selbst wenn ihm dieser fast in den Schoß fiel. »Sei niemals dreist, Henry«, erklärte Mr Whittaker seinem Sohn. »Man kann das Schaf nur ein Mal schlachten. Wenn du aber vorsichtig bist, kannst du es jedes Jahr scheren.«

Was konnte Henry angesichts eines so schwachen, genügsamen Vaters vom Leben erwarten, wenn er nicht mit eigenen Händen danach griff? Ein Mann sollte zulangen, nahm er sich vor, als er gerade erst dreizehn war. Ein Mann sollte täglich ein Schaf schlachten.

Aber wo war das Schaf zu finden?

Dies war der Zeitpunkt, da Henry Whittaker zu stehlen begann.

Schon um das Jahr 1775 waren die Gärten von Kew eine botanische Arche Noah mit einer Tausende von Exemplaren umfassenden Sammlung, die durch wöchentliche Lieferungen ständig erweitert wurde – Hortensien aus dem Fernen Osten, Magnolien aus China, Farne von den Westindischen Inseln. Zudem hatte Kew einen neuen, ehrgeizigen Direktor: Sir Joseph Banks, frisch heimgekehrt von seiner triumphalen Weltreise als leitender Botaniker auf Kapitän Cooks Endeavor. Banks, der ohne Salär arbeitete (ihn interessierte nach eigener Auskunft nur der Ruhm des Britischen Weltreichs, wiewohl einige Zeitgenossen andeuteten, dass er sich vielleicht doch auch ein kleines bisschen für den Ruhm von Sir Joseph Banks interessierte), hatte sich mit furioser Leidenschaft dem Sammeln von Pflanzen verschrieben, um einen aufsehenerregenden botanischen Garten von Rang und Namen zu schaffen.

Oh, Sir Joseph Banks!...

Erscheint lt. Verlag 27.9.2023
Übersetzer Tanja Handels, Sabine Schwenk
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Anspruchsvolle Literatur • Botanik • City of Girls • Eat Pray Love • Forscherin • Geschichte • Historischer Roman • histoscher Roman • Liebe • liz gilbert • Natur • Pflanzen • USA
ISBN-10 3-10-491672-1 / 3104916721
ISBN-13 978-3-10-491672-9 / 9783104916729
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