This is Our Life (eBook)
432 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-60452-9 (ISBN)
Kathinka Engel kennt die Buchwelt aus verschiedensten Perspektiven: Als leidenschaftliche Leserin studierte sie allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft, arbeitete für eine Literaturagentur, ein Literaturmagazin und als Redakteurin, Übersetzerin und Lektorin für verschiedene Verlage. Wenn sie nicht gerade schreibt oder liest, trifft man sie in Craft-Beer-Kneipen, im Fußballstadion oder als Backpackerin auf der Suche nach dem nächsten Abenteuer. Mit ihrem Debüt »Finde mich. Jetzt« schaffte Kathinka Engel es aus dem Stand auf die SPIEGEL-Bestsellerliste. Bei Instagram teilt sie unter @kathinka.engel ihre Begeisterung für Bücher.
Kathinka Engel kennt die Buchwelt aus verschiedensten Perspektiven: Als leidenschaftliche Leserin studierte sie allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft, arbeitete für eine Literaturagentur, ein Literaturmagazin und als Redakteurin, Übersetzerin und Lektorin für verschiedene Verlage. Wenn sie nicht gerade schreibt oder liest, trifft man sie in Craft-Beer-Kneipen, im Fußballstadion oder als Backpackerin auf der Suche nach dem nächsten Abenteuer. Mit ihrem Debüt »Finde mich. Jetzt« schaffte Kathinka Engel es aus dem Stand auf die SPIEGEL-Bestsellerliste. Bei Instagram teilt sie unter @kathinka.engel ihre Begeisterung für Bücher.
1
Seit drei Monaten und acht Tagen ist mein Leben aus den Fugen. Vor drei Monaten und acht Tagen wurde die erste Folge der Netflixserie This is Our Time ausgestrahlt – mit mir als Hauptfigur wider Willen. Und seither ist nichts, wie es war. Um ehrlich zu sein, es war auch schon davor eine ganze Weile nicht mehr, wie es war oder wie es hätte sein sollen oder was auch immer. Kurz dachte ich mal, es wäre sogar besser, als es hätte sein sollen, aber am Ende ist es dann doch zu der Katastrophe geworden, die eine kitschige Romanvorlage für eine Schmachtschnulze hergeben würde – minus das Happy End. Nicolas Sparks, wie wär’s?
Vor zwei Monaten und dreiundzwanzig Tagen hatte jedes Familienmitglied seine eigene Strategie entwickelt, mit den Paparazzi umzugehen, die für eine Weile vor unserem Haus im Stadtviertel Burbank regelmäßig aufgetaucht sind. Mein Dad begegnete ihnen mit einer enormen Geduld und völlig unangebrachter Höflichkeit. Wenn er morgens das Haus verließ, um zur Arbeit zu fahren, nickte er ihnen zu, wünschte ihnen einen schönen Tag. Meine Mom hingegen warf ihnen auf Serbisch wüste Beschimpfungen an den Kopf, sobald sie ihr zu nahe kamen. Eric, mein fünfzehnjähriger Bruder, brauchte auf einmal doppelt so lange im Bad, fing an, sein Taschengeld für teure Sneakers und stylische Jeans auszugeben, und genoss den Gang zum Schulbus unter dem Klicken der Kameras geradezu.
Und ich? Ich rannte. Rannte zu meinem Auto, fuhr mit quietschenden Reifen aus der Einfahrt auf die Straße und zur Uni, wo ich mir die Kapuze meines Hoodies tief in die Stirn zog, in der Hoffnung, nicht erkannt zu werden.
Meine Freunde Leia, Chloe und Marcello machten sich eines Tages einen Spaß daraus, in This is Our Time-Masken zu erscheinen. Weiß der Geier, woher sie die hatten. Marcello ging als Lidia Penning aka Amber, Chloe war Rio McQuoid aka Ryder, Leia Theo, der von Casimir Lapine gespielt wird, und mir reichten sie mein eigenes Gesicht als Maske. Die Witzbolde.
Immerhin haben sich die Paparazzi inzwischen spannendere Motive für ihre Schnappschüsse gesucht als die Familie Resnik und sind wieder weg. Vermutlich hat die Welt langsam verstanden, dass ich eine Eintagsfliege war, und dieser Gedanke tröstet mich.
Denn am liebsten würde ich vergessen, was war und was nicht mehr ist und was nicht war und jetzt ist. Aber die Erinnerungen sind zu präsent. Zu mächtig. Erinnerungen an Küsse, an Berührung, an Nähe. An Spiel, aus dem Ernst wurde, und Ernst, der auf einmal nichts mehr wert war.
Und selbst wenn die Erinnerungen an meine kurze Romanze mit dem Hollywood-Star Rio McQuoid nicht so präsent wären, gäbe es immer noch Eric, der rein gar nichts davon hält, dass ich mich vor der Welt verstecke, indem ich nur zwischen Zuhause und Uni hin- und herpendle. Noch weniger hält er davon, dass ich nicht mehr mit Rio McQuoid zusammen bin. Und am allerwenigsten hält er davon, nicht über die ganze Sache zu sprechen.
»Aber ihr liiiiiiebt euch doch!«, sagt er. Oder: »Ich glaube nicht, dass das schon vorbei ist.« Dabei wirkt er sehr überzeugt. Oder: »Vielleicht solltest du ihm einfach mal schreiben. Oder ich? Ich könnte ihm schreiben, wenn du willst.«
Ich lehne jedes Mal dankend ab, erinnere Eric an die Verschwiegenheitserklärung, die ich nach dem Ende unserer Beziehung unterschreiben musste, obwohl Rio mir versichert hatte, dass er mir vertraut. So viel zu Spiel und Ernst, echt und fake. Und wenn Eric sich dann mit seiner Minihündin Chaplin in sein Zimmer verzogen hat, bleibt mir nichts anderes übrig, als ein bisschen vor mich hin zu weinen, weil … na ja.
»Hast du’s gesehen?«, fragt Eric und stürzt in diesem Moment ohne anzuklopfen in mein Zimmer. Ein Königreich für ein bisschen Privatsphäre.
»Habe ich was gesehen?« Ich sitze an meinem Schreibtisch und versuche trotz allem, genug Hirnschmalz für das Exposé meines Abschlussprojekts zu mobilisieren. Nachdem ich mich den Sommer über exzessiv ins Nachholen des Stoffs aus dem Vorsemester vertieft hatte, um nicht an Rio zu denken, habe ich erstaunlicherweise alle Nachholklausuren bestanden und bin theoretisch zu den Abschlussprüfungen inklusive Abschlussarbeit zugelassen. Jetzt wartet meine Wunschbetreuerin auf das Exposé. Es muss richtig gut werden, damit sie mich trotz ihrer geringen Kapazitäten akzeptiert, dementsprechend stehe ich ein bisschen unter Druck.
»Auf dem Instagram-Kanal von This is Our Time?« Er ist so aufgeregt, dass seine Stimme bricht. Pubertät und Stimmbruch haben bei ihm lange auf sich warten lassen, was einer der Gründe war, warum die letzten Schuljahre für ihn nicht gerade einfach waren. Das und die Tatsache, dass er sich geoutet hat. Das woke Amerika schafft es leider immer noch nicht über die Schwelle jeder Highschool. »Das Internet explodiert gleich!«
Ich meide die sozialen Netzwerke, so gut ich kann. Nicht nur, weil die Menschen dort jede Distanz und jede Höflichkeit ablegen, wie ich am eigenen Leib erfahren habe. Ich, ein No-Name an der Seite des heißesten Schauspielers des Landes (so die gängige Meinung), die seiner beliebten Ex-Freundin Lidia Penning die Show stiehlt. Das hat viele zu ziemlich fiesen Kommentaren verleitet. Aber ich meide Instagram und Co außerdem, um nicht mit Neuigkeiten über Rio und Lidia bombardiert zu werden. Denn die beiden sollten ihre Fake-Reunion als Hollywood-Couple feiern, um This is Our Time zu promoten. Dabei ist es mir sogar egal, ob sie nun fake-zusammen sind oder echt-zusammen. Die Qualität des Schmerzes ist von der Qualität der Beziehung faszinierenderweise relativ unbeeindruckt.
»Okay, was ist passiert?« Ich kann mir ein Seufzen kaum verkneifen.
»Es wurde gerade verkündet, dass die zweite Staffel von This is Our Time schon nächstes Frühjahr anlaufen soll! Ihr fangt bald an zu drehen!« Er schlägt sich die Hände vor den Mund und quietscht, was mit seiner Stimme klingt, als würde man eine kettenrauchende Badeente durch einen Fleischwolf drehen.
»Was?«, entfährt es mir. Mein Herz rast. Und es rast von unter meiner Brust irgendwo in meine Eingeweide. »Nein!«
»Doch! Wie cool ist das!«
Ich schüttle langsam den Kopf. Das kann nicht sein. Das … Nein! Es ist unmöglich. Wie in Zeitlupe entsperre ich mein Handy und rufe mit klammen Fingern den Post auf. Die Buchstaben verschwimmen vor meinen Augen, weil mein Verstand sich weigert, zu lesen, was dort steht. Doch es ist eindeutig.
»Aber … die haben mich doch gar nicht gefragt!« Ungläubigkeit mischt sich mit Verwirrung mischt sich mit einer Art müder Frustration, die in den letzten drei Monaten und acht Tagen zu meinem Dauerbegleiter wurde.
»Was meinst du damit?«, will Eric wissen.
»Die haben nicht gefragt, ob ich bei einer zweiten Staffel dabei bin.« Natürlich gab es Gerüchte, dass es eine zweite Staffel geben würde, vor allem, weil This is Our Time zwei Monate lang auf Platz 1 der meistgeschauten Netflixserien in den USA, in UK und in diversen anderen Ländern war. Nicht, dass ich regelmäßig die Rankings gecheckt hätte, aber Eric hat mich gegen meinen Willen auf dem Laufenden gehalten. Doch für mich stand fest, dass ich nichts auf diese Gerüchte geben würde, bis sie mich fragten. Und es stand ebenso fest, dass ich dann ablehnen würde. Weil ich mein Leben zurückhaben möchte beispielsweise. Weil ich Drehbuchautorin werde und keine Schauspielerin. Weil ich die Wutausbrüche von Regisseur Ferris Linch nicht mehr ertragen würde. Und weil ich Rio McQuoid nie wieder begegnen will.
»Na ja, aber es steht da, oder?«, fragt Eric, dessen Begeisterung so etwas wie Unsicherheit gewichen ist. Er hat bestimmt Sorge, dass seine bescheuerte Schwester bescheuert genug ist, nicht seinen bescheuerten Traum zu leben.
»Es steht da«, gebe ich zu. »Aber sie haben nicht gefragt, also wollen sie mich vielleicht gar nicht mehr für eine zweite Staffel.« Der Gedanke erleichtert mich. Für einen kurzen Moment...
Erscheint lt. Verlag | 30.11.2023 |
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Reihe/Serie | Hollywood Dreams |
Hollywood Dreams | Hollywood Dreams |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | Bestsellerautorin • Creative Writing • Drehbuchautorin • Fake-Beziehung • Filmbranche • Finde mich. Jetzt • Hollywood • Kinderstar • Kreatives Schreiben • Liebesroman • new adult deutsch • Rio und Ferne • Showbiz |
ISBN-10 | 3-492-60452-8 / 3492604528 |
ISBN-13 | 978-3-492-60452-9 / 9783492604529 |
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