Frau van den Broek umarmt das Chaos (eBook)

Roman

(Autor)

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2023 | 1. Auflage
320 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-60520-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Frau van den Broek umarmt das Chaos -  Helena Fried
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Eine Frau auf der dringenden Suche nach Entschleunigung. Ihr auf den Fersen: zwei Bankräuber auf der Suche nach ihrem Geld - da ist Chaos vorprogrammiert! Als die von Künstlern und Kulturbetrieb genervte Galeristin Vera van den Broek eine Auszeit nimmt, ahnt sie nicht, wie turbulent ihre Suche nach Entschleunigung werden wird. Schnell ist ihre To-do-Liste länger denn je: Qigong, für die alte Mutter sorgen, Mal- und Sprachkurs, einen Hund aus dem Tierheim holen - nicht gerade entspannt. Und dazu ziemlich teuer! Dann gerät sie auch noch in einen Bankraub, wird zur Geisel und nimmt einen Teil der Beute an sich. Geld hat Vera jetzt genug, aber dafür sind ihr ein cholerischer Bankräuber und eine undurchschaubare Kommissarin auf den Fersen ... Auszeit mal anders: Helena Frieds humorvoller Blick auf die Themen Achtsamkeit und Selbstverwirklichung Für die Leser:innen von Monika Bittl, Franka Bloom und Steffi von Wolf

Helena Fried wuchs am Rande des Schwarzwaldes auf und verbrachte einige Jahre im Norden, bevor es sie wieder nach Südbaden zog. Sie arbeitete nach ihrem Studium der Literatur- und Kunstwissenschaften in verschiedenen Kultureinrichtungen und als freie Autorin von Hörproduktionen und Romanen.

Helena Fried wuchs am Rande des Schwarzwaldes auf und verbrachte einige Jahre im Norden, bevor es sie wieder nach Südbaden zog. Sie arbeitete nach ihrem Studium der Literatur- und Kunstwissenschaften in verschiedenen Kultureinrichtungen und als freie Autorin von Hörproduktionen und Romanen.

Eine ganze Brigade arbeitswütiger Zwerge war im Bergwerk meines Gehirns mit Hacken und Eisen zugange und verrichtete zermürbende Abbauarbeiten. Was konnte ich ihnen anbieten, um sie davon zu überzeugen, ihre Tätigkeit unverzüglich einzustellen? Ich stöhnte auf, ohne mich zu bewegen, da auch die kleinste Positionsänderung das ganze System ins Wanken gebracht hätte.

Was war am Vorabend passiert? Schlaglichtartig blitzten Erinnerungen durch mein Gehirn. Vier volle Schnapsgläser, ich schwankend auf dem Nachhauseweg, während ich mich immer wieder an Laternen festklammerte … Und war nicht etwas Einschneidendes bei dieser Vernissage geschehen?

Schlagartig wurde ich wach, hob die schweren Lider und ließ sie sofort wieder zufallen, denn das grelle Licht der Morgensonne gleißte wie eine Signalrakete durch die Schlitze der Jalousie. Meine Finger krallten sich Halt suchend in die Matratze. SOS. Ich war zwar nicht in Seenot, aber es war doch eindeutig ein Notfall. Sobald ich versuchte, mich aufzurichten, schaukelte mein Bett wie eine Jolle auf schwerer See. Ich beschloss, vollkommen ruhig liegen zu bleiben. Leider konnte ich nicht verhindern, dass sich die Erinnerungen an den gestrigen Abend allmählich präzisierten.

Hatte ich tatsächlich meinem nervigsten, aber eben auch erfolgreichsten Künstler ein Glas Champagner ins Gesicht gegossen und ihn danach in sein Kunstwerk geschubst?

War ich aus meiner eigenen Galerie geflüchtet wie eine Diebin und hatte die entgeisterte Kulturprominenz einfach stehen lassen?

Und war ich anschließend in eine miese Spelunke eingekehrt und hatte drei wildfremden Männern diverse Lokalrunden spendiert?

Ja, ja und nochmals ja.

Ich musste unbedingt herausfinden, was für eine Resonanz mein Auftritt in der Öffentlichkeit hervorgerufen hatte und wie der weitere Abend in der Galerie ohne mich verlaufen war. Dafür musste ich allerdings zuerst das Bett verlassen, unten im Erdgeschoss die Zeitung aus dem Briefkasten ziehen und schließlich das Telefon finden, um meine Assistentin anzurufen.

Nachdem drei Versuche, direkt in die Vertikale zu gelangen, gescheitert waren, bewältigte ich diese erste Hürde, indem ich mich zunächst aus dem Bett auf den Boden fallen ließ, der zum Glück von einem hochflorigen Teppich bedeckt war. Dort blieb ich eine Weile liegen und studierte das Teppichmuster, um das nicht enden wollende Kreisen im Kopf in den Griff zu bekommen, woraufhin ich schließlich auf allen vieren in Richtung Badezimmer kroch.

Nachdem ich mich meines Mageninhalts entledigt hatte, kletterte ich völlig entkräftet in die Duschkabine, schaffte es, mich mithilfe eines vorausschauend für das Alter angebrachten Haltegriffs einigermaßen aufzurichten, und stellte die Armatur todesmutig auf kalt.

Ich war nicht darauf vorbereitet, was für eine Wirkung das eisige Wasser auf meinen alkoholgeschwächten Körper haben würde. Einer Ohnmacht nahe klammerte ich mich an der Duschstange fest und nahm mir vor, zumindest so lange durchzuhalten, bis ich mich im Kopf ein wenig klarer fühlte.

Fünf Sekunden später sah ich ein, dass dies in meiner derzeitigen Verfassung ein zu hoch gestecktes Ziel war, und stellte den Wasserstrahl ab. Zitternd kletterte ich aus der Duschkabine und langte nach einem Handtuch für die Haare und meinem Frotteebademantel, der mir zumindest ein Gefühl des Aufgehobenseins vermittelte.

So traute ich mir den Weg nach unten, wo mit der Kaffeemaschine eine weitere Stärkungsmaßnahme auf mich wartete, schon eher zu.

Die Treppe ins Erdgeschoss meines Hauses war gepflastert mit Kleidungsstücken, derer ich mich wohl in der Nacht Stück für Stück entledigt hatte. Leider war es dem Architekten beim Bau des Hauses gelungen, mich zu überreden, kein Geländer an der schwebenden Holztreppe anzubringen, da dies den optischen Gesamteindruck empfindlich stören würde.

Nun störte es den optischen Gesamteindruck jedoch weit empfindlicher, als ich aufgrund des fehlenden Geländers nur nach unten kam, indem ich mich hinsetzte, um die Treppe Stufe für Stufe auf dem Hintern hinunterzurutschen. Zum Glück musste ich mir über die optische Wirkung keinerlei Gedanken machen, da außer mir niemand da war. Ein Vorteil des Alleinlebens ist, dass einen niemand bei derart peinlichen Handlungen beobachten kann.

Nach einer großen Tasse schwarzen Kaffees fühlte ich mich stark genug, mich nach draußen zum Briefkasten zu begeben. In meinem desolaten Zustand kam ich seltsamerweise überhaupt nicht auf die Idee, auf meinem Handy nachzusehen, was in der Onlineausgabe der Zeitung stand, sondern war offenbar über Nacht technisch auf den Stand der Neunzigerjahre zurückkatapultiert worden.

Unglücklicherweise hatten wir es einmal für eine gute Idee gehalten, die Zeitungsbox nicht am Haus anzubringen, sondern vorne am Gartentor, um gleich morgens eine kleine Frischlufteinheit genießen zu können. Der Gang zum Briefkasten verschaffte mir einen derart starken Restalkoholeinschuss, dass ich mich zunächst Rettung suchend an das hässliche schmiedeeiserne Tor klammern musste, auf das mein Ex-Mann beim Hausbau bestanden und wofür er sich zusätzlich verschuldet hatte. Natürlich kam genau in diesem Moment Frau Dr. Klingenberg zu ihrer morgendlichen Joggingrunde an meinem Haus vorbei, eine Ärztin für Ästhetische Zahnheilkunde, die mit ihrer Familie auf der anderen Straßenseite wohnte und eine der niederträchtigsten Personen war, die diese Stadt zu bieten hatte.

»Ach, Frau van den Broek! Sind Sie gar nicht bei der Arbeit heute?«

Frau Dr. Klingenberg vermutete aufgrund meines Nachnamens, dass ich adliger Herkunft war, und versuchte daher hartnäckig, mich in den illustren Kreis ihrer Bridgedamen aufzunehmen. Es wurde wirklich Zeit, dass ich wieder meinen eigenen Nachnamen annahm.

Die Nachbarin war auf der Stelle joggend stehen geblieben, präsentierte mir ihre gebleichte Zahnreihe und verlangte eine Erklärung für meine morgendliche Anwesenheit.

Für gewöhnlich hätte ich nun geantwortet, dass ich mich etwas unwohl fühle und daher erst später zur Galerie fahren würde, doch für irgendetwas musste der gestrige Abend ja gut gewesen sein. Außerdem würde sie es vermutlich ohnehin bald aus der Zeitung erfahren.

»Nein, ich habe gestern meinen erfolgreichsten, aber auch nervigsten Künstler mit Champagner übergossen, ihn dann in seine grässliche und zutiefst frauenfeindliche Krakenkunst gestoßen und mich danach bis zur Besinnungslosigkeit betrunken.«

Ich prüfte die Wirkung meiner Worte in ihrem Gesicht, doch Frau Dr. Klingenberg lächelte mich vollkommen unbeirrt an. »Ach, Sie Arme, das tut mir leid. Dann gute Besserung.« Während sie weiterjoggte, winkte sie mir fröhlich zu und rief: »Sie müssen unbedingt mal in unsere Bridgerunde kommen, Frau van den Broek!«

Ich sah ihr verdutzt nach und bewunderte ihre Fähigkeit, unliebsame Wahrheiten einfach an sich abperlen zu lassen. Umso mehr reizte es mich, auszuprobieren, wie stabil der Wall ihrer Wirklichkeitsverleugnung an diesem Morgen tatsächlich war.

»Übrigens«, rief ich ihr nach, »was ich Ihnen schon längst mal sagen wollte: Mein Nachname ist überhaupt nicht adlig! Das van den verweist einzig und allein auf eine geografische Herkunft. Ich heiße also lediglich Frau vom Sumpf. Blöd, was?«

Meine Nachbarin bremste so abrupt, dass sie beinahe über ihre eigenen Joggingschuhe gestolpert wäre. Eine Zeit lang blieb sie wie angewurzelt stehen und dachte vermutlich darüber nach, was sie mit dieser neuen, bedauerlichen Information anfangen sollte. Ganz offensichtlich hatten meine Worte dieses Mal ihren Verdrängungswall überwunden, doch sie hatte noch nicht entschieden, wie sie angemessen darauf reagieren sollte. Würde sie mich aus dem illustren Kreis ihrer potenziellen Bridgepartnerinnen entfernen wie einen in Ungnade gefallenen Verwandten, den man fortan totschweigt?

Wie in Zeitlupe drehte Frau Dr. Klingenberg ihren Kopf zu mir, musterte mich kühl, zuckte leicht mit dem rechten Mundwinkel und zischte: »Pink steht Ihnen gar nicht. Es macht Sie blass.«

Dann joggte sie überambitioniert zu ihrer Hofeinfahrt und verschwand hinter einem ähnlich imposant-geschmacklosen Eingangstor.

»Danke, da haben Sie völlig recht«, rief ich ihr nach. »Toll, dass...

Erscheint lt. Verlag 27.7.2023
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Achtsamkeit • Auszeit • Bankräuber • Belletristik Neuerscheinung 2022 • Buch für die beste Freundin • chaotisch • Glück • Gummistiefelyoga • Humor • Humorvoller Frauenroman • Hunmorvolle Unterhaltung • Lachen • Mami kann auch anders • Man muss auch mal loslassen können • Pannen • Roadmovie • Roadtrip • Sabbatical • Sabbatjahr • Verfolgungsjagd • witzig • Yoga
ISBN-10 3-492-60520-6 / 3492605206
ISBN-13 978-3-492-60520-5 / 9783492605205
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