Das leise Platzen unserer Träume (eBook)

Roman | Roman | Ein authentischer Roman über Liebe, Mutterschaft und das Neuerfinden von Lebensträumen »Wie ein Gespräch mit der besten Freundin.« Süddeutsche Zeitung

(Autor)

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2023 | 1. Auflage
224 Seiten
Eisele eBooks (Verlag)
978-3-96161-178-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das leise Platzen unserer Träume -  Eva Lohmann
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Bleiben oder Gehen? Wenn deine Träume platzen, gibt es immer noch Plan B. Ein Haus auf dem Land. Das hast du dir immer gewünscht, Jule. Dazu ein wilder Garten, durch den eure Kinder rennen. So hast du dir das Glück vorgestellt.  Doch die Kinder sind nie gekommen. Und dein Mann hat jetzt eine Affäre in der Stadt. Ihr Name ist Hellen, und Hellen denkt viel an dich. Vielleicht ein bisschen zu viel.  Oft fragt sie sich, warum du und dein Mann noch immer zusammen seid. Wie zwei Menschen es so lange miteinander aushalten können, wenn ihre gemeinsamen Träume doch längst geplatzt sind.  Aber von alldem hast du keine Ahnung, Jule. Du weißt nicht von Hellen und nicht von ihren Fragen. Noch nicht. Noch sitzt du da, in deinem hübschen Garten, und überlegst, ob das, was du hast, vielleicht doch reichen könnte, um glücklich zu sein. »Wie ein Gespräch mit der besten Freundin.« Süddeutsche Zeitung

EVA LOHMANN, Jahrgang 1981, lebt als freie Autorin in Hamburg und hat eine Tochter. Ihr Debütroman Acht Wochen verrückt stand ebenso auf der SPIEGEL-Bestsellerliste wie ihr Sachbuch So schön still. Wenn Eva Lohmann nicht gerade schreibt, berät sie in der Agentur I.do Mütter beim Wiedereinstieg in den Job - oder kocht in einer kleinen Eventlocation für Hochzeiten und Geburtstage.

Eva Lohmann, Jahrgang 1981, lebt mit ihrer Tochter in Hamburg sowie in Mecklenburg und ist als freie Autorin tätig. Ihr Debütroman Acht Wochen verrückt stand auf der SPIEGEL-Bestsellerliste. Lohmanns erstes Sachbuch So schön still. Die Stärke introvertierter Kinder und Eltern zog ein großes Presseecho nach sich und landete ebenfalls auf der SPIEGEL-Bestsellerliste. Eva Lohmann schreibt für Magazine wie Emotion, Eltern und Brigitte. Außerdem arbeitet sie für die Agentur I.do und berät dort Mütter beim Wiedereinstieg in den Job.

Jule


Annis Kind kam vierzehn Tage zu früh, was beim dritten Baby niemanden wunderte. Es kam außerdem so schnell, dass Anni und Olaf es nicht mehr ins Krankenhaus geschafft hatten. Das Kind wurde eine Hausgeburt. Jule mochte das Wort. Und sie mochte die Idee. Ein Kind im eigenen Haus bekommen, im eigenen Bett oder vielleicht auf dem Wohnzimmerteppich vor dem Kamin. Später dann dem Kind sagen können: »Dieser leicht verwaschene rosa Fleck auf dem Teppich, der kommt von dir.« Das waren allerdings keine Gedanken, die Jule jemals mit irgendwem geteilt hätte; schon gar nicht mit Anni. Hier auf dem Land hielt man wenig von Hausgeburten. Man fuhr in ein ordentliches Krankenhaus mit Ärzten und Hebammen und einem Kreißsaal, den man hinterher feucht durchwischen und desinfizieren konnte. Anni wollte mit Sicherheit keinen verwaschenen Geburtsfleck auf ihrem Teppich.

Jule war vorbereitet, sie hatte im Internet ein Geschenk besorgt. Kleine bunte Holzbabuschkas, die man auseinandernehmen konnte, und immer wieder erschien ein noch kleineres Wesen im Bauch des anderen. Kurz überlegte sie, das Geschenk vor die Tür zu stellen – Stadt-Jule hätte das mit Sicherheit so gemacht. Land-Jule aber hatte so ein Gefühl, dass das unfreundlich wirken könnte, deswegen klingelte sie, und Anni machte die Tür auf. Müde, mit wildem Haar, das Neugeborene im Arm, die zwei anderen wuselten um sie herum. Sofort bereute Jule ihre Wahl mit den Babuschkas; was für ein unnützes Geschenk, das Kind auf Annis Arm konnte noch nicht mal die Augen öffnen. Sie überreichte ihr Päckchen trotzdem, gratulierte und fragte, wie es Anni gehe.

»Muss ja«, sagte Anni, und Jule war kurz verwirrt, aber dann fiel ihr Blick auf die anderen beiden Kinder, und da wusste sie, ja, die ganze Situation ließ die Aussage ausnahmsweise wirklich wahr erscheinen.

Annis Kind war nicht das einzige Lebewesen, das in dieser Nacht beschlossen hatte, ins Dorf zu kommen. Am Morgen saß eine nicht mehr ganz junge getigerte Katze auf dem Küchensofa, David entdeckte sie als Erster und rief sofort nach Jule. Ein paar Sekunden lang glaubte sie, David hätte die Katze als Überraschung für sie gekauft. Aber nachdem beide das Tier über Minuten angestarrt hatten, verstand sie, dass es anders gewesen sein musste. Die Katze war durch die Katzenklappe gekommen. Ein kleines Rechteck in der Terrassentür; die Vorbesitzer hatten es einbauen lassen. Immer mal wieder in den letzten Jahren hatten David und Jule überlegt, das Teil auszubauen, aber das alte Bauernhaus hatte so viele dringendere Baustellen, dass sie es andauernd verschoben und irgendwann vergessen hatten. Jetzt hatte also eine Katze die Klappe entdeckt und eben das getan, was Katzen mit Katzenklappen tun. Sie war hindurchgeschlüpft.

»Was machen wir jetzt?«, fragte David, und Jule antwortete, dass man doch einfach mal abwarten könnte, was denn die Katze mache.

Die Katze lief auf leisen Pfoten durchs Haus, schnupperte sich von Zimmer zu Zimmer, dicht gefolgt von Jule, die ihr vorsichtig alle Türen öffnete.

»Ich glaube, sie sucht etwas«, rief sie David zu, als die Katze ins Bad lief und sich einmal um sich selbst drehte.

»Vielleicht ein Katzenklo?«

Und das war der Moment, in dem Jule und David nicht länger abwarteten, was die Katze machte – sondern selbst etwas machten. David holte eine alte Plastikschüssel aus dem Schuppen und füllte sie mit etwas Sand. Jule schaute in den Küchenschränken, welches ihrer Lebensmittel man einer Katze anbieten konnte. Und damit war klar gewesen: Die Katze war willkommen. Das Tier nutzte zwar weder das improvisierte Katzenklo noch war sie interessiert an den von Jule bereitgestellten Bacon-Chips, aber sie blieb, rollte sich auf dem Sofa zusammen und beobachtete Jule, die an diesem Morgen Salzzitronen herstellte und in Gläser füllte, nachdem David in die Stadt gefahren war. Eine Arbeit, die sie eigentlich im Gutshaus hätte machen wollen, aber sie mochte die Katze nicht allein im Haus lassen.

Später rief David an und fragte, ob die Katze noch da sei und ob er ihr etwas mitbringen solle. Jule antwortete, dass die Katze sich wohlzufühlen schien. Als sie das sagte, merkte sie, dass es auch ihr selbst erstaunlich gut ging. War es die bloße Anwesenheit des Tiers? Oder die Tatsache, dass Jule und David endlich mal wieder über etwas sprachen, das sie beide zu interessieren schien? An diesem Abend kam er jedenfalls früher nach Hause als sonst, hatte Katzenfutter dabei und einen Kratzbaum. Sie bauten ihn sofort auf, die Katze schaute ihnen zu, sie schien genau zu wissen, dass da gerade für sie gearbeitet wurde. Jule bekam das Lächeln nicht aus dem Gesicht, versuchte sich aber zusammenzureißen; es war doch etwas anderes, ob man gemeinsam ein Babybett oder einen Kratzbaum aufbaute. Trotzdem fühlte es sich gut an. Gemeinsam suchten sie eine geeignete Futterschale. David öffnete das erste Mal in seinem Leben eine Dose Katzenfutter, der Geruch war gewöhnungsbedürftig. Aber das war egal. Beide knieten sich auf den Küchenboden, zeigten der Katze ihren neuen Futterplatz und beobachteten, wie das Tier langsam heranschlich und zu fressen begann. Und dann wehrte sich Jule nicht länger. Sie ließ zu, dass ein ungewohntes, melancholisches Glück sie überkam. Gemeinsam mit David kümmerte sie sich um ein kleines Wesen, mit dem sie es gut meinten.

Als Jule und David das Haus gekauft hatten, hatte Glück sich anders angefühlt. Größer. Auch erwachsener. Jule hatte das Landleben bis dahin nur aus Filmen und Urlauben gekannt. Im Kinderbereich des Möbelcenters hatte sie als kleines Mädchen Filme von Astrid Lindgren gesehen. Geschichten von großen Familien, die auf schwedischen Höfen lebten, Tiere hatten und riesige Gärten. Geschichten, in denen Kinder in kleinen Gruppen durch die Natur streiften, Abenteuer erlebten und am Abend mit blaubeerverschmierten Mündern heimkamen. Das alles waren für Jule fremde Welten gewesen; aber als sie und David die wildesten Zeiten in der Stadt hinter sich hatten und beschlossen, langsam könnte mal so etwas wie eine Familie aus ihnen werden, hatte Jule sich wieder an das Bullerbü aus dem Möbelhaus erinnert. Sollte so nicht ein Ort aussehen, an dem ihre Kinder aufwachsen würden? David hatte am Anfang gezögert. Er selbst war auf dem Land groß geworden. Er wusste, was es bedeutete, ein Haus zu haben und sich darum kümmern zu müssen. Dass man für alles ein Auto brauchte, die Nachbarn über einen redeten und Jugendliche gemeinsam an einsamen Bushaltestellen herumhingen und sich nach der Stadt sehnten. Aber er erinnerte sich auch an die guten Dinge. Ein eigenes Haus ohne Parkplatzsuche am Abend. Frische Luft und Apfelbäume. Eine Gartentür, die Kinder einfach nur aufmachen mussten, um barfuß ins Freie zu können, unbeaufsichtigt. Dass er schließlich zugestimmt hatte, war für Jule die Bestätigung gewesen, dass er der Richtige war.

Wenn Jule sich zurückerinnerte, war die gemeinsame Suche nach dem richtigen Haus das Schönste gewesen. Diese Samstage im Auto, an denen sie nicht wussten, ob sie gerade vielleicht zum Haus ihrer Zukunft fuhren. Das Erkunden von Grundstücken, oft auch ohne Makler. Sie hatten einfach irgendwo angehalten und sich umgeschaut, es gab auf dem Land so viele unbewohnte Häuser mit verwachsenen Gärten. Je verfallener die Gebäude, desto besser. Manchmal hatten sie beim Einsteigen in diese Häuser ein altes Regalbrett mitgenommen oder Haken aus morschen Wänden gerissen, für die man auf den Flohmärkten der Stadt ein Vermögen bezahlen musste.

Als sie dann irgendwann mit dem Makler in ihrem jetzigen Haus gestanden hatten, war sie ziemlich schnell dagewesen, die Sicherheit: Das ist es. Das ist das Haus, das wir gemeinsam wieder wachküssen wollen. Es war so heruntergekommen, dass es noch nicht einmal besonders teuer gewesen war, Jule hatte ihre Hälfte des Geldes locker mit dem Verkauf der Eisdiele bezahlen können, und auch David mit seinem Anästhesistengehalt musste nicht lange rechnen. Monatelang hatten sie danach Tapeten abgezogen und Wände durchbrochen, Dielen abgeschliffen und Ochsenblutfarbe entfernt. Und bis sie endgültig umgezogen waren, hatte Jule nie das Gefühl gehabt, nicht in dieses Haus, dieses Dorf zu passen. Die Euphorie für das Projekt hatte alles überlagert.

Gemeinsam hatten sie ein Nest schaffen wollen, mit den eigenen Händen. Wenn sie jetzt die Katze ansah, eine kleine Aufgabe auf vier Pfoten, regte sich tief in Jules Herz die Erinnerung an das Gefühl, zusammen Verantwortung übernehmen zu wollen.

Erst Tage später, als die Katze eines Nachmittags das Sofa verließ und durch die Katzenklappe schlüpfte, dämmerte Jule, warum sie hergekommen sein könnte. Sie folgte der Katze in den Garten und beobachtete, wie sie durchs Gras schlich, eine Pfote vor die andere setzend.

Jule erinnerte sich oft daran, wie sie bei der Besichtigung durch diesen Garten gegangen war, die Apfelbäume umrundet hatte. Sie hatte eine der vielen Pusteblumen gepflückt und sie angepustet. Eine Geste, die ausdrückte: Ich werde glücklich sein auf dem Land und mich an den kleinen Dingen erfreuen. Eine Geste, die sie sich damals noch zusammen mit ihrer zukünftigen Tochter machen sah. Erst im Nachhinein hatte sie verstanden, dass ihre Nachbarn mit Naturwiesen nichts anfangen konnten. »Irgendwann hast du auch so einen schönen Rasen wie wir«, hatte Annie beim Einzug gesagt, mit Blick auf Jules Wiese voller Löwenzahn und Leberblümchen. Jule hatte sich nicht vorstellen können, wie eine Wiese schöner sein könnte als diese. Erst langsam war der Gedanke in ihr eingesickert: Eine Wiese und ein Rasen, das waren zwei unterschiedliche Dinge – und letzterer war das, was man hier auf dem Land als schön empfand. Löwenzahn wurde...

Erscheint lt. Verlag 31.8.2023
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Affäre • alleinerziehend • Alltag • Berührend • Beziehung • Beziehungsroman • Buchclub • Buch Deutsch • Drama • Ehe • Ehebruch • Eheleben • Eheroman • Empfehlung • Empowerment • Familie • Feminismus • Frauen • frauenroman 2023 • Frauenroman kindle • frauenroman neuerscheinung 2023 • Freundin • Garten • Geschenk • Gesellschaftsroman • Kind • Krise • Land • Landhaus • Landleben • landleben buch • Landleben Roman • Leben • Liebe • Mutter • Mutterschaft • Neubeginn • Neuerscheinung 2023 • roman deutsch neu • Romanze • Schwangerschaft • Solidarität • Sommerbuch • Sommerlektüre • Traum • Trennung • Trennungsroman • Weiblich
ISBN-10 3-96161-178-5 / 3961611785
ISBN-13 978-3-96161-178-2 / 9783961611782
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